Mein Weg ... oder auch meine Gedanken

  • Hallo und willkommen,

    bei mir ist der Tag 1 schon viele Jahre her, versuche aber noch einmal die mir wichtig erscheinenden Veränderungen in meinem Leben nachzuvollziehen.


    • Ich hatte ärztliche Untersuchung und Rat in Anspruch genommen.
    • Ich hatte vor dem Alkohol kapituliert. Ich hatte begriffen, dass der Alkohol und die Sucht mich zeitlebens (und das verkürzend) begleiten wird, wenn ich nicht den Weg einer totalen Abstinenz gehe, und das für immer.
    • Ich habe mir Fremdhilfe zur Selbsthilfe genommen, weil ich erkannt hatte, dass mein Denken, mein Wissen für diesen Weg nicht ausreichte.
    • Ich habe mich vorwiegend an Längertrockene und deren Erfahrungen gehalten, weil sie bereits da standen, wo ich hin wollte.
    • Ich habe ihre Erfahrungen und Ratschläge bedingungslos angenommen, auch gefragt ohne Ende, aber kein wenn und aber in meinem Denken zugelassen.
    • Ich habe meiner Trockenheit allererste Priorität in meinem Leben gegeben.
    • Ich habe meinen Tagesablauf minutiös, so gut es geht, geplant.
    • Ich habe mir keine Freiräume mehr gegeben, in denen ich früher mir die Zeit zum Saufen nahm.
    • Mein Zuhause war mein Refugium, in dem ich meine Kraft schöpfte.
    • Ich hatte beschlossen, von Plätzen und Orten, von Menschen an/von denen Alkohol konsumiert wird, gänzlich fernzubleiben. Dafür hatte ich mir eine Zeit von mind. 1 Jahr gegeben, Verlängerung nicht ausgeschlossen. Reine Gefühlssache dann.
    • Diese räumliche Abstinenz war erforderlich, weil ich nicht lernen wollte, wie man nüchtern die alkoholtrinkende Gesellschaft überstehen kann, sondern den Alkohol in seiner Bedeutung aus meinem Leben streichen wollte.
    • Dafür habe ich mich von manchen Freunden/Bekannten trennen müssen, die nicht bereit waren, in meinem Beisein keinen Alkohol zu trinken. Feiern, Veranstaltungen, Gastronomie etc. waren auch erst einmal tabu. Es gab keine Ausnahmen.
    • Mein Streben nach meinen Zielen war stärker als etwaige Verzichtsgedanken.
    • Sicher meldete sich mein Suchtgedächtnis in der Anfangszeit auch öfters. Frische Luft, Wanderungen oder Fahrradtouren halfen mir zu manchem Ausgleich, Dialoge mit dem Teufel Alkohol eingeschlossen.
    • Ich habe auf jeden Erfahrungsaustausch mit Gleichgesinnten, nicht mit der Vergangenheit, nur mit den erforderlichen Maßnahmen zur zufriedenen Trockenheit, „gebrannt“. Hier im Forum täglich möglich.
    • Ich habe täglich daran gearbeitet, mein Denken, meine Gefühle, mein Leben auszuleben. Mein Leben zu füllen, fern des Gedankens an Alkohol.
    • Durch auch meine räumliche Distanz zum Alkohol habe ich mein Belohnungssystem überschrieben.

    Das erst einmal als Anfang.
    Ergänzungen und Fragen bauen die Reflektion eines jeden nur aus.

    Gruß, Freund.

    2 Mal editiert, zuletzt von Anonymous (17. August 2008 um 09:02)

  • • Ich hatte es satt, halbe Sachen zu machen, dass meine Selbstversuche immer wieder im Rückfall endeten.
    • Ich wollte für immer und ewig mit dem Alkohol abschließen, dieses Kapitel sollte nunmehr der Vergangenheit angehören.
    • Nichts in meinem Leben hatte ich bisher so vehement betrieben, wie meine angehende Trockenheit.

  • Hallo Freund,

    Einen ähnlichen Leitfaden, natürlich etwas anders formuliert, aber im Wesentlichen punktuell in etwa so gegliedert, habe ich vor noch gar nicht so langer Zeit bei einem Arzttermin im Wartezimmer in einem Prospekt einer Zeitschrift gelesen.
    Ich glaube von der DHS, bin mir aber nicht sicher.

    Ich bin schon seit einigen Monaten dabei, meine Denkweisen und auch den Umgang mit meiner Abstinenz in für mich gesündere und stabilere Richtungen zu lenken, als dies vorher der Fall war.

