Schwiegervater sagt: "Ich bin Alkoholiker: Na und?!

  • Hallo Ihr Lieben,

    ich möchte mich auch kurz vorstellen: Ich bin Janny, 27 Jahre alt, seit letztes Jahr Mai verheiratet und der Schwiegervater, um den es geht, ist diesen März 60 geworden.

    Aber zu meinem eigentlichen Anliegen:
    Mein Schwiegervater ist Alkoholiker. 50l Bier sind oftmals schon in 14 Tagen von ihm alleine geleert. Dazu trinkt er noch sowas ähnliches wie Metaxa oder auch Whisky. Je nachdem, was da ist.
    Er sagt offen "Ja, ich bin Alkoholiker! Aber ich werde daran nichts ändern." Punkt! Schließlich hat ihm sein Hausarzt erst vor ein paar Wochen bestätigt wie toll doch seine Leber wäre und dass einzig sein Kollesterinspiegel ein wenig hoch wäre.
    In letzter Zeit kann man aber mit ihm kaum noch vernünftig reden. Er wird in seinen Worten immer agressiver und lässt keine anderen Meinungen mehr zu. Was er macht ist alles richtig und nur die anderen verhalten sich falsch. Vor 14 Tagen wollte ich beim Fernsehen eigentlich nur sagen, dass das momentane Problem doch auch am nächsten Tag besprochen werden könnte, da seine Frau und ich eine bestimmte Sendung gerne sehen und uns nicht unbedingt dabei über Autos unterhalten wollten.
    Da ist er total an die Decke gegangen und meinte er lasse sich nicht in seinem eigenen Haus den Mund verbieten. Dann hat er mich noch selbstherrlich und ignorant genannt. Er ist so dermaßen ausgerastet, dass ich einen Nervenzusammenbruch hatte. Ich konnte mich mehrere Stunden nicht beruhigen.
    Aber statt auf mich zuzugehen und mir am nächsten Tag noch mal in Ruhe seinen Standpunkt darzulegen, hat er mich den Rest der Woche (wir hatten Urlaub bei Schwiegereltern gemacht) ignoriert und geschnitten. Ich kam mir vor wie im falschen Film! Das tue ich übrigens immer noch.
    Seine Frau hat sonst versucht zu vermitteln und für Ruhe zu sorgen. Aber diesmal hat sie einfach nur zu mir gesagt: "Hör doch auf zu heulen!"
    Mein Mann hält da total zu mir und sagt auch, dass diese Ausraster in letzter Zeit immer mehr werden und Schwiegervater auch oft subtil total unangebrachte Bemerkungen macht, die er hinterher nie gesagt haben will. Vieles von dem, was er uns an den Kopf knallt, weiß er am nächsten Tag nicht mehr oder hat er ja "so nie gesagt". Das würden wir ja alles nur falsch verstehen.

    Ich komme damit überhaupt nicht mehr zurecht. Alles, was sein Sohn und ich machen ist falsch. Erst sagt er etwas so und hinterher ist plötzlich alles falsch, wenn wir uns an seine Anweisungen für bestimmte Dinge halten. Was können wir tun? Ihn meiden? Nicht mehr anrufen? Nicht mehr hinfahren? Das kann ich irgendwie Schwiegermutter nicht antun, die sonst eigentlich sehr lieb ist, aber mit der Situation vor 14 Tagen wohl auch überfordert zu sein schien.

    Ich kann schon kaum noch schlafen, weil ich mit der Situation nicht zurecht komme, dass mein Mann nicht mehr täglich mit seinen Eltern telefoniert, wie das noch vor unserem Urlaub der Fall war. Wir hatten uns so gut verstanden vor diesem Urlaub (insgesamt 3 Wochen). Ich versteh das alles nicht mehr. Könnt Ihr mir vielleicht einen Tipp geben?

