Rückfälle...mal in eigener Sache

  • Zitat: ... hart war für mich besonders die Zeit der Leere und Langeweile, die ich erstmal wieder mit "Sinn" füllen musste

    ... die ich vorher sinnlos mit Alk gefüllt habe. Das stimmt, so war es auch bei mir !

    Diese Zeit der Leere habe ich allerdings kaum zugelassen. Ich habe viel gearbeitet, meine Freizeit neu fern des Alkohols strukturiert und viel, viel Kopfarbeit betrieben.

    Und das war dann eigentlich alles mehr befreiend als hart.

  • Hallo,

    das mit dem hart an sich arbeiten spielt sich ja nur(!) in der etwa zweifaustgroßen Masse unter meiner Schädeldecke ab...

    Von den Gedanken her ist das mit dem Trocken bleiben so wie wenn mein Haus ein kaputtes Dach hat.
    Am Anfang hat es fast an allen und Ecken und Enden hereingeregnet und ich mußte ziemlich intensiv Loch für Loch schließen und reparieren.
    Hart daran arbeiten!
    Mit der Zeit wurden die Löcher jedoch weniger und auch der Boden im Haus trocknete.
    Ab und zu bricht schon mal wieder ein Gedanke an Alk (Wasser) durch, aber da die Struktur des Daches schon gut repariert und in Ordnung ist muß ich nur noch kleine Löcher nachbessern.
    Zudem freue ich mich täglich darüber trockene Füße zu haben und Zeit für die wesentliche Dinge des Lebens.

    Ich muß aber mein Leben lang aufpassen, keine nassen Füße mehr zu bekommen...

    ist das jeden Tag harte Arbeit???

  • Danke Toby,

    für Deinen tollen Vergleich.

    Ja, die "harte" Arbeit an sich spielt sich hauptsächlich im Kopf ab und ich denke, das wird jeder als unterschiedlich hart empfinden. Menschen, die sich nie viel mit sich selber beschäftigt haben, denen wird das wahrscheinlich schwerer fallen, als Menschen, die das oft tun.

    Auch die Bereitschaft zur Akzeptanz der Krankheit, das "annehmen" ist wichtig.

    Gestern schrieb mir jemand, das es für ihn leichter wurde, als er einfach akzeptiert hat, Alkoholiker zu sein und das nun für immer. Der nächste Schritt war, es auch als Krankheit anzunehmen.
    So war es bei mir auch.
    Und das alles spielt sich nun mal im Kopf ab.

    Ich finde, wenn man diese beiden Schritte hinter sich hat, dann wird es einfacher. Dann muß man nur beginnen, Dinge zu ändern, Rituale zu brechen, das gelernte zu verinnerlichen. Das braucht Zeit, aber das ist durchaus zu schaffen.

    Für mich persönlich kam eine Erleichterung noch dazu, als ich begann, mit anderen drüber zu reden. Das fiel mir anfangs sehr schwer, aber ein Leben, das auf einer Lüge aufgebaut ist, wäre für mich nicht möglich gewesen. Und es war der richtige Schritt, weil ich es mir dann damit viel einfacher gemacht hatte.

    Dieser Schritt fiel meinem Mann besonders schwer, er brauchte dafür länger, es so zu akzeptieren. Für ihn war es so, Du trinkst nun nicht mehr, Problem erledigt. Das es so überhaupt nicht ging, mußte er auch erst lernen. Heute kann er damit umgehen, das ich auch mit anderen darüber spreche, er hat es so akzeptiert, das es sehr wichtig für mich ist, nicht zu lügen. Auch ist es wohl für andere erst schwer, es als Krankheit zu akzeptieren, denn man sieht sie ja nicht, und trotzdem ist die Krankheit in uns.

    LG an Alle
    Lilly

  • Hallo Astrid,

    ich freue mich auch über die Entwicklung dieses Threads, ich denke auch, es stehen einige wichtige Dinge drin, von Mitgliedern hier aus dem Forum, die schon mehrere Monate bis Jahre trocken sind.

