Beiträge von uwe.rothaemel

    Nein, Karsten – beeinflussen soll er gar nicht. Es geht mir lediglich darum, dass ich nichts bewerten kann, ohne die Lebenssituation und den Lage eines anderen tatsächlich zu kennen. Wenn (und nur wenn!) jemand Hilfe sucht, kann ich durch Fragen versuchen ein Verständnis für seine speziellen Anliegen und Aufgaben bekommen – und dies vergleichsweise wertfrei; außerhalb meiner eigenen Betroffenheit. Es gilt auch zu akzeptieren, wenn jemand sich anders entscheidet, als ich es gerne hätte. – Ohne ihn ein „Nicht wollen“ zu unterstellen, denn ich kenne seine „Wahrheit“ seine Gründe nicht.
    Das war mir persönlich halt einfach „aufgestoßen“.
    LG. - Uwe

    Hallo Karsten: „es ist wichtig, seine eigenen Gedanken in Frage stellen zu können.“
    Eine Voraussetzung für Selbstbestimmtheit und Eigenverantwortung. „Das geht nicht!“; „Das haben wir noch nie gemacht!“, sind Un-Freiheiten die wir uns selbst auferlegt haben, da wir die nicht hinterfragen, die sie uns gelehrt haben (dazu braucht es kein Suchtverhalten).
    Es sind die eigenen Gedankenverbote, die uns handeln/nicht-handeln lassen.
    „Schaffen kann es jeder, aber viele wollen es ja nicht wirklich.“ Ist hingegen ein verletzendes Vorurteil und vernachlässigt genau diesen Aspekt. Erst Erkennen schafft den Raum für Veränderung. Ich brauche die notwendigen Informationen über mich die Bereitschaft und die notwendige Zeit dazu. D.h. für die Selbsthilfe. Ich muss die richtigen Fragen stellen. „Ist es eine Veränderung, die du dir wünschst – oder verlangt ein anderer von dir dich zu verändern?“; „Wie willst du leben – und was kannst du dafür als erstes tun?“; „Was willst du nicht? – Und Was willst du wirklich?“; „Ist es möglich auch etwas anderes zu denken und zu wollen?“
    Wenn jemandem ein realistisches Selbstbild fehlt (aus welchem Grund auch immer - aber für ein Zwangsverhalten eine grundlegende Bedingung), entsteht schnell der Eindruck, der andere wolle nicht anders – dabei kann er in seiner „Wahrheit“ und in seiner Vorstellung tatsächlich nicht. Manchmal schwer zu ertragen – denn ich habe es ja geschafft?! Für die Akzeptanz des anderen und ein Verstehen seiner Lebensituation stelle ich mir die Frage: "Wie waren denn deine eigenen Vorbedingungen?" - und schon fehlen mir Vergleichsmöglichkeiten für ein Urteil.
    LG. - Uwe

    Hallo Tina
    Schwärzt du dann auch die „bösen Alkoholworte“ in Deinen Büchern, die Du liest? Reißt Du die „schlimme“ Alkoholwerbung aus der Zeitung/Zeitschrift/Magazin (und verbrennst sie vielleicht öffentlich)? Übermalst Du Plakate mit eigenen lustigen und Risikoarmen Graffitis?
    Ich überspitze deine Ansicht bewusst. Es stellt sich mir persönlich die Frage: „War es ein Stückweit Lebensangst, was mich in der Sucht gefangen hielt? Und warum soll ich dann mit Lebensangst auf die Aufgaben, die mir gestellt sind, reagieren?“
    Mein persönliches Augenmerk liegt auf einer selbstbestimmten (dadurch eigenverantwortlichen) Lebensqualität. Da liegen die Prioritäten nicht in der Konzentration auf dem mal konsumierten Suchtmittel. Das würde lediglich nur eine Facette meines Lebens spiegeln. Das ist mir zu wenig. Reklame mag mir unbewusst sicher einiges vorgaukeln, aber ich bin nunmehr „Herr in meinem Haus“, um Freud mal differenziert zu widersprechen. Es bleibt meine Entscheidung, wie ich es wirken lasse – auf jeden Fall habe ich Handlungsfreiheit, wenn ich mich mit mir und meinen Aufgaben auseinandergesetzt habe. Reklame hat nur so viel „Macht“ wie ich bereit bin ihr zuzugestehen. Sie kann mich beeinflussen aber nicht verleiten.
    Ich selbst sammele weder Bierdeckel noch Flaschen in meiner Wohnung – auch nicht von alkoholfreien Getränkeherstellern (eine Wahlmöglichkeit für Risikominimierung?) – Ich sehe es wie Frank – Werbung verschönert nicht wirklich meine Vorstellung von Wohnen – und fürs Erinnern brauche ich und habe ich erlebte, lebensnahe Begebenheiten und Menschen – nicht unbedingt Gegenstände.
    Sicher hast du recht, wenn es jemanden extrem stört - weg damit. Die Frage bleibt trotzdem: "Was ist es tatsächlich, was mich stört?" Interessant ist mir, bei mir, die Geschichte - hinter der Geschichte.
    LG. – Uwe.