    Mein Mann tut nach außen hin so als wäre ihm sein Vater im Moment egal. Aber das ist nicht so. Ich weiß sehr genau, dass er die Telefonate vermisst. Können wir seinem Vater in irgendeiner Hinsicht begreiflich machen, dass nicht alle anderen etwas falsch machen, sondern dass er seine eigene Handlungsweise mal überdenken muss? Auf mich ist er immer noch stinksauer und daran wird sich wohl so schnell nichts ändern. Denn ich werde vor ihm nicht den Bittsteller machen. Mit den Mietern von Schwiegereltern verstehen wir uns aber sehr gut und Schwiegereltern haben für die nächste Zeit unsere Katze in Pflege (bis wir eigenes Haus haben, Nachbarn in Mietblock haben sich über die Neugier unserer Mietze beschwert). Ich möchte meine Katze ja auch weiterhin regelmäßig sehen, genauso wie wir uns mit den Mietern sehr gut verstehen. Aber ich kann doch nicht gleichzeitig meinen Schwiegereltern aus dem Weg gehen?! Schließlich verdanken wir ihnen trotz allem in finanzieller Hinsicht viel.

    Vielen Dank, dass Ihr Euch meine Geschichte mit so viel Geduld durchlest. Es tut schon gut sich das einfach mal von der Seele zu schreiben.

    Liebe Grüße
    Janny

    Leben ist das, was passiert,
    wenn wir eifrig dabei sind
    andere Pläne zu machen.
    (John Lennon)

  • Hallo janny

    Weit über drei Liter Bier, zusätzlich noch harte Getränke und die Leberwerte sind ganz in Ordnung. Er weiß sicher, dass sein Hausarzt euch gegenüber Schweigepflicht hat.

    Da er selbst sagt, dass er nichts ändern will, ist es sinnlos, mit ihm über sein Alkoholproblem reden zu wollen. Am einfachsten ist es, dich von ihm zu distanzieren, so wenig wie möglich hinzufahren. Es bringt dir nichts hinzufahren, wenn du bereits vorher weißt, dass du anschließen nervlich am Ende bist. Wenn du das deiner Schwiegermutter nicht antun willst, dann lade sie doch zu euch ein, denn da könnt ihr wenigstens ungestört miteinander reden.

    Wäre da noch die Katze. Lass sie bei deinen Schwiegereltern, denn es geht ihr dort gut und es fehlt ihr nichts.

    Lieben Gruß
    Henri

  • Hallo Henri,

    vielen Dank für deine Antwort.

    Tja, das mit Schwiegermutter ist nicht so einfach, da sie ihre eigene Schwiegermutter pflegt, die an Alzheimer erkrankt ist. Und von dieser Frau will Schwiegervater auch nichts wissen, da er bei ihr eine ziemlich schwierige Kindheit hatte. Sie hat sich lieber ne neue Bluse gekauft statt für Essen auf dem Tisch zu sorgen, hätte ihn als Kleinkind beim Baden beinahe ersäuft... usw. Er kann sich an die Zeit vor seinem 12. Lebensjahr nicht erinnern und war bis dahin Bettnässer. Die Frau jetzt so zu sehen (vergesslich, immer schwächer werdend, man kann sie keine 5 min mehr alleine lassen) macht ihm sicherlich zu schaffen. Dazu kommt noch, dass seine eigene Tochter ihn und seine Frau fast buchstäblich mit Füßen tritt und er seine 3 Enkel seit 2 Jahren nicht gesehen hat.
    Aber alles keine Gründe zur Flasche zu greifen!!!! Nur begreiflich machen kann man ihm das nicht.

    Fazit: Schwiegermutter kann uns nicht besuchen, weil sie ihre eigene Schwiemu pflegt.

    *heul*
    Alles ziemlich blöd.

    Aber danke nochmal für deine Antwort.

    LG
    Janny

    Leben ist das, was passiert,
    wenn wir eifrig dabei sind
    andere Pläne zu machen.
    (John Lennon)

  • Kann man ihm mit Missachtung überhaupt begreiflich machen, dass er einen Fehler macht???!!
    Einer seiner Mieter (inzwischen guter Bekannter von uns) hat ihn eine Woche lange gemieden, weil er diese Szene mir gegenüber in seinem Beisein absolut daneben fand und auch sonst seine eigenen Differenzen mit meinem Schwiegervater hat.
    Doch statt einen Schritt auf diesen zuzugehen, leidet Schwiegervater angeblich vor sich hin wie ein Hund und versteht die Welt nicht mehr.

