Beiträge von Kalliopi

    Hallo Hartmut,

    das ist ein total interessantes Thema, finde ich, da ja jeder Angehörige zwangsläufig irgendwann vor der Frage steht, ob er selbst noch Alkohol konsumieren möchte. Ein Problem mit dem Trinkverhalten des Partners zu haben und selbst gelegentlich Alkohol zu trinken - für einen Nicht-Süchtigen muss das nicht zwangsläufig ein Widerspruch sein, denke ich.

    Für mich ganz persönlich geht das allerdings überhaupt nicht zusammen. Ich würde mich damit nicht wohlfühlen. Für mich war es völlig selbstverständlich, meinen eigenen Alkoholkonsum zu hinterfragen, als ich erkannt hatte, dass mein Partner Alkoholiker ist und dass das lebenslange Abstinenz bedeuten sollte. Obwohl ich es auch nicht nötig gehabt hätte, habe ich mich selbst für die Abstinenz entschieden. Ich habe darüber auch gar nicht groß nachgedacht, das kam irgendwie ganz automatisch.
    Für mich war es auch wichtig, mein eigenes Bewusstein bezüglich des Alkoholkonsums in der Gesellschaft zu schärfen. Als Nicht-Süchtige werde ich zwar nie verstehen können, was Sucht und Saufdruck bedeuten. Aber indem ich selbst abstinent lebe, kann ich zumindest ein ganz kleines bisschen nachvollziehen, wie und wo man im Alltag überall mit Alkohol konfrontiert wird.

    Ich fühle mich ohne Alkohol auch sehr wohl. Zwar war die Sucht meines Partners der Auslöser dafür, nichts mehr zu trinken, aber mittlerweile gehört die Abstinenz zu mir und meinem eigenen Leben.

    Zur Trennung von meinem Partner hat das allerdings bislang nicht geführt. Dass also der eigene Alkoholkonsum etwas mit dem Problem der Loslösung zu tun hat, das würde ich so pauschal nicht sagen. Da können bei Cos noch Tausende andere Dinge eine Rolle spielen.

    LG Kalliopi

    Hallo Susanne,

    Zitat von Die_Susanne


    in meinen Augen eher Selbstbetrug.
    Wie Menschen sind ja in der Lage, uns mit den schwierigsten Situationen zu arrangieren.
    Sicher ist es für den Moment nicht verkehrt, sich emotional abzugrenzen, aber dauerhaft???


    Ja, genau hierin sehe im Moment ich meinen persönlichen Knackpunkt. Dass mein Wohlbefinden eben nicht (mehr) von seinem Verhalten abhängig ist, habe ich mir durch die Abgrenzung erarbeitet. In der vielleicht aber eben auch ein Stück weit Selbstbetrug stecken könnte. Und deshalb will ich nun (insbesondere beim nächsten Rückfall) wieder mehr in mich hineinhorchen, ob da nicht vielleicht doch mehr Gefühle da sind als nur Gleichgültigkeit. Vielleicht kommt ja doch Wut auf? Oder ein Leidensdruck? Und dann irgendwann doch Trennungsgedanken?

    Ob ich eine Wahl habe? Davon bin ich überzeugt. Aber, das muss ich auch zugeben: Die langen Trockenphasen, in denen ich meine Partnerschaft genießen kann, machen es mir schwer, "von jetzt auf gleich" den Gedanken an eine Trennung zuzulassen. Dabei sind die langen Trockenphasen natürlich auch ein idealer "Nährboden" für die Hoffnung, eine Hoffnung, die auch unberechtigt sein könnte, dessen bin ich mir bewusst.

    LG Kalliopi

    Morgenrot

    Vielleicht noch ein Beispiel. Das, was ich damit meine, zeigt sich vor allem bei meinem Umgang mit seinen Rückfällen (bzw. Unterbrechungen der Trinkpausen). Bei einem der letzten Male habe ich nur ganz kurz gedacht: Oh nee, nicht schon wieder. Mehr habe ich gar nicht gefühlt. Dann habe ich den Abend genutzt, um mich schlau zu machen, wie ich ein altes Möbelstück restaurieren könnte. Darin war ich so schnell so vertieft, dass ich meinen schnarchenden Partner auf dem Sofa ganz vergessen habe.

