Caligula neu im Forum

  • Hallo Delia,

    Zitat

    warum hast Du Dich in diesem Forum angemeldet und wenn überhaupt, was erwartest Du davon?


    Nett, dass du fragst.

    Ich hatt’s aber bereits einige Male geschrieben: ich will mich mit Experten zu Themen wie bspw.
    ( ) erste Schritte in ein suchtfreies Leben
    ( ) Freizeitgestaltung
    ( ) begleitende Süchte zum Alkohol
    ( ) was und wie viel muss im Leben geändert werden?
    ( ) etc.
    austauschen.

    Bei Punkt (1) „erste Schritte“ habe ich evtl Dinge unternommen, die über das hinausgehen, was andere tun. Weil sie bei mir eben notwendig waren. Da mich aber keiner danach fragt, habe ich dazu bisher auch nichts gesagt. Bislang bin ich über die „Gartenparties beim Nachbarn“ noch nicht hinausgelangt. Kann ja noch kommen.

    Falls möglich sachlich, emotionsfrei und ohne Pauschalurteile. Müsste unter Erwachsenen (und ich sehe, dass die meisten Teilnehmer in diesem Thread die 40 überschritten haben) eigentlich möglich sein.

    @Carl:

    Zitat

    Du wirst verwundert sein ... aber Dein Beitrag findet weitgehend meine Zustimmung.


    Dann gelangen wir jetzt alle nach dem ersten Beschnuppern so langsam in den vorurteilsfreien Bereich. Das freut mich!

    Vg Caligula

    Das Leben ist eine Komödie für jene, die denken, eine Tragödie aber für jene, die fühlen. (Oscar Wilde).

  • Caligula, Du kommst immer so philosophisch einher.

    Mein erster Schritt ins suchtfreie Leben ist, mir jede Promille zu versagen. Im Moment ist mir alles, aber auch alles willkommen, was mich vom Trinken ablenkt. Das ist: meine Fussböden schrubben, Gymnastik bis die Muskeln schmerzen, im Waldlaufen bis zur Erschöpfung, tot ins Bett fallen, Hauptsache nüchtern.

    Gruss

    Delia

  • Hi Delia,

    jetzt bin ich zusätzlich noch philosophisch? Damit kann ich leben. Meine Exfrau fand mich auch oft zu kompliziert. Wenn ich dann allerdings längere Zeit schwieg, war es ihr ebenfalls nicht recht.

    Ich weiß jetzt nicht, in welcher Phase der Trockenwerdung du dich befindest: Wochen, Monate, Jahre …. Geht mich auch nichts an.

    Wenn die von dir geschilderten Aktivitäten dir dabei helfen, ist es vollkommen in Ordnung. Ich bin der Letzte, der anderen erklärt, wie sie es anders oder gar besser machen könnten.

    Insofern du aber schreibst, dass dich die Dinge ablenken, wären wir natürlich beim Thema. Denn aus meiner Erfahrung heraus reicht Ablenkung alleine auf Dauer nicht aus. Ohne dich hiermit deiner Illusionen berauben zu wollen. Irgendwann ist die Wohnung zum 10-ten Mal geschrubbt, und ein 11-tes Mal würde keinen Sinn ergeben. Sport ist super, wirkt bei mir aber nur bedingt. Weil ich den immer betrieben habe. Zudem neige ICH bei Sport ebenfalls zu Suchtverhalten, weshalb der alleine mir nicht richtig weiterhilft. Ich habe zwischendurch sogar für den Marathon trainiert. Wider jeden ärztlichen Rat. Tot ins Bett fallen, ist immer gut. Wer schläft, sündigt nicht. Da aber mein Wach-Schlaf-Rhythmus völlig durcheinander geraten war, musste ich meinen Körper erst allmählich an „pünktliches“ Einschlafen gewöhnen. Und zwar ohne Alkohol. Das war schwierig, weil ich 25 Jahre lang immer erst nach Alkoholgenuss ins Bett gegangen war. Und mein Suchtgedächtnis mir anfangs wochenlang einflüsterte: »Trink ein Bier, dann pennst du besser.« War mitunter kurz davor, diesem Verlangen nachzugeben. Habe es aber nicht getan. Weil ich halt wusste, dass mir das auch nur Linderung für max. 2h bringen würde. Nach einiger Zeit reguliert sich das dann von selber. Diesen Zeitraum musste ich aber erst einmal überstehen.

