brenzlige Momente...

  • Hallo liebe Forumsmitglieder,

    ich lese schon ein paar Tage hier mit, bin sehr angetan von dieser Plattform und habe mich nun entschlossen, auch ein paar Zeilen zu schreiben und mich kurz vorzustellen.

    Ich bin 43 Jahre alt und habe schon seit vielen Jahren Probleme mit der Trinkerei. Lange Zeit hatte ich das unter Alkoholikern weit verbreitete, illusorische Gefühl, alles im Griff zu haben. Meine körperliche und psychische Verfassung verschlechterte sich jedoch mehr und mehr und eines Tages kam die große Einsicht, dass ich ein ernstes Problem habe und hab mir Hilfe gesucht. Ich war dann etwa ein Jahr lang abstinent, bin nach dieser Zeit aber wieder rückfällig geworden.
    Ein weiteres Jahr später kam die zweite Trinkpause, die gerade mal ein paar Monate anhielt....

    Vor 4 Wochen habe ich dann einen neuen, hoffentlich letzten, Versuch gestartet. Bis jetzt erfolgreich, doch ich merke deutlich, dass dieser Zustand „kippelig“ ist. Ich fühle mich sehr wohl (in jeder Hinsicht) und genau das ist der Zustand, der mich rückfallgefährdet macht. In meinen „besten Zeiten“ habe ich mich u.a. auch mit Alkohol „belohnt“. Wenn ein Tag besonders erfolgreich war, ich viel geschafft hatte oder ich mich einfach bloß richtig wohlgefühlt habe, dann gab es was Leckeres zu trinken... Das war natürlich nur einer von vielen Gründen. Anlässe zum Trinken gibt es ja ohne Ende.

    Am besten gelingt mir (momentan) das Weglassen des ersten Glases, wenn ich rund um die Uhr auf den Beinen bin, ohne Pause, ohne Grübeln, ohne Sitzen. Eine ziemliche Krücke, jetzt noch.
    Blöderweise habe ich meist auch bei der Arbeit am PC getrunken.... das ist so fest verankert, dass ich beinahe automatisch an Alkohol denken muß, wenn ich den Rechner starte.

    Ich möchte gerne eine ambulante Therapie beginnen und hab jetzt endlich mal eine Liste mit Tel.-Nr. vor mir liegen, die ich heute noch abarbeiten werde.

    Ich traue mir nicht so recht über den Weg und der Umstand, dass ich allein lebe, macht es recht schwer, sich ständig abzulenken.
    Meine Wohnung blitzt bis in die letzten Ecken, alle Geschirrtücher sind gebügelt und alle Blätter meiner Pflanzen einzeln poliert...

    Ich empfinde zwar gar keinen Druck, etwas trinken zu wollen oder müssen, aber irgendwie fürchte ich mich davor, wenn mir die Beschäftigung ausgeht.

    Hab eine Liste angelegt mit allen Situationen, in denen ich getrunken habe, um neue Alltagsstrukturen zu schaffen. Naja, bis auf Duschen und Schlafen war eigentlich alles vertreten. :oops:

    Habt Ihr vielleicht ein paar Tipps, wie man sich in brenzligen Momenten über gefährliche Augenblicke retten kann? Was macht Ihr dann konkret?

    Vielen Dank fürs Lesen und allen Usern hier vielen Dank für ihre Beiträge – hier zu lesen macht Mut!

    Euch allen einen schönen, alkoholfreien Tag!
    wildberries

  • Hallo Wildbeeries,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Ich denke Du hast schon einen guten Schritt getan als Du Dich hier angemeldet hast. Du hast hier die Gelegenheit Dich eingehend auszutauschen wenn Du dauerhaft trocken werden willst.

    Trocken werden und bleiben geht leider nicht von selber. Das weisst Du seit Deiner einjährigen Abstinenz. Also musst Du etwas ändern, an Dir und Deinen Lebensumständen arbeiten, evtl. Dein Umfeld verändern.
    Dabei könne wir Dir gerne behilflich sein, überall gibt es Problemlösungsstrategien.

    Zitat

    wie man sich in brenzligen Momenten über gefährliche Augenblicke retten kann?


    Wenn Dein Kopf trinken will, gib Ihm was zu trinken, vorzugsweise Wasser oder Tee bis es aus den Ohren wieder rauskommt.
    Das hilft.
    Besonders leckere Tee's als Belohnung.
    Kaffee oder Schwarzer Tee können den Druck nach Alkohol stark steigern, diese Aufputschmittel wollen ( vorzugsweise mit Alkhohol / Suchtgedächnis ) wieder ausgeglichen werden.

