Hallo,
ich freue mich diese tollen Seiten gefunden zu haben. Habe gelesen und gelesen, bin zur Beratung gegangen, hier und dort hin und jetzt hänge ich voll in der Luft. Ich schreibe es einfach einmal runter:
Als ich meine Frau kennen lernte, da war es ganz normal, beim Essen wurde Wein getrunken und ich staunte nicht schlecht, wie die kleine Zierliche 1 Flasche schweren Wein verdrückte, Respekt.
Als wir uns verliebten und die Wochenenden zusammen verbrachten, war es auch ganz normal, dass Wein getrunken und lustige Gelage abgehalten wurden. Wir hatten mächtig Spaß. Dann sind wir einmal ins Ausland, da gab es keinen Wein und da habe ich erstmals gespürt, dass da etwas nicht stimmte und sich Aggressivität breit machte. Damals hatte ich noch keine Ahnung, dass es eine Krankheit ist. Damals dachte ich noch: Frauen, das geht vorbei. Dann gab es Ärger, Abstürze, ich aus Protest, was für ein irrer Protest, wieder gequalmt, aber bald sah alles wieder ziemlich normal aus, wir kochten abends, quatschten, sie trank ihr Gläschen dazu, 1 Flasche, ab 20h die 2. Sie konnte ganz toll aufdrehen und nachts arbeiten. Nachtmensch, Schlafstörungen hieß es, soll ich statt dessen lieber Tabletten nehmen, hieß es, aber dass das eine mit dem anderen zusammenhängt und es sich um eine Verkettung von alkoholabhängigen Ereignissen handelte, seit Jahren, das kam mir erst später. Eigentlich passierte ja auch nichts Schlimmes, keine Auseinandersetzungen, Vorhaltungen oder Streitereien, bis ich es einmal ansprach und naiv voll ins Messer lief und die Ausraster bekam, die man nicht bekommen soll, wie Weinvernichtungsaktionen oder sie dann Versteckspiele. Dann gab es Beratungen, gemeinsame Gespräche, toll geht doch, nichts geht. Sie kocht, wäscht, macht den Haushalt, arbeitet selbstständig , verdient Geld, liest viel und wir reden viel, machen viel zusammen, damals hatten wir viele Gäste und Freunde zu besuch. Jetzt nicht mehr.
Wir heirateten, alles war ziemlich normal. OK, Wein gehörte zu unserem Tagesablauf, wie bei anderen Chips und Coke. Ich dachte: das packen wir. Nichts packen wir.
Dann kam der Infarkt, einfach so, unangemeldet, sie gerade noch mal von der Schüppe gesprungen. Kippen weg, Wein weg, toll. Auf in die Reha, da ging es mit gleich gesinnten Becherschwingern wieder von vorne los. Klasse, so eine Reha. Da bin ich das erste Mal ausgeflippt, sofern ich überhaupt ausflippen kann, durch den Telefonhörer und den Rand aufgerissen, ohne Konsequenzen.
Über das Sexualleben habe ich hier noch nichts gelesen, vielleicht gehört es ja nicht hier hin. Bei Männern, ist klar, geht kaum was durch die ganzen Medikamente, aber bei Frauen? Wir hatten unglaublichen, wunderbaren Sex, aber eigentlich nie nüchtern, wie mir später auffiel.
Ich habe nach 3 Jahren keine Ahnung, wie Sex mit meiner Frau ist, wenn sie nüchtern ist???
Die ganzen Infarktmedikamente haben ihr Verlangen nach Sex erst mal auf Eis gelegt, das ist jetzt eine Null-Bockrunde, noch schlimmer, ein angeekelt sein vor jedem Kontakt, jedem Kuss und jeder Annäherung.
Diese Frau half mir aus einem Tief, gab mir Kraft, Ausdauer, Stärke, Liebe und wir haben uns beide richtig gut getan. Jeder hat schließlich seine kleinen Probleme, was sind da schon 2 Flaschen Wein, im Vergleich zu meinen workaholic Stunden? Sie macht doch eigentlich nichts, außer, durch den Alk-Medikamentencocktail, jetzt schon abends und nicht mehr nachts einzuschlafen, die 2 Flaschen Wein etwas schneller zu trinken und bis morgens was länger durchzuschlafen.
Warum steht mir denn jetzt mein Job steht bis zum Hals, ist meine Power weg und mit jedem Korkenblup, mit jedem Aussetzer steigt meine Wut, meine Aggressivität, da ich an dieser Situation nichts ändern kann und meine Gelassenheit verschwindet. Wenn es darauf ankommt und der Wein ruft erkenne ich jetzt:
Mann – nichts wert
Kinder – nichts wert
Freunde – nichts wert
Leben – nichts wert
Alles Nichts wert, wenn der Alkohol ruft.
Also, wenn unserer Ehe, unsere Liebe gerettet werden soll, dann muss ich meine Frau fallen lassen, sie Konsequenzen spüren lassen, mich von ihr trennen, sie muss freiwillig in den Entzug wollen, man kann ihr nicht helfen, sie muss sich selbst helfen wollen und das macht ein Alkoholkranker nicht. Habe ich das so richtig verstanden? Nur so kann ihr geholfen werden?
Verstehe ich nicht – hätte sie das Leben gefährdende Krankheiten, Unheilbares, wäre sie voll zugedröhnt mit Medikamenten, launisch und streitsüchtig, unbeweglich, ein Pflegefall oder würde sie so irre schnarchen wie ich, vielleicht wäre das noch viel anstrengender, zermürbender, kraft raubender und da würde ich doch auch nicht sagen: und Tschüss…
Ich bin zum 2.mal verheiratet, aber da stand: in guten wie in schlechten Zeiten und nichts von …und Tschüss. Verstehe ich etwas falsch? Ich liebe meine Frau, krank oder gesund, nüchtern oder mit Wein im Blut.
Aber eines habe ich festgestellt: durch ihren Infarkt habe ich wieder aufgehört zu rauchen, treibe Sport, nehme ab, bin körperlich fit, profitiere also davon. Also sagt mir doch bitte was der richtige Weg ist. Gleichgültigkeit, gefühlvoll zu denken: hau dir die Haken voll, wenn ich wiederkomme hast du es vielleicht schon hinter dir, schön an deine Beerdigung zu denken?
Wisst Ihr, wie wunderschön es ist, wenn dieses zarte Wesen im Bettchen liegt, den Kopf zufrieden lächelnd dreht und mir einen morgendlichen Abschiedskuss auf die Lippen presst. Der Tag ist dann wunderschön, nur diese blöden Gedanken, die waren Anfangs nicht da.
Auf jeden Fall komme ich nicht damit klar, meiner Frau nur dann zu helfen, wenn ich sie fallen lasse und alternativ alles weiterlaufen zu lassen und mit anzusehen, wie sie in die Kiste wandert. Auch komme ich nicht damit klar, dass ich ihr Vorhaltungen machen soll, für irgendwelche Verfehlungen. Da sind doch keine, außer, dass sie Ihren Bedarf eindeckt,
etwas länger schläft als andere, vielleicht bald nicht mehr da ist.
Wahrscheinlich denkt Ihr, was hat der denn am Kopf, ja da wird etwas immer mehr nicht OK. Wie irre muss man eigentlich sein, wenn man anhand des Tonfalles und der Wortwahl des Partners auf das Zehntel genau weiß, wie der Pegelstand ist oder wenn der Partner zufrieden und glücklich einschläft und der andere zuckt und die Adern pulsieren?
Alles Liebe aus dem Rheinland kaltblut