Ich habs grade erst bemerkt

  • Hallo ihr alle!

    Ich freue mich sehr, diese Forum gefunden zu haben und bin schon gespannt auf den Austausch hier :)

    Natürlich möchte auch ich etwas erzählen...

    Seit ich denken kann, hab ich mit allerlei Dingen zu tun gehabt, die mir mein Leben ein wenig schwer gemacht haben. Ich wusste nie, wie ich meine Gefühle, die ich so hatte, zeigen durfte, oder ob ich das überhaupt darf.
    Schon immer frage ich mich, ob mein Verhalten jetzt eigentlich normal ist oder nicht. Die 3 Beziehungen, die ich hatte, habe ich immer beendet, weil ich gemerkt habe, dass die Jungs/Männer irgendeine Art von Suchtproblem hatten und mich das an meinen Vater erinnerte. Meine Kindheit habe ich damit verbracht, still in meinem Zimmer zu sitzen und meine von mir kreierte Welt inklusive der dort existierenden Personen zu malen und deren Geschichten aufzuschreiben, in der Schule gute Noten zu haben und auch sonst wenig Aufmerksamkeit zu erregen.
    Zeitweise hatte ich dann zu erfahren, dass ich eine ordentliche Menge Alkohol vertrage und fands ganz toll, das auszukosten. Bis ich den ein oder anderen Blackout hatte. Da begann ich, nachdenklich zu werden und meinen Alkoholkonsum sehr zu verringern. Jetzt passiert mir das schon lange nicht mehr.
    Ich habe es nicht allzu leicht, mich meinen Freunden zu öffnen, und ihnen von meinen Sorgen zu erzählen, weil ich immer glaube, ich darf das nicht - weil ich es nicht wert bin. Daran arbeite ich gerade, und ich habe zum Glück gute Freunde gefunden, die mir dabei helfen.
    In mir drin habe ich eine Art Kritiker, der mich ständig für jede kleine Aktion aufs Härteste verurteilen will - der stellt sogar manchmal Dinge in ein schlechtes Licht, die ich eigentlich gut gemacht habe.
    Seit ich 16 bin, suche ich nach der Ursache für das alles - und das war so ermüdend und anstrengend...ich dachte immer, ich sei nicht normal und krank oder irgendetwas anderes stimme nicht mit mir.

    Dann habe ich einen Bericht gelesen, über EKAs. Und ich habe mich in der Rolle des verlorenen Kindes wiedergefunden. Da plötzlich habe ich alles verstanden. Mein Vater trinkt seit ich denken kann. Er konnte Gefühle nur ausdrücken, wenn er getrunken hatte, nur dann gab es ein "ich hab dich lieb". Am nächsten Tag dann schlechte Laune und Rumgebrülle, Streit mit meiner Mutter und das volle Programm. Außerdem eine ganze Reihe Psychospielchen um von der Sucht abzulenken. Es gibt noch viel mehr, aber um ehrlich zu sein, möchte ich da jetzt grade nicht dran denken.

    Was mich nämlich viel mehr beschäftigt ist die Frage:

    Wieso erst jetzt? Ich weiß doch schon immer, dass mein Vater trinkt. Aber irgendwie hab ichs gleichzeitig nicht gewusst. Was bedeutet das? Ich bin sehr verwirrt und verstehe nicht, wie ich das Jahre lang nicht in Verbindung gebracht habe. Irgendwie bin ich erleichtert, endlich zu wissen, was mit mir los ist. Aber auch gleichzeitig erschrocken darüber, dass ich das erst jetzt merke, realisiere, obwohl ich es schon so lange wusste. Jetzt habe ich Angst, dass ich mich zu sehr verändere, dadurch, dass ich das alles verstanden habe. Wird sich die (sehr gute und besondere) Beziehung, die ich zu meinen Geschwistern habe, dadurch ändern? Ich glaube, ich bin die erste von uns allen, die das wirklich so realisiert hat. Oder vielleicht auch nicht und ich muss die andern mal fragen. Wir sind ja alle erwachsen.

    Was passiert jetzt mit mir?

    Ich habe meine Mutter auf das Thema angesprochen und sie hat sehr "positiv" reagiert - sie ist auf mich eingegangen und sie ist sich der Sucht meines Vaters bewusst. Sie will es sich nicht so ganz eingestehen, aber ich glaube, das ist nur eine Frage der Zeit. Das hat mich sehr gefreut.

    Ich bin ein wenig verunsichert und fühle mich auf eine Weise wie "frisch geschlüpft" :D

    Ich frage mich dauernd: Was muss ich jetzt tun? Ich fühle mich, als ob es etwas zu tun gäbe, und habe keine Ahnung was. Kennt ihr das? Könnt ihr vielleicht die ein oder andere meiner Fragen beantworten? Darüber würde ich mich sehr freuen...Vielleicht kennt ihr auch die Gefühle, die ich gerade habe, und könnt sie mir ein wenig erklären...geht das überhaupt? :D

    Ich freue mich sehr über jede Antwort :)

    Liebe Grüße, Anima

  • hallo anima,

    herzlich willkommen im forum!

    du denkst viel nach. das ist gut, vorallem weil ich den eindruck habe du denkst auch über dich nach.