    Für mich gilt eigentlich auch bis heute immer noch, dass meine Familie für mich die allererste Priorität in meinem Leben hat.
    Meine Lebensgefährtin ist bezüglich ihrer Erkrankung leider auch weiterhin zunehmend dem Tode näher als dem Leben.
    Das alles zu bewältigen, nebst 7jähriger Tochter, Haushalt, Arbeitsbemühungen, und auch alles was Familie überhaupt ausmacht, dem allem kann ich nur trocken und abstinent gerecht werden.
    Insofern stufe ich hier in meinem Leben die Trockenheit nicht gesondert ein, sie soll stabiler Bestandteil dieses, meines Lebens sein und künftig auch bleiben.

    Meinen Tagesablauf nun minutiös zu planen geht auch nur, sofern es geht oder derzeit eigentlich auch fast gar nicht möglich ist in der momentanen Situation bei uns zu Hause.

    Was mir zurzeit sehr schwer fällt, ist z. B. wenn ich den jeweils abgelaufenen Tag abends im Bett noch mal in Gedanken Revue passieren lasse, dass mir dann unzählige Tagesereignisse einfallen, die ich hätte besser machen können bzw. müssen, wenn ich dies und das mal wieder vergessen habe usw. und deshalb oft die geplanten Abläufe für den nächsten Tag schon wieder über den Haufen geworfen werden müssen.
    Nicht nur, dass ich dann schlecht einschlafen kann, bin ich dann auch am nächsten Tag meistens sehr unruhig und nervös, bis hin zu mir nicht erklärlichen Angstzuständen, die ich dann auch noch obendrauf bekomme.
    Das ist zum Glück nicht täglich so, aber in letzter Zeit häufiger.
    Ohne SHG und amb. Therapie und auch der Nutzung dieses Forums hier, käme ich in der derzeitigen Situation auch nur sehr schwer, wenn überhaupt zurecht.

    Mein Hausarzt bot mir erst letzte Woche ein Schlaf- und Beruhigungsmittelmittel an, (Benzos) was ich jedoch dankend ablehnte.

    Ich weiß nicht genau, ob das hier in diesem Forum schon mal Thema war oder sogar ist, aber was Ärzte da so für Medikamente raus hauen an Suchtkranke, von denen selbige Ärzte ganz genau wissen, dass diese Patienten suchtkrank sind, macht mich echt sprachlos.
    Ich höre das bei uns in der SHG jedenfalls immer öfter.

    Aber ich glaube, hier komme ich schon zu sehr vom Thema ab.

    Letztes:

    Zitat

    • Durch auch meine räumliche Distanz zum Alkohol habe ich mein Belohnungssystem überschrieben.

    . . . verstehe ich nicht ganz in Verbindung mit dem Belohnungssystem.
    ?? könntest du ja bei Gelegenheit noch mal genauer erklären.

    Ich denke aber bestimmt, diesen Leitfaden von dir werde ich mir noch öfters durchlesen von Zeit zu Zeit, tut immer ganz gut in bestimmten Situationen im Hinterköpfchen zu wissen ,“ da ist doch noch was, lies noch mal nach“!

    Dies betrifft im übrigen auch die Beiträge von dir hier in diesem Forum allgemein, wo mich die Inhalte sehr oft anregen, so manche Dinge grundlegend mal aus anderen Blickwinkeln zu sehen, und mir auch schon entsprechende Denkanstöße gaben und geben.

    Danke dafür, LG Heiko

  • Hallo Freund,

    den Leitfaden finde ich gut. Den Punkt mit den Freiräumen werde ich mir heute abend mal zur Brust nehmen, denn es ist mir schon öfters passiert, dass ich gerade am Wochenende, wo mein Tag nicht mehr durch meine Arbeit strukturiert wird, da stand und mir denke - ähh...und was jetzt ? Einkaufen, bisserl Internet, Wäsche machen, Wohnung machen, Flur wischen. Genug Dinge die mir mehr Spaß machen könnte ich tun, aber mir fehlt manchmal der Tritt zum loslegen. Hört sich zunächst harmlos an, aber ich merke auch, wie groß der Feind 'Langeweile' werden kann, wenn ich nicht aufpasse.


