Schritt für Schritt

  • Guten Morgen Jean!

    Ich hoffe, Du konntest Dich auch in der vergangenen Nacht entspannen und Kraft und Energie tanken für diesen neuen Tag?!

    Das mit dem "Buch führen" mach´ ich auch seit Jahren.
    Ich mach mir jeden Morgen einen Zettel mit Aufgaben, die erledigt werden müssen, gestaffelt nach Priorität, und hake nach Erledigung ab.
    Abends habe ich dann wieder einen Grund mehr, stolz auf mich zu sein ;-)!
    Was dann nicht abgehakt ist, kommt halt für morgen auf den Zettel. Nicht alles muss sofort erledigt werden. Läuft ja nicht weg ;-)!
    Wirklich wichtig bist doch nur Du und Dein Tag soll ja schließlich nicht nur aus Alltags - Verpflichtungen, sondern auch aus "Leben" bestehen, gell ;-).
    Auf meinem Plan für heute steht u.a. ein heißes Bad und dann ´mal für ´ne Stunde auf´s Sofa kuscheln und lesen. Die Zeit nehm´ ich mir!
    Vielleicht auch eine "Wohlfühl - Anregung" für Dich?

    LG, Tinika

  • Hallo Frank und Tinika!

    Als wir uns so gegen 20h00 Zeit nahmen, über den dunklen Wipfeln der Nadelbäume die Sterne zu betrachten, stand Orion schon deutlich über dem Horizont....

    Ja, Tinika, danke für die Wohlfühl-Anregung... Hab viel Schlaf nachgeholt die letzten Tage.
    Hab momentan viel termingebunden zu arbeiten, auch zu Hause; dabei begleitet mich ständig die Musik, die ich mir gönne; während ich besoffen kaum was anderes mehr gehört habe als die Hits - die mir zwar auch nach wie vor gefallen - stöbere ich momentan mit Hochgenuss in meiner CD-Sammlung, entdecke wieder Klassik, Jazz, Sixties... Das Benebeltsein geht mir beim Musikhören nicht ab, im Gegenteil, ich hab den Eindruck, dass ich meine Gefühle wieder viel intensiver erlebe beim Musikhören jetzt nüchtern als damals im betrunkenen Zustand...

    Saufdruck-Attacken habe ich gelegentlich noch; aber auch einen Lebensgenuss, den ich schon lang nicht mehr gekannt habe.

    Beim Wiederentdecken des Lebensgenusses
    liebe Grüße von

    Jean

    Wenn ich mir selbst nicht erlaube, dass es mir ohne Alkohol gut geht - wer soll es dann für mich tun?

    Trocken seit November 2006

  • Hallo Jean,

    ähnliche Gefühle muss ich gehabt haben, als ich schon nach kurzer Zeit der Nüchternheit nach klassischer Literatur griff und sie auch noch spannend fand... Es geht doch nichts (naja, fast nichts :wink: ) über einen klaren, wachen Verstand...

    LG, Meni

  • Hab mein neues Leben bewusst genossen....
    Tja, und dann hat sich bei mir auch Nachlässigkeit eingeschlichen...
    Viel Arbeit, Erschöpfung, zu wenig Kräutertees und Wasser getrunken, zwei Tage lang kein Sport zum Druckausgleich... Keine Rücksicht, auf meine Alkoholkrankheit genommen - den Druck, der durch die körperliche Sucht kommt (für die Seele hatte ich ja durch Musikhörn gesorgt...) Und dem ich eigentlich vorbeugen könnte, wie ich gemerkt habe.

    Gestern am Abend waren dann endlich alle Arbeiten erledigt, ich hätte mich zufrieden aufs Ohr haun können. Stattdessen: Sucht-Druck, Sauf-Druck ohne Ende - bei totaler Erschöpfung. Da half nur noch ein Rettungsring, der mir in einem Chat zugeworfen wurde - langes Gespräch.

    Hab mein Boot im Wasser treiben lassen und plötzlich stellte es sich als Nussschale heraus. Sturm grad noch mal so abgewettert und trocken geblieben. Aber man sagt ja, aus Fehlern wird man klug...

    Lieben Gruß
    Jean

    Wenn ich mir selbst nicht erlaube, dass es mir ohne Alkohol gut geht - wer soll es dann für mich tun?

    Trocken seit November 2006

  • Moin jean,

    da waren sie wieder, die alten Verhaltensmuster, das Belohnungssystem wollte dir den Alk reichen. Du hast gut reagiert.
    Warst du dann hier im Forum, wenn nicht warum ?
    Was hast du daraus gelernt ?

    Gruß, Freund.

  • Hallo Freund!

    Ja, alte Verhaltensmuster, Suchtdruck, Saufdruck, hatte heute auch beim Autofahrn so eine Anwandlung - sonst kaum je während des Tages, immer nachts.

    Hab daraus gelernt, vorsorgen ist eine Überlebensnotwendigkeit. - Hab gerade meine Kilometer *lol am Rudergerät abgeleistet. Dabei ist der Druck hochgekommen und ich konnte ihn wegtreten und rausatmen.

