• Liebes Schneckenhaus,

    herzlich willkommen!

    Familienangehörige leiden immer, wenn in der Familie ein Abhängiger ist. Da kommt das gesamte Familiensystem mit durcheinander und immer werden da auch Rollen vertauscht. Zum Beispiel übernehmen Kinder ganz oft die Verantwortung, die den Erwachsenen gehört. Bemuttern ihre Eltern, sorgen für gute Stimmung usw. Auch die Partner leiden darunter, auch sie sind dann in einer Coabhängigkeit und oft hilflos.

    Das Leugnen ist ein häufiges Ding. Mein Exmann konnte zum Teil kaum noch stehen und hat aber geschworen, keinen Tropfen angerührt zu haben... Und dass er abhängig wäre, wäre ja eine Lüge und unfassbar und ich hätte eine Macke und... noch viel schlimmere Beschimpfungen folgten dann.

    Zitat

    Da meine erste Frage: War/ist es richtig sie zu loben?


    Es gibt da kein richtig oder falsch. Ein Abhängiger wird immer einen Grund zum Trinken finden, wenn der Druck da ist. Da hast du gar keinen Einfluss darauf. Sie wird das vielleicht sagen: du hast Schuld. Das ist leider oft so. Aber es stimmt nicht! Es ist die Ausrede eines Abhängigen, der sein Trinken rechtfertigen will.

    Zitat

    Außerdem habe ich noch die Frage: Sollte ich ihr zeigen wie schlimm ich es finde, dass sie Alkohol trinkt oder lieber nicht?


    Natürlich kannst und sollst du ihr das sagen. Aber erwarte dir nicht zu viel davon! Und sie muss so weit nüchtern sein, es hat keinen Sinn, mit einer alkoholisierten Person über so was reden zu wollen. Dass sie dann bisher mehr getrunken hat, hat nichts mit dir zu tun! Vielleicht war es nur Zufall, vielleicht sonst was. Sie wird immer trinken, wenn sie den Druck hat, egal. was passiert!

    Du hast keine Schuld daran, dass sie trinkt. Sie ist abhängig, süchtig. Das sind Dinge, da hat ein Außenstehender keinen Einfluss darauf. Das musst dir ganz klar sein. Du hast keine Schuld und du kannst ihr nicht helfen, solange sie das nicht auch selbst möchte!.

    Natürlich leidet auch dein Vater unter dieser Situation.

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    Er kommt oft zu mir ins Zimmer und weint sich (meistens) deswegen bei mir aus. Wenn ich merke, dass es ihm schlecht geht versuche ich ihn aufzuheitern


    Das meine ich damit, dass sich Rollen vertauschen. Ein Vater sollte sich nicht bei seiner Tochter ausheulen. Und du versuchst dann, sein inneres Gleichgewicht wieder herzustellen. Das ist nicht deine Aufgabe als Tochter!


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    Habt ihr eine Idee, warum mein Vater den Alkoholismus meiner Mutter so schlimm findet, aber wenn ich mich darüber beschwere sagt, dass es doch gar nicht so schlimm sei?


    Dein Vater ist coabhängig. Er leidet unter der Situation, denn eine normale Partnerschaft ist in solchen Beziehungen nicht mehr möglich. Dein Vater steckt da aber in seinen eigenen Zwängen, Ängsten, Hilflosigkeit, Unsicherheiten. Aber er will auf der anderen Seite die Lage beschönigen, nicht zugeben, wie falsch alles läuft, das Bild soll nach außen gut aussehen. Er will deine Mutter auf eine Art beschützen und ihr helfen.

    Das sind alles sehr komplizierte psychische und emotionale Dinge, die da passieren.

    Du kannst dir Hilfe suchen. Hier ist es schon mal gut bei uns! Es gibt hier viele EKAs, erwachsene Kinder von Alkoholikern. Es tut gut, sich mit Menschen auszutauschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Du kannst dir eine eigene Wohnung suchen, falls das finanziell machbar ist. Dadurch bekommst du Abstand. Du kannst also Dinge für dich machen, dir selbst helfen, nicht deiner Mutter und deinem Vater auch nicht!

    Auch dein Vater hat die Möglichkeit, sich selbst zu helfen. Er kann sich auch eine Selbsthilfegruppe suchen. Er kann zu einer Beratungsstelle gehen und dort reden, sich Hilfe holen. Er kann sich trennen, wenn es zu schlimm für ihn ist. Aber das muss alles aus ihm kommen, niemand kann ihn zwingen. Und deine Mutter kann niemand zwingen, mit dem Trinken aufzuhören.

    So ist das. Ich hoffe, ein paar deiner Fragen sind schon ein wenig damit beantwortet. Sonst einfach hier weiterpinseln :) .

    Liebe Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

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