Gewalttätige Beziehungen und Alkohol

  • Inspiriert durch Idejas Aussage in meinem anderen Thread "Meine Geschichte oder auch: Was war zuerst da? Depressionen oder Alkohol?" habe ich dieses Thema einfach mal ausgegliedert, damit es auch von betroffenen Frauen gelesen wird.

    Ich lernte den Vater meiner Tochter kennen, als ich 20 Jahre alt war. Wir wohnten zusammen in einer WG.
    Ich kam aus einem konservativen, aber alkoholfreiem Elternhaus und wollte alles, bloß nicht so spießig, wie meine Eltern leben.
    Ich war emanzipiert, bei den Grünen aktiv, nahm an Demos gegen Atomkraft teil, Hausbesetzungen usw.
    Er kam ebenfalls aus einem konservativen Elternhaus. Er war der Jüngste von 4 Kindern. Sein Vater war Alkoholiker, was ich erst viel später verstanden habe. Seine Mutter war eine stille, zurückhaltende Person, die alles für ihre Familie tat, obwohl sie, als ich sie kennen lernte, schon vom Krebs gezeichnet war und im Rollstuhl sass.
    ich wurde ungewollt schwanger. Er freute sich, ebenso seine Mutter, die einfach nur froh war, ihren ersten Enkel zu bekommen.
    Die Aussage meiner Mutter: "Wie kann man nur so bescheuert sein! Wenn ich noch einmal entscheiden könnte, hätte ich keine Kinder bekommen!" Mein Vater schwieg. Wie immer.
    Wir zogen aus der WG aus und in eine kleine Wohnung. Nach der Geburt unserer Tochter wurde schnell klar, dass er überfordert ist. Er ging weiterhin am Wochenende auf Party, betrog mich.Ich trennte mich von ihm und nahm mir eine eigene Wohnung.
    Er bequatschte mich und zeigte Reue. Also zog ich wieder mit ihm zusammen. In das Haus einer seiner Schwestern. Unsere Tochter war inzwischen 2 1/2 Jahre alt. Und damit begann mein Martyrium.
    Ich hatte zum gleichen Zeitpunkt eine Ausbildung als Köchin begonnen. Aufgrund der unterschiedlichen Arbeitszeiten hatten wir getrennte Zimmer.
    Mir wurde immer mehr klar, dass er seinem Vater nachfolgt. Ich hatte Job, Betreuung unserer Tochter, Haushalt usw. zu stemmen. Er ging unter der Woche arbeiten und am Wochenende feiern. Als ich ihm irgendwann sagte, dass ich damit überfordert bin, bekam ich zur Antwort, dass ich halt aufhören müsste zu arbeiten, wenn ich das alles nicht schaffe.
    Und dann kam der Tag, als er nachts betrunken in mein Zimmer kam und mich vergewaltigte. Und nein, er zeigte keine Reue, lachte mich aus und meinte, in einer Beziehung wäre das keine Vergewaltigung.
    Fortan hatte ich Angst. Schloss teilweise meine Zimmertür ab, die er einfach aufbrach. Es kam immer wieder zu gewalttätigen Situationen unter Alkoholeinfluss.
    Erst als seine Schwester und sein Schwager ihm androhten, die Polizei zu holen, sollte es zu weiteren nächtlichen Ausfällen seinerseits kommen, wurde er ruhiger.
    Ich trennte mich erneut von ihm und zog 1990 in meine eigene Wohnung.
    Es ging mir sehr gut, hatte eine nette Hausgemeinschaft um mich herum, die mir zur Seite stand. Auch, wenn es um die Betreuung meiner Tochter ging. Denn meine Mutter verurteilte natürlich die Trennung vom Vater meiner Tochter, so ganz nach dem Motto: Das muss man aushalten! Sie weigerte sich, meine Tochter zu nehmen, wenn ich "Spaß haben wollte", nahm sie nur, wenn ich arbeiten ging.
    1994 zog ein Mann bei uns ins Hinterhaus. 12 Jahre älter, als ich, sehr smart, extrovertiert und selbstständig.
    Ich verliebte mic hin ihn und er sich in mich. 2 Welten trafen aufeinander. Er war erfolgreicher Geschäftsmann, spielte Tennis, war bekannt im Ort und umgab sich mit "schönen und erfolgreichen" Menschen. Seine bisherigen Freundinnen waren weiblich, langhaarig und per se geschminkt.