    Hallo Morgana
    Deine Beschreibung des „Kleinen Teufels“ kenne ich in abgewandelter Form aus meinen Leben. Auch das diese Stimme, mit einem anmaßend, herablassenden Unterton ein Wort wie „Einsamkeit“ schamlos in mein Ohr flüstert, wo ich mich doch gerade mit mir und meinen Entscheidungen als Zufrieden erleben möchte.
    Allerdings war der Grund für mein vermeintliches Isolation; das schrumpfen eines Bekanntenkreises; nicht durchs „Nicht-mehr-trinken“ bedingt, wie `klarerkopf` vermutet – das wäre zu einfach, und behandelt die Entscheidung unangemessen – sondern eine Konsequenz daraus, mich genau mit mir und solchen Themen zu beschäftigen.
    Du schreibst, Dein Partner hat sich nicht „mitentwickelt“. Das setzt Fortschritte in Deinen Leben voraus. Manchmal überhole ich Menschen – ohne je in einen Wettbewerb getreten zu sein. Auf den gleichen Weg begegne ich allerdings anderen Personen, die ich nunmehr einhole.
    Ich habe mich damals gefragt: Ist es das Alleinsein was mich stört, oder gibt es andere Namen und Begründungen dafür?
    „Bin ich tatsächlich Verlassen worden, oder habe ich mir ein Stück Freiheit erobert?“
    „Halte ich mich für missverstanden, falsch bewertet, oder sind es nur meine furchtgetränkten Gedanken, die Veränderungen mit sich bringen?“
    „Bin ich Alleine, oder fällt es mir einfach nur schwer mit Stille zurechtzukommen?“
    Stille hierbei auch im Zusammenhang mit „Nicht-angesprochen; Nicht-gebraucht; Nicht-ge(be)achtet“ zu werden.
    Das Interessante an Fragen, die ich mir selber über mich stelle, ist die Tatsache, dass sie in der Regel die Antworten in sich tragen.
    Heute höre ich bei der „unleidlichen“ Stimme und deren „Wortwahl“ genau hin, weil sie mich meist auf ein persönliches Anliegen hinweist
    Du wirst andere Fragen im Bezug auf „Einsamkeit“ (Und die Begriffe, die jenes Wort impliziert) an Dich haben. Es lohnt sich, sich diese auch zu stellen.
    Zur Beantwortung waren mir das Alleinsein und die Zwei/Drei anderen, die ähnlich „getickt“ haben, sehr hilfreich.
    Gruß – und schöne Woche – Uwe.

    Was ich wollen will…?