    Ist das jetzt ein gesundes oder ein ungesundes Verhalten? Gesunde Abgrenzung oder doch eher Selbstbetrug durch Ablenkung/Verdrängung? Wahrscheinlich beides irgendwie.

    LG Kalliopi

    Hallo Morgenrot,

    Zitat von Morgenrot


    den Satz unterschreibe ich, gerade was die Abgrenzung am Beginn meines Weges angeht.
    Siehst du das für dich persönlich als Nachteil?


    Bislang hatte ich das nicht als Nachteil gesehen. Sondern genauso wie Du sagst, als Schutz für mich. Es hat mich immerhin zwei Jahre lang davor bewahrt, mich zu allzu sehr zu verstricken. Was ich jetzt aber glaube, bemerkt zu haben: Durch die Abgrenzung von meinen eigenen Gefühlen habe ich mich mit der Situation auch besonders gut arrangieren können, mich darin eingerichtet, es für mich erträglich gemacht. Ich weiß nicht, wie ich es besser beschreiben soll.

    LG Kalliopi

    Liebe Ahoi,

    Zitat von Ahoi


    Niemand kann wissen, was geschehen wird. Deine Partnerschaft ist in einer nüchternen Phase - vielleicht bleibt es so und vielleicht auch nicht. Aber egal wie, du kannst schlecht mit Dingen dealen, die noch gar nicht eingetroffen sind.


    Ja, da hast Du recht. Meine ganze Denk- und Fühlarbeit in diesem Faden hat sich in dieser aktuellen Trockenphase abgespielt. Deshalb weiß ich im Moment auch gar nicht, ob sich bei mir etwas so verändert hat, dass ich beim nächsten Rückfall anders empfinde als bisher.


    Zitat von Ahoi


    Es gibt übrigens noch einen Gedanken, den ich habe, der gar nichts mit Co-Abhängigkeit zu tun hat: "Liebe, Wertschätzung, Treue, Vertrauen, richtige Balance zwischen Nähe und Freiraum, zwischen Humor und Ernsthaftigkeit, Verständnis, Toleranz, Aufmerksamkeit, Freundschaft."
    Das ist ein Riesenanspruch an eine Beziehung und einen anderen Menschen, auch ohne Alkohol und Suchtproblematik. Sei nicht betrübt, wenn es vielleicht nicht immer so ist.


    Jetzt weißt Du, warum ich zuvor jahrelang Single gewesen bin... :D

    Nein, im Ernst: Das ist völlig richtig. Jede zwischenmenschliche Beziehung unterliegt Schwankungen. Erstmal darf der andere auch erwarten, dass ich all das zurückgebe. Aber natürlich darf es auch mal Zeiten geben, in denen das nicht so gelingt. Wichtig ist dabei wohl auch, dass beide Partner eine ähnliche Vorstellung von all diesen Merkmalen haben - so versteht zum Beispiel unter der richtigen Balance zwischen Nähe und Freiraum ja jeder etwas anderes.

    Klar schreibe ich hier weiter, jetzt geht es ja erst richtig los. :wink:

    Ich möchte hier im Forum auch noch ganz viel lesen. Ich stöbere im Moment auch viel im Alkoholikerbereich, um zu schauen, wie andere ihren Weg in die Trockenheit umgesetzt haben. Es gibt noch so viel zu entdecken. Und wenn ich es richtig verstanden habe, muss ich mich sowieso auch mindestens alle vier Wochen mal schriftlich zu Wort melden, um nicht deaktiviert zu werden, oder?

