Klarer Mangel - Klarheitsmangel

  • Hallo alk_örgs,

    Du klingst entschieden und auch ruhig, was diese Zeit jetzt betrifft, gehst für meinen Geschmack aber zu hart mit Dir ins Gericht.
    Die Schul(und andere)bindung der Kinder halte ich z.B. für einen nicht unbedeutenden Posten in der Lebensplanung.

    Was Du beschreibst, kommt mir sehr bekannt vor. Ich wusste auch, worauf es hinauslaufen wird und habe laufen lassen... in zweifacher Hinsicht manchmal.
    Dieser ganze Verantwortungsbrei hing wie eine Zentnerlast an mir.
    Vor vielen Jahren stand ich da, bereit, rechtzeitig den Gaul zu wechseln, es fehlte nur ein abschließendes Gespräch. Meinen genehmigten Urlaubstag dafür konnte ich nicht nutzen, denn natürlich fiel prompt meine einzige Vertretung aus. Einer unserer Geschäftsführer sagte zu mir: „Gehen Sie, nutzen Sie die Chance, machen Sie dann eben blau, wenn es sein muss!“ Ich konnte nicht, da waren einfach zu viele Menschen auf mich angewiesen und die lässt man nicht im Stich. Weiter gequält, alle paar Tage Jemanden entlassen müssen, bis ich selbst an der Reihe war.
    Was ist es bloß, was uns da wie gelähmt unter dem Fallbeil ausharren ließ? Nur Inkonsequenz? Schuldverlagerung? Hoffnung wäre ja irgendwie idiotisch.

    Seit Jahren höre ich mir von allen Seiten Texte an wie: „Die Firma wird es Dir nicht danken, später kräht kein Hahn mehr nach dem, was wir hier gerissen und aufgebaut haben, etc…“
    Da kann ich nur lächeln und erwidern: „Ich tue es für mich. Ich hab´s gern, wenn Dinge rund laufen“. Nur marschiere ich heute los, mache klare Ansagen, biete (m)einen anständigen Abgang und gute Einarbeitung des Nächsten an und habe ein besseres Gefühl, weil Jeder somit weiß, woran er ist. Ich kann mit Heimlichkeiten einfach nicht gut umgehen.

    Dein „Alleinsein in Pusseligkeit“ hört sich gut an für mich, gemütlich, stressfrei und entspannt. Ich genieße das auch, habe aber grad gelesen, dass Alleinsein die Menschen erst die Wände hochtreibt und sie sich schließlich daran gewöhnen. Da ich keine Insel bin, möchte ich mich nicht zu sehr daran gewöhnen, weil mir sonst andere Menschen vielleicht eher eine Last werden könnten.
    Es macht mich ein bisschen traurig, dass Du von Deinen Kindern keinen Weihnachtsgruß erhalten hast – hättest Du sie nicht einfach grüßen können?
    Nachdem ich noch einmal darüber nachgedacht habe, glaube ich jetzt, dass ich nachvollziehen kann, was Du über Bindungsunfähigkeit sagst. Sie zieht sich über Generationen tatsächlich auch durch Teile meiner Familie, wobei Einzelne es dann schaffen, wenigstens einen Menschen an sich zu binden, für mehr ist da einfach kein Platz und sie verlieren den Rest der Menschheit komplett vom Schirm.

    Ich hoffe, dem Wuffel geht es wieder besser und er konnte sich erholen, so dass Ihr vielleicht doch noch zusammen durchstarten könnt an die Ostsee. Eine frische Brise ist ja nie verkehrt. AB in der Notfallklinik – da krieg´ich Hörnchen *schnaub.

    Euch alles Gute und eine schöne Zeit.

    Herzliche Grüße
    Katha

  • Zitat von Katharsis

    Hallo alk_örgs,
    Was ist es bloß, was uns da wie gelähmt unter dem Fallbeil ausharren ließ? Nur Inkonsequenz? Schuldverlagerung? Hoffnung wäre ja irgendwie idiotisch.

    Man kann nur einsam sein, wenn man nicht allein ist - und dafür muss man etwas tun, Arbeit ist da gut geeignet, distanziert und doch nah genug, um sich zu den nötigen sozialen Streicheleinheiten zu verhelfen ;)

    Zitat von Katharsis


    Ich hoffe, dem Wuffel geht es wieder besser und er konnte sich erholen, so dass Ihr vielleicht doch noch zusammen durchstarten könnt an die Ostsee. Eine frische Brise ist ja nie verkehrt. AB in der Notfallklinik – da krieg´ich Hörnchen *schnaub.

