Saufdruck.....nach 4 Jahren Trockenh. gestern wieder erlebt

  • Hallo Ihr Lieben,

    ich hatte ja schon einmal gefragt, was genau Saufdruck ist, weil ich dachte, ich kenne das nicht, wurde aber eines besseren belehrt, ich dachte ja, Saufdruck äußere sich nur körperlich.
    Und gestern kam er, völlig überraschend nach langer Zeit mal wieder.

    Mein langjähriger liebster Kollege ging nach 25 jähriger Zusammenarbeit (über 3 Jahre waren wir auch Sitznachbarn und gute Freunde eigentlcih immer) in seinen wohlverdienten Vorruhestand. Ich habe das lange verdrängt, und gestern kam dann doch der Tag. Es war hart für mich, mir standen die Tränen in den Augen. Hab mich aber zusammengerissen. Ich muß da ja durch.

    Dann abends fahr ich noch ne Stunde Rad und lege mich genau vor meiner Tür lang...wie peinlich :lol:
    Erst sah es nicht so schlimm aus, Knie abgeschürft, bissle am Arm, Fuß umgeknickt. Abends schwoll dann der Fuß an , ich konnt nicht mehr auftreten, son Mist. Nun gut, dann stritt ich mich noch mit einem Kumpel im net, eher dumme Missverständnisse, der Fuß schmerzte und ich fing auch noch an zu heulen, es brach so richtig heraus, Kollege wech, Fuß aua, und noch Streit.
    Und da war es soweit: Das dumme Hirn flüstete mir zu: JETZT hättest Du "normalerweise" getrunken...
    Dabei war ja jetzt gar nichts soo dramatisches passiert, gibt viel schlimmeres, aber es hat gereicht, um "die Band wieder zum Spielen zu bringen"
    Ich hab gesagt: Dummes Hirn, halt einfach die Klappe, denk Dir mal was Neues aus ! Mit mir nicht mehr.

    Ich hab dann ganz viel Wasser und Limo getrunken, ich hatte auf einmal so einen Durst. Dann hab ich ne Schmerztablette genommen, was ich sonst nie tu, aber diesmal schon.

    Und dann hab ich geschlafen, und heut morgen sah alles wieder viel besser aus, Fuß war schon etwas besser und dann hat noch mein Bruder angerufen, was mich sehr gefreut hat. Ich spreche mit ihm eher selten über meine Probleme, aber ich hab ihm heut früh alles erzählt, auch das mit dem Saufdruck. Und er erzählte mir, das er gerade letzte Woche seinen Kumpel bei sich hatte, der Heroin-und Alk-abhängig war und sie hatten komischerweise auch über dieses Problem gesprochen. Das er nach langer Zeit noch den Druck ab und zu verspüre. Na ja, so ist jetzt alles wieder soweit gut, aber so schnell kann es manchmal gehen...
    Ist Euch das auch schon so gegangen, das alles so blöd lief und so unerwartet der Saufdruck kam?
    Würde mich sehr interessieren..

    Einen lieben Gruß an alle sendet die Lilly

  • Hallo Lilly.

    Das liebe Hirn. Jaja. Solche Dinge passieren mir auch nach 14 Jahren noch regelmäßig. Ich glaube, für mich als früheren Problem-und Frusttrinker ist es auch völlig normal, daß mein Körper in solchen Situationen nach Alk schreit. Unnormal ist, daß ich dann nichts trinke, so blöd wie das klingt.

    Ich vergleiche das immer mit Lernsituationen aus der Kindheit. Mein Körper hat gelernt, daß es schön ist, wenn eine zarte Frauenhand ( meine Mutter ) mich streichelt. Das ist auch heute noch so und ich möchte darauf auch nicht verzichten. Damals hat mein Körper auch gelernt, daß es schön ist, wenn ein prickelndes Bier oder ein scharfer Tequila die Kehle runterläuft. Er ist leider auf Dauer darauf programmiert, auch auf dieses nicht verzichten zu wollen. Kriegt er aber nicht. Also macht er Druck, den es auszugleichen gilt.