    LG Kalliopi

    Hallo Ahoi,

    diese Gliederung war für mich wichtig, um mal alles aus meinem Faden, was mich sehr beschäftigt hat, zusammenzufassen. Die Passagen sind für mich im Moment so etwas wie meine eigenen, ganz persönlichen Co-Grundbausteine und auch so etwas wie ein "Notfallkoffer", den ich mir angucken und auf mich wirken lassen kann, wenn mein Partner demnächst doch wieder was trinken sollte.

    Im Moment geht's mir sehr gut in meiner Beziehung, wir befinden uns ja seit Januar in einer Trinkpause. Ich würde sagen, bei uns ist alles total normal: Mal geht's uns gut, mal sind wir gestresst, mal sind wir unterwegs, mal sitzen wir nur auf dem Sofa und kuscheln. Es gibt gerade nichts, worüber wir groß streiten könnten, aber immer viel zu bequatschen und zu philosphieren. Alltag halt. :wink:

    Zitat


    Habe ich richtig verstanden, dass du momentan damit beschäftigt bist, zu realisieren, dass du Schmerz fühlst, aber ihn nicht wirklich integrieren bzw fassen kannst?

    Ja, genau. Der Schmerz, den ich auf einmal wieder fühlte, bezieht sich darauf, dass der Sucht - ergo auch meinem Partner in betrunkenem Zustand - nichts, aber auch gar nichts von all den schönen Beziehungsmerkmalen wichtig ist. Bewusst war mir das immer, aber aus meinem Herzen hatte ich diese Erkenntnis erfolgreich verdrängt. Das wieder zu fühlen, war für mich schon wichtig, nachdem bis zu dem Zeitpunkt, als Girasole mir durch ihre kleine, unscheinbare Suggestiv-Frage diesen Nadelstich versetzt hat, mein Faden eher von Bewusstseinsarbeit geprägt war. Beides ist wichtig. Ich hoffe, Du verstehst, was ich meine...
    Ich hatte diesen Schmerz tatsächlich verdrängt, dadurch, dass ich an seinen Trinkabenden immer in Aktionismus verfallen bin und irgendwas für mich unternommen habe. Mit dieser Gefühl-Verdrängungs-Taktik habe ich's zwar wohl geschafft, bislang nicht co-abhängig zu werden, aber geblieben ist in mir dennoch so etwas wie eine dauernde innere Unruhe, ein Gefühl der Ungewisstheit, irgendwie ein ständiges Auf-der-Hut-sein, etwas, was sich auch nicht verdrängen lässt und mir auf Dauer sicher nicht gut tut.

    Von der Abgrenzung und vom Verbiegen und vom Rutschen in die Co-Abhängigkeit:

    Ich denke, die Abgrenzung vom Suchtproblem meines Partners hat bei mir bislang viel zu gut funktioniert, wie jetzt meine, erkannt zu haben: Denn in meinem Fall war damit auch schon eine Abgrenzung von meinen eigenen Gefühlen verbunden. Also das, was Du, Ahoi, mal mit der "Psychologisierung des eigenen Ichs" gemeint hattest. So ist aus der Abgrenzung doch eine Art von Anpassung an die Situation und damit auch schon ein Stück weit Verbiegen geworden.

    Von meinen Vorstellungen von einer Partnerschaft und der Realität:

    Das hier, was ich über meine Partnerschaft geschrieben habe...

    Zitat von Kalliopi

    Eine Partnerschaft besteht für mich aus zwei gleichberechtigten, eigenständigen Menschen, die ohne einander könnten, weil sie auch in der Lage sind, auf eigenen Füßen zu stehen, die aber miteinander wollen, weil sie sich lieben. Zu einer gesunden Partnerschaft gehört für mich, dass sich jeder auch mal am anderen anlehnen kann, gegenseitiger Respekt, dass man sich immer auf Augenhöhe begegnet. Ein Partner steht nicht hinter mir, um mir zu folgen, nicht vor mir, damit ich ihm folge, sondern neben mir, weil wir gemeinsam durchs Leben gehen. Solange der Weg der gemeinsame Weg ist.