    „Bei meiner Anmeldung hatte ich mir gedacht ein wenig rum zu lesen, ein paar „schlaue“ Kommentare abzugeben und dass war`s dann. Das ist zu wenig und sind nur vorgeschobene Gründe. Ein wahrer Anlass ist wohl mehr, dass es mir sehr schwer fällt, eigene Bedürfnisse zu erkennen, auszudrücken und gewissermaßen auch einzufordern. In der Theorie klingt dies einfach, doch in der Praxis scheitere ich gewohnheitsmäßig daran.“
    Mit diesen Worten habe ich vor fast zwei Jahren diesen Thread eröffnet. Und es hat sich einiges geändert. Vor allen Dingen trifft der kursive Text nicht mehr zu. Somit ist die Fragestellung in der Überschrift des Fadens gewissermaßen hinfällig.
    Und es ist der Grund für ein nunmehr lediglich sporadisches Vorbeischauen in diesem Forum.
    Weil ich mir die obige Frage zu einem großen Teil beantwortet habe, hat sich mein Leben in dem vergangenen Jahr doch stark verbessert. Es musste dafür zwar nochmals (mit der x-ten Operation am Hüftgelenk) eine gefühlte Krise den Ausschlag geben, doch dies ist nichts wirklich verwunderliches, um Veränderungen herbeizuführen.
    Viele neue Menschen begleiten nunmehr meinen Weg. Und ich habe es zugelassen und selbst forciert.
    Meinem neuem Berufsbild steht nichts mehr im Weg – und das liegt daran, dass ich mich darum bemüht habe.
    Die Schwierigkeiten, die damit auch verbunden waren, das gelegentliche „Auf und Ab“ der Gefühle zwischen Zweifel und Hoffen, konnte ich durch ein unbedingtes Wollen und dem realistischen Einschätzen von meinen Fähigkeiten und Möglichkeiten, gut kompensieren.
    Als ich mit dem Jammern aufhörte, das Anklagen über die vermeintlich müßigen Umstände keinen Ansprechpartner mehr hatte und ich mich auf meine individuellen Stärken und tatsächlichen Anliegen konzentriert habe, war es fast ein Selbstläufer. Es hat was mit einem selbstbestimmten Auftreten zu tun. Dazu gehört das Vertrauen in mich und eben auch in die Anderen. Und dazu gehören die Einsicht und die Umsetzung von dem, was Eigenverantwortung bedeutet. Kein anderer wird mein Leben leben – und ich will mein eigenes Leben leben.
    „Was will ich nicht?“, war lange Bestandteil meines Denkens. Erst als ich begann, mich um die Frage zu kümmern: „Was will ich?“, entstand eine (erst vage) Vorstellung von dem, was wahrscheinlich ist. Und als ich die Wahrscheinlichkeit für mich formuliert habe, ergab sich auch die Möglichkeit.
    Das hat sich vor fünfeinhalb Jahren beim Verlassen der Langzeittherapie genauso bewahrheitet, wie jetzt, wo ich mich für drei Jahre in Heidelberg auf die Schulbank begebe. (Erziehung, Soziales und Gesundheit – gar nicht so weit weg vom Kellner ;-)).
    Ich mag es so, wie es ist – und beruhigend und bezaubernd ist dabei die Erkenntnis, dass es so ist, weil ich es so gewollt habe.
    Gruß – Uwe.

    Hallo Matthias
    Meine erste Reaktion auf deine Frage war: „Wie naiv ist das denn?“ - doch so einfach kann ich es nicht wegwischen. Zu häufig werde ich in der Selbsthilfe mit genau den Satz: „Weil das Wetter so oder so ist, geht es mir so oder so!“ konfrontiert.
    Darf das Wetter einen Einfluss auf meine Befindlichkeit haben? – Sicherlich lässt sich das nicht immer vermeiden. Doch halte ich es für unangemessen einer Sache Verantwortung zuzuschreiben. Ich müsste dem Wetter einen Willen – ein Bewusstsein – unterstellen. Den hat es offensichtlich nicht. Auch der Wetterdienst macht nur Prognosen – und nicht das Wetter!
    Die Verantwortung liegt also wieder einzig und allein bei mir. So hässlich das auch nun wieder erscheint- die Frage lautet „Wie gehe ich damit um?“
    Ob das Wetter „Gut“ oder „Schlecht“ ist, ist mein Werturteil. Werturteile sind zu allererst Behauptungen. Und Behauptungen lassen sich widerlegen. Wenn ich am Morgen aus dem Fenster schaue und den „Gefällt mir“-Button drücke, gibt es ebenso viele Gründe für ein „Gefällt mir nicht“. Also reine Ansichtssache – eine Frage der Perspektive.
    Die Weisheit: „es gibt kein (schlechtes) Wetter, nur unpassende Kleidung“, ist so alt wie richtig. Und sie deckt den einen Teil meiner Verantwortung im Umgang mit dem Außen ab.
    Gilt es nur noch für das Innen zu sorgen.
    Je mehr ich damit hader, dass die Dinge (z.B. das Wetter) nicht so sind, wie ich sie gerne hätte - je mehr ich daran festhalte, die Dinge müssten so und nicht anders sein - desto unfähiger bin ich, mich mit dem Wirklichen auseinanderzusetzen, dass sich nicht unisono nach meinen Vorstellungen richtet.
    D.h. nichts anderes, als mich mit dem Thema Enttäuschungen zu beschäftigen. Die kommen nämlich vor. Und wenn ich das dann akzeptieren kann, habe ich auch die Verantwortung für mein inneres Erleben übernommen.
    Das Wetter ist dann egal.
    Wer hat gesagt, dass meine Stimmung immer gut sein muss. Ich darf auch mal „Angefressen“ sein. Das liegt dann allerdings nicht am Wetter, sondern an meiner egozentrischen Anmaßung, das Klima hätte sich nach meinen Ansichten zu richten und meiner Unzufriedenheit darüber, dass es dies einfach nicht tut.
    LG. – Uwe.

