Hallo erstmal.
Ich bin 20 Jahre alt und Alkoholiker.
Allein das zu schreiben kostet bereits viel Kraft.
Ich bin homosexuell, lebe in einer glücklichen Beziehung (leider auf Entfernung) und mache zurzeit mein Abitur über einen Fernkurs nach. Ich möchte später Lehramt studieren.
Meine Hobbys sind lesen und Rollenspiele (Auf Konsole oder live auf Mittelaltermärkten).
Vom Sternzeichen bin ich Zwilling und meine Familie ist, mehr oder weniger, intakt.
Ich fing erst sehr spät mit dem Alkohol an. Erst mit Mitte 18 Jahre.
Zuvor gab es nur einmal einen Rausch auf der Party eines Freundes als ich 14 war. Den wirklichen Ausschlag gab mein Ex... Aber zuvor eine Vorgeschichte um alles verstehen zu können:
Ich bin seit meinem 13. Lebensjahr depressiv gewesen und mehrmals von zuhause weggelaufen, erst mit 17 als ich meine Realschule und 1 Jahr BBS beendet hatte, wagte ich es mich einzuweisen. Dort fand man den Grund für meine Depressionen heraus: Hochbegabung und die ständige Unterforderung dadurch (IQ:167...Mehr Fluch als Segen...)
Als ich aus der Psychatrie entlassen wurde auf Ausbildungssuche gewesen, bis heute nichts gefunden... Ich machte meinen Führerschein und fand einen 400 € - Job in einem Traumbetrieb.
Wohlgemerkt habe ich zu der Zeit nicht einen Tropfen getrunken, ich lehnte Alkohol ab.
Doch wie das Leben so spielt, wo die Liebe hinfällt. Ich lernte einen zu der Zeit wahnsinnig tollen Mann kennen. Erfolgreich, lebenslustig und zu meinem Leidwesen im nachhinein: Weinkenner...
Nach nur 1 Monat hatte er mich überredet gehabt meinen Job aufzugeben (den ich geliebt habe... aber er verdiente ja genug...) und zu ihm zu ziehen.
Zwischendurch gab es zu der Zeit immer mal einen Weißwein aber da noch zum Genuss.
Als dann der Zusammenzug gekommen war, wurde ich sehr bald mit der bitteren Realität konfrontiert: Er war ein Workaholic und ich saß ca. 12 Stunden täglich (auch am WE, da Einzelhandel) alleine in einer Wohnung die mir nicht gefiel, in einer Stadt die ich nicht mochte; ohne ein Auto fest. Arbeitslos und ohne Beschäftigung. Der Alkohol der ständig da war, wurde schon verlockender und ab und zu genehmigte ich mir ein wenig. Ansonsten versuchte ich mich mit Hobbys abzulenken...
Daraus wurde nichts! Mein ehemaliger Traummann fing an mir dauernd ein schlechtes Gewissen einzureden wenn ich mich denen widmete solange er arbeiten ist und war er Zuhause wollte er meine vollste Aufmerksamkeit.
Ich war unglücklich und einsam... bis auf meinen jetzigen Freund (den ich schon damals vor! meinem Ex kannte), der zumindest virtuell bei mir war.
Nach einigen Monaten bekam mein Ex-Freund ein Burn-Out und kündigte in Folge dessen seinen Job. Nun trank er sehr viel aus Frust und ich wurde Co-abhängig. Ich wollte ihm halt beistehen, doch das misslang gründlich...
Er überredete mich (aufgrund unserer schlechten Finanzlage) virtuell mit ihm zu "strichen"...Cam-Sex... ich wollte ihn nicht alleine lassen in seinem Frust und im Nachhinein wusste ich, ich hätte da schon längst die Notbremse ziehen müssen!!
Doch ich tat es nicht und um mich zu überwinden betrank ich mich, damit ich die Hemmungen verlor...
Wir stritten immer mehr und mehr und ich verliebte mich anderweitig und als ich ihm das sagte warf er mir nur vor, dass ich sein Leben ruiniert habe.
Der Auszug zurück zu meinen Eltern folgte kurz darauf, aber in einer eigenen Wohnung und ohne Job (suche seitdem) fehlten mir auch die Mittel. Zumal ich nun eine Fernbeziehung führte. Also machte ich mit dem "strichen" weiter (Mein jetziger Freund weiß nur das ich "gechattet" habe um an Geld zu kommen, was genau leider nicht).