    Manche Dinge beginnen manchmal in meiner Erinnerung zu verblassen, wenn dann jemand anderes was schreibt, wie es ihm geht und wie er sich fühlt, dann denke ich oft :Ach ja, so war das ja bei mir "damals" auch, und dann kommen die Erinnerungen wieder, was ich aber nicht als beslastend empfinde, das nicht, aber es zeigt mir, an welchem Punkt derjenige dann so ungefähr steht. Und wenn man sich dann selber wieder an die Situation erinnert, kann man auch gut Ratschläge geben, weil man die Situation ja oft kennt und man kann dann sagen, wie man an dem Punkt dann selber weitergemacht hat, ich denke, das kann dem anderen dann auch gut helfen.

    Manchmal ist man ja auch ratlos und braucht einfach den einen oder anderen Tipp, damit man weiter voran kommt.

    LG
    Lilly

  • Hallo Toby,

    da hat sich deine zweifaustgroße Masse einen wahrlich genialen Vergleich ersonnen [Blockierte Grafik: https://beispiel.rocks/beispiel.rocks/www.cosgan.de/images/smilie/froehlich/a020.gif]

    Ich empfinde/empfand diese anfänglichen Dacharbeiten auch nicht als hart. Im Gegenteil, wenn man der nassen Füße überdrüssig ist, dann freut man sich doch, wenn man lernen kann mit dem Reparaturwerkzeug umzugehen und das Haus nach und nach abzudichten.

    Ich glaube fest daran, dass man die Reparatur bei gewissenhafter Ausführung so solide gestalten kann, dass es dann genügt jeden Tag eine Begehung zu machen, um die etwaigen Schwachstellen auszubessern bevor es reinregnen kann und nach Bedarf die Regenrinne zu reinigen. Das allerdings sehr regelmäßig und gewissenhaft.

    Das ist für ein trockenes Haus als Lebensgrundlage wahrlich nicht zu viel Arbeit.

    Herzliche Grüße vom Micha

    Das Schönste kommt noch

  • Hallo Lilly,

    als ich letzte Woche rückfällig wurde, hat mir das Mutmachen der anderen sehr gut getan und mich vor dem weiteren Absturz aufgefangen, doch Deine klaren Worte haben etwas in Gang gesetzt, was mir den nächsten Schritt möglich macht. Für mich war beides ganz wichtig.

    LG, Meni

  • Liebe Meni,

    wenn das so ist, dann kannst Du auch aus Deinem Rückfall lernen, das ist doch gut, dann war er nicht ganz unnütz.
    Und Mutmachen gehört ja auch dazu, bloss manchmal müssen es auch klare Worte sein, gerade damit der andere auch weiterkommt. Immer ein Schritt nach dem anderen, dann schaffst Du das. Und wenn es Dir nicht gut geht, komm schnell ins Forum, wenn es möglich ist, es liest Dich hier IMMER jemand, das weißt Du ja.

    Ich las hier in einem Beitrag: Wenn es Dir gut geht, gehe in die SHG, wenn es Dir schlecht geht, RENNE in die SHG. Ich denke, das ist richtig.

    Der Austausch ist sehr wichtig, auch für mich immer noch, das wird wohl auch immer so bleiben, aber das ist auch schön. Mir hat das vorher sehr gefehlt, mich mit Betroffenen auszutauschen, auch wenn ich schon länger trocken war, als ich herkam. Hier braucht man nicht viel erklären, die anderen verstehen es auch so, was man meint. Und können dann auch gut raten und somit helfen.

    Unter "normalen" Menschen ist es oft schwer, sich zu erklären, ich habe mich öfters fragen lassen müssen, wie konntest Du nur ? Du hattest alles, einen schönen Beruf, eine wohlgeratene Tochter, einen netten Mann (hmm, najaaa, machmal... :roll::lol: )
    Tja, was soll man dann sagen? Heute weiß ich das natürlich, aber damals wußte ich selber nicht die Antwort. Heute komme ich erstmal mit Fakten über unsere Krankheit, weil viele zu wenig darüber wissen. Wer dann noch mehr wissen möchte, dem kann ich es erklären, warum das bei mir so kam und das ich am Ende trinken mußte, weil sie Sucht stärker als alles andere war.
    Wer es dann immer noch nicht schnallt, dem kann ich dann auch nicht mehr weiterhelfen.

    Lieben Gruß an Dich
    Lilly

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