    Hab aus meinem jämmerlichen Philosophieren von gestern Abend und den Antworten eines Bekannten gelernt - dass ich nicht dorthin zurückwill, wo ich mit dem Saufen war. Das war kein Leben. Dass der Tag danach bestimmt kommt - und mit meinen Problemen ist nichts besser geworden. Dass diese Wahrheiten helfen. Und dass es gut sein wird, mir die wichtigsten Argumente gegen das Saufen, auf die ich persönlich anspreche, auf einem Blatt Papier bereitzuhalten. Für den Fall des Falles. Und für mein tägliches Leben... Tag für Tag.

    Grüße von
    Jean

    Wenn ich mir selbst nicht erlaube, dass es mir ohne Alkohol gut geht - wer soll es dann für mich tun?

    Trocken seit November 2006

  • Hallo jean,

    Sport (Rudern) ist immer gut. Ich habe seinerzeit mich in solchen Situationen aufs Fahrrad geschmissen und ebenso alles raus getreten.

    Aber das Leben zur Trockenheit besteht nicht nur aus Abbau von Saufdruck. Wir müssen das Leben ohne Alkohol, die Trockenheit zu unserem Lebensmittelpunkt machen, wir müssen daran arbeiten.

    Ich kann dir nur empfehlen, wirklich täglich zu bestimmten, festen Zeiten oder eben auch in Extremsituationen hier einzutauchen, zu schreiben, zu lesen, zu kommunizieren, letztendlich zu verinnerlichen.

    Gruß, Freund.

  • Hmmm, das Leben ohne Alkohol zum Lebensmittelpunkt machen, Trockenheitsarbeit - könntet Ihr mir sagen, was noch alles dazugehört?

    Lieben Gruß von
    Jean

    Wenn ich mir selbst nicht erlaube, dass es mir ohne Alkohol gut geht - wer soll es dann für mich tun?

    Trocken seit November 2006

  • Zur Trockenheitsarbeit, meine ich...

    Ein trockener/abstinenter Freundeskreis und ???

    Vielen Dank
    Jean

    Wenn ich mir selbst nicht erlaube, dass es mir ohne Alkohol gut geht - wer soll es dann für mich tun?

    Trocken seit November 2006

  • Moin jean,

    zur Trockenheitsarbeit kann eben auch gehören, so wie es hier viele machen, regelmäßig im Forum zu reflektieren.
    Man liest und schreibt, wie du es auch schon machst.

    Man ist ja nicht ständig mit neuen Freunden zusammen, die man sich ja auch erst einmal "schaffen" muss. Hier hat man eben Gleichgesinnte, Menschen die den gleichen Weg gehen und die gleichen Interessen haben, egal welcher Weglänge.

    Im z.B. geschlossenen Bereich öffnen sich auch viele Menschen mehr, beschreiben ihren täglichen Weg und nutzen die Beschreibung anderer, eben anonymer und nicht www .

    Das als eine Möglichkeit.

    Gruß, Freund.

  • Hallo Jean,

    ich habe mich auch gefragt - hm...was ist denn für mich aktive Trockenheitsarbeit. Was tue ich aktiv (!) dafür, um trocken zu werden und zu bleiben? Für mich sind die Worte trocken und zufrieden mittlerweile miteinander verschmolzen und die Zufriedenheit, welche ich mir vorstelle, ist die Zufriedenheit mit mir selbst. Bin ich nicht trocken, kann ich keine Zufriedenheit erlangen - bin ich unzufrieden mit mir, mache ich es mir unwahrscheinlich schwer (wenn nicht sogar unmöglich) trocken zu bleiben.

    Die Dinge, die ich für mich persönlich als aktive Trockenheitsarbeit ansehe sind u.a.

    - mich jeden Abend nach der Arbeit in Ruhe zu fragen, wie es mir geht und ehrlich zu Antworten. Mich zu fragen was ist heute passiert? Wie fühle ich mich und wo kommt das eventuell her? Was kann ich realistisch besser machen? Wo sehe ich evtl. Gefahren für mich? Und ehrlich Antworten, also wie ich wirklich bin - nicht was ich gern wäre (das verstehe ich vor allem unter 'auf sich selbst achten'). Ganz wichtig dabei - Geduld.

    - hier im Forum lesen und schreiben und darüber nachdenken

    - ernsthaft das Gitarrespielen üben

    - mir meinen Tagesablauf zu strukturieren (ansonsten krieg ich vieles nicht auf die Reihe - bin da aber grad am Anfang und noch am Optimieren)

    - mir kleine Belohnungen und "schöne Dinge" zu gönnen. Z.B. hab ich mittlerweile einen Berg an Teesorten zur Auswahl - hatte zuerst Fruchtcocktails versucht, vertrags aber nicht vom Magen. Dann mehr auf mein Essen zu achten. Mich einfach mal für ein halbes Stündchen aufs Ohr hauen.

