Komische Person?

  • Hallo Ihr Lieben,

    also langsam glaube ich, doch eine komische Person zu sein.
    Habe etwa zwanzig Jahre lang regelmäßig getrunken, nur abends, durchschnittlich wohl eine Flasche Wein. Eindeutig mehr, als Frauen empfohlen wird.
    Hatte keine Entzugserscheinungen den Tag über, allerdings abends, das gehörte schon dazu...nun hatte ich vergangenes Jahr einige belastende Dinge erlebt und einen Zusammenbruch, seitdem psychosomatische Beschwerden, Ängste, Panikattacken. Mein Zustand wurde langsam besser durch quasi Eigentherapie :wink: , getrunken hab ich seitdem eher weniger- allerdings gab es noch immer genügend Abende mit einer ganzen Flasche. Am Sonntag beschloss ich, nichts mehr zu trinken, um mein seelisches Gleichgewicht zu stabilisieren und weil ich mit der Zeit einfach merkte, dass ich unter Alk 'nicht ich' bin, nicht so, wie ich gemeint bin.
    Also heute ist Mittwoch und ich hab seit Sonntag keinen Tropfen angerührt. Das Bedürfnis war/ ist nur ab und zu im Kopf, körperlich hab ich nur bissle labiles vegetatives System.
    Was meint Ihr mit Eurer Erfahrung- kann da das dicke Ende noch kommen oder ist die 'riskante' Zeit überstanden? Seit ich in dem Forum hier lese, mach ich mir jetzt darüber Gedanken und das ist nicht so toll, wo doch Angst eben in den letzten Monaten mein Thema war...
    Könnte mir vielleicht jemand sagen, dass kein Grund zur Beunruhigung besteht :wink: ??
    Liebe Grüsse!

  • Hallo Karsten,

    danke für Deine Antwort!
    Es ist nicht so, dass ich hören wollte, es 'sei alles nicht so schlimm'- meine Befürchtung war auf die momentane Sitaution bezogen, ob 'die noch schlimm werden könne'. Diese Befürchtung hast Du mir so ziemlich genommen- danke, denn das war es, was mich akut beunruhigt hat.

    Ich sehe das jetzt nicht als Test für mich, nach dem Motto 'wenn es so locker geht, kann es ja nicht so schlimm sein mit mir'. Im Gegenteil bin ich überzeugt, dass meine psychischen Probleme zumindest zum Teil vom Alkohol kamen- ein Körper ist einfach nicht für so viel Gift über so lange Zeit gebaut. Insofern hatte ich eher Glück, dass es nicht schlimmer kam.
    Außerdem fühle ich mich bereits jetzt wesentlich wohler, sogar ausgeglichener und mehr 'ich selbst'. Hätte ich das vor Jahren gewusst...

    Mein Schreibstil ist womöglich flapsig, aber das täuscht.
    Danke nochmals für Deine Antwort!
    Liebe Grüße

  • Hallo Gast

    Ich denke, du meinst mit „dickem Ende“ ein Delirium oder Krampfanfall, das meistens am dritten Tag der Entzugsphase auftritt. Es ist zwar nicht auszuschließen, aber unwahrscheinlich, dass so etwas jetzt noch kommt. In jedem Fall aber viel Flüssigkeit zu sich nehmen, in Form von Tee, Mineralwasser, Fruchtsaft, allerdings keinen Kaffee.

    Das bedeutet aber nicht, dass keine Alkoholabhängigkeit besteht. Ich kann mich da nur Karstens Meinung anschließen.

    Gruß Henri

  • Hallo Henri,

    dass eine Abhängigkeit besteht, merkte ich gestern abend ganz deutlich, als ich sehr oft daran dachte, dass ich gerade NICHTS trinke und stattdessen literweise Tee in mich reinkippte. Auf welcher Ebene die Abhängigkeit besteht, braucht man nicht unbedingt zu differenzieren- ich denke, in meinem Fall ist sie eher psychogelagert-, Tatsache ist, dass sie besteht. Darüber bin ich mir im Klaren, falls das anders rüber kam- sorry.

    Deutlichstes Anzeichen für eine wie auch immer geartete Abhängigkeit ist, dass dir etwas fehlt, wenn du es nicht tust. Ob sich das auf Alk, Essen, Surfen, Sex oder worauf auch immer bezieht: du hast einen Pfad in deinem Hirn getrampelt, den du erst mal wieder verlassen musst, d. h. du musst neue, andere Pfade trampeln. Nicht nur einen andern- da besteht wieder das Suchtpotenzial- sondern viele verschiedene.
    Also nicht jetzt jeden Abend Tee trinken, um einen neuen bekannten Rahmen zum 'Festhalten' zu haben, sondern heute was anderes tun, z.B. Rasenmähen, morgen Ausgehen etc.