    Zitat von Kalliopi

    Bedürfnisse, die mein Partner erfüllt: Liebe, Wertschätzung, Treue, Vertrauen, richtige Balance zwischen Nähe und Freiraum, zwischen Humor und Ernsthaftigkeit, Verständnis, Toleranz, Aufmerksamkeit, Freundschaft.

    ... das ist mir immens wichtig. Und ich sehe das auch erfüllt. Ich kann nicht glauben, dass mein Partner mir das alles nur vorspielt, dass dies alles nur Manipulation ist. Was ich mit meinem Zitat vom Weiterbohren und dem Leidensdruck meinte: Würde ich jetzt alles das, meine Beziehung ingesamt infrage stellen, dann würde ich verrückt werden. Ich kann das zum jetzigen Zeitpunkt nicht, weil ich mich dann ebenso dazu zwingen müsste, an meiner eigenen Wahrnehmung zu zweifeln.
    Aber wie schon gesagt: Girasole hat mich wieder spüren lassen, dass mein Beziehungsideal in Kombination mit einer Alkoholsucht bröckelt, dass es zumindest auf wackeligen Füßen steht - weil die Alkoholkrankheit unbehandelt fortschreiten wird, weil so eben doch mal ein Punkt erreicht sein kann, an dem es sinnvoll ist, alles infrage zu stellen.


    Vom Weg in ein trockenes Leben:

    Hier haben Eure Posts bei mir sehr viel relativiert. Ich bin ja davon ausgegangen, dass sich mein Partner mit seinen Mini-Schritten irgendwie auf dem Weg befindet. Nun sehe ich die Mini-Schritte wieder etwas differenzierter.

    Wie es weitergehen könnte:
    Ich habe schon das Gefühl, dass ich durch alle Eure Beiträge ein gutes Stück weit zu mir selbst zurückgefunden habe. Ich ziehe nun daraus die Erkenntnis, dass ich meine Gefühle, auch die schmerzhaften, wieder mehr wahrnehmen sollte. Weil Gefühle beim Einschätzen von Situationen einfach auch ein guter Ratgeber sein können. Zwar sehe ich im Zulassen von (schmerzhaften) Gefühlen auch die Gefahr, in einen "Co-Lämmchen-Leide-Modus" abzudriften. Andererseits könnte es aber eben so gut auch passieren, dass sich durch das Wieder-Wahrnehmen meiner Gefühle doch Trennungsgedanken manifestieren. Ich würde das jetzt gerne einfach mal laufen lassen, mal versuchen, meine Gefühle und ein gesundes Maß an Abgrenzung in Einklang zu bringen. Und was kommt, das kommt.

    Ich glaube, hier beginnt mein ganz persönlicher Weg...

    Puh, ich hoffe, das war jetzt alles nicht allzu kryptisch formuliert. :)

    LG Kalliopi

    Hallo liebe Foris,

    um zusammenzufassen, was sich in meinem Faden bislang für wichtige Leitsätze ergeben haben, hab ich mal alle sieben Seiten ausgedruckt und bin mit dem Textmarker durchgegangen. Hartes Stück Arbeit! :wink: Nun habe ich mal eine Auflistung der vielen verschiedenen Puzzleteile versucht - und die Liste ist doch um einiges länger geworden, als ich dachte... :o


    Von meinen Vorstellungen von einer Partnerschaft und der Realität:

    Zitat von Kalliopi

    Eine Partnerschaft besteht für mich aus zwei gleichberechtigten, eigenständigen Menschen, die ohne einander könnten, weil sie auch in der Lage sind, auf eigenen Füßen zu stehen, die aber miteinander wollen, weil sie sich lieben. Zu einer gesunden Partnerschaft gehört für mich, dass sich jeder auch mal am anderen anlehnen kann, gegenseitiger Respekt, dass man sich immer auf Augenhöhe begegnet. Ein Partner steht nicht hinter mir, um mir zu folgen, nicht vor mir, damit ich ihm folge, sondern neben mir, weil wir gemeinsam durchs Leben gehen. Solange der Weg der gemeinsame Weg ist.