    Hallo Manfred
    Manchmal reicht es einfach aus, sich lediglich Fragen zu stellen.
    Schon alleine um herauszufinden: Was will ich nicht mehr?
    Die Antworten auf das, „was ich will“ sind eh meist schwieriger zu beantworten und dürfen auch diffus sein.
    Oder ich stell mir die Fragen anders.
    • Kann es sein, dass mein Umfeld zu trivial ist, und somit meine Werte, Ansprüche und Ideale nicht versteht?
    • Ist es möglich, dass gerade meine Unangepasstheit - die unkonventionelle Art – mein Geschenk an meine Mitmenschen ist?
    • Ist vielleicht die latente Einsamkeit eine zu erduldende Konsequenz für meine Definition von Sinn und Zufriedenheit?
    Ein wirklichkeitsnaher, unerschrockener Blick auf das Tatsächliche, macht nicht zwingend "Gruppentauglich" – gereicht allerdings zur eigenen Genesung und verdient sich den notwendigen Respekt.
    LG. - Uwe

    Hallo Paddy
    Ja, so ähnlich wollte ich verstanden werden. Wobei beim Durchatmen eher ein ganz banales Inne-halten gemeint war. D.h., den Gedanken eine Chance zu lassen, nachzuschauen: was passiert da gerade mit mir?
    Ich habe nicht gelernt mit meinen Emotionen umzugehen. Von außen bin ich meist als „Teilnahmslos“ wahrgenommen worden. Ich habe das Gefühl allerdings nicht unterdrückt oder in mich „hineingefressen“, sondern übertragen. Andere mussten sie ausleben.
    Das klingt erst einmal unmöglich. Daher vielleicht ein Beispiel.
    Wenn ich mich geärgert habe und richtig zornig war, dann hat meine reaktionsarme, vermeintliche Gleichgültigkeit, den Gegenüber dazu „eingeladen“, meine Wut mitzuempfinden. Das geht mit Freude genauso. Was in der Kindheit einen gewissen „Selbstschutzcharakter“ hatte, führte im Erwachsenenleben zu Irritationen. Vor allem im Selbstbild.
    Selbstverständlich geschieht so etwas unbewusst.
    Selbst erlebt habe ich dabei nur so etwas wie Verblüffung und/oder Genugtuung.
    Im Trunkenen Zustand war die einzige Gelegenheit, das Gefühl auch zu leben. Dann aber heftig, weil unreflektiert.
    Nüchtern wollen nun die Emotionen mit einer ähnlichen Impulsivität hervortreten. Zumindest habe ich lange davor Angst gehabt, dass es so geschehen kann. Ist aber nicht so!
    Es ist ein langsames Herantasten an die eigene Bedürftigkeit.
    Von einer Generalisation (Zitat: „…allgemein könnte man dann sagen, dass…“) möchte ich aber eindringlich Abstand nehmen.
    Es ist ein Phänomen meiner persönlichen Historie.
    Möglich, und auch wahrscheinlich, dass jemand ähnliches erlebt hat. Doch auch da gilt es eigene, für die individuelle Lebenssituation angemessene, Lösungen zu finden.
    Gruß –Uwe.

    Hallo Manfred
    Mir scheint, dieses Thema wird etwas „stiefmütterlich“ behandelt.
    Trotz oder gerade wegen seiner Bedeutsamkeit?
    Möglicherweise liegt es daran, weil hier die Notwendigkeit besteht, sich ausnahmslos mit den eigenen Suchtverhalten auseinanderzusetzen. Ohne Verallgemeinerungen, ohne Rücksicht aufs banale, alltägliche Auf und Ab und ohne den Bezug auf andere.