Neben diesem Finanzdruck, bemühe ich mich mein Abitur in Eigenregie zu machen (Staatliche Schulen nahmen mich nicht mehr da ich zu lange raus war und Abendschulen fordern abgeschlossene Ausbildung), mit der Sehnsucht der Fernbeziehung fertig zu werden, mit der Vergangenheit abzuschließen und meine Gedanken unter Kontrolle zu halten (durch die Begabung werde ich schnell depressiv wenn ich mich langweile).
Da blieb einfach keine Zeit mehr für Hobbys und richtige Entspannung, also blieb nur die "flüssige" und ich brauchte mehr Entspannung, weil der Stress mehr wurde...
Noch heute ist die Situation unverändert, nur das ich einen liebevollen Partner habe (der glücklicherweise Alkohol abolut ablehnt) und mit dem "strichen" aufgehört habe. Heißt allerdings dass die Finanzlage noch viel angespannter ist. Ich kann mir 1 Mahlzeit am Tag leisten, der Rest von dem bisschen was ich habe (200 €) geht für meine Zukunftspläne (studium) und meine Beziehung (190 Km) drauf.
Ich habe nun während der letzten Wochen gemerkt der Alkohol ist einfach zu stark geworden. Ich trinke teilweise morgens um 10 damit ich mich nicht mit allem überfordert fühle und das Gefühl bekomme allem gewachsen zu sein. Morgens, Mittags, Abends, Nachts... Es gibt immer Gründe.
Ich versuchte schon mehrmals auf eigenen und auch auf Wunsch meines Partners (dem die Abhängigkeit als erstes auffiel) mit dem Trinken aufzuhören. Erfolglos... Nach spätestens 7 Tagen fang ich wieder an, weil dieser gefährliche Glaube: "Ich habe kein Problem, habs doch eine Woche ohne Probleme geschafft, also keine Sorge" vorhanden ist.
Wein, Wodka, Bier... hauptsache ich habe diese "flüssige" Entspannung die mir das Gefühl vermittelt: Ich schaffe das alles schon irgendwie!
DAMIT IST JETZT SCHLUSS!
Ich will nicht mehr diesem Nervengift unterliegen, ich will leben, meinen Partner richtig spüren und die Welt wieder nüchtern sehen!
Darum bin ich jetzt hier und hoffe hier gut aufgenommen zu werden.
Heute war ich dann beim Arzt,
hatte vorher echt Herzklopfen was er wohl sagen wird. Die Sprechstundenhilfe war jedenfalls sehr unhöflich und beinahe genervt "Sie haben keinen Termin? Dann werden Sie warten müssen! 10 € Bitte!". In der Tonlage eines Feldwebels...
Nun, nach ca. 30 Minuten konnte er mich zwischen schieben und ich erzählte ihm das gleiche wie euch. Er nickte meist und hörte zu, ab und zu ein paar Zwischenfragen wiw "Wieviel trinken sie so am Tag?", "Haben Sie schonmal Black-Outs gehabt?", "Trinken Leute in ihrem Umfeld?".
Hinterher dann Blutabnahme, Blutdruck messen usw. Die Werte liegen heute Nachmittag vor.
Und ich brauche nicht in die Klinik, aber soll mich zumindest eine Woche lang mind. alle 2 Tage bei ihm zeigen zum Werte messen.
Ich fragte ihn auch zum Delirium, er meint "sehr unwahrscheinlich, da sie so gut wie noch nie über einen Liter am Tag tranken aber möglich!". Wow, damit hatte ich nicht gerechnet das dass möglich ist...
Er gab mir noch die Telefonnummer des Notdienstes für das Wochenende und die Adresse einer SHG in der Nähe. Außerdem bekam ich den Rat möglichst viel in Gesellschaft zu sein (möglichst keine Trinkende) die notfalls schnell den Notarzt rufen können und ich soll Auto fahren möglichst eine Woche lang vermeiden.
Bei Bedarf könnte er mir ein Medikament rausschicken aber das zahlt die Kasse wohl nicht. Demnach nur bei Bedarf.
Ich hoffe hier bei euch nun gut aufgehoben zu sein und die Sucht zu besiegen
Vince