    Außerdem empfinde ich die Vorteile, nicht zu trinken, als enorm. Es wird ein ungeahntes Potenzial an Möglichkeiten und Freiheit freigesetzt. Dass ich mir das jahrelang selbst verweigerte, halte ich jetzt für ziemlich absurd. Aber das sieht man nur in der Praxis, das gedankliche Befassen mit dem Aufhören kommt an die Realität nicht ran.

    Insofern kann ich nur jeden, der in einer ähnlichen Situation steckt, ermuntern, einfach nichts mehr zu trinken. Natürlich im jeweiligen Rahmen angemessen mit Hilfe. Aber es lohnt sich- einfach tun, nicht nachdenken. Der Kraftmoment liegt immer im JETZT, nicht im Nachher oder Morgen oder Irgendwann.

    Liebe Grüße!

  • Guten morgen Gästin,

    ich finde es SEHR gut, das du für dich deine abhängikeit erkannt hast, denn wie gesagt, das regelmässige trinken IST eine abhängigkeit, die dann zur sucht wird.
    bei mir steigerte es sich leider, ich meine damit die menge UND später die %zahl des jeweiligen "getränks".
    es gibt auch verschiedene arten des alkoholikers: z.b. den quartalssäufer, den spiegeltrinker, den gewohnheitstrinker, zu letzteren würde ich dich zählen.

    gut das du die kurve bekommen hast, und versuchst,deine abende anders zu gestalten, als mit einer flasche wein.
    es wird wohl noch eine weile dauern, bis du DEINEN weg gefunden hast, aber dir richtung stimmt.

    lg soul

    "Hurra, wir leben noch" **Milva**
    Wer Fehler findet, kann sie behalten ;)

  • Liebe Soul,
    danke für Deine Antwort.
    Ich denke, das, was ich jetzt tue oder nicht tue, ist schon mein Weg.
    Was war, hatte seinen Grund, was ist, ebenso. Es hat für mich keinen Sinn zu sagen, ich sei von irgendeinem Weg abgekommen und nun das, was ich tat, wie ich lebte, reagierte usw. als Verirrung abzustempeln. Wir sollten wohl alles, was wir tun und lassen, in unser Leben integrieren- natürlich nicht ohne den Wunsch/ die Bemühung, uns in die Richtung 'zu uns selbst hin' zu entwickeln.
    Hinter meinem Verhalten ahnte ich schon lange, dass es nicht mir entspricht, wie ich da reagiere- aber offensichtlich brauchte ich diese Zeit. Wichtig ist wohl, diese Zeichen nicht zu übersehen. Für mich wichtig auch, das zu reflektieren, was zu meinem Verhalten führte.
    Bisher fand bei mir Suchtverlagerung statt- vor dem Alk stand Koks-, aber dieses Muster bin ich nicht mehr. Ich glaube, das zu erkennen, ist der springende Punkt. Was steht denn hinter all dem? Wovor rennen wir denn davon? Und warum? Was kann denn schon passieren- warum diese Eile?

    Na ja, alles was ich hier schreibe ist rudimentär, also womöglich wieder missverständlich- aber egal... :wink:

    Liebe Grüße und einen sonnigen Tag!

  • Hallo zusammen,
    damit die Erfolgsmeldungen nicht zu kurz kommen, hier eine kleine von mir: es läuft hervorragend mit dem Nicht-Trinken, nach wenigen Tagen wurde das Bedürfnis schwächer und jetzt fällt es nicht mal mehr schwer, nach einem Stresstag wie heute den Wein weg zu lassen.
    Sowohl körperlich als auch geistig fühle ich mich wesentlich fitter.
    Liebe Grüße an Euch alle,
    Gästin

  • Hallo Gästin

    Hey, ist ja supi, freu mich mit dir, weiter so.

    Aber aufpassen, es kommen auch noch Tage, an denen es dir vielleicht nicht so leicht fällt. Da gilt es dann zu widerstehen. Ist jedoch nicht ganz so schlimm, wenn du darauf vorbereitet bist.

    Wünsche dir weiterhin, dass es dir so leicht fällt.

    Gruß Henri

  • Ihr seid wirklich sehr nette Leuts!!

    Vielleicht melde ich mich an, hier soll man ja wohl nicht diskutieren.
    Aber heut nimmer, bin zu müde.

    Henri, hast recht, das Leben besteht aus Fallstricken (zum Glück nicht nur). Kennst mich net, wenn ich was für gut befunden hab, das setzt dann Kräfte frei. Oder, sagen wir, wenn du zwei Möglichkeiten hast, nimmst du dann die Schlechtere? (Wir sind ja nicht in der Politik, wo du nur die Wahl zwischen Schlecht und Übel hast).
    Siehst, um diese Zeit noch brillante Wortschöpfungen zu Tastatur bringen zu können, ist doch ein Riesenvorteil, oder? (Wobei ich meine früheren Schöpfungen zu dieser Zeit durchaus auch genial fand, was aber wohl eher an meinem reduzierten Urteilsvermögen lag :wink: )

    Euch allen auch weiter alles Gute und liebe Grüße!

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