Selbstbestimmt in Beziehungen

  • Hallo zusammen,

    möchte euch gerne mal die positiven Veränderungen schildern, die jetzt mein Leben nach der Co-Abhängigkeit prägen.

    - fühle mich zufriedener, bin tolernater

    meine Erwartungen in andere sind keine Traumschlösser mehr,
    erwarte mir nichts, was ich selbst nicht zu geben bereit bin

    kann andere sein lassen wie sie sind und nehme mir das Recht heraus,
    so zu sein wie ich bin

    genieße meine Freiräume und nehme es anderen nicht mehr übel, wenn sie mal keine Zeit haben

    habe ein viel besseres Gespür für meine eigenen Bedürfnisse entwickelt,
    nicht mehr in der Erwartung, dass mein Partner für mein
    Glücklich sein verantwortlich ist, denn a) sorge ich mich selber drum
    und b) nehme an, was mir ein anderer aus freien Stücken
    entgegen bringt

    habe ein viel besseres Gespür für meinen eigenen Körper, bin nicht mehr
    neidisch, eifersüchtig auf jene, die vieleicht mehr zu bieten haben, mag mich, bin stolz über das im Leben bisher erreichte

    und das für mich wichtigste: kommuniziere auf Augenhöhe, warte nicht mehr und denke mir nicht mehr, dass andere eh wissen,
    was ich denke, was ich will

    erkenne meine Schwächen und Fehler, aber mache mich nicht mehr nieder, fühle mich wohl so wie ich bin, falls mich was stört, muß
    ich`s ändern


    Welche Veränderungen habt ihr an euch entdeckt, vor und nach eurer
    Krankheit?
    Was gefällt euch heute eigentlich viel besser an euch, als früher?


    Einen lieben Gruß
    Emma

  • Hallo Emma,

    da hast Du ein spannendes Thema angesprochen, finde ich.

    Die Veränderung, die ich an meinem Verhalten feststellen kann, seit ich nicht mehr co-abhängig agiere, kann ich in einem einzigen Satz beschreiben: Ich nehme mich selbst wichtiger, als den Alkoholiker. :) Oder anders ausgedrückt: Ich setze mich selbst, meine eigenen Interessen an erster Stelle, also vor die des Alkoholikers.

    Liebe Emma, Du hast die Dynamik zwischen Alkoholiker und Co in einem anderen strang einmal sehr klar dargestellt, nämlich so:

    Zitat

    Irgendwer hat es sehr treffend geschrieben, nämlich das der Alkoholiker im Mittelpunkt steht, alles dreht um sich ihn, sein Verhalten hat auf das Denken und Handeln des Co-Abhängigen einen enormen Einfluß...
    Ein Alkoholiker bietet zudem immer wieder neue Krisen und somit Nahrung für den Co, dass dieser stets etwas zu tun hat. Also langweilig wirds mit dem Alki sicher nicht.

    Ich denke inzwischen von mir, dass ich nicht unbeabsichtigt an einen nassen Alki geraten bin, sondern ihn vermutlich deshalb gewählt habe, weil ich mit ihm so genial von mir selbst ablenken konnte. :wink:

    Anstatt nämlich bei mir hinzuschauen und Problematiken und Traumata aus meiner Kindheit aufzulösen, konnte ich mich ausgiebig und tagefüllend damit beschäftigen, den Blick auf die Problematiken meines alkoholabhängigen Partners zu richten.

    Inzwischen ist mein Partner trocken und ich bin damit auf mich selbst zurückgeworfen. :cry: Das ist nach wie vor sehr spannend für mich.

    Anfangs habe ich erstmal Innenschau betrieben und dabei so mancherlei entdeckt, was mir neu war. Insbesondere bei der Betrachtung meiner eigenen Herkunftsfamilie, z.B.: die Botschaften, die ich bekommen und verinnerlicht habe, die Mechanismen, die gewirkt haben.

    Damit habe ich wieder Zugang zu der kleinen Leonia bekommen, die ich mal war und auch ein ganz anderes, besseres Verhältnis zu meinen Eltern.

    Inzwischen mache ich auch deutlich mehr für mich. Habe alte Interessen ausgegraben und neue entdeckt. Gehe z.B.: wieder Ski fahren und erlebe zur Zeit alles wesentlich intensiver als früher.

    Mein neues Leben empfinde ich als Abenteuer. Für mich ist es aufregend, spannend und toll wieder mehr, klarer und liebevoller mit mir selbst in Kontakt zu sein.

    Liebe Grüße
    Leonia

  • Liebe Leonia,

    ich danke dir für diesen Beitrag und super, dass du mitlerweile richtig
    viel für dich erreicht hast.

    Zitat

    Für mich ist es aufregend, spannend und toll wieder mehr, klarer und liebevoller mit mir selbst in Kontakt zu sein.

    Genau so würde auch ich mein jetztiges Lebensgefühl beschreiben.
    Denn damals in seiner nassen Zeit, ständig war ich über XY in Wut oder in Sorge, und überhaupt das Chaos und viele seiner
    Überraschungsaktionen, hatte ich auch gar keine Kraft mehr übrig, mich um mich zu kümmern.

    "Und doch sehe ich das heute auch als eine Ausrede von mir, da ich mich in Wahrheit nie besonders wichtig genommen und die Gefühle
    gar nicht nennenswert fand".

    Ich glaube fast, dass alles im Leben auf ein Ursache und Wirkungsprinzip gründet. Als mir klar wurde, dass ich immer weiter in eine
    Co-Abhängigkeit abzutrifften drohte, da bin ich abgehaun, habe
    mich vom Alkoholiker getrennt.

    Da wußte ich allerdings nicht, dass es für uns beide der Wendepunkt
    sein würde. Hab`mich damals unsagbar depressiv gefühlt.
    Und nie hätte ich gedacht, dass wir je wieder zusammen kommen.

    Heute verstehe ich, dass wir beide die Krankheit gebraucht haben, so abscheulich das auch gewesen ist, aber um
    auf uns selbst geworfen zu sein, um man selbst zu werden.

    Bin mitlerweile froh, wie alles so gekommen ist.
    Klar, steckt wahrscheinlich immer eine Komponente zur
    Co-Abhängigkeit in mir, doch auch ein Stück Lebensgeschichte, mit der ich dankbar leben kannn.


    Huch,... schade, dass sonst niemand von Erkenntnissen nach der Krankheit berichten mag.

    Ich wünsche jedem, die/der mit sich zu ringen und noch viel zu verdauen hat, einen guten Weg, wo immer er hinführt.

    Grüsse von Emma
    :)

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