    - die Wohnung aufräumen und sauber halten zählt für mich dazu, mir ein schönes Umfeld aufzubauen.

    - mir jeden Morgen vorm Spiegel zu sagen, Timster, Alkoholiker - heute trinke ich nicht.

    - auf Erfolgserlebnisse ehrlich stolz zu sein, ohne den Hintergedanken 'Ja, ja, andere hätten das auch hinbekommen'

    - mich fragen wie es mit meinem Selbstvertrauen bestellt ist und warum das so ist (sowohl bei starkem wie mangelndem Selbstvertrauen - das schwankt bei mir nämlich noch)

    - mir kritisch meine Gedanken 'anzuschauen' - welche Gedanken, die ich habe sind wirklich richtig, wenn ich bewusst und nicht nach erlerntem Schema F über eine Sache nachdenke. Auch welche Gedanken mir gefährlich werden können und wie sehr ich diese Gedanken zulasse und wie stark sie sich mir aufdrängen. Auch hier nach Gründen dafür zu suchen.

    Die Liste lässt sich bestimmt noch um einige Kilometer erweitern, aber das sind für mich alles Dinge, die zum Ziel haben, das ich mit mir Selbst zufrieden werde und das stärkt meine Trockenheit (die wieder die Grundvoraussetzung für meine Zufriedenheit ist). Das alles ist sehr zeitaufwendig und geht oft nur langsam voran. Das schöne an dieser Langsamkeit ist, dass ich auch Geduld erlerne. Geduld, Geduld, Geduld sag ich mir. Ich bin sehr froh, dass mir meine Trockenheitsarbeit Spaß macht. Der Micha hat mal sehr schön geschrieben, dass man diese Arbeit als das begreifen kann, was sie eigentlich ist: nämlich keine Qual, sondern endlich Erlösung von den Ursachen. Für mich ist diese Sichtweise auch ein Schlüssel zur inneren Bereitschaft und Motivation für diese 'Arbeiten'.

    Leider vergesse ich manchmal auf das eine oder andere zu achten (was oben in meiner Liste steht), und komme dann ratzfatz an einen Punkt wo ich merke - hm, irgendwas stimmt grad nicht, was ist mit mir los? Das Forum hier führt mich dann oft wieder zu mir selbst und meiner Arbeit an mir.

    Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Trockenheitsarbeit !

    Viele liebe Grüße,

    Timster

  • Vielen Dank an Freund und Timster für die Ratschläge!

    Ich werd darüber nachdenken...

    So, heute hab ich mich zwar hauptsächlich von den Strapazen der letzten Woche erholt.

    Aber auch eine Anti-Alk-und-Notfall-Mappe erstellt, mit Ausdrucken aus dem Forum, Telefonnummern etc..

    Jetzt noch mein persönlicher Suchtdruck-Notfallplan:

    A) NOTFÄLLEN VORBEUGEN
    - Sport, Abbau vom Druck im Vorfeld
    - positive Lebensgestaltung
    - Auslösereize/Gefahrensituationen erkennen und ihnen aus dem Weg gehen
    - Entspannen, Ausgleich
    - Viel Kräuter- und Früchtetee trinken

    B) IM NOTFALL
    - das erste Glas nicht nur stehen lassen, das erste Glas gar nicht bestellen, die Flasche nicht im Haus haben, gar nicht erst auf die Idee kommen, ins Auto zu steigen
    - die einseitige Wahrnehmung - Alk = Belohnung und Euphorie - mit Gegenargumenten vervollständigen, mit der Realität konfrontieren: z.B. Trinken macht mich zur Marionette, ich kann den Alk nicht kontrollieren, er kontrolliert mich, kontrolliertes Trinken gibts nicht für mich, Trinken wäre Rückfall, Rückfall schafft Probleme ohne Ende, ein böses Erwachen morgen, Schuldgefühle, Versagensgefühle, Arbeitsplatz gefährdet, Gefahr, alles verspielt zu haben, was ich schon gewonnen hab... Will ich mir das wirklich antun?
    - viel viel Kräutertee etc. trinken
    - Druck durch Atemübungen rausatmen, ev. Druck akut abbauen durch Sport
    - in die Gemeinschaft gehen, statt abkapseln: Forum, Chat, Telefongespräche...

    Wenn ich mir selbst nicht erlaube, dass es mir ohne Alkohol gut geht - wer soll es dann für mich tun?

    Trocken seit November 2006

  • Guten Morgen Jean,

    Dein letzter Beitrag fasst für mich persönlich den Begriff "Trockenheit" sehr gut zusammen. Das alles Schritt für Schritt umzusetzen, ist am Anfang das Schwierigste, aber dann scheint es fließender zu funktionieren.

    Was Du geschrieben hast, Timster, ging mir unter die Haut, da es sehr an meine Gefühle rührt und mir zeigt, wie bewusst ich tatsächlich mittlerweile an mir arbeite und wie sehr es mir schon gelingt, mit meinen Gefühlen umzugehen.

    LG, Meni

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!