    Meine eigene Bedürftigkeit!
    Ich finde es gut, dass Du „Gestört“ so schreibst und damit im Schriftbild und im Wortsinn relativierst.
    Ich glaube, dass es dieses >Gestört< war, was mich zu Beginn meiner Reise daran gehindert hat, genauer auf meine Bedürfnisse zu schauen.
    Erst später, als mir klar wurde wer solche Worte wie „Normal“, „Gesund“ und eben „Gestört“ definiert, konnte ich mich dem widmen.
    Die erste Frage, die ich mir gestellt habe: Was sind meine Bedürfnisse? Was sind lediglich Wünsche? Was meine Neigungen und was sind die unerlässlichen Notwendigkeiten?
    Die Antworten auf diese Fragen, lagen nicht einfach so im „Speicher“.
    Die wohl bitterste Erkenntnis aus dem Prozess war die Einsicht: Auch ich habe egoistische Ziele. Eitle Neigungen, denen ich Rechnung zollen darf und muss. Sie gehören einfach auch zum Selbstbild und sind ein zentraler Aspekt zum Selbstverständnis – sind wichtiger Teil meiner Persönlichkeit.
    Meine Ungeduld ist ein Zeichen von der kindlichen (heute nicht mehr angemessenen) Forderung: „Nicht gleich, sondern sofort!“
    Entstanden aus meiner frühen Fehlinterpretation von Vernachlässigung.
    Die Tatsächlich nie stattgefunden hat.
    Daher rühren auch meine früheren (und heute gelegentlichen) Trotzreaktionen und der Neid. Durchaus menschliche Eigenschaften – allerdings in ihrer Heftigkeit, ein Zeichen von nicht erprobtem Umgang damit.
    Wut, Zorn, Angst, Trauer und Freude haben somit auch bei mir wieder ihren Platz. Ich darf sie zeigen. Nach einem Durchatmen.
    Da auch diese Gefühle und das Begehren nach Ausdruck, unterdrückt waren, sind sie nüchtern schnell anwesend. Die Einordnung gelingt mir nunmehr besser.
    Was ist „erinnert“ – gehört nicht in die Gegenwart?
    Es ist ein „Neuerlernen“ in bestimmten Situationen - kein dauerhaftes reflektiert werden, aller Handlungsweisen.
    Der Unterschied zur „Nassen“-Zeit liegt in der Bewusstheit. Früher habe ich ein heftiges Gefühl nur zugelassen, wenn ich getrunken hatte. Weil meiner emotionalen Bedürftigkeit lediglich da eine Möglichkeit zur Verfügung stand, sich auszudrücken.
    Wenn ich mich heute bei einzelnen Begebenheiten - in meiner Wahrnehmung -„Danebenbenehme“, so kann ich es für mich einsortieren. Es vertreibt die Scham (und beiläufige Schuld), die sich sofort einstellen will.
    Ich kann mich dadurch wesentlich besser Selbstertragen, als es mir vorher möglich war.
    Weil ich so bin und auch so sein darf.
    Gruß in den Norden - Uwe

    Jürgen, ich denke, dass das verschiedene Aspekte sind. Natürlich kann ich mit meinen Gefühlen etwas machen auch beeinflussen. Nach ihrer Entstehung. Neben dem einfach auch mal-zulassen-können oder aushalten und annehmen, kann ich damit versuchen umzugehen oder sie verdrängen, verleugnen, verstärken, verstecken, verharmlosen, vernachlässigen, verschieben und auch verurteilen, etc … aber ablegen - ohne mit ihnen Leben wird mir nicht möglich sein.
    Sie machen mich erst zum Menschen. Und das Bewusstmachen, Benennen und Einordnen vielleicht zu einem anderen. Darauf wollte ich hinaus.
    Gruß – Uwe. Bis Sonntag bin ich jetzt wieder off-Line – ich fahr mal ins „Ländle“.

    Hallo Matthias
    Was soll ein Gefühl, wie zum Beispiel überschwängliche Freude oder auch tiefe Trauer denn anderes machen, als plötzlich aufzutreten und auch ebenso abrupt zu verschwinden. Es liegt in der Natur einer Emotion nicht steuerbar zu sein. Erst wenn sie unbegründet ist und dauerhaft meine Lebensweise beeinträchtigt, werde ich mir Sorgen machen.
    Im ersten Fall - gegenstandsloser, beständiger Glücksgefühle-, bin ich vermutlich verblödet. Eine Reflexion wird dann schwierig bis unmöglich (die Ohrfeige eines guten Freundes kann mir dann gegebenenfalls noch helfen). Im zweiten Szenario - überflüssiger, regelmäßiger Kummer -, ist das Aufsuchen desselben Freundes notwendig (dann wünsch ich mir lediglich eine andere Behandlung des Dilemmas).
    Anmerkung: Bedenken sie, solange sie selbst in der Lage sind zu reagieren, befeuern sie beim Besuch einer Praxis, lediglich die Glücksgefühle ihres Arztes oder Apothekers.
    Gruß - Uwe

    Hallo Manfred und Hartmut
    Ich bin ja auf einen ähnlichen Weg, wie Manfred. Was bei der Suche nach meiner persönlichen Vergewisserung über meine Überzeugungen; Hoffnungen und Befürchtungen – der Entstehung meines Fühlens, Denken und Wollens – zu Beginn etwas auf der Strecke blieb, war das positive Erleben. Ich finde das allerdings als wesentlich und wichtig, mir auch dies bewusst zu machen.
    Es war ein Irrtum, dass lediglich meine „ungesunden“ Verhaltensweisen zum Vorschein kamen. Die Vorstellung, dass es lediglich „Müll“ ausgegraben werden wird, erklärte meine Furcht davor. Der Anteil ist aber relativ gering – gemessen an den vorteilhaften Grundeinstellungen meiner Persönlichkeit. Die Suche hat sich gelohnt – ich kann mich nunmehr selbst ertragen.
    In dem „Gefängnis“ meiner Person fühl ich mich nun wohl.
    Gruß - Uwe