    Hallo Heiko,

    vllt. ein kleiner Tip mit dem Einschlafen. Wenn ich nach der Arbeit nach Hause komme, dann setzte ich mich hin und denke so zehn Minuten darüber nach, was ich heute alles hätte besser machen können bzw. was nicht geklappt hat, wie ichs mir gedacht habe. Ich denke bewusst darüber nach und nehme mir das auch jeden Tag vor. Da schreibe ich auch auf, was mich so alles stört, damit mir die Dinge nicht durch die Lappen gehen und gerade eventuelle Wiederholungen mir klar vor Augen stehen. Das betrifft alle möglichen Dinge, aber insbesondere, wie ich mich in bestimmten Situationen verhalten und gefühlt habe. Dann denke ich drüber nach, wie ich das vielleicht hätte besser machen können - am besten ohne Selbstvorwürfe. Seitdem merke ich auch, was ich angehen muss, weil mein 'Fehler' sich häufig wiederholt.
    Abends im Bett habe ich dann diese Gedanken schon 'durchgekaut' und denke nicht darüber nach was ich alles falsch gemacht habe, sondern was ich noch besser machen kann. Ein kleiner, aber feiner Unterschied.

    Viele Grüße,

    Timster

  • Hallo Heiko,

    dieser Leitfaden entspricht meinen heutigen Gedanken zu meinem Weg, Ähnlichkeiten zu anderen Quellen entsprechen dem Zufall (... zeigt aber, dass da auch einer Erfahrungswerte gehabt haben muss :P ).

    Gruß, Freund.

    2 Mal editiert, zuletzt von Anonymous (17. August 2008 um 00:45)

  • Hallo Timster,

    die Langeweile ist des Teufels Kompagnon.
    Die lange Weile kann man aber auch einmal genüßlich auf dem Sofa verbringen.
    Alles muss seinen Platz und seine Zeit haben.

    Gruß, Freund.

  • Hallo Heiko,

    das Belohnungssystem bei alkoholkranken Menschen schlägt immer wieder bei suchtauslösenden Momenten, von Wut, Ärger …bis … zu höchsten Glücksgefühlen, zu. Augenblicke, die den Saufdruck verursachen.

    Durch eben eine räumliche Distanz zum Alkohol habe ich es bestmöglich erreicht, diesen in seiner Bedeutung aus meinem Leben zu streichen. Somit habe ich auch alte Verhaltensmuster, man müsse den Alkohol bei jenen suchtauslösenden Momenten in seinem Belohnungssystem verwenden, soweit überschrieben.

    Gruß, Freund.

  • Hallo Freund,

    Soweit nun schon verstanden. Meinst du mit räumlicher Distanz jetzt speziell nur dein zuhause?
    Oder auch überall wo du hingehst und dich zwangsläufig auch schon mal länger aufhalten musst und ggf. auch mal gerne aufhalten würdest?

    Ich meine von mir haben sich schon vor geraumer ebenfalls bestimmte Leute aus früherem Freundeskreis von ganz alleine distanziert, die auch heute noch extrem viel Durst haben.
    Da musste ich garnicht viel zutun, und kam und komm damit auch klar.

    Aber ich würde in meiner Freizeit z. B. niemals auf einen guten Kinofilm verzichten wollen, nur weil ich befürchten müsste dass sich jemand mit einer Kanne Bier neben mich setzt.

    Das hielte ich für sehr extrem, dann müsste ich mich zu Hause schon fast einbunkern.

    Dennoch meine ich auch aus eigener Erfahrung, dass in vielen Situationen im Umgang mit der Absinenz, besonders am Anfang etwa nach einer Therapie, noch höchste Vorsicht geboten ist.
    Bei fortlaufender Abstinenz wächst ja auch das Gefühl der Festigkeit und Stabilität. Irgendwann später macht man das dann mit sich selbst aus, was kannst du verkraften und was nicht. Wo empfinde ich noch Gefahren und dünnes Eis in bestimmten Situationen.

    Wenn es mir dann bei Einladungen, Feiern etc. zu krass wird, stehe ich auf und gehe nach Hause.

    LG Heiko

  • Hallo Heiko,

    mit räumlicher Distanz meinte ich eben Plätze und Orte, Menschen an/von denen Alkohol konsumiert wurde und ich Alkohol damit verbinde.