    Und ich? Ungeschminkt, sportlich, auch im Auftreten, weiterhin engagiert in der Politik usw.
    Ich glaube, er genoss das am Anfang sehr. Bis es damit begann, dass seine Freunde begannen, auf ihn einzureden.
    Was er denn mit dieser "grünen Tussi" anfangen würde. Das ich unweiblich wäre usw.
    Aber all das erfuhr ich erst später.
    Meine Tochter war begeistert von ihm! Er hatte all das, was ihr leiblicher Vater ihr versagt hatte. Neben der Tatsache, dass er einen Sohn hatte, der 6 Jahre älter als meine Tochter war (Ein großer Bruder!!!), tat er alles für sie.
    Und er flüsterte ihr auch ein, wie toll es doch wäre, wenn wir alle zusammen leben würden. Ich hatte damals schon leichte Bauchschmerzen, weil mir schon bewusst war, dass er manchmal zu viel trinkt.
    Wie auch immer, wir zogen zusammen. Von da an zeigte er sein wahres Gesicht.
    Am Anfang gingen wir noch gemeinsam aus. Dann ließ er sich von seinen Freunden beeinflussen. Ich war auf einmal nicht mehr gut genug. Und das ließ er mich regelmäßig spüren. Er fing an, mich zu isolieren. Wollte nicht mehr, dass ich mich mit Freunden treffe, die er nicht kennt. Kontrollierte die Telefonliste des Festnetzanschlusses, fing an, mich zu verfolgen. Seine Eifersucht war echt krass! Und es steigerte sich noch!
    Er trank viel. Auch in der Öffentlichkeit. Wurde aber irgendwie übersehen, da er ein sehr einnehmendes Wesen hatte. Schlimm wurde es, wenn er außer Bier auch noch Schnaps trank, dann wurde er aggressiv.
    Ja, und dann kam der Tag, an dem er mir im betrunkenen Zustand die Faust ins Gesicht schlug mit der Aussage, das er mich eher tot schlagen würde, bevor ich ihn verlasse.
    Ich habe alles vollgeblutet und musste mir 2 Wochen einen Krankenschein nehmen, da ich in der Folge 2 blaue Augen hatte.
    Und nein, er hat sich nicht dafür entschuldigt. Im Gegenteil. Anschließend jammerte er mir nächtelang vor, warum ich ihn dazu bringen würde, so zu reagieren.
    Ich war schuld. Und damit hatte er mich! Da griff wieder mein typisches Verhaltensmuster.
    Ich schämte mich unglaublich und wagte es nicht, mich jemandem anzuvertrauen. Ich, die emanzipierte Frau, schaffte es nicht, mich aus dieser Beziehung zu lösen. Und ich begann, zu trinken. Alleine und auch mit ihm, um ihn ruhig zu stellen.
    Er schlug mich nur noch so, dass es man nicht sah. Vergewaltigte mich öfter in unterschiedlichen Formen. Und zwar immer unter Alkoholeinfluß.
    Nach 3 Jahren schaffte ich es, heimlich auszuziehen. Ich nahm nur meine persönlichen Sachen mit.
    Was folgte, waren 1 1/2 Jahre Psychoterror. Er stellte mir nach, klingelte nachts an meiner Tür, steckte Streichhölzer in die Türklingel, besorgte sich Zugang ins Haus und stand nachts vor meiner Wohnungstür usw. Ich habe ihn nicht angezeigt. Warum nicht? Ich hatte einfach nur Angst. Heute würde ich anders reagieren.
    Zu dem Zeitpunkt war mir Alkohol zuwider. Warum ich trotzdem Alkoholikerin geworden bin?
    Das ist eine andere Geschichte bzw. vielleicht auch Teil dieser Geschichte.

  • Hallo Topaz!

    Ich habe grad angefangen, Deine Geschichte zu lesen, aber voll krass wie viel mich an mein Leben erinnert. Ich kann bis heute nicht schlafen, wenn meine Tür nicht von innen abgeschlossen ist. Ich bin sehr gespannt, wie es weiter geht!

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!