• Guten Abend meine Lieben,

    hier einmal ein update bzgl. meines Vaters (an alle, die meine Vorgeschichte kennen). Ich bekam heute einen Anruf von einem ehemaligen Arbeitskollegen meines Vaters, der ihn wohl regelmäßig in unregelmäßigen Abständen besucht.

    Nachdem mein Vater vor einigen Wochen gefallen ist, habe ich ihn ins Krankenhaus gebracht. Dort wurde ein wahnsinnig großes Hämatom am rechten Unterschenkel (der komplette Fuß und Unterschenkel waren schwarz und geschwollen) und am linken Oberschenkel festgestellt. Die Blutzufuhr und alles andere wurde überprüft – alles OK. Mein Vater genoss die Aufmerksamkeit und die Fahrten zur Toilette und in den Raucherraum im Rollstuhl. Die Dusche, die er auf meine Nachfrage hin vom Pflegepersonal “verpasst bekam“, fand er selbst im Rollstuhl übel!!!! Naja, Körperhygiene ist halt seit Jahren nicht mehr so sein Ding.
    Nach nur 3 Tagen Krankenhausaufenthalt war er wieder zu Hause. Sein Hausmeister – ein total lieber Mann – bringt ihm seitdem täglich frische, belegte Brötchen (die er natürlich nicht isst) und frischen Kaffee. Mein Vater bewegt sich seither nur vom Bett bis zum Sofa/Sessel (dem Hausmeister erzählte er, dass er einen Schlaganfall gehabt hätte…*seufz*!!!)

    Naja, heute rief auf jeden Fall besagter Ex-Arbeitskollege an und meldete Bedenken an, wie schlecht mein Vater aussähe etc. Ich habe ihm dann versucht klar zu machen, dass der Alkohol meinen Vater so zerstört hat und ihn letztendlich auch töten wird. Ich habe ihm erklärt, dass Vater unter dem Korsakow Syndrom leidet, seine Lungenfunktion einschränkt, die Leber angegriffen ist und, dass uns als Kinder die Hände gesetzlich gebunden sind etc. Habe ihm erzählt, dass mein Vater nach der Wohnungsrenovierung durch Mitarbeiter der AWO einmal die Woche geduscht und einmal die Woche eine Putzfrau kommen wird. Da verstand er alles besser und war beruhigter. Ich bin ja schon froh, dass mein Vater überhaupt noch Besuch bekommt und dieser sich auch noch Sorgen macht! Ich habe diesem Mann auch gesagt, dass ich sehr dankbar dafür bin.

    Nach Rücksprache mit dem Betreuungsverein und dem Hausarzt musste ich folgendem belehrt werden:
    a) selbst wenn ich das Aufenthaltsbestimmungsrecht hätte, könnte ich meinen Vater nicht gegen seinen Willen in eine Klinik einweisen lassen (es sei denn, er stellt für sich und andere eine Gefahr dar. Da er aber „nur“ säuft, ist er keine Gefahr für sich oder andere!!! HaHa, Suizidgefährdet = Hilfe, Saufen = Pech!!)
    b) ich kann eine teilweise Betreuung nicht wirklich – wie geplant – annehmen, da die Gerichte dies nicht gerne sehen. Sie hätten bzw. bevorzugen EINEN Betreuer. Ich muss mich jetzt im Januar – nach Renovierung der Wohnung – (mein Vater würde sonst nicht so „mitarbeiten“) mit dem Amtsrichter auseinander setzen, auch, damit meine Schwester in meiner Abwesenheit (z. B. Urlaub) meine „Betreuungsrechte“ übernehmen darf!!! Da graut’s mir vor!!!

    Zurzeit bin ich an einem Punkt angekommen, wo ich sage „ Lieber Gott, lass ihn nicht mehr aufwachen!“ Er ist körperlich so im Eimer…… er sieht so übel aus….. aber er überlebt…. Es ist ein Elend, dies mit ansehen zu müssen!!!

    Es ist schlimm, da er mich z. Z. ständig anruft und sein Leid klagt – ich höre die Angst heraus… alle Körperfunktionen lassen nach… Menschen sehen nach ihm, aber tun in seinen Augen nichts….. Aber wir können nichts tun, außer ihm vernünftige Lebensbedingungen zu schaffen (Körperhygiene und sauberes Umfeld) und seinen konstanten Gesundheitsabbau zu überwachen. Das Wichtigste müsste von ihm kommen – der Entzug – aber das kann und will er nicht mehr – also können wir ihm, Kinder und Helfer, nur beim „Stückchenweisen“ Sterben zusehen!

    Einen schönen Abend wünscht eine sehr nachdenkliche


    Aileen

  • Hallo Aileen,

    "SEUFZ" war wohl der richtige Ausdruck. Du hast zumindest jetzt schon soviel getan, das Du Dein Gewissen als beruhigt ansehen darfst, so sehe ich das zumindest.
    Das mit dem Betreuer gefällt mr allerdings garnicht.
    Erstens machen die grundsätzlich immer das Gegenteil von dem was Du vorschlägst und zweitens haben die keine Zeit. Die stehen unter unheimlichen Zeitdruck, haben nur soundsoviele Std. im Monat für einen Patienten. Also das solltest Du wirklich schon genauer mit den Gericht verhackstücken.