    Hallo Jonas und Bruce – ich schreibe euch in meinen Raum. Beim „Vergleichen…“ wird’s mir zu unübersichtlich.
    @ Jonas
    Wie du bemerkt haben kannst, ich schreibe meine Erfahrung. Allgemeinaussagen versuche ich zu vermeiden. Alkohol war der „Richtige Schlüssel“ für meine Bedürftigkeit. Unsere Gesellschaft kann und will ich nicht für die Rahmenbedingungen verantwortlich machen.
    Sicher waren auch bei mir die Ursachen vielfältig (multikonditionalen Ätiologie), jedoch halte ich eine erblich bedingte Anlage (genetische Disposition) für zweifelhaft. Sehr glaubhaft hat mir mal ein Biologe erläutert, dass durch die eingeschränkte Zeugungsfähigkeit (Impotenz), sich das Thema Sucht/Depression geschichtlich (evolutionär) schon selbst erledigt hätte. Das macht es für mich zumindest weit erträglicher, wenn mir diese „Entschuldigung“ wegfällt – hat es nun doch etwas mit mir zu tun.
    LG. – Uwe
    @ Bruce
    Danke für die Blumen.
    Nun meine Einsichten von heute sind sicher nicht die Aha-Erlebnisse von vor fünf Jahren. Sie sind aus einem Prozess erwachsen – schon einige Zeit vorhanden, und für mich auch formuliert. Für mich persönlich sind sie schlüssig. In „Stein gemeißelt“ und somit für jeden bindend, sind sie nicht.
    LG. - Uwe

    Guten Morgen Jürgen
    Ich schrieb ja, dass ich keine Wertung der verschiedenen Herangehensweisen beabsichtige. Du hast eine radikale Veränderung in deinen Leben herbeigeführt. Aus welchem Motiv auch immer, hat es für dich ausgereicht, den Suchtmitteln ade zusagen. Ob da nun erst der Sinn (wie für dich) oder zuvor der Grund (für mich) im Fokus stand – irrelevant. In diesen Fall dürfen die Grenzen der Begrifflichkeiten auch gerne mal verschwimmen.
    Wer hat das mit dem „Eigenlob stinkt!“ eigentlich erdacht. Im Selbstversuch konnte ich keine Nasenrelevanten Ergebnisse erzielen (die erste Testreihe fand unter einer mentalen Verschnupfung statt, die zweite unter „Laborbedingungen“ mit Assistentin – keine empirische Geruchsveränderung – aber ein wiederholter Lachimpuls auf beiden Seiten).
    Schönen Tag - Uwe

    Hallo Hartmut
    Nochmal zur Ausgangsfrage: „…es wird ja immer wieder gerne Vergleiche gezogen…Was bringt es dem einzelnen denn für sich als Alkoholiker es zu tun? Schwächt es nicht die eigen Krankheit? Verliere oder verwässre ich da nicht den Blick auf das Wesentliche?“
    Meine Sicht des Sachverhaltes – der Vergleich kann durchaus eine Sensibilisierung für meine eigenen Verhaltensweisen bringen – nicht nur der Unterschied, sondern explizit die Gemeinsamkeiten des Suchtcharakters. Das schwächt meiner Meinung nach auch nicht den Blick auf meine persönliche Sucht, sonder macht den Weg zum verstehen der Universalität des Leidens frei.
    Jede Sucht, jeder Zwang erfüllt einen Zweck. Er hat ein mir meist unbewusstes Bedürfnis gestillt. Und so verschieden die unterdrückten Begierden, so variabel sind die Symptome des Körpers, zur Befriedigung oder Ausblendung eben dieser Notwendigkeiten. Stoffgebunden oder eben auch nicht. Von diesem Blickwinkel aus, unterscheide ich mich als Alkoholiker nicht von anderen süchtigen oder zwanghaften Personen. Ich habe das Suchtmittel „gewählt“, was zu meiner Lebensbewältigung „gepasst“ hat.
    Der unverwässerte Blick auf das Wesentliche, Hartmut, ist für mich die Sicht auf meine – ureigen persönlichen – Bedingungen, die mich der Sucht haben verfallen lassen. Dabei war das Suchtmittel unwesentlich. Für mich ist es ein Kausalitätsfehler, den Alkohol verantwortlich zu machen. Nicht der Alkohol ist die Ursache meines Leidens, sondern lediglich ein Mittel um die Ursachen zu verdecken. Daher kommt der Satz: „Aufhören alleine reicht nicht!“
    LG. – Uwe

