Elterliche Führsorge und Co-Abhängigkeit

  • Hallo Johanna,

    ich denke, es ist bestimmt noch schwerer, sich gegen das eigene Kind abzugrenzen.
    Aber gerade weil es so schmerzhaft ist, das beim eigenen Kind mit ansehen zu müssen, ist die Distanz vielleicht genauso notwendig wie bei einem Partner. Unterstützung ja, aber doch nur bei Trockenheit.

    Ich selbst stecke nun nicht in dieser Situation, aber ich kenne einige Beispiele aus dem Bekanntenkreis, wo die Eltern irgendwann gesagt haben: Ich kann nicht mehr, ich muss Abstand halten.
    Und ebenso kenne ich co-abhängige Strukturen (nicht nur mit Sucht) zwischen Eltern und erwachsenen Kindern, die für beide SEiten sehr destruktiv sind. Da sind die "Kinder" schon 40 Jahre alt und lassen sich immer noch ständig von den Eltern Geld zustecken, Schulden ausgleichen usw. und werden noch aggressiv gegen die Eltern. Die Eltern wiederum sind nicht in er Lage, sich gegen das eigene Kind zu schützen. Ich hatte grade so einen FAll im Bekanntenkreis und ich fand, es war eigentlich dasselbe wie bei mir und meinem alkoholkranken Mann. Der hat mich auch mit Aggressionen dafür bestraft, dass ich alles für ihn tat. Genauso lief es da zwischen Eltern und Kind auch ab, absurd. Also, ich finde, da passt der Begriff Co-Abhängigkeit absolut.

    Ich nehme an, einen endgültigen Schlussstrich kann man bei den eigenen Kindern vielleicht nie ziehen, das ist sicherlich ein Unterschied. Aber die Strukturen sind nicht grundlegend anders.

    Ich rede hier natürlich immer von erwachsenen Kindern, bei Minderjährigen gibt es natürlich eine andere Verantwortung, aber da wäre dann professionelle HIlfe angesagt, wenn es so weit ist, dass es nur noch destruktiv ist.

    Liebe Grüße,
    Doro

  • ...also bei dieser einen Bekannten von mir, da sehe ich, dass die Eltern mit ihrer Fürsorge sie daran hindern, sich der REalität des Lebens zu stellen. Das heißt nicht, dass es ihre Schuld ist, dass die Tochter in dieser Situation ist. ABer solange sie ihr alles abnehmen, muss sie sich nicht eingestehen, dass sie ein Problem hat.

    Doro

  • Hallo Johanna,

    also, ich wollte damit nicht sagen, dass eure Erziehung dazu geführt hat, mit welchem Problem sich dein Sohn heute rumschlägt.

    Bei dieser Bekannten von mir geht es mir auch gar nicht so sehr um die Erziehung in der Kindheit, sondern um die Beziehung in der Gegenwart. Und da ist es so, dass sie (das erwachsene Kind) sich einerseits faktisch ständig retten lässt von den Eltern, andererseits diese aber sehr darunter leiden, weil es nicht richtig voran geht mit ihr und weil sie obendrein noch nicht mal dankbar ist. Daraufhin meinte ich: Warum helft ihr noch, wenn sie dann so undankbar reagiert?
    Und bei der Antwort merkte ich, dass es genau wie bei Co-Abhängigen ist. Sie meinen, ohne sie ginge es eben nicht, dann würde alles noch schlimmer werden. Und so gings mir mit meinem Mann auch, ich dachte, ich dürfe ihn nicht im Stich lassen. Und er war ja auch irgendwie von meiner Fürsorge abhängig, aber dabei noch undankbar - nämlich oft sehr unfreundlich und aggressiv.

    Wie ist es denn bei euch? Womit hilfst du denn, welche Unterstützung bekommt euer Sohn von euch? Leidest du darunter? Zeigt er Dankbarkeit?
    (Womit ich nicht meine, dass er im Staub vor euch kriecht, aber doch wenigstens ein freundlicher Umgangston und nicht noch Schuldzuweisungen.)

    Schöne Grüße,
    Doro

  • Hallo Johanna,

    Du machst eine Therapie, mach das weiter. Dein Sohn scheint zur Zeit trocken zu sein (so habe ich es aus Deinem letzten Post herausgelesen). Da ist Unterstützung angebracht. Zieh den Schritt durch, sollte er wieder anfangen.

    Ich war etwa zwei Jahre lang mit einem Mann zusammen, dessen Eltern ihm immer alle Steine aus dem Weg geräumt haben und es immer noch tun. Egal ob es sich um Schulden seinerseits handelt, oder wenn er irgendwohin muß, zum Arzt oder zum Amt, wird er gefahren, da wir in einer Kleinstadt mit seltenem Busverkehr leben, oder wenn er Geld braucht, Zigaretten bezahlen seine Eltern, da er Raucher ist (es sind "nur" fast drei Schachteln täglich) und sich die Zigaretten wegen Hartz IV nicht leisten kann und und und. Dieser Mann ist 8 Jahre jünger wie ich, sieht aber viel älter aus. Muskeln hat er so gut wie keine mehr, seine Haut ist gelb mit kleinen roten Äderchen durchzogen. Seine Augen sind ebenfalls gelb und blutunterlaufen, sein Gesicht ist aufgeschwemmt, seine Lebensgefährtinnen (ich war ein von denen) suchen das Weite - seine Eltern ändern nichts an ihrem Verhalten. Ob sie es nicht merken wollen oder nicht können weiß ich nicht und will es auch nicht mehr wissen. Schlimm genug, daß bei ihnen trotz des körperlichen Verfalls ihres Sohnes die Alarmglocken nicht läuten.

    Ich finde es gut, was Du für Dich erkannt hast und etwas tust. Vielleicht hilft es Dir auf dem Weg zu bleiben.

    lg inga

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