    Sie waren ganz gut, die freien Tage, es passierte nichts, und was passieren wollte, sollte, ggf. wünschenswert gewesen wäre, wie hier schreiben, scheiterte an Trägheit, nun langsam im Funktionsmodus, zugegeben, der Job hat auch seine angenehmen Seiten, ruft auch wieder Pflicht, Schluss mit der müßiggängerischen Trockenheit, die erfahrungsgemäss nicht von Dauer, sondern doch ein bisschen am am scheinbaren Wohlgefallen kratzen.
    Es gibt Bücher von Alkoholikern, die mehr oder minder die selbe Geschichte wiederholen, Jack London reicht eigentlich für alle, es gibt Bücher über Alkoholiker, die eigentlich immer die selbe Geschichte wiederholen, es gibt Bücher über Alkohol, wie man z.B. halb Martini/ halb Cognac mit einer Zitrone veredelt und sich freut, wenn die Gäste schon nach dem ersten Glas hinüber, Bücher gegen den Alkohol und es gibt Bücher mit Alkohol, mit Alkohol als Selbstverständlichkeit, treffen sich Freunde/ Befreundete , mal zwei, mal drei mal mehrere und dies irgendwie immer mit Alkohol, fühlen sich teilweise auch ziemlich betrunken, Alkohol als sozialer Trigger, triggert derartige Lektüre auch den Alkoholiker ? Mir zumindest fiel es auf; es wäre wohl über eine EU Verordnung nach zu denken, dieses Buch gefährdet trockene Alkoholiker, am besten mit einem Bild, mindestens 50% des Covers, Querschnitt durch ein Alkoholiker- Gehirn, mit Löchern, Korsakoff, H. Juhnke, Bacchus sei seiner Seele gnädig. Wobei, auch Holofernes wurde besoffen geköpft, Hirn in toto weg .Bacchus sieht bei da Vinchi noch am besten aus, ansonsten lernte er immerhin Ariadne kennen,letztlich endete auch diese rund 200 Jahre vor Christus Geschichte im Bacchanalien- Skandal,was bestätigt „"Hurerei, Wein und Most nehmen den Verstand weg" (Hosea 4:11), ok, damals waren die Römer noch Heiden, die glücklichen ;-). Muss man sich darüber Gedanken machen ? Natürlich nicht, wie immer reicht es glücklich und abstinent, oder glücklich durch Abstinenz, oer glücklich trotz Abstinenz (bitte streichen) usw. usf. zu sein. Ein feines Buch übrigens Marius Th. Nielsen, "Die Bibel und die Alkoholfrage" ist keine Anleitung zum lesen der Bibel oder gar des Korans). Kürzlich höre ich eine Sendung im DLF, „Neuvermessung des Bösen“, darin der Aufhänger: „James Fallon ist Professor für Neurowissenschaften an der Universität von Kalifornien in Irvine. Seit fast 20 Jahren befasst er sich mit den Gehirnen von Schwerverbrechern. Eines Tages nimmt der Forscher selbst als Kontrollperson an einer Alzheimerstudie teil. Sein Gehirn wird durchleuchtet, sein Erbgut analysiert. Als James Fallon seine Ergebnisse bekommt, traut er seinen Augen kaum. Das Hirnareal, das unter anderem für moralische Entscheidungen und Impulskontrolle zuständig ist, scheint nicht aktiv zu sein“. Schlussfolgerung, schliesslich ist er kein Verbrecher, ok, die Geschichte hat ihr Urteil noch nicht gefällt, ein totes Areal für Emotionen kann durchaus auch zu einem durchaus charmanten Umgang mit den lieben Mitmenschen führen. Emotionslosigkeit als Voraussetzung für Erfolg (den man natürlich ganz passabel auch versaufen kann, je nach Leidensdruck, und sonstiger Veranlagung/ Umständen). Die Sendung ist noch im Archiv des DLF zu lesen und soviel auch zum Inseldasein.
    Ach ja, sorry Katha, dem Hund geht es wieder gut, fast, denn mit seiner Kotzerei hat er sich Dosenfutter erkämpft, nicht weiter schlimm, für den Hund, für meinen Nachwuchs schon, die können den Geruch des Dosenfutters nicht ab - so bekommt er immer erst zu fressen, wenn ich heim komme, und sie mit Grausen und unter Würgen beobachten, wie ich die Büchse öffne und Hundi den Inhalt kredenze. Weihnachtsgrüße hi oder her, bei ihren Pullovern hatte ich ein spontanes und glückliches Händchen, was mich entschädigte.
    Silvester gab es klassische Musik in der Kirche, nur die Böller störten etwas, vorzugsweise bei einem meiner absoluten Lieblingsstücke (Händels Largo aus Xerxes - blöde Knallerei). Verblüffend gab es noch Kneipen mit freien Plätzen, gegen 22:30 ! Eigentlich ja auch kein Wunder, da ganz Deutschland auf der Fan- Meile am Brandenburger Tor war - Champagner um die Siegessäule *hüstel.
    Bevor ich nun noch weiter vom € über Pegida zur Ukraine abschweife

    Allen ein frohes Neues Jahr 2015


    alk_örgs

    Bunte Schmetterlinge auf Schneeflocken

  • Hallo alk_örgs,

    obwohl ich beim Lesen Deines letzten Kommentars im Rückfall-Thread schmunzeln musste, weil ich sofort überlegt habe, ob ich mir jetzt nicht doch zum Zeichen meiner bürgerlichen Existenz ein Stück Zaun zum Anpinseln heranschleppen müsste, gingen mir Deine Worte nicht aus dem Kopf, während mich der Wind den Hügel hinauf geweht hat.