    Ich bin bspw im ersten Monat jeden Abend in eine SHG gegangen. Abwechselnd AAs, NAs, Kreuzbund, Freundeskreis. Irgendwo tagte immer eine Gruppe. Um der – für mich – gefährlichen Uhrzeit 20h aus dem Weg zu gehen. Im zweiten Monat normalisierte sich das dann, und ich konnte das Pensum problemlos runterfahren.

    Ich habe die Ernährung umgestellt, um den Gesundheitsgedanken auch ins Essen reinzubringen. Denn ICH vertrete die Auffassung, dass schlampige Nahrungsaufnahme (Fast Food, Tiefkühlpizza, Döner an der Ecke etc) auch Dosenbier und Flachmänner begünstigt. Wer aufs Essen achtet, wird sich eher überlegen, ob er seinen Körper mit Drogen ruinieren möchte.

    Und habe begonnen, Egoist zu werden. Mich stark auf mich selber zu konzentrieren. Vorher war ich in Kommunalpolitik und anderen Ehrenämtern tätig. Habe ich alles an den Nagel gehängt. Ich hatt’s aufgrund der Sauferei eh nicht mehr richtig ausfüllen können. Vllt werde ich irgendwann mal wieder aktiv. Aber sicherlich nicht heute oder morgen. Ich geb’s aber auch offen zu, dass ich nach 40 Klinikaufenthalten ichbezogener bin als vorher. Diesen Baustein halte ich für einen der ganz wichtigen. Altruisten (so schön dieser Charakterzug bei gesunden Menschen auch sein mag) oder gar Personen mit Helfersyndrom werden sich mit der Abstinenz schwerer tun. Ich schreib’s vorsichtshalber dazu: das ist einzig meine Meinung. Stützt sich allerdings auf zahlreiche Beobachtungen im Klinikalltag.

    Und ich habe als neues Hobby das Schreiben entdeckt. Gefällt mir gut. Hatte mir anfangs überlegt, zu malen; aber Schriftstellerei passte eher zu meinen Neigungen. Wenn ich abends drei o. vier Stunden lang Kurzgeschichten oder Novellen verfasse, vergesse ich die Welt um mich herum (und damit auch den Alkohol). MIR hilft das.

    Delia, hoffe, das war jetzt nicht zu philosophisch, sondern halbwegs praxisbezogen.

    Vg Caligula

    Das Leben ist eine Komödie für jene, die denken, eine Tragödie aber für jene, die fühlen. (Oscar Wilde).

  • glück auf cali

    Zitat von Caligula

    um mich unaufgeregt mit Fachleuten zu speziellen Suchtfragen auszutauschen.

    da bin ich mal gespannt wie n alter regenschirm auf deine fragen. zu allen speziellen suchtfragen, die mir einfallen gibt s hier im forum irgendwo n speziellen thread oder ne diskusion.

    wieso beharrst du so auf "vorstellungsthred" (der war doch im vorstellungsbereich?)? für mich sieht das hier seit wenigstens 7 seiten wie n "selbsthifethread" aus?

    schöne zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Guten Morgen Caligula,

    nein, das war nicht zu philosophisch, sondern klare Ansagen!

    Ich befinde mich am Anfang meiner Trockenheit und bin so damit beschäftigt, den Tag nüchtern zu überstehen dass mir keine Zeit und vor allem Energie übrigbleibt, nach logischen Zusammenhängen in irgendeiner Aussage der Grundbausteine oder wo auch immer zu suchen.

    Bitte betrachte das nicht als Angriff auf Deine Person! Auch für Angriffe fehlt mir momentan die Kraft.

    Noch ein paar Fragen:
    Was hat Dich dazu bewogen, Dir vierzig Entgiftungen anzutun?
    Was ist dieses Mal anders, so dass Du mit dem Trinken aufhören konntest?

