Nabend,
mir geht es weiterhin gut. Ich hatte letzte Woche Dienstag Post im Briefkasten: Kostenzusage der Rentenkasse.
Mittwochs konnte ich sofort in die Gruppe wechseln. Sehr nette Leute, angenehmes Klima.
Hatte heute Einzelgespräch und Gruppe hintereinander. Obwohl ich anfangs ein wenig kaputt von der Arbeit war, habe ich wieder gemerkt wie gut es mir tut mit anderen Betroffenen quatschen zu können.
Ein anregender Austausch findet dort statt.
Mir ist auch bewusst geworden, dass ich gewisse Defizite in meiner Persönlichkeit aufweise, die ich immer betäubt und weit von mir gewiesen habe. Ich komme aber nicht mehr drum herum diese wahrzunehmen und mit ihnen zu arbeiten.
Auf jeden Fall ist ein weiterer Schritt getan.
An Alkohol als Problemlöser denke ich nicht. Das ist schön.
An mir aufgefallen ist, dass ich Alkohol oder Konsumenten nicht verteufele oder schlecht rede. Ich befasse mich mehr und mehr mit meinem eigenem Kram und empfinde dies auch als wichtiger.
Meine Arbeit macht mir zur Zeit sehr viel Spass, und ich entfalte mich dort wieder ziemlich positiv.
Im Privatleben könnte ich mehr Eigeninitiative zeigen. Mein Sportprogramm betreibe ich immer noch, aber vernachlässige Kontakte etwas.
War bis vor 5 Wochen auch wieder mit dem Mädchen aus meinem Eingangs Post zusammen. Wir haben uns aber getrennt, weil ich doch zu sehr auf mich fixiert bin und der Spagat zwischen Ihrem (absolut Suchtmittelfreiem) und meinem derzeitigem Leben nicht funktionierte.
Früher hätte ich mich gnadenlos abgeschossen und in Selbstmitleid und/oder Schuldzuweisungen gesuhlt. Jetzt habe ich das hingenommen wie es ist. Und siehe da; es ist viel weniger Drama als bei meinen anderen Trennungen.
Schön ist so etwas nie, aber ich kann doch besser damit umgehen als früher.
Ansonsten bleibe ich am Ball, erlebe sehr sehr schöne Momente, aber auch manch echt besch... Tag.
Vor 2 Wochen ist mir etwas total tolles passiert. Montags hatte ich nach der Gruppe total schlechte Laune und Saufdruck, Dienstags morgens das gleiche. Ich war innerlich so aufgewühlt und dachte, dass ich nach der Arbeit auf jeden Fall was trinken muss, um mich zu beruhigen.
Es war ein fieser Kampf. Argumente und Gegenargumente bekämpften sich in mir. Was tun? Mich einweisen lassen, um nicht in Gefahr zu geraten? Einfach saufen?
Das ging ca 2Std lang nach dem Aufstehen und irgendwie dachte ich dann, dass das alles nur aus mir selber heraus kommt. Und dieser Zwiespalt nur von mir selber erzeugt wird. Und irgendetwas passierte. Ich gab den Kampf gegen dieses Gefühl auf und wurde von einer unglaublichen Euphorie erfüllt. Sonst hatte ich diesen Konflikt immer nur verdrängt, aber diesmal hatte ich das Gefühl ihn durchlebt und aufgelöst zu haben. Ich fühlte mich absolut in meiner Mitte. Im Laufe des Tages fragte ein Kollege, ob ich denn nun Samstags auf die Geburtstagsfeier von Kollege XY käme. Die ganze Wochen davor hatte ich mich vor einer klaren Antwort gedrückt, aber nicht an dem Tag. Es sprudelte einfach aus mir heraus, dass ich ein Alkoholproblem habe und deshalb keinerlei Festlichkeiten besuchen werde in der nächsten Zeit. Ich konnte einfach zu mir stehen, so wie ich bin. Keine Ausreden, keine Flucht.
Dieses tolle Empfinden hielt eine ganze Woche an, ich fühlte mich wie befreit. Wie das mit dem Emotionen nun mal so ist, hat sich das dann auch wieder relativiert. Aber dieses tolle Gefühl, hat mir die Klarheit geracht die ich brauchte. Es kann so unglaublich erfüllend sein sich anzunehmen.
Um weiter in diese Richtung zu kommen, werde ich Ende diesen Monats eine professionelle Anleitung zum autogenen Training wahrnehmen. Meditation reizt mich auch, aber das wäre mir zu viel in meinem Pensum gerade.
Dieses Gefühl war einfach nur toll und das wollte ich mit Euch teilen. Der Weg ist lang und ich bin ihn ja erst kurz gegangen, aber wenn das das Ziel ist, dann lohnt sich jede Mühe.
Schönen Abend an Alle!
Marco