Ich finde es in unserer Konsumgesellschaft sehr wichtig, sich über die große Macht der Werbeindustrie im Klaren zu sein. Ich beäuge das im Allgemeinen, aber als trockener Alkoholiker bei Alkoholwerbung natürlich mit besonderem Interesse.
Mehr als diesen von dir, Zerfreila, beschriebenen Schluckreflex oder ähnliches, kann Werbung natürlich nie auslösen. Aber ein "erlittener" Schluckreflex ist ja auch schon imens viel und kann - unreflektiert geblieben - bereits zum Konsum Anlass bieten.
Das einzige Gegenmittel ist die bewusste Reflektion, zu der du uns hier in diesem Thread die Gelegenheit bietest. Niemand in unserer Gesellschaft kann die Werbung restlos aus seinem Leben verbannen. Es kann schon der flüchtige Blick auf den Prospekt, den man nur vom Briefkasten zur Papiertonne trägt einen Konsumwunsch verursachen.
In meinem Fernstudium in Grafikdesign spielt Werbung im Sinne von Verpackung von Informationen (plus Emotionen) in Bilder und Worte natürlich eine Rolle. Ich halte diejenigen Menschen die meinen, sie könnten nicht von der Werbung erreicht werden und stünden da psychologisch drüber, für die Personengruppe die am gefährdetsten überhaupt ist. Wie du auch schon angedacht hast, werden die Botschaften die transportiert werden sollen sehr unterschwellig an den Mann/Frau gebracht. Nicht selten, dass jemand sagt, diese oder jene Werbung wäre ihm vordergründig zu plump oder blöd, ohne aber zu bemerken, dass sie sich während dieses oberflächlichen Erkennungsprozesses bereits ganz subtil in seinem Kopf eingeschlichen hat. Blöd oder nicht. Schlecht ist nur die Werbung, an die sich niemand erinnert.
Es gibt da so eine Eselsbrücke für Leute die Werbung machen:
AIDA
Attention (auf den ersten Blick Aufmerksamkeit erregen. Durch grelle Farben, Größe, nackte Haut, niedliche Tiere ...)
Interest (auf den zweiten Blick Interesse verursachen. Durch einen Witz, eine Geschichte, einen Spruch, eine Pointe ...)
Desire (der Wunsch, das Verlangen nach dem Produkt soll geweckt werden. Hier ist ein Suchtkranker bezüglich seines Suchtstoffes besonders leicht zu erreichen. Bei mir reicht eine Abbildung eines Glases mit frisch eingeschenktem Bier, um an kranke Sehnsüchte zu erinnern)
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Action (Handlung. Die Handlung bestünde im Erwerb, bzw. im direkten Konsum des bereits erwobenen Produkts. Damit wäre die Werbestrategie erfolgreich aufgegangen. Was dieser letzte Schritt für einen Alkoholiker bedeutet wissen wir alle.
Ich habe die rote Linie dort eingefügt wo ein Alkoholiker meiner Ansicht nach SPÄTESTENS bewusst reagieren muss, aber leider auch erst FRÜHESTENS reagieren kann, weil die ersten drei Schritte in Bruchteilen von Sekunden ablaufen können.
Micha