    In fast jeder dieser Drucksituationen habe ich hinterher gemerkt, daß es hauptsächlich ganz profaner Durst war, den ich hatte. Ich habe mir also angewöhnt, wesentlich mehr Flüssigkeit zu mir zu nehmen als früher. Mit 2 Liter Mineralwasser im Bauch habe ich glaube ich bisher noch kein einziges Mal Saufdruck verspürt.

    Lieben Gruß
    Kai

    Wenn einer, der mit Mühe kaum, gekrochen ist auf einen Baum, schon meint, dass er ein Vogel wär, so irrt sich der. (Wilhelm Busch)

  • Hallo kai,

    vielen Dank für Deine Antwort. Das mit dem Durst kann sehr gut sein. Durch die Abschiedsfeier hab ich nicht meine normale Menge Tee getrunken, ich trink immer 1 1/2 Liter auf der Arbeit, so hatt ich nur 2 coffeinfreie Kaffe und 1 Becher Limo. Ich war im Stress wegen den Vorbereitungen, na und dann war ich noch Radfahren und hatte auch noch vergessen,was zu trinken mitzunehmen, eigentlich hatt ich da schon richtig Durst. Ich bin ja auch ein Dussel...Aber ich hab abends wohl dann auch 2 Liter Limo-Schorle (gibts das? Limo mit Wasser gemischt...) ausgesüppelt. Dann hab ichs ja richtig gemacht. Na, ja,und dann noch die äußeren Umstände... es kam wohl alles zusammen.

    Lieben Gruß von der Lilly

  • Hallo angara,

    au weia, ich wollte Dich natürlich nicht erschrecken!
    Ich habe den Titel etwas unglücklich gewählt, hatte so wenig Platz und dann hab ich dran rumgebastelt, nicht weiter überlegt und den Text geschrieben.

    Nein, war alles halb so schlimm. Es war nicht wirklich schwer, zu widerstehen, denn die Stimme sagte nicht mehr: Trink jetzt was! Sondern es war eher die Feststellung: Früher hättest Du JETZT getrunken.
    Es war ein blödes Gefühl, so überraschend,aber im Grunde doch auch wieder nicht, wenn ich recht überlege. Ich habe das mit meinem Kollegen wirklich versucht zu verdrängen, das war nicht gut.Ich wußte, das der Tag kommen wird, wo er geht, ist ja ein normaler Vorgang, wenn jemand in seinen wohlverdienten Ruhestand geht. Aber dann, als es wirklich soweit war, traf es mich hammerhart ! Time to say goodbye...
    Ich hab ja die Tränen unterdrückt, natürlich haben die anderen Kollegen mich auch noch geneckt, bis sie merkten, das mir wirklich schon das Wasser Oberkante Unterlippe stand.
    Dann war ja Ruhe, und dann noch der leere Platz neben mir, so ein Mist. Na ja, der Tag ist auch überstanden. Und soweit ja dann auch ganz gut. Bin auch froh, das Wicki mich darauf gebracht hat, das ich richtigen Durst hatte, das war nämlich wirklich so. Manchmal ist man auch zu blöd...grins.

    Danke für Dein liebes post, ich hab mich sehr darüber gefreut. Habe Deine letzten Beiträge auch immer mitgelesen, hab grad selber nicht so viel geschrieben, aber kommt wieder.

    Gruß von der Lilly

  • Hallo Lilly!
    Da stand ja "Saufdruck" und nicht "Rück....", nee, ich schreibs gar nicht aus! :wink:

    Das mit dem "zu wenig getrunken" kann ich für mich auch bestätigen.
    Ich trinke, seit dem ich nicht mehr trinke (na das liest sich ja komisch :wink: ), viel mehr!
    Tee, auch wenn es draußen Sommer ist, weil warmes unheimlich beruhigend auf mich wirkt und Literweise Sprudel.

