Als wir uns vor 3 Monaten kennenlernten, hatte ich ein Riesenproblem in meiner vorigen Wohnung (mein Vermieter hatte die Nebenkosten an die Stadtwerke nicht bezahlt und das ganze Haus war bei 30°C 10 Tage ohne Wasser). Und genau in diesem Moment lerne ich einen Mann vom Fach kennen, der mir dann mit allem (Anwälten, Einstweilige Verfügung, Wohnungssuche, fristlose Kündigung und schnellem Umzug) mit Rat und Tat zur Seite stand. In dieser Zeit war das Thema Alk kein Thema, es war einfach gar nicht da. Nach allem, was ich hier lese, kann es sich um eine der beschriebenen Trinkpausen handeln, von der ich aber nicht weiß, wie lange die schon vor unserer Zeit ging. Ich weiß nur, wann sie endete. Und das in meiner Wahrnehmung aus den anfänglichen 3 alkfreien plötzlich 3 alkhaltige Weizen am Abend wurden. Dazu muß ich immer wieder betonen, daß ich in der Gastro arbeite, d.h. ich bin an 5 von 7 Tagen bis Mitternacht, bzw. am WE bis 2.00h am arbeiten. Will sagen, ich kriege nur wenig davon mit, wie er seine Abende verbringt.
Was die Vorstrafe angeht, ist das ähnlich wie bei dir, Uschi, sie ist Vergangenheit. Aber nachdem ich anfangs nur von ihm wußte, daß es eine gibt ohne nähere Einzelheiten, habe ich auch eine Zeitlang nachgefragt, was ihm mißfiel und von ihm abgeblockt wurde. Irgendwann hörte ich auf zu fragen, auch weil ich die Erfahrung gemacht hab, daß er von sich aus reden will und ich sein Tempo respektieren kann. Die tatsächlichen Hintergründe erfuhr ich im Laufe von Wochen, stückchenweise, die letzten klärenden Fragen hatten wir am vergangenen WE auf dem Tisch und mein Bauchgefühl sagt mir, daß ich jetzt die Wahrheit kenne (wenn auch bestimmt nur seine).
Ich hatte jetzt 3 Wochen Zeit, genauer hinzusehen. Hatte den Kopf frei für Feinheiten, die mir sonst entgehen, weil ich selbst einen ziemlich harten Job hab, in dem Mobbing, Konkurrenzdruck und Geringschätzung zum Alltag gehören. Aber das nur nebenbei.
Vor meinem Urlaub gab es samstagfrüh um 5.30h einen Anruf von ihm, weil er die ganze Nacht gefeiert und seine Schlüssel dabei verloren hatte. Eine Stunde später wurde er von einem Taxi bei mir abgesetzt. Er war fröhlich, betrunken und es gab keine Spur eines schlechten Gewissens. Ich fand das nicht so lustig und hab mich da schon sehr bewußt gefragt, ob es sich nur um einen Ausrutscher handelt.