    Ausserdem solltest Du Dir einen Arzt suchen, mit dem Du über die Problematik sprichst. Die medizinische Seite ist ein wichtiges Kriterium.

    Man liest sich, schön das Du hergefunden hast.

    Viele Grüsse

    White

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • Vielen Dank für Deine Antwort Whitewolf!

    Ja, das mit dem Wassertrinken bis zum Überlaufen habe ich schon mehrmals gemacht. Ansonsten trinke ich Kräutertees und Saftschorlen. Meist war es dann tatsächlich erst einmal gut.

    Ich kann dabei nicht einmal von dem berühmten "Saufdruck" reden. Es ist so ein Herumgrübeln, wie nett es doch wäre, einen ganz entspannten Umgang mit Alkohol haben zu können. Allein diese "harmlosen" Gedanken machen mich nervös, weil sie mir erstens zeigen, dass ich einen wichtigen Schritt noch nicht vollzogen habe (100%ige Akzeptanz) und ich zweitens fürchte, dass diese Gedanken der (mentale) Startschuß für einen neuerlichen Rückfall sein könnten.

    Dann kam auch noch zu Weihnachten ein Weinpräsent ins Haus.... hab ich umgehend an meine Nachbarin verschenkt, trotzdem hab ich kurz gezögert. Saublöd.

    In ärztlicher Betreuung bin ich bereits. Zur Entgiftung hatte ich etwas bekommen, das die Entzugserscheinungen abmildert und ich bin komplett untersucht worden, um den körperlichen Allgemeinzustand zu prüfen.

    Rückblickend erschien mir das erste abstinente Jahr viel problemloser, auch wenn ich wieder rückfällig geworden bin. Die Zeit bis dahin war ich dennoch deutlich stabiler als jetzt. Wobei das ziemlich unberechenbar und unvorhersehbar angeflogen kommt.

    Ich hoffe jetzt, dass ich nicht so lange auf eine Therapie warten muß.

    Jetzt hab ich doch viel geschrieben, ist ja gar nicht vorgesehen für diesen Bereich hier, sorry.

    Viele Grüße und Danke nochmals
    wildberries

  • Hallo Wildberries,

    durch diverse Bücher ist für mich klar geworden, dass es nur ein etweder/oder gibt. Und das ich niemals Alkohol kontrolliert trinken kann. Diese Erkenntnis hat mich enorm erleichterrt, ich hatte das Gefühl eine Last fällt von mir ab.

    Auch habe ich mir ins Gedächtnis gerufen, welchen Schwachsinn ich teilweise unter Alk geredet habe. Und das ich diese Peinlichkeit nie wieder erleben muß, wenn ich das erste Glas stehen lasse.

    Immer, wenn ich zweifle, lese ich ein wenig, auch in meinem Tagebuch. Das hilft enorm.

    Ich wünsche dir 24 trockene Stunden,
    Solena

  • Dir auch vielen Dank Solena,

    ja, etwas Literatur könnte ich (wieder) brauchen. In Deinem Vorstellungs-thread hatte ich gelesen, dass es Dir eine Hilfe ist und auch ich merke, dass ich beim Lesen rund um das Thema ein gutes, stärkendes Gefühl habe.

    Ich werde mich mal durch die entsprechenden Büchertipps wühlen.

    Auch Dir alles Gute!
    wildberries

  • Danke für die nette Begrüßung achim!

    Ja, das Lesen hier im Forum baut wirklich auf. Mir gefällt die Art, wie man sich gegenseitig stützt und was alles an Informationen bereitsteht.

    Die kleinen Abschnitte haben auch mir in dem ersten Jahr sehr gut geholfen. Dieses Mal fällts mir leider schwerer. Womöglich stehe ich mir mit der Erinnerung an dieses trockene Jahr selbst im Wege, weil ich da zum Ende hin in immer größeren Abschnitten denken konnte. Da muß ich einfach wieder etwas kleinere Brötchen backen.

    Lieben Dank nochmal und liebe Grüße
    wildberries

  • Hallo schorsch und lieben Dank für die Begrüßung,

    ich fürchte, meine Tel.-Liste wird nicht hilfreich für Dich sein, weil es Kontakte speziell in meiner Wohnortnähe sind.