    Ich hätte massenweise Fragen an Dich, die lächerlicherweise alle irgendwie mit „Ja, hast Du denn nie…?“ und „Wie hast Du… und wenn ja, wie lange? etc. beginnen und ihren Abschluss finden würden in der Frage, ob Du eventuell generell Zweifel am Sinn und Zweck der menschlichen Existenz hegst. Vielleicht gibt´s ja auch einfach keinen.
    Ich müsste diese Fragen auch in dem Bewusstsein stellen, dass Du sie Dir vermutlich bereits –zigfach selbst vorgelegt hast und ich Dich damit nur hoffnungslos langweilen kann.
    Wenn ich mir manchmal Menschen begucke, die ein eifrig verfolgtes Ziel endlich erreicht haben und nun darauf warte, dass sie erschöpft aber vollauf zufrieden hinplumpsen, war´s wieder nix. Niemals genug und sie sind dazu verdammt, sich in den nächsten Kampf zu stürzen.
    Vielleicht sind unsere Erwartungen an das Leben an sich auch komplett überzogen. Vielleicht werden wir einfach nur hineingeschmissen und müssen die Zeit irgendwie ausfüllen. Eventuell haben viele Menschen das Gefühl der Unzufriedenheit, weil andere ihnen etwas vorgaukeln über Jobs, Beziehungen, Reisen, Hobbys, soziale Zugehörigkeit, etc.
    Was ich bisher gesehen habe, will ich nicht oder nicht mehr ;-).
    Vielleicht haben mir 6 Monate erzwungene Starre die Rübe weichgeklopft, aber nach Deinem Kommentar habe ich mich gefragt: Hey Jule, was wünschst Du dir denn für Dich?“ Die Antwort war eindeutig: Ich will mir das Korsett herunter reißen an einem Frühlingstag auf meiner Bank am See und dann werde ich murmeln: Die Sonne scheint mir auf den Bauch – das soll sie auch!“ Für alles Weitere ist danach noch genügend Zeit.
    Was wünschst Du dir für Dich? Und wieso habe ich das Gefühl, Du glaubst, Du könntest Deine Wünsche niemals längerfristig umsetzen? Und ist das überhaupt notwendig? Das einzig Beständige ist doch der Wechsel.

    Wieso halten denn so viele Menschen Unbeständigkeit für einen Webfehler?
    „Bis dass der Tod uns scheidet“ ist verfasst worden für Menschen mit einer Lebenserwartung von ca. 25 Jahren. Die haben damals nicht einmal geahnt, dass diese Formulierung uns heute locker mal 40 Jahre kosten könnte. Wie viele Hobbys benötigen wir denn, um es 40 Jahre mit demselben Menschen auszuhalten?
    Und gibt es ein Gesetz dafür, wie lange ich mich mit ein und demselben Hobby beschäftigen muss? Wenn mich meine Malerei nicht mehr interessiert und ich ihr nichts mehr abgewinnen kann, wäre es doch idiotisch und auch qualvoll, mich noch länger damit herumzuschlagen.
    Geht es letztendlich nicht nur darum, zu unterscheiden?
    Wenn ich also heirate und Kinder in die Welt setze und mir dann – weil´s langsam nicht mehr soviel zu tun gibt, die Kinder selbstständig sind und auch die Partnerschaft schon ziemlich abgewetzt ist – ein neues Auto anschaffe und dann ein neues Hobby, danach einen Hund zulege und mich zuletzt mit Auswanderungsplänen (zusammen mit dem Partner) trage, sollte ich vielleicht eher die Beziehung beenden.
    Habe ich aber keine Lust mehr, zu fotografieren, kann ich doch stattdessen fortan bedenkenlos Fische anstarren, bis sie anfangen, zurückzustarren, und mir dann eine neue Beschäftigung suchen. Ich halte dieses Bedürfnis nach Abwechslung nicht mehr zwingend für einen Charakterfehler.
    Mir ist es ja nicht gleichgültig, wie ich mit Menschen umgehe, aber haben nicht eher die anderen Menschen ihre Schwierigkeiten, mit dem Oxymorönchen umzugehen, als das Oxymorönchen selbst?

    Dir einen sonnigen Tag ;)

    Herzliche Grüße
    Katha

    PS: Wenn man anfängt, die Hunde mit grünem Pansen zu füttern, werden sich die Ableger sehr schnell darum reißen, eine Dose Hundefutter öffnen zu dürfen, um Schlimmerem zu entgehen ;)

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