    Ich hatte mir eben seinerzeit eine sog. Auszeit von mind. 1 Jahr gegeben, Verlängerung war nicht ausgeschlossen. Ich wollte sehen.
    Okay, ich hatte eine Partnerin, die zu mir und meinem Weg stand/steht und ebenso den Alkohol nicht benötigt. Ich habe damals meinem Freundes-/Bekanntenkreis klipp und klar meinen neuen Weg erklärt und auch mein zukünftiges Wegbleiben von Feiern, die mind. alle 14 Tage anstanden.
    Das war für mich unwahrscheinlich wichtig, weil ich aus der Vergangenheit gelernt hatte. Ich hatte bei etlichen Versuchen, nicht mehr zu trinken, immer wieder mein altes Umfeld beibehalten, d.h. bin weiter auf Feiern und an Orte gegangen, habe mich mit Freunden getroffen und der Alltag hatte sich nicht geändert, nur dass ich eben nichts getrunken habe. Manchmal Wochen, einmal mit Beweggrund MPU sogar 3 Monate.
    Aber ich hatte mich damit nie räumlich von dem Alkohol getrennt, er und die konsumierenden Menschen waren mir immer weiter präsent geblieben, sodass ich ihn nie aus meinem Leben streichen konnte. Es waren immer nur Trinkpausen.
    Irgendwann fühlte ich mich stark und gefestigt, wurde natürlich auch gelegentlich direkt oder indirekt animiert, „einen kannste doch“, und es war passiert. Ein Bier wie Blut geleckt und der Absturz und zukünftige Sumpf war wieder besiegelt.
    So ging es nicht, das hatte ich erkannt. Diese neue räumliche Distanz war unbedingt erforderlich. Opfer ? Nein, für mich nicht.
    Ich hatte jahrelang gesoffen, besch…. gings mir, ich wollte raus aus diesem Dreck. Ich hatte genug gefeiert, genug gesoffen für mein Leben. Diese vorläufige Auszeit nahm ich als Geschenk für meine Gesundung.
    Anfangs wurde mein Weg auch belächelt, wer kennt das nicht. Hofften doch die Schluckspechte auf meine Rückkehr, kannten sie doch meine Trinkpausen und „Labilität“. Aber nach einigen Monaten entwickelte sich doch, traf ich mich mit ihnen ohne Alkohol, ein gewisser Respekt und auch ihrerseits eine gewisse Unsicherheit. Sollte diesmal alles anders sein ?
    Dieses 1. Jahr habe ich wirklich alle Veranstaltungen, in denen der Alkohol im Mittelpunkt stand, gemieden. Ich glaube, wir sind noch nicht einmal essen gegangen, oder kaum. Nicht dass ich Angst vor dem Getränk am Nachbartisch hatte, ich hatte ja auch eine starke Begleiterin immer dabei. Es war mehr das Umfeld Gastronomie, dass ich vorerst als Suchtauslöser aus meinem Gedankengut streichen wollte. Früher hatten Gastronomien wirklich einen magnetischen Anziehungspunkt bei mir. Ich konnte an einem fremden Ort sein und nur ein paar Minuten Langeweile oder Zeit haben. Ich schaute automatisch nach einer Kneipe, gucken wie`s darin aussieht, wer da so rumsitzt, erst mal einen trinken. Für meine Partnerin damals immer unbegreiflich.
    Es ging also rein um das Umfeld, das ich aus meinem Gehirn, meinem nassen Denken streichen wollte, das mir immer wieder die Assoziation zum Alkohol gab. Ganz, ganz wichtig für mich und auch für jeden.
    In ein Fußballstadion wäre ich auch nicht gegangen, wo um mich herum Leute mit Bierbechern hätten sitzen können, selbst wenn ich mein Wasser geschlürft hätte.
    Ein Kinobesuch ist da schon etwas anderes, dort sitzen die Leute ja weniger mit Bier sondern mit Cola und Popcorn. Auch kann ich da meinen Sitzplatz beliebig wechseln. Hätte aber der Kinobesuch bei mir eine enge Verbindung zum Biertrinken gehabt, hätte ich auch das unterlassen.
    Ich habe auch z.B. früher mal einige Zeit mit Freunden mich zum Tennisspielen getroffen, mehr amateurmäßig. Dieses Tennismeeting hatte aber immer nach dem Duschen den Ausklang im Biertrinken. Ich oder die anderen sahen zum einen das Tennisspielen als angenehmen Ausgleich und Fitness, aber auch als Belohnungsauslöser für die spätere Sucht. Dieses Meeting war für mich auch ab sofort tabu, zumal die Assoziation zum Alkohol zu eng bestand. Natürlich hätte ich nach dem Duschen mich gleich verabschieden können, wusste ich aber ob das immer klappt. Auch egal. Die räumliche Distanz wäre eben nicht geschaffen gewesen.
    Statt Essengehen im übrigen haben wir vielmehr die leckersten Sachen eingekauft und dementsprechend gekocht und zuhause getafelt. Ich habe nichts vermisst.

    Ich habe also nicht immer nur bei geplanten Unternehmungen überlegt, könnte ich da auf Alkohol stoßen, sind da Menschen, die Alkohol trinken, sondern auch den Bezug bedacht, war das bei dir mit Alkoholtrinken verbunden. Ja, eigentlich immer.