    Panikmache der Ärzte a la "Sie werden an Krebs erkranken, Delia" ," Sie brauchen eine Herzkatheter, oder wollen Sie den Infarkt erst abwarten", haben bei mir nicht gewirkt. Ich habe so lange weiter getrunken, bis ich psychisch am Ende war.

    L.G. Gruss

    Delia

  • Hallo Delia,

    Zitat

    Was hat Dich dazu bewogen, Dir vierzig Entgiftungen anzutun?


    „Bewogen“ passt nicht so richtig. Ich habe ja nicht zu dem Zweck getrunken, um nachher endlich in die Klinik gehen zu dürfen. Anfangs war der Gedanke an den drohenden KH-Aufenthalt sogar eher eine Horrorvorstellung für mich. Im Laufe der Zeit habe ich mich dann an diese Umgebung gewöhnt. Zum Schluss beschlich mich sogar die Sorge, so langsam hospitalisiert zu werden. Soweit ist es dann gottseidank nicht gekommen.

    Ich habe immer wieder getestet, kontrolliert zu trinken. Was mit Bier auch ein/ zwei Wochen lang funktionieren kann. Spätestens in der dritten Woche kippte es aber, und ich steigerte zügig die Menge, bis ich dann zum Schluss hin auf Schnaps umstieg. Denn mehr als einen Kasten Bier bekam ich von der Flüssigkeit nicht in meinen Körper hinein.

    Wenn ich „klug“ war, bin ich selber in die Klinik gegangen. Aufgenommen haben die mich immer. Brauchte noch nicht einmal vorher dort anzurufen. In den Fällen, in denen ich es dümmer gehandhabt habe, wurde ich per Rettungstransport eingeliefert. Dann drohte immer die Geschlossene Abteilung. An die ich mich aber auch gewöhnt hatte.

    Ich habe die Aufenthalte in der Klinik eine Zeit lang als lebenserhaltende Maßnahme angesehen. Nach einigen Tagen/ spätestens einer Woche war ich wieder hergestellt, wurde entlassen, blieb einige Tage trocken und begann von vorne.

    Zitat

    Was ist dieses Mal anders, so dass Du mit dem Trinken aufhören konntest?

    Panikmache der Ärzte a la "Sie werden an Krebs erkranken, Delia" ," Sie brauchen eine Herzkatheter, oder wollen Sie den Infarkt erst abwarten", haben bei mir nicht gewirkt. Ich habe so lange weiter getrunken, bis ich psychisch am Ende war.


    Die Hinweise, dass es nicht mehr lange gutgehen würde, habe ich natürlich öfter bekommen. Ist ja auch statistisch eher unwahrscheinlich, dass man diesen Zyklus ewig überlebt. Ich hab’s aber nie sonderlich ernst genommen.

    Beim letzten Mal hingegen schon. Fünf Tage angebunden und an Schläuchen in der Intensivstation waren dann auch für mich mehr als genug. Ich spürte daraufhin, dass mein Maß voll war. Einen weiteren Versuch wollte ich danach nicht wieder riskieren. Zudem wusste ich ja, dass die Experimente mich zwangsläufig in die Klinik führten. Da aber auch meine Rückfallzyklen immer kürzer wurden (zum Ende hin tatsächlich MO raus und FR wieder rein), verging mir immer mehr die Lust auf den Alkohol und die durch ihn bewirkten (Total-) Abstürze. Da ich in den letzten Monaten die Stufe des „angenehmen Trinkens“ direkt übersprang und innerhalb von 24h beim Vollrausch anlangte, den ich dann tagelang aufrecht erhielt, machte mir das Experiment auch überhaupt keine Freude mehr.

    Deshalb war bei mir der Moment, an dem ich mich bereits im Rollstuhl sitzen sah, der Punkt, an dem ich beschloss, auszusteigen. Denn ich kenne halt Drehtürpatienten, die aufgrund Korsakow mit 50 in Heimen gelandet sind. Da wollte (und will) ich jedoch nicht hin.

    Delia, wünsche dir alles Gute und viel Kraft für deinen Abstinenzwunsch! Die ersten Wochen sind die härtesten. Danach wird es erfahrungsgemäß leichter.

    Vg Caligula

    Das Leben ist eine Komödie für jene, die denken, eine Tragödie aber für jene, die fühlen. (Oscar Wilde).

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