    Was ich Dir anbieten kann, ist die Tel.-Nr. des PID (Psychotherapie-Informations-Dienst - 0228-746699). Dort kannst Du anrufen und ganz gezielt nach einem Therapeuten in Deiner Nähe fragen. Du solltest darauf achten, dass die genannten Fachleute auch wirklich Spezialisten für Suchtkranke sind, sonst landest Du noch beim Eheberater ;)

    Weiterhin kannst Du Dich z.B. an die Caritas (Deines Wohnortes) wenden. Dort gibt es Suchtberater, an die Du Dich wenden kannst.

    Auch übers Internet kannst Du viele Informationen zu Suchtberatungsstellen ergoogeln.

    Ich hoffe, ich konnte Dir damit etwas weiterhelfen.

    Alles Gute auf Deinem Weg!

    Liebe grüße
    wildberries

  • Hallo Achim,

    wie Recht Du hast mit den kleinen (sattmachenden...) Brötchen!!

    Heute mußte ich viele davon backen, hab daher auch den Weg ins Bett noch nicht gefunden.

    Jetzt hau ich mich hin und werde hoffentlich tief und traumlos schlafen ;)

    Gute Nacht und einen schönen Tag morgen!
    wildberries

  • Hallo achim,

    ja, die Nacht war tatsächlich ruhig und den gestrigen Tag hab ich mit allen möglichen Aktivitäten gefüllt. Manche waren sinnvoll (Wohnung geputzt, draußen gelaufen, viel telefoniert, hier gelesen), andere weniger (Erdnüsse gezählt... wenigstens waren es keine Erbsen...:roll: ).

    Abends war es schon wieder gut und auch jetzt fühle ich mich wieder stabil und kann mich gut konzentrieren.

    Ich wünsche Dir und allen anderen einen schönen Jahreswechsel!!

    Liebe Grüße
    wildberries

  • Hallo Achim,

    hmm... so wirklich kreativ fand ich das nicht wirklich... war mehr so eine Verzweiflungsaktion, weil ich echt nicht wußte, wie ich die nächste Stunde rumkriege.

    Ich mußte zwar auch über mich lachen, aber wohl nur, um nicht weinen zu müssen.

    Diese Aktionen (Erdnüsse zählen...) machen mir wieder ganz klar, wo ich eigentlich stehe.

    Dennoch lieben Dank für Deine aufmunternde Antwort und ja, ich bin schon eine Frohnatur (gewesen) - allerdings mit großem Grübelpotential.

    Alles Gute und liebe Grüße
    wildberries

  • ...weiß ich doch, dass es nicht böse gemeint ist, Achim ;)

    Ich freue mich ja selbst, wenn ich merke, dass mein Humor wieder zurückkehrt.

    Wünsche Dir und allen Mitlesern einen gelungenen Start ins neue Jahr!!
    Lg, wildberries

  • Frohes Neues Jahr, Wildberries,

    was mir, neben dem Trinken von Wasser und Tätigkeiten im Haushalt auch hilft, ist Laufen, bzw. Gymnstik (je nach Wetterlage). Das kostet nichts (die Anschaffungskosten für die Laufklamotten hatte ich nach einem Monat Trockenheit bereits heraus, es waren außerdem Sonderangebote), ich kann es praktisch jederzeit und überall machen, es ist gut für meinen Körper und spätestens nach 10 Minuten stellt sich gute Laune ein.

    Außerdem habe ich nach langer Zeit wieder mit dem Stricken angefangen (es hagelt bereits Bestellungen aus der Familie) und schreibe an einer Kindergeschichte. Je nach Verfassung beschäftige ich mich mit diesen Dingen. Sie machen mir Freude und lenken mich ab.

    Wenn ich mich nicht gut fühle, gehe ich ganz schnell ins Forum und lese oder schreibe, dann geht es meistens wieder.

    LG, Meni

  • Hallo Meni,

    lieben Dank für Deine Antwort und auch Dir ein frohes Neues Jahr!

    Ja, das ist genau, was ich derzeit suche: Ein Hobby bzw. eine Beschäftigung, bei der ich aktiv etwas mache und das auch kontinuierlich. An der Luft bin ich bereits recht viel (ca. 2 Std./tägl.).

    Toll, dass Du die Familie mit Handarbeiten versorgst!! Leider hab ich da ja irgendwie zwei linke Hände - Bestellungen gäbe es ziemlich sicher keine. Jedenfalls nicht freiwillig... :lol:

    Da fällt mir ein, ich habe vor etlichen Jahren mal sehr gerne alles Mögliche aus Holz gewerkelt (Uhren, versch. Gefäße und Deko-Gegenstände). Schade, dass heute ein Feiertag ist, da hätte ich jetzt richtig Lust zu.

    Vielen Dank nochmal und liebe Grüße
    wildberries

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