    Das 1. Jahr verging irgendwie wie im Fluge. Was war passiert ?
    Den Alkohol, seine Bedeutung an sich aus nassem Denken, die allzu sehr geliebten Orte, die Sucht konnte ich aus meinem Denken streichen, ich hatte andere Prioritäten erlernt.
    So kam dann auch die erste Einladung wieder, nett fragte man mich, was ich denn besonderes trinken wolle, was man einkaufen solle. Die Gastgeber also respektvoll und äußerst besorgt freundlich.
    Aber die Feiern hatten sich nicht geändert, feuchtfröhliches Zusammensein mit steigender Oberflächlichkeit bis zum Absturz. Meine Prioritäten bestanden in anfangs netten nüchternen Gesprächen und lecker essen. Irgendwann war ich von Kommunikation und Essen gesättigt und meine Gesprächspartner, bis auf meine Partnerin, blieben aus. Der Pegel wurde für mich unerträglich. Wir hatten uns bemüht bis 12 zu bleiben, der eigentliche Beginn einer Hochstimmung. Wir haben uns verabschiedet. Ich hatte alles mit Skepsis aber auch teils Freude beobachtet, mit meiner Partnerin noch viel Gesprächsstoff. Wir wurden öfters wieder eingeladen, unsere Prioritäten änderten sich aber nicht. Wir galten schon als „Stimmungskiller“, konnte man sich doch nicht vorstellen, dass man ohne Alkohol sich wohlfühlen konnte und drum auch so früh ging. Wir schon, aber eben nur begrenzt. Später haben wir unsere Prioritäten noch enger geschnürt, setzten unsere Ansprüche noch höher, ich/wir zählten für uns.
    Wir haben auch wieder einige Partys abgesagt, was letztendlich zur Folge hatte, dass man uns nicht mehr einlud. Aber es war uns auch recht, hatten wir es doch auch so gewollt. Wir haben andere Interessen, uns mit anderen Menschen ohne Alkohol auszutauschen. Ich/wir vermissen nichts aus diesem alten Leben.
    Soweit erst einmal.

    Gruß, Freund.

  • … was meinte ich mit :
    Ich habe meinen Tagesablauf minutiös, so gut es geht, geplant.

    Vielleicht verwirrt das „minutiös“ etwas.
    Früher war eben mein Leben immer konzentriert auf meine Freizeit, meinen Feierabend. Der Zeit, in der ich meinem Hobby, dem Saufen, nachgehen konnte. „Abschalten“, vergessen, abtauchen im Suff.
    Ich habe wie gesagt gezielt nach Orten oder Menschen Ausschau gehalten, mit denen ich die Zeit beim Saufen teilen konnte.

    Wie war jetzt meine konkrete Planung ?

    Ich hatte tagsüber mein Berufsleben, gut. Aber früher lechzte ich dem Feierabend entgegen, am Freitag war gar das Durchfeiern angesagt.
    Ich habe ab sofort bei Feierabend meine klaren Wege gehabt, habe mich mit meiner Partnerin getroffen, gezielte Erledigungen gemacht oder bin direkt nach Hause gefahren, früher waren hier und da noch einige „Beschleuniger“ Weggefährten.
    Ich habe zuhause Sachen erledigt, die mir sonst fern waren. Wir haben vielmehr Zeit verbracht miteinander. Wir haben Hobbys, gemeinsame Freizeitaktivitäten entwickelt, ich habe mich ständig gedanklich mit meinem Weg beschäftigt.
    Der Alkohol sollte bewusst, ob direkt oder indirekt, in meinem Leben keine Rolle mehr spielen.

    Gruß, Freund.

  • • Ich habe täglich daran gearbeitet, mein Denken, meine Gefühle, mein Leben auszuleben. Mein Leben zu füllen, fern des Gedankens an Alkohol.

    Wie schon gesagt habe ich früher immer nur an meine Freizeit gedacht, wann und wo ich wieder trinken konnte, habe mich sofort gezielt an bestimmte Orte begeben, an denen ich auch Gleichgesinnte dabei hatte. Alleine getrunken, auch zuhause, habe ich nie.