    Uns gegenüber ist er nur sauer. Aber wenn andere ihn meiden, dann leidet er darunter. Was soll das???!!! Ist das immer so bei Alkoholikern?

    LG
    Janny

    Leben ist das, was passiert,
    wenn wir eifrig dabei sind
    andere Pläne zu machen.
    (John Lennon)

  • Hallo Janny

    Da hat meine Überlegung dir wohl nicht so richtig weiterhelfen können. Gibt es die Möglichkeit hinzufahren, wenn er nicht im Haus ist, oder geht er gar nicht weg? Wenn es nicht allzu weit von euch weg ist, musst du doch auch nicht stundenlang dort bleiben, kannst auch jederzeit wieder fahren, wenn es dir zuviel wird. Wäre das eine Alternative?

    Lieben Gruß
    Henri

  • Hallo Henri,

    vielen lieben Dank für deine Zeilen.
    Leider leben Schwiegereltern ca. 180 km von uns entfernt. Dort hinzufahren, um sich mit Schwiemu zu treffen und zu unterhalten, um dann abends wieder heim zu fahren, wäre absolute Spritverschwendung. Selbst über's WE ist das schon heftig: Freitag nach der Arbeit hin, Sonntag nach dem Mittag nach Hause. Das ist gerade mal ein Tag vor Ort.
    Bisher lief das auch immer mehr oder weniger gut. Schwiepa hat immer einen Grund gefunden sich zu streiten. Aber das letzte Mal so ausgerastet wie vor 14 Tagen ist er uns gegenüber vor über einem Jahr einen Abend vor unserer Hochzeit. An meinem Hochzeitstag morgens total verheult nach 2,5 Stunden Schlaf aufzustehen war schon nicht prickelnd. Aber das vor 2 Wochen war echt die Krönung.

    Nur macht es mich zusätzlich so fertig, dass diesmal auch Schwiema nichts dazu sagt. Weder zu ihm, noch zu uns. Im Gegenteil. Ich hab das Gefühl, dass sich seit diesem Vorfall ihr Verhältnis uns (speziell mir) gegenüber auch um einiges abgekühlt hat. Ich bin darüber traurig und wütend und enttäuscht. Das ist doch echt nicht mehr normal, dass jetzt auch noch die ganze Familie drunter leiden muss (zumindest was davon noch übrig ist, seitdem die Schwester meines Mannes sich komplett zurück gezogen hat).

    Dazu kommt noch, dass wir Schwiegereltern in finanzieller Hinsicht sehr viel zu verdanken haben und ich Angst habe, dass bei einem abrupten Kontaktabbruch angefangen wird diese Dinge aufzurechnen und zurück zu fordern. Das könnten wir gar nicht alles auf einen Schlag auf den Tisch packen!! Schließlich war das mit dem Aufrechnen auch eine Reaktion auf die Anfeindungen von meiner Schwägerin und ihrem Mann Schwiegereltern gegenüber. Gut, sie übertreibt ziemlich und hat die Kinder da mit hinein gezogen... Aber ich bin im Moment froh noch keine Kinder zu haben, die ich vor diesem Opa schützen müsste.
    Schwiegermutter hat uns mal das Versprechen abgenommen, dass wenn wir mal Streit haben sollten, das nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden darf. Doch um ehrlich zu sein, hätte ich jetzt Kinder, ich würde sie auch nicht mehr zu ihren Großeltern lassen.

    Bin ich deswegen eine schlechte Schwiegertochter? Oder übe ich auf meinen Mann einen schlechten Einfluss aus, dass er jetzt sogar von sich aus den Kontakt zu seinen Eltern eingeschränkt hat? Muss ich ihn nicht eigentlich dahin gehend unterstützen, für seine Eltern da zu sein, wenn es ihnen nicht gut geht????

    Fragen über Fragen, die einem im Grunde wohl niemand beantworten kann... *seufz*

    LG
    Janny

    Leben ist das, was passiert,
    wenn wir eifrig dabei sind
    andere Pläne zu machen.
    (John Lennon)

  • Hallo Janny

    Einen neuen Rat habe ich auch nicht für dich, kannst nur versuchen dich soviel wie möglich von ihm zu distanzieren. Wenn es dich tröstet, deine Schwiema muss das tagtäglich mitmachen, wird sich irgendwann in ihr Schicksal ergeben haben und da ist es kein Wunder, dass sie nichts mehr dazu gesagt hat. Deshalb würde ich das an deiner Stelle nicht überbewerten.