    Ich merke, dass ich kaum noch an Alkohol denke, wenn ich gut für mich sorge, dass heißt ausreichend und gesund esse und genügend Flüssigkeit zu mir nehme, mich bewege und Herausforderungen sofort begegne, anstatt sei auf die lange Bank zu schieben.
    Nun bin ich ja nun schon so lange trocken, um es in Monaten zählen zu können, jedoch nicht in Jahren....aber diese Gedanken kommen ab und an.. es hat sich so festgesetzt, dass ich damit leben muss und nie aufhören möchte, wachsam zu sein für die Momente, in denen das alte Muster an die Oberfläsche kommt und alte Gedanken in den Kopf schießen. Ich für mich glaube nicht, dass ich diesen Teil in meinem Leben komplett streichen kann und somit auch nicht die Gedanken, die ab und an schon mal auftauchen. Aber die kommen unbewusst und gehören zu dem abgeschlossenen Teil in meinem Leben, nicht zu meinem neuen Weg!
    Da ich gar keinen Alkohol trinken möchte und ihn nicht brauche, beunruhigen mich diese Gedanken nicht mehr . Ich gebe ihnen nicht nach und sie verschwinden dahin, wo sie hin gehören!
    Wachsam bleibe ich dennoch!

    Du ja auch!
    Ich hoffe, es erschreckt Dich nicht allzu sehr, was Du gedacht hast?
    Es ist eben jeder nur eine Armlänge vom ersten Glas entfernt...egal wie lange trocken.
    Lieben Gruß
    Tabaluga

    Ich weiß nicht, wohin Gott mich führt,
    aber ich weiß, dass er mich führt.
    G.Fock

  • Hallo Lilly

    Auch ich definiere Saufdruck so wie meriamum es beschrieben hat und nach meiner Kapitulation hatte ich keinen Saufdruck mehr.

    Ich habe allerdings ein Suchtgedächtnis und das schlägt auch nach 12 Jahren noch ab und an zu - in Situationen, in denen ich früher getrunken hätte.
    Mir hilft es dann diesen Gedanken einfach weiterzudenken, denn ich kann für mich sagen, das ich nie ein Glas Sekt oder ein Glas Bier trinken wollte -
    ich habe Alkohol bewußt eingesetzt um mich wegzumachen und zwar immer und vollständig.

    Wenn heute bei mir der Gedanke nach einem Glas Bier auftaucht muß ich genau nachsehen, aus welcher Situation ich mich in Wirklichkeit wegmachen will und habe dann die Möglichkeit trocken diese Lage zu erkennen und zu ändern.

    mit freundlichem Gruß
    Marie :)

  • Moin an alle, an diesem sonnigen Sonntag,

    toll und interessant eure Beiträge zu Lillys Erlebtem !
    Saufdruck und Rückfall sind zwei sehr differente Begebenheiten, obwohl sie auch so nah beinander liegen können.
    Saufdruck kann eine Ursache sein, der Rückfall wäre dann im schlimmsten Fall die Wirkung.
    Der Ersatz, wie hier beschrieben, bei diesem „künstlichen“ Saufdruck ist wahrhaftig Konsum von viel Flüssigkeit. Er ersetzt irgendwie dieses Durstgefühl, was eigentlich nur ein Defizit von Flüssigkeit im Körper ist. Man hat ja schließlich gelernt, dass Alkohol keinen Durst löscht sondern mehr Sucht und Flucht unterstützt.
    Trotz allem sollte man aber immer gewarnt sein, ich denke hier an Karstens Worte:
    Der Rückfall fängt im Kopf, lange vor dem ersten Glas an.

    Gruß, Freund.

  • Hallo Ihr Lieben,

    ich danke Euch allen sehr für Eure Antworten, sie waren sehr interessant und ich hab sie mir mehrmals durchgelesen.

    Hallo Tabaluga, nein, es hat mich nicht sehr erschreckt, vielleicht wäre verwundert das bessere Wort. Es war so: Ach, guck mal an, Hirn, jetzt meldest Du Dich wieder? Nach so langer Zeit trotzdem? Es war mehr so ein Beobachten seiner eigenen Person, von außen irgendwie, weiß nicht, ob es jemand versteht?
    Das Gute war allerdings, das ich hier aus dem Forum wußte, das sowas passieren kann, das war für mich beruhigend und dann noch Eure Antworten, die waren auch toll.
    Vielen Dank nochmal

    Gruß von der Lilly

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