"Trockenheitsarbeit" aus einem anderen Blickwinkel

  • Hallo zusammen,

    letztes Wochenende hatte ich einen kleinen Streit mit meinem Chef. Wir saßen zusammen über den Lohnbüchern und er erklärte mir dies und das dazu.

    Plötzlich sagt er sehr trotzig zu mir: "Ich habe gestern übrigens auch nichts getrunken!"

    Davon war ich geplättet, denn was soll das? Ich habe ihm gesagt, dass mich seine Trinkgewohnheiten nicht interessieren. Vor fast einem Jahr habe ich für mich die Entscheidung getroffen, ohne Alkohol zu leben. Da sagt der Typ doch tatsächlich: "Man kann es ja auch übertreiben mit dem Trockensein."

    Davon war ich erst recht geplättet, denn er weiß sehr genau, wie schlecht es mir vor einem Jahr und davor ging.

    Naja, dann gab sich ein Wort das andere, aber ich wollte mich irgendwie auch nicht rechtfertigen. Wozu auch ?!
    Mittlerweile vermute ich, dass ihm mein Ernst beim Thema Alkohol unheimlich ist.

    Ausserdem habe ich wieder einmal gemerkt, dass man über dies Thema am besten nur mit Profis spricht... :lol::lol:

    Ach ja, wir haben es nicht leicht mit unserer Umwelt :wink:

    Lieben Gruss Peter

  • Hallo Peter,

    ich hatte damals auch damit zu "kämpfen", dass man mich für "voll" nahm.
    Ein gewisser Kreis, den ich allerdings vorwiegend meidete, hoffte immer noch auf Trinkpausen, die sie ja von früher kannten.
    Mit der Zeit wurde ich ihnen auch unheimlich, es wandelte sich in eine Unsicherheit ihrerseits.
    Heute genieße ich Achtung oder auch versteckten Neid.

    Nimm vielleicht mal die Äußerung deines Chefs, er habe gestern auch nicht getrunken, als Lob und Anerkennung, wie konsequent und überzeugt du deine neuen Lebensstrukturen verfolgst.
    Vielleicht meinte er das so, konnte sich nur über diese Beschreibung äußern ?!
    Wenn ich mitteile, ich habe gestern auch mal nichts getrunken, will ich doch was Bestimmteres damit sagen, oder ?

    Gruß, Freund.

  • Hallo Peter,

    ich hatte gerade erst registriert, dass dein Chef im gleichen Gespräch gesagt hatte,
    "man könne es ja auch übertreiben mit dem Trockensein."
    Gleichzeitig betont er, dass er gestern auch nichts getrunken hat.

    Trotzdem bleibe ich bei einem gewissen Neidgefühl, sonst würde er dir nicht suggerieren wollen, du könntest ja wie er auch mal ne Trinkpause von einem Tag einlegen ... und es ginge dir angeblich gut.

    Du hats Recht, diese Gesprächspartner sind nicht gerade sehr "produktiv" und ergiebig :lol: .

    Gruß, Freund.

  • Zitat

    Plötzlich sagt er sehr trotzig zu mir: "Ich habe gestern übrigens auch nichts getrunken!"

    Davon war ich geplättet, denn was soll das? Ich habe ihm gesagt, dass mich seine Trinkgewohnheiten nicht interessieren. Vor fast einem Jahr habe ich für mich die Entscheidung getroffen, ohne Alkohol zu leben. Da sagt der Typ doch tatsächlich: "Man kann es ja auch übertreiben mit dem Trockensein."


    Hallo Peter,

    ich weiß natürlich, was du meinst und wie sich so ein Gespräch entwickeln kann. Aber manchmal ist es auch so wie in vielen tausend anderen Gesprächen, die unabhängig vom Alkohol geführt werden einfach auch mal so, dass man sich missversteht oder es sich im Verlauf fehlentwickelt.

    Wenn das Gespräch in dieser Reihenfolge - wie im Zitat - abgelaufen ist, könnte ich ihn auch verstehen, dass er sich etwas verhärtet auf auf seine Position zurückgezogen hat.

    Du hast gar nicht gewusst oder nachgefragt, warum er dir das erzählt hat, sondern ihm gleich etwas barsch entgegnet, es interessiere dich nicht, was er da sagt (seine Trinkgewohnheiten).

    Das hättest du vermutlich bei keinem anderen Thema entgegnet. Stell' dir umgekehrt den Gesprächsauftakt vor, dass du jemandem etwas von dir erzählst um ein Gespräch anzufangen und du bekommst entgegnet: "Das interessiert mich nicht."

    Vielleicht meinte er eben deine Reaktion und wie du aus seiner Sicht mit der Trockenheit umgehst, man könne das auch übertreiben. Wir reagieren halt vielleicht manchmal auch etwas sehr sensibel auf dieses Thema. Zumindest sensibler, als ein Nichtalkoholiker nachvollziehen kann.
    So kann es sein, dass seine Message ursprünglich gar nicht war: " Man kann es auch übetreiben ...", sondern das Gespräch hat eben diese Wendung genommen. Dazu gehören auch zwei.

    Ich finde, da ist es für das tägliche Leben in unserem eigenen Interesse zu lernen, auch etwas gelassener damit umzugehen. Ich meine selbstverständlich nicht in der Sache, sondern nur in der Außendarstellung, im zwischenmenschlichen Miteinander.

    Wenn dir jemand sagt, er hätte übrigens gestern auch nichts getrunken, geht es ja erstmal um ihn, nicht um dich. Und man könnte nachfragen, wieso er das gerade gestern nicht getan hätte, ob es einen speziellen Grund gibt. Und vielleicht erfährst du ganz unvermittelt etwas darüber, dass er am liebsten auch keinen Alkohol mehr trinken würde oder sonst etwas persönliches, was du noch nicht wusstest.

    Denkbar wäre auch:

    XY: "Ich habe gestern übrigens auch nichts getrunken!"
    Peter: " Das ist aber ausgesprochen löblich, Herr XY, nur weiter so."


    Ich verstehe deine Befindlichkeiten natürlich absolut, weil ich sie selbst kenne aber ich denke auch, wir stellen uns selbst ein Bein, wenn wir es nicht hinbekommen, etwas gelassener damit umzugehen. Ich persönlich gehe immer am selbstverständlichsten und aufgeräumtesten mit etwas um, wenn ich persönlich völlig überzeugt bin und ich werte eine gewisse Angespanntheit in einem Thema meinerseits, dass ich damit noch nicht so ganz durch bin.


    Herzliche Grüße vom Micha

    Das Schönste kommt noch

  • Hallo Peter,

    ich hatte ja auch schon den Ansatz, dass dein Chef was Bestimmteres evtl. damit sagen wollte, Micha hat den Gedanken zuende geführt, dass man das Gespräch auch in ganz andere Richtungen hätte führen können.

    Gruß, Freund.

  • Hallo Freund, hallo Micha!

    Der Gedanke ist nicht von der Hand zu weisen! Normalerweise versuche ich, mich zurückzuhalten, erstmal sacken lassen - getreu dem Motto: Immer mit der Ruhe.

    Leider kann man die Mimik und den Tonfall nicht wiedergeben, die er an den Tag gelegt hat und die mich bei seinem Satz so auf die Palme brachten. Es bedeutete aus meiner Sicht nämlich eher: "Siehst Du, das ist doch alles Pillepalle, mach´da mal nicht so ein Gewese draus."

    Aber auch das ändert ja nichts an meinem Verhalten an sich - eben immer schön ruhig bleiben. Gar nicht so leicht :wink: - aber wird schon!

    Uns allen eine gute trockene Zeit

    Peter

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