    Du bist nachdenklich, Du weisst nicht was noch alles passiert und kannst das Leiden nicht mit ansehen. Da ist es auch nicht verwunderlich, das Du über das Ende nachdenkst.

    Ich halte Dich für sehr stark, Du versteckst Dich nicht vor dem Problem, aber achte darauf, das Du die Kraft nachtankst die Du verlierst.

    Liebe Grüsse

    White

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • Hallo lieber White,

    zunächst einmal: Vielen Dank für die aufbauenden Worte!

    Hast du Erfahrung mit diesen Betreuungsvereinen? Da werde ich doch glatt mal versuchen, den Amtsrichter "an die Wand" zu quasseln". Der Arzt sagte mir, dass der Richter entweder nach Hause kommt, oder mein Vater alternativ zwecks diverser Tests ins Krankenhaus eingewiesen werden könnte.

    Ich werde es mal auf mich zukommen lassen - was soll ich auch anderes machen. Jeden Tag so nehmen, wie er kommt und reagieren.....! Ich bin nur froh, wenn die Wohnung endlich renoviert ist und 2 x die Woche jemand bei ihm ist (der Mensch zum Duschen und die Putzfrau). Ehrlich und egoistisch gesagt denke ich: "Vielleicht bin ich so wenigstens nicht diejenige, die ihn tot in seinem Bett findet."

    Naja, vor 1,5 Jahren sah er schon so übel aus, dass ich dachte, er schafft die nächsten Monate nicht mehr...... mal sehen, wie lange das noch geht. Ich habe Gott-sei-Dank euch gefunden, und auch noch einige liebe Freunde, die mich auffangen! Komme mir manchmal vor, als hätte ich Blei in den Füßen :D - nach jedem Schlag stehe ich wieder auf! Lieber Gott: Danke für das Blei :D

    Liebe Grüße

    Aileen

  • Hallo ega,

    jo, das ganz hat meiner Telefonrechnung nicht so ganz gut getan :wink: , aber das war es mir wert.

    Klar, denke ich noch an mich! Nach dem letzten Theater (als er vor 1,5 Jahren in der Klinik war!!!) habe ich mich gefangen und sehe die Dinge heute sehr sachlich. Ich bin froh, dass ich an diesen Punkt angekommen bin (war harte Arbeit, aber nicht unmöglich).

    Für Aussenstehend hört sich das, was ich denke und laut ausspreche, vielleicht sehr hart an, aber nur so kann ich meinem Vater helfen - absolute Abgrenzung.

    Ich weiß, nicht jeder Angehörige ist in der Lage dies zu tun, aber ich denke, es ist wie beim Alkoholiker: Man muss erst seinen absoluten Tiefpunkt erreichen, bevor man im eigenen Interesse handeln kann! Auch, wenn ich nachdenklich bin, so kann mir mein Vater und sein Zustand Gott-sei-Dank seelisch nicht mehr allzuviel anhaben. Dass es mir ganz am "Allerwertesten" vorbei geht wäre gelogen, aber ich kann mich abgrenzen und vieles sachlich sehen, was ich früher nicht konnte. (Vor 1,5 Jahren, wäre ich am liebesten selbst in der Klinik geblieben - Schei... Nerven :wink: )

    Wenn ich einige Beiträge in diesem Forum lese, hoffe ich immer, dass diese Menschen auch an den Punkt kommen, denn es geht einem dann wesentlich besser!

    Liebe Grüße

    Aileen

  • Hallo Jenny,

    Zunächst einmal vielen Dank für das "Dasein"!

    Ja, mein Vater trinkt noch! Er isst nicht mehr, was den Alkohlkonsum, aber nicht den Pegel, reduziert. Seit langem kauft er sich jeden Morgen 2 belegte Brötchen, aber isst sie NIE! Er bringt sie (als er noch in die Kneipe gegangen ist) vom Bäcker nach der ersten Saufetappe mit nach Hause, legt sie auf die Anrichte und lässt sie dort liegen. Same procedure the next day, nur dass er die Brötchen vom Vortag in den Müll wirft! Zurzeit bringt der Hausmeister die Brötchen zu ihm und die Dinger fliegen halt auch in den Müll! Der Bäcker freut sich!!!

    Das Kuriose ist ja, dass wenn man sich seine Blutwerte ansieht (vom Leberwert abgesehen) meinen könnte, es wäre einer von "uns". Meines Erachtens und vom Aussehen her, müsste er schon längst mit dem Leben auf unserer Erde fertig sein......, aber nein...... es ist erschütternd.

    In Sachen Betreuung: Ich werde sie übernehmen - ich werde mich dieser Aufgabe stellen, da ich dann weiß, dass es vernünftig gemacht wird. Hört sich nach Kontrollfreak an, aber so haben wir im "Familienrat" (meine Schwester und ich!!!) entschieden. Wie gesagt, mein Vater wird es erst nach der Renovierung erfahren/erleben, da ich Bedenken habe, dass er bzgl. Renovierung nicht mehr mit uns "zusammenarbeiten" würde, wenn er es früher erfahren würde! Ich weiß - im echten Leben link - aber im Alkolholikerleben die einzige Möglichkeit!!!

    Liebe Grüße

    Aileen

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