    Hallo Jürgen
    Nach diesen Variablen bin ich dann ein W1, N5, X12, TP0, A45. Fatal ist natürlich diese veränderlichen Größen mit der momentanen Befindlichkeit (Bt) zu addieren, den Stressfaktor (S-gefühlt) zu multiplizieren und durch die kosmologischen Konstante (Λ) zu teilen, um davon eine Formel für die nüchterne Zufriedenheit abzuleiten. (Vorsicht! Ironie)

    Etwas anderes. Du bist ja gerade sehr aktiv in einem anderen Thread. Einigen deiner Darlegungen dort, kann ich aus meinem persönlichen Erleben nicht so zustimmen. Wichtig dazu - Es geht mir dabei nicht um Richtig oder falsch.
    Einmal ist mir die Furcht oder Angst über Euphorie suspekt – Ich genieße diese Phasen – gerade wenn mir kreativ etwas gelingt, aber auch, wenn ich etwas erreiche, was ich ausschließlich meiner nüchternen Lebensweise zuschreiben kann. Ein Gefühl, dass ich nicht missen möchte. Ich weiß es allerdings einzuordnen und bin mir der kürze des „Lustgewinns“ bewusst. Jedenfalls ist es für mich kein Grund, mich zu verstecken.
    Zum anderen kann ich deine Aussage. > „Ansonsten lebe ich auch mit der 98:2 Regel.
    Die Akzeptanz, "alkoholabhängig" zu sein - ohne Hinterfragen von Gründen - erspart mir 98% Kopfkino und Nachdenken, was ich mir an Begegnungen mit Alkohol zumuten möchte.“ <, zwar verstehen – aber reicht das wirklich aus? Nach einer gewissen Zeit war mir eine formale Frage nach dem „Warum?“ schon wichtig – und sie hat mich weiter gebracht, da ich mich nun besser verstehe – was wiederum zu einer brauchbareren Akzeptanz der eigenen Person geführt hat. So ganz ohne Argument anzuerkennen, was ist, war mir nicht unumwunden möglich.
    LG. - Uwe

    Nach geraumer Zeit habe ich gestern und heute Mal wieder ins Forum geschaut.
    Ich war sehr verwirrt über die Aufgeregtheit, mit der einige Themen - oder besser ein Thema: Der Alkoholiker - diskutiert werden. Gibt es diesen überhaupt (als Pauschalaussage), und ist es so wichtig, wie ich mich bezeichne? Was wiederum mir die Frage aufwirft:
    Ist das Suchtmittel zentrales Thema meiner Lebensbewältigung, oder ist der Umgang mit mir und meinen Aufgaben das ausschlaggebende Kriterium für meine Lebensqualität?
    Nun ich halte für mich den zweiten Teil der Fragestellung als notwendig. Das begründet zumindest meine Verwunderung über das Thema. Erklärt allerdings nicht meine anfängliche Verständnislosigkeit (und Sprachlosigkeit) über die Heftigkeit der Auseinandersetzung.
    Darüber wollte ich mir erst im Klaren sein, ehe ich dazu etwas schreibe. Es liegt eindeutig an meiner veränderten Wahrnehmung und meinen geänderten Meinungen zu mir selbst.
    Ich habe mich davon verabschiedet, mich über mein Suchtmittel zu definieren. „Ich bin Alkoholiker!“, war eine wichtige Aussage für die Einsicht meiner Sucht vor fünf Jahren. Es war eine notwendige Benennung, um mir über die Schieflage in meiner persönlichen Lebensführung Klarheit zu verschaffen. Dieses Bewusstmachen, war die Grundlage für eine Veränderung - hat sie mir erst möglich gemacht.
    Damals habe ich jede Gelegenheit benutzt, darauf hinzuweisen, wie wichtig die Einsicht und das unumwundene aussprechen dieser - meiner - Tatsache ist. Abschweifungen, vermeintliche Verharmlosungen oder andere Begrifflichkeiten wurden von mir nicht akzeptiert, aufs temperamentvollste kritisiert, als Unkenntnis verunglimpft.
    Doch wenn ich dabei stehen geblieben wäre, würde Alkohol auch heute noch mein Leben bestimmen. Auch - oder insbesondere -, weil mein Denken sich lediglich um die Vermeidung des Suchtmittels und um die Vergangenheit bewegen würde. Das ist mir zu wenig.
    Seitdem ist einiges in meinem Leben geschehen. Sicher war Nüchternheit für mein jetziges Leben eine Voraussetzung, aber nicht die entscheidende. Es war Selbstbestimmtheit, das Wissen darum, was ich wirklich will. Ein Erkennen wer und wie ich tatsächlich bin. Und da ist der Alkoholiker lediglich ein Teilaspekt.
    Meine Betroffenheit über die Thematik rührt also daher, dass ich mich nicht mehr mit dem Menschen identifizieren brauche, der ich mal war. Die Sprachlosigkeit kommt nicht aus Unverständnis, sondern weil das Thema nicht mehr meins ist. Ich habe einen Zugang zu mir und meinen Aufgaben gefunden – unabhängig von dem Suchtmittel, das mich in die Lage gebracht hat. Das nenn ich doch mal eine schöne Einsicht.
    Schöne Woche - Uwe