    Ich hatte also wie schon im vorherigen posting beschrieben, mein Leben ab sofort anders begonnen zu füllen. Der größte Feind und Kompagnon des Teufels Alkohol ist die Langeweile. Langeweile heißt doch eigentlich nur, mit Zeit nichts sinnvoll anfangen zu können. Ich habe ständig die Erfahrungen aus meiner Gruppenarbeit gedanklich reflektiert, weiter gesponnen und gearbeitet. Hier im Forum täglich möglich. Zeit zum Trinken bestand gar nicht mehr. Ich habe die Welt um mich, meine Gefühle viel mehr wahrgenommen und daraus auch meine Lebensfreude gezogen und genossen. Ich habe mir Aktivitäten geschaffen, die mir neue Freude bereiteten, nach denen ich mich danach auch einmal entspannt zu einer langen Weile zurücklegen konnte, etwas positiv geschafft zu haben. Der Alkohol galt nicht mehr als Belohnung, ich habe mich stattdessen mit noch anderen Aktivitäten belohnt. Ein schöpfender Kreislauf.
    Ich machte ab sofort alles ohne Alkohol, hatte ich ihn mir doch auch fern vom Halse geschafft.

    Gruß, Freund.

  • Hallo Freund,

    Beachtlich !! Das nenne ich 1 Jahr Stärke + Konsequenz - Bezug nehmend auf den Teufel Alkohol sämtliche Register ziehen - Abwiegen in Verbindung mit Assoziationen und Entscheidungen - Schwerpunkte für das Privat + Freizeitleben sortieren - und vor allem den Teufel dabei nie aus den Augen verlieren – Immer dabei im Visier haben!

    Die Veränderungen, die sich dann nach 1 Jahr dadurch bei dir ergaben, nimmst und erkennst du für dich an, du/ihr lebt in voller Zufriedenheit „mit“ den Veränderungen und „in“ diesen Veränderungen.

    Ich hatte beim Nachdenken deines Leitfadens gestern Abend mal einen Moment an „Flucht vor dem Alkohol“ gedacht, den ich aber im Zusammenhang mit deinen folgenden Beiträgen hier darauf komplett wieder ausräume.

    Wenn ich heute richtig überlege, bin ich hierbei bisher meistens leider an Konstanz und Durchhaltevermögen gescheitert.

    In einem anderen Thread hatte ich ja bereits erwähnt, dass ich in abstinenten Phasen meiner Vergangenheit viele Fehler gemacht habe, einfach zu oberflächlich war, was Leichtsinnigkeiten / Sorglosigkeiten im Umgang und die Pflege meiner Abstinenz in diesen Phasen betraf.

    Ich hatte nach den Therapien immer die Überzeugung im Hinterkopf: „So, den Alkohol hast du jetzt besiegt“! Pustekuchen!!

    Daher werde ich an diesem Thema hier im Thread ganz sicherlich dran bleiben, hoffentlich kommen noch zahlreiche Beiträge.

    Übrigens, ich habe vor längerer Zeit schon mal, als so genannter „Stimmungskiller“ eine Ausladung auf einer Einladungskarte per Post zugeschickt bekommen, mit dem Hinweis:
    „Nimm es nicht krumm, aber es wäre zu schade um den schönen Abend, wir holen das noch anders nach „!
    Für mich war der Bezug und Kontakt zu diesem Personenkreis damit damals dann beendet.

    LG Heiko

  • Lieber Heiko,

    du schreibst: Beachtlich !
    Mmhh ! Was war wenn überhaupt beachtlich ?

    Ich hatte meinen sog. Tiefpunkt erreicht, was nichts mit Brücke oder Armut zutun hat.
    Ich hatte vor dem Alkohol endgültig kapituliert, ich war aus dem Ring gegangen.
    Ich habe erkannt, dass meine Selbstversuche mit Teilerfolgen nutzlos waren, habe mich, und diese Erkenntnis hat auch seine Zeit gebraucht, in Fremdhilfe begeben.
    Ich wollte endgültig und mit allen mir verfügbaren Mitteln raus aus dem Dreck.
    Ich habe in meiner Gruppenarbeit von Langzeittrockenen ALLES angenommen und umgesetzt, was sie mir vermittelten. Sie waren schließlich den Weg bereits gegangen und hatten die Ziele erreicht, die ich anstrebte. Wer sollte es besser wissen ?
    Ich habe mein Gedankengut, wie ich es versucht hatte und meinte es würde gehen, in den Müll geschmissen, habe wie Chinesisch als Fremdsprache im AnfängerKurs begonnen.

    Alles auch hier im Forum durch gezielten Erfahrungsaustausch, ANNEHMEN, REFLEKTIEREN, UMSETZEN, AUSFÜHREN möglich.

    Deine Konstanz und Durchhaltevermögen scheiterten letztendlich an DEINEN Wegen, deinem Denken, was erforderlich ist und nicht.
    Du hast entscheidende Kriterien, Lebensveränderungen nicht beachtet.
    Manch einer denkt, nach einer Therapie das Rüstzeug zu haben. Da fängt eigentlich die aktive Trockenheitsarbeit im realen Leben erst an.
    Mach`s jetzt einfach besser !!!