    dein damaliger alkoholkonsum, das experimentieren, grenzen fühlen, spüren erfahren ist etwas normales. es ist nicht so, das wenn man ne zeitlang über die grenzen hinaus testet, wieviel man verträgt, ist man alkoholiker. doch wichtig ist dabei eben die grenzen zu spüren, sich damit ausseinander zu sehtzen und dann damit aufzuhören, wenns einem selbst nicht mehr gut damit geht. ein alkoholiker hat das nicht, er geht ständig über diese grenze hinaus.

    du hast den "vorteil" ein negatives bild vor augen zu haben, dich dementsprechend zu reflektieren und dir zu sagen"so will ich nicht sein". mir half das auch immer, auch ich testete meine grenzen aus und habe mfür mich festgelegt, das alkohol trinken mir nichts gutes bringt und so bin ich inzwischen selten mal dabei etwas alkoholischens zu trinken.du kannst dich freuen, das du das kannst!!!!!!!

    eine kindheit mit einem alkoholkranken angehörigen kenn ich auch. die ganzen spielchen, den psychoterreor, das hin und her gerissen sein, dieses gefühlschaos das in einem entsteht. bei mir brachte das ganze ein vertrauensverlust meinen eltern gegenüber, die beziehung zu ihnen ist geprägt von der sucht, ein normaler umgang mit ihnen ist mir nicht möglich.

    das alles ist verwirrend, beängstigend, woher komm ich wohin geh ich? dann dazu die beziiehungen die du ansprichst zu männern, die meisstens das selbe muster mitbringen wie der vater. ich heiratete einen alkoholiker, wusste dafon damals noch nichts, er wurde erst zum alkoholiker, als wir kinder hatten. das du beim erhöten konsum von alkohol reagierst und diese beziehungen beendet hast ist ja auch was positives. das zeigt ja, das du für dich selbst ganz gut die grenzen spürst.du kannst dich auch hier darüber freuen, das du dazu fähig bist!

    das deine mutter erstmal positiv reagiert, nachdem du es angesprochen hast, thematisiert hast ist auch schön. in vielen familien geht das nicht, da wird sofort abgestritten, bagatelisiert und verläugnet. oft ist es so, das derjenige der es anspricht ja sogar den part des sündenbocks übernimmt. mir geht es oft so, weil ich darüber spreche, es nicht gut finde und dementsprechend konsequent reagiere wird versucht mir ein schlechtes gewissen einzureden, damit ich wieder zur ruhe komme und das systhem weiter laufen kann.

    was du zu tun kannst? deinen eltern gegenüber hast dur KEINE verantwortung. das sind erwachsenen menschen, ihnen hast du nicht zu sagen, was sie tun müssen. wichtig ist, das du deine ganze geschichte versuchst so anzunehmen wie sie ist. akzeptiere die krankheit deines vaters und versuche darüber keinen einfluss nehmen zu wollen. das würde dir nur schaden und deinem vater auch nicht helfen

    ein alkoholiker braucht seinen tiefpunkt. den bekommt er nur, wenn er ihn für sich selbst erfahren kann. kümmer dich nicht um ihn. es ist seine geschichte!

    für dich sei gesagt, du hast schon gezeigt, das du fähigkeiten hast,das du dich um dein leben kümmerst. mach da so weiter und versuch nicht einfluss auf deine eltern zu nehmen. baue dir dein leben auf, du bist für dich das wichtigste im leben!

    lieben gruß melanie

  • Hallo Melanie!

    Vielen Dank für deine schnelle und ausführliche Antwort :)

    Ich freue mich zu hören, dass ich erstmal auf einem guten Weg zu sein scheine. Es stimmt, dass ich viel über mich selbst nachdenke, inzwischen tu ich das. Das kommt auch daher, dass ich unglaublich Angst davor habe, zu werden wie mein Vater, und laut meiner Mutter bin ich ihm sehr ähnlich. Sie sieht in mir viele schlechte Eigenschaften, die mein Vater hat und lässt ihre Wut an mir aus. Dabei gilt sie meinem Vater.
    Weißt du, ich bin zwar in der Lage, eine Beziehung zu beenden, wenn ich gewisse Verhaltensmuster entdecke...aber ich habe keine Ahnung, wie man eine Beziehung zu jemanden anfängt, der nicht so ist. Eigentlich habe ich gelernt, allein zu sein, aus irgendeiner Angst heraus, in einer Beziehung alles falsch zu machen, und so zu sein wie mein Vater.
    Und wenn mir dann doch irgendwie jemand näher kommt, dann lasse ich ihn alles mit mir machen...ich gebe die Kontrolle über mich komplett her. Das kann mir auch abends in einer Disco passieren. Das wiederum kommt selten genug vor, weil ich extrem vorsichtig bin und mein gegenüber mir schon ein Neonblinklicht mit rieseigem Aufschrieb vor die Nase halten muss, bevor ich ihm glaube, dass er wirklich irgendetwas von mir will.

    Dass meine Mutter positiv reagiert hat, hat mich auch sehr gefreut. Sie hat zwar auch immer wieder versuchtr, alles herunterzuspielen, aber ich konnte auch darüber mit ihr reden, und sie hat nicht prinzipiell alles abgestritten.

    Ich finde es gut, dass du konsequent bleibst, obwohl es bei dir schwieriger zu sein scheint!
    Möchtest du mir erzählen, was du getan hast, als dein Mann zum Alkoholiker wurde? Was hast du gefühlt?

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