    Hallo Dorothea
    Dein dargelegtes Menschenbild beunruhigt mich. Da ist so viel Wut und Zorn (nicht auf die anderen).
    Was die Fragen aufwirft: „Beneidest du sie manchmal um ihre Rücksichtslosigkeit oder fühlst du dich ihnen moralisch überlegen?“; „Glaubst du eine von denen zu sein, die ganz unten auf der Strecke bleibt, weil du nur strampelst und nicht trittst?“, oder „Kannst du dir gar vorstellen auch für deine Bedürftigkeit einmal zu treten, und verabscheust dich selbst für den Gedanken?“
    Um bei der „Nase“ zu bleiben – ich beantworte mir solche Fragen schonungslos. Die Antwort ist nicht immer „Schön“, aber ich kann mich danach wieder leiden. Weil ich halt so bin – auch wenn ich gerne manchmal anders wäre.
    Schönen Sonntag - Uwe

    Mich hat eine E-Mail von einem mir sehr wichtigen Menschen erreicht, die (nicht zu Unrecht) zum Ausdruck bringt, dass sich meine Aktivität im eigenen Thread nur noch als „amtliche Mitteilungen“ aus „Rothämel-Dorf“ lesen. Dem stillen Mit-Leser fehlen die überlegte und kontinuierliche Selbstschau des anfänglichen "Was ich Wollen will".
    Was ist geschehen? – Hab ich mich gefragt. Schließlich findet eine solch gründliche Veränderung - wenn auch nicht urplötzlich – so doch nicht ohne Grund statt.
    Eine meiner Einsichten der vergangenen Jahre ist das Postulat: wenn sich etwas in meinem Handeln verändert hat, hat es in erster Linie mit mir zu tun – und liegt nicht an anderen.
    Demzufolge haben die Ereignisse des letzten halben Jahres (Krankheit > OP. > Arbeitslosigkeit > Rehabilitand) gewiss einen Einfluss auf einige Notwendigkeiten in meiner Lebensweise. Sie sind allerdings nicht dafür verantwortlich, dass sich mein Verhalten hier und auch im Zwischenmenschlichen des „Realen“ geändert hat.
    Nun, nach einigen Überlegungen bin ich mir sicher, dass sich die Prioritäten in meinen Leben (wieder einmal) verschoben haben.
    Vom „Was ich Wollen will…“ bin ich zum „Über das Wollen zum Tun“ gekommen. Dabei verschieben sich zwangsläufig die Wertigkeiten und die Anforderungen. Ich nenn es mal nicht Weg- oder Weiter-, sondern Fortentwicklung. Fort von den gewünschten Wollen – hin zum tun. Die Konzentration verlagert sich auf das Hervorholen von vermissten Fähigkeiten, (vermeintlich) verschollenen Stärken und dem Entmachten der, dadurch unrealistisch gewordenen, Zweifel.
    Als Ergebnis verändert sich nicht nur die Wahrnehmung auf das eigene Selbstbild und die Sicht auf die anderen, sondern auch der „Blick“ der anderen auf mich.
    Ein jahrelang versuchtes Angepasst-sein-wollen, die Versuchung der kontrollierten (manipulierten?) Harmonie der idealisierten Lebenswelt, gerät ins Wanken, verliert an Wert und Wirksamkeit. Weil es nicht zu mir gehört.
    „Amtliche Mitteilungen aus Rothämel-Dorf“ sind somit der Ruf des Alten: „Hört mich einer, vergesst mich nicht – auch wenn ich gerade nichts zu sagen habe!“
    Danke für den Anstoß, zu einer vorsichtigen Reflexion „Stiller Leser“, LG. - Uwe