    „So, den Alkohol hast du jetzt besiegt !“ … würde ich nie so formulieren.
    „Ich hab das Saufen hinter mir, ein Kapitel meiner Vergangenheit.“ … kann ich mir dankbar, stolz und aufbauend sagen, „arbeite“ aber daran täglich wertschöpfend weiter.

    Gruß, Freund.

  • Lieber Heiko,

    ich will`s noch mal von einer anderen Seite beleuchten.
    Wenn ich „flüchte“, hab ich was im Nacken.

    Natürlich hatte ich anfangs den Teufel Alkohol im Nacken, der durch mein nasses Hirn meinen Gedanken noch beiwohnte. Aber ich habe mehr wertgeschöpft !!!

    Ich habe mir aber ab dem Tag 1 ein „neues“ Leben aufgebaut. Habe mein Leben fern des Alkohols und seines Umfeldes, fern aller Assoziationen, neu gestaltet.
    Dazu sind wenige Menschen bereit. Sie wollen ja nur nichts mehr trinken.
    Kann nicht alles so bleiben wie sonst ? – NEIN !

    Sie sehen Verzicht und Veränderungen und nicht das ferne Glück, weil es nassdenkend noch unvorstellbar ist. Diesen Schritt muss man einfach gehen, ohne wenn und aber.

    Gruß, Freund.

  • • Sicher meldete sich mein Suchtgedächtnis in der Anfangszeit auch öfters. Frische Luft, Wanderungen oder Fahrradtouren halfen mir zu manchem Ausgleich, Dialoge mit dem Teufel Alkohol eingeschlossen.

    Selbstverständlich kam es auch bei meinem neuen Weg manches Mal zu Euphoriegefühlen, wer kennt es nicht, wie stark man doch sei, wie man nach manchen Aktionen die Belohnung suchte, sich nach alten Mustern eine Flasche Bier gönnen und sich zurücklehnen wollte.
    Da raste etwas durch Kopf und Leib, was ich aber nicht haben wollte, warm/heiß-Gefühle, eine innere Unruhe, ein Saufdruck.

    Hier habe ich wiederum angesetzt und meinen Kopf oder Körper arbeiten lassen.
    Habe, obwohl ich sonst keinen Sport mehr treibe, mich auf mein Fahrrad gesetzt und habe mich ausgepowert für eine Stunde, ein anderes Mal stramm durch die Natur marschiert. Kam mit freiem Kopf wieder nach Hause.
    Bin in solchen Situationen auch einmal zuhause in mich gegangen, Gespräche über meinen Gefühlszustand geführt und in mich gehört.
    Aber immer auch innerlich lachend, „du kriegst mich nicht, du alter Lump.“
    Auch vor meiner wöchentlichen Gruppe wollte ich immer wieder sagen können:
    „Ich habe nichts getrunken.“

    Gruß, Freund.

  • Bin ich auch an Gastwirtschaften vorbeigekommen auf meinem Weg, und der Teufel lockte,
    ich hatte meine Ziele, mein Tag war auch geplant, ich hatte keine Zeit.

  • Hallo Freund

    Wenn ich hier so lese, komme ich so langsam zu der Überzeugung, dass alleine der Wille,
    (u. a. die bisherige Richtung meines Denkmusters zum Trockenbleiben) nicht ausreicht, um letztendlich den Rest meines Lebens in zufriedener Abstinenz weiter zu leben.

    Mir fällt dabei auch ein, dass ich nach Verlauf bestimmter Abstinenzphasen, nach Monaten/Jahren aus meinem engsten Familien- Bekannten und Freundeskreis sehr oft gelobt wurde: „ Mensch, echt toll, was sind wir froh das du das endlich geschafft hast“!

    Okay, ich fühlte mich bestärkt und ermutigt Das ordne ich mal beim Belohnungssystem ein, unter Euphoriegefühle.

    Aber endgültig kapituliert vor dem Alkohol hatte ich da sicherlich noch lange nicht.
    Oder auch vieles auf den Müll geworfen, wo es hin gehört hätte.

    Bei dann eingetretenen Schicksalsschlägen (Familie + Beruf) war ich dann wohl noch nicht fit und stabil genug.

    Um das auszuhalten, zu ertragen und zu verarbeiten, stürzte ich mich zwischendurch lieber wieder in ein nasses Loch, vor und in dem ich mir dann vorher selbst die Erlaubnis zum Trinken erteilte.