Dann- einige Tage vor meinem Urlaub- erwischte mich eine Nierenentzündung, die aus meinen 2 dann 3 Wochen ohne Arbeit machte. An diesem ersten freien WE rief er mich samstagabend an und wollte, daß ich rüber komme. Ich wäre gefahren, um mich bei ihm im Bett zu verkriechen, aber ich erfuhr am Telefon, daß er unterwegs war, getrunken hatte und mich bei sich haben wollte. In meiner gesundheitlichen Verfassung habe ich das abgelehnt. An diesem besagten Abend kam es dann zu dieser Schlägerei und wie ich ihm später aus der Nase ziehen konnte, hatte er wohl schon geahnt, daß sowas passieren könnte und wollte mich deshalb da haben. Es folgten am Sonntag Streit per sms und Telefon mit dem Ergebnis, daß er abends noch zu mir kommen wollte und den Montag bleiben wollte. Nach einer Std. erklärte er mir dann am Telefon, er könne nicht fahren, hätte schon öfter Panikattacken beim Autofahren gehabt, und eben nur nachts. Er hätte es versucht, sei aber wieder umgedreht. Montagfrüh um 8.30h stand er dann vor meiner Tür. Diesen Tag habe ich als etwas irrational in Erinnerung. Wir waren den ganzen Tag im Bett, redeten viel, auch sehr ernsthaft, lachten herzlich, hatten Nähe... das ganze Programm. Gegen Mitternacht zählte ich 6 oder 7 Flaschen Bier und 2 Flaschen Wein im Leergut (vorher war da gar nichts) und kam glaube ich zum 1. Mal ins Grübeln. Richtig zu denken gab mir dann aber die folgende Nacht: Schüttelfrost und unsägliches Schwitzen, Brechreiz, Übelkeit, Unruhe und bei all der ausstrahlenden Hitze klagte er über Frieren. Vielleicht hätte ich seinen Erklärungen, er hätte wohl eine Grippe, sogar geglaubt. Auf jeden Fall ging es mir selbst am nächsten Tag zum 1. Mal etwas besser und ich wollte nach einer Woche unbedingt mal vor die Tür. Also schnappte ich mir gegen abend das Leergut, fuhr einkaufen und auf's Solarium und bin nach 2 Std. wieder heim. Es ging ihm etwas besser, er war ruhig und ein wenig in sich gekehrt, schlief die Nacht besser und verschwand am Mittwoch zum arbeiten (er ist selbständig) wieder nach Hause. Im Laufe des Tages machte ich dann die folgenschwere Entdeckung: die letzten 2 Flaschen Bier aus meinem Kühlschrank standen beim Leergut und ich war schockiert. Der Mann ist so krank und trinkt! Und er tut es, während der 2 Std., die ich aus dem Haus war. Nicht wirklich heimlich, denn dann hätte er die Flaschen ja verschwinden lassen.
Ich wollte unbedingt ein klärendes Gespräch, aber persönlich, war distanziert und bewußt abweisend am Telefon. An diesem Abend ließ er sich von seiner Ex zum Arzt fahren, bekam Antibiothika und Magentabletten gegen die vermeintliche Grippe verschrieben. Es folgte mein 2. freies WE und seine Zusage, seiner Fußballmannchaft beim Spiel auszuhelfen. Und der dringende Wunsch, daß ich dabei sein sollte. Ich haße Fußball, ließ mich aber überreden und stand 1,5Std. in eisiger Kälte am Rand des Spielfelds, um mir anzusehen, daß sein Kreißlauf versagte und er nach 10min. blaß und zitternd aufgeben mußte. Was ihn nicht davon abhielt, mit seinen Kumpels nach dem Spiel weitere 1,5Std. im Umkleideraum zu verschwinden, das mitgebrachte Bier zu trinken (trotz der Medikamente) und mich frierend draußen warten zu lassen. Ich war ohnmächtig vor Wut und Enttäuschung, wollte vor seinen Leuten natürlich auch keine Szene machen, wäre auch längst ohne ein Wort verschwunden, aber wir waren irgendwo außerhalb irgendeiner Stadt und nicht mit eigenem Wagen da. Als wir irgendwann dann tatsächlich allein in meinem Wagen vor seiner Haustür standen, ist alles aus mir rausgeplatzt und ich bitte euch, mir zu glauben, wenn ich jetzt betone, daß die Gründe, weshalb ich bei ihm geblieben bin, ausschließlich bei mir liegen und nix mit meinen Gefühlen zu ihm zu tun haben. Aber das ist eben die andere Geschichte dabei: meine Rolle, meine Geschichte, meine Psyche. Für den Moment versuche ich erst mal zu begreifen, was hier passiert, versteht ihr?! Stillstand, zur Besinnung kommen, genau hinsehen, sortieren, verstehen. Ich kann und will meine Konsequenzen ziehen, aber ich will es erst, wenn ich alles auf dem Tisch hab.
Kurze Pause... ich bin gleich zurück.