    Im deinem vorigen Beitrag ist noch die Frage offen geblieben, ob das immer so bei Alkoholikern ist. Geh davon aus, dass ein Alkoholiker die Kritikfähigkeit an sich selbst verloren hat. Für ihn sind daher die andern immer schuld und er hat doch richtig gehandelt. Wenn sie ihn meiden, warum tun sie das? Er hat doch nichts falsch gemacht und dadurch ist er doch derjenige, dem man wehtut.

    Lieben Gruß
    Henri

    Einmal editiert, zuletzt von henri (1. September 2006 um 00:26)

  • Weißt du, Henri,

    ich ärgere mich auch ein bisschen über mich selbst (vielleicht sogar mehr als ich gerade zugeben will). Warum lasse ich mich von so jemandem fertig machen?!
    Andererseits habe ich ihn als umgänglichen (vielleicht etwas eigenwilligen und manchmal rohen) Menschen kennengelernt, der gerade heraus seine Meinung sagt, ob das anderen gefällt oder nicht. Aber von seiner Geradlinigkeit und Zielstrebigkeit von vor 3 Jahren ist heute nichts mehr zu merken. Soweit ich weiß, ist er schon länger dem Alkohol sehr zugetan. Aber seit 2 Jahren wird das immer extremer und offensichtlicher für andere. Da dieses agressive Verhalten immer mehr zutage tritt.

    Was mich dabei ärgert ist, dass ich mich davon ärgern lasse! Dass ich nicht weggehen kann und das vergessen. Es macht mich auf mich selbst und meine Schwiema wütend, dass wir ihm nicht das Glas aus der Hand schlagen und die Meinung geigen können. Denn wie ich hier immer wieder gelesen habe, kommt es wohl nie bei ihm an. Er fühlt sich wohl dabei und merkt nicht, wie er seine Umwelt immer mehr vergiftet. Das ist so hoffnungslos!!!!

    Leben ist das, was passiert,
    wenn wir eifrig dabei sind
    andere Pläne zu machen.
    (John Lennon)

  • Hallo Janny

    Ärger, es ist auch mehr die Machtlosigkeit, nichts ändern zu können. Er könnte etwas ändern, sieht aber das Problem nicht und alle anderen müssen deshalb darunter leiden. Es ist zwar zu erwarten, dass er bei dieser enorm hohen Alkoholmenge gesundheitliche Probleme bekommt und dann deshalb ein Einsehen hat, aber bis dahin können durchaus noch Jahre vergehen. Es wird dir nichts anderes übrig bleiben als zu akzeptieren, dass er so ist und dich irgendwie damit arrangieren, leider.

    Lieben Gruß
    Henri

  • Ja, da magst du wohl Recht haben.
    Ich habe gestern bzw. heute Nacht (von 1 bis 3 Uhr morgens) angefangen einen Brief an Schwiemu zu schreiben. Es sind schon 3 Seiten. Ob ich ihr den jemals sende, weiß ich nicht. Aber es tut schon ein wenig gut sich die Gedanken von der Seele zu schreiben. Auch wenn das nicht gerade gut ist für meine Arbeit (heute Vertretung der Chefsekretärin... *seufz*).
    Es wird sicher auch eine Weile dauern, bis ich mich mit der Situation arrangieren kann. Auch mein Mann ist zur Zeit einfach nur sauer auf seinen Vater.
    Hoffentlich können wir solche unschönen Geschichten irgendwann einfach ausblenden. So schlimm das ist, dass WIR uns mit ihm arrangieren müssen und nicht umgekehrt. Schließlich ist ER derjenige, unter dem wir zu leiden haben und nicht umgekehrt!
    An solchen Umständen wächst man dann wohl und wird hoffentlich erwachen?

    Leben ist das, was passiert,
    wenn wir eifrig dabei sind
    andere Pläne zu machen.
    (John Lennon)

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