• Hallo,

    Gestern wurde mein Bruder aus dem Krankenhaus entlassen. Zunächst wollte er mir nicht sagen, was genau los ist und wie es weitergeht, aber auf mein Bitten hin rückte er dann doch mit der Sprache raus.
    Zunächst sagte er, dass er sich selbst zum Entzug eingewiesen habe, irgendwann in den nächsten Tagen geht es los. Er habe (O-Ton) "halt immer sein Bier getrunken, aber eben zu viel." Bereits vor vier Wochen habe er aufgehört Bier zu trinken, und nun während der zwei Wochen Krankenhaus, habe er ja sowieso nichts trinken können. Einen Langzeitaufenthalt brauche er nicht, drei Wochen mit Gruppensitzungen reichten.
    Auf meine Frage, ob seine Leber wieder in Ordnung komme, antwortete er mit "wahrscheinlich nicht, aber mehr als aufhören zu trinken kann ich jetzt sowieso nicht tun." Womit er ja mehr oder weniger Recht hat.
    Auch seine Speiseröhre ist angegriffen (warum und wodurch genau konnte er mir nicht sagen, das hinge wohl mit den Blutwerten zusammen; aber habe "zu dünnes Blut"). Deswegen dürfe er jetzt bestimmte Lebensmittel nicht mehr zu sich nehmen.

    Er bat mich, ihn nach seiner Therapie zu besuchen - natürlich habe ich erstmal zugesagt; letztlich werde ich das zu gegebenem Zeitpunkt entscheiden, ob es richtig ist oder nicht. Momentan möchte ich ihn gern besuchen.

    Ich weiß gerade nicht, ob ich erleichtert sein kann über das was ich nun gehört habe. Zumindest hat er eingeräumt, dass sein Zustand etwas mit dem Trinken zu tun hat. Und abschließend meinte er noch, er tue das (den Entzug und das nicht-mehr-Trinken), weil er keine Lust habe, mit grad mal "einpaarundvierzig Jahren" in die Grube zu fahren.

    Ich fühle mich nun etwas besser als in den beiden Wochen zuvor, aber ich wage noch nicht an einen glücklichen Ausgang zu glauben.

    LG, Schnurzpiepe

  • Hallo Schnurzpiepe,

    er ist offenbar schwer krank. Er hat es vielleicht in der Hand, durch Nicht-Trinken noch lange zu leben.
    Aber er kann natürlich auch bald wieder rückfällig werden und dann nimmt der gesundheitliche Abstieg weiter seinen Lauf.
    Alles ist möglich.

    Wenn du nicht lernst, dich selbst von seinem Schicksal abzulösen, dann bist du auf Gedeih und Verderb diesem Krankheitsverlauf ausgeliefert.
    Vielleicht geht es ihm bald besser - dann bist du happy.
    Vielleicht fängt er irgendwann wieder an - dann bist du am Boden zerstört.

    Das ist Co-ABhängigkeit!

    Es ist natürlich total menschlich, dass du mit-leidest, aber auf die Dauer doch sehr zerstörerisch.
    Versuch, dir klar zu machen, dass du noch ein eigenes Leben zu leben hast. Du kannst dein Lebensgefühl nicht auf Dauer an seinen Krankheitsverlauf koppeln, das macht dich kaputt.

    Liebe Grüße
    Doro

  • Hallo,

    @Karsten: um meine "Befindlichkeit" zu schildern, muss ich etwas über ihn schreiben - ich nenne weder Name noch Herkunft noch sonst etwas. Ich denke, das geht in Ordnung (meine Meinung).

    Doro : ich glaube, ich habe das etwas falsch ausgedrückt. Meine Laune/mein Wohlbefinden steht und fällt nicht mit dem Befinden meines Bruders. Aber: er ist immer noch mein Bruder, ich liebe ihn und ich nehme Anteil an seinem Schicksal. Und dann freut es mich natürlich, wenn er zumindest zugibt, ein Problem zu haben und wenn er, ebenfalls zumindest, Bemühungen zeigt, an dem Problem etwas zu ändern. Dass damit nicht automatisch alles wieder gut wird ist mir klar, so distanziert bin ich schon. Das gute Gefühl bezog sich lediglich auf meine Gefühle ihm gegenüber, nicht auf mein Allgemeinbefinden.

    Zweifel, dass er es schafft, bleiben natürlich; und dass er gesundheitlich wahrscheinlich nicht wieder auf die Beine kommt, ist ziemlich hart. Ich wünsche ihm, dass er es schafft und ich wünsche mir, dass ich irgendwann vielleicht doch wieder einen kleinen Teil des großen Bruders zurückbekomme - auch wenn es möglicherweise nur ein Wunsch bleiben wird.

    LG, Schnurzpiepe

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