    Wenn ich länger drüber nachdenke, führe ich bis heute vielmehr einen nass-wabbelig-trockenen Eiertanz, und das schon über etliche von Jahren. Die SHG - Besuche hatte ich zwischendurch fast 2 Jahre sausen lassen. Überschätztes Sicherheitsgefühl! Alltägliche Pflichten erfüllen, ja. Für die Familie da sein, ja. Motiviert ja, aber umgesetzt, NEIN.

    Nun, da hab ich vieles verpennt, vollkommen falsch eingeschätzt, gelenkt und auch vieles an Zeit vergeudet!

    Da bedarf es an mir wohl noch ne Menge an Abstinenz-Arbeit.
    Mir schließt sich hier so allmählich ein Kreis der Unklarheiten zur Klarheit.

    Ich werde den Kreis betreten.

    LG Heiko

  • Lieber Heiko,

    der Wille ist lediglich ein Hilfsmittel zum Nichttrinken für den Moment (der auch Monate oder in Einzelfällen gar Jahre dauern kann), wandelt aber nicht z.B. deine Denkstrukturen und du kannst nie z.B. die Unbedeutung des Alkohols erlernen.

    Ich nehme noch einmal als Beispiel meine erwähnte Trinkpause anlässlich einer MPU. Ich sollte/musste eine 3-monatige Pause einlegen, um 14-tägig Untersuchungsergebnisse vom Arzt zu erhalten, die meine dann guten Blutwerte auf Dauer belegen. Das meinte ich, reiche ja wohl. Der Anlaß meiner Abstinenz, der Wille zum Nichttrinken war also nicht mein Wunsch, gänzlich ein trockenes Leben zu führen, sondern vielmehr das Bestehen der MPU und die Rückerhaltung meines Führerscheins. Ich habe mich weiterhin in meinem alten Umfeld bewegt, wusste ja damals noch nicht von den heutigen Erfordernissen. Ich genoss auch irgendwie meine Nüchternheit. Die alkoholtrinkenden Menschen um mich rum hatten natürlich vollstes Verständnis für mich und meinen Weg, wussten sie ja um die Bedeutung eines „Lappens“ und dass sie mich bald „wiederhatten“. Mit diesem Willen habe ich also relativ „problemlos“ diesen Zyklus überwunden. Eigentlich hätte man doch diese 3 Monate wunderbar nutzen können, hier eine Trockenheit weiter auszuarbeiten, habe ich mich aber nicht von dem Alkohol räumlich getrennt und weiter ein nasses Leben geführt, obwohl ich temporär nichts getrunken habe.
    Der Tag der MPU kam. Der Psychologe erkannte bei mir nur nasses Denken und mein verbagatellisierendes Alkoholproblemdenken. Durchgefallen !
    Ich stocksauer. Auch wenn ich bestanden hätte, das Belohnungssystem hatte wieder zugeschlagen, die Zeit war um, ich konnte wieder meiner Sucht nachgehen. Der Absturz noch am selben Tag.

    Die Einordnung deiner Euphoriegefühle sehe ich auch so.
    Dein Rückfallmuster bei deinen Schicksalsschlägen ist auch nicht untypisch.

    Ich hatte auch im ersten Jahr ein sehr gravierendes Ereignis in meiner Familie, dass mich für den Moment derart durcheinander brachte, dass ich kurzzeitig an den Griff zur Flasche zumindest dachte. Negativerlebnis mit Belohnungsdenken. Ein kurzer Aussetzer, ich kam aber wieder klardenkend zu mir.

    Nach etwa 2 Jahren hatte ich auch einen sehr engen Todesfall in meiner Familie, der Gedanke an Alkohol kam nie. Er ist für mich kein Lösungsmittel mehr.

    Du musst dich mehr vom Alkohol distanzieren, ihm keinen Raum mehr in deinem Leben geben, du musst aktiv ein Leben gänzlich ohne Alkohol an dir reflektieren.
    Nichts, aber auch gar nichts darf Konsum von Alkohol in deinem Denken billigen.

    Gruß, Freund.

  • Moin Heiko,

    aber wie heißt es so schön: Einsicht (oder auch Erkenntnis) ist der Weg zur "Besserung".

    Der Grund der Anwesenheit in diesem Forum sollte ja auch für jeden primär sein, Erfahrungen anzunehmen und dementsprechend umzusetzen. Arbeite also aus deinem Sein jetzt heraus und baue dir eine stabile Trockenheit, dass du den Alkohol als "Altenative" aus deinem Denken streichst und dich sattelfest für alle Situationen des Lebens, von negativ bis positiv, wappnest. Es ist die Befreiung schlechthin.

    Gruß, Freund.

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