    Zitat von Kalliopi


    Im Vorstellungsbereich hat man mir schon was ganz Wichtiges mit auf den Weg gegeben: Wo ist der Unterschied zwischen einem uneinsichtigen Alkoholiker und einem der zwar trocken werden will, aber uneinsichtig ist, sein Leben zu ändern? Im Endergebnis ja keiner: Beide trinken.

    Zitat von Kalliopi

    Zwar gibt es mit meinem Partner so viele wunderbare trockene Wochen und Monate. Aber in einem Punkt unterscheidet sich die Beziehung ganz deutlich von der mit einem trockenen Alkoholiker: Sie bereitet mir Unbehagen, Zweifel, Ungewissheit, Angst davor, dass alles kippen könnte – und das sind tatsächlich ein und dieselben Gefühle, die ich ganz zu Anfang der Beziehung hatte.

    Zitat von Kalliopi

    Um beim Frosch zu bleiben: Im Moment liegt die Wassertemperatur knapp über meiner optimalen Wohlfühltemperatur, so, dass es gerade noch angenehm ist. Vielleicht komme ich mit der momentanen Temperatur auch noch lange zurecht, vielleicht empfinde ich aber ein und dieselbe Temperatur in einem Jahr doch als zu warm. Oder die Temperatur steigt. Vielleicht schüttet mein Partner auch immer mal wieder kaltes Wasser nach, damit ich den Anstieg nicht so merke - aber die Temperaturwechsel würden dem Kalliopi-Frosch bestimmt viel Energie rauben. Die Temperaturschwankungen gibt's ja schon - sie sind nur so selten geworden, dass sie sich schön verdrängen lassen...

    Zitat von Kalliopi


    Ich muss mir eingestehen: ALLE positiven Merkmale werden angekratzt, wenn mein Partner nach Feierabend mal wieder betrunken schnarchend auf dem Sofa liegt und nichts mit ihm anzufangen ist. Und ALLE positiven Merkmale sind wieder da, wenn er wochenlang nichts trinkt.
    Das Dilemma ist: Diese Abende sind - für sich genommen - mit der Zeit erträglich geworden. Weil ich mir schön antrainiert habe, mir diese Abende dann für mich trotzdem schön zu gestalten. Das meinte ich mit Verdrängung und Ablenkungsmanöver. Puh, ich habe mich wohl tatsächlich schon ganz gut eingerichtet in dieser Beziehung mit Trinkpausen und Rückfällen.

    Zitat von Ahoi


    In diesem Vergleichszusammenhang würde ich zum Beispiel Kalliopis Beziehungsverhalten mit "riskantem Trinkverhalten" gleichsetzen. Noch ist es keine Sucht oder Missbrauch, aber die Grenzen sind fließend...


    Vom Rutschen in die Co-Abhängigkeit:

    Zitat von RenateO

    Der Alkohol schleicht sich ein wie ein Krake nimmt immer mehr Raum ein und das Verhalten der Angehörigen verändert sich ebenso ,,schleichend,, passt sich quasi an.

    Zitat von Sunshine_33

    Ab da, wo Du Dich persönlich unwohl fühlst, ab da stimmt dann auch was nicht mehr.

    Zitat von Ahoi

    Wenn es sich ungut anfühlt, ist es das auch.

    Zitat von Ahoi

    Stell dir vor, du bist ein Urmensch und hast Durst. Leider hat sich ein Löwe es sich an deiner Wasserstelle gemütlich gemacht. Du wirst vermutlich so lange nicht zum Wasser gehen, bis die Angst vor dem Verdursten größer ist, als die vor dem Löwen.

    Zitat von Ahoi

    Zwischenzeitlich hoffst du, freust dich, es werden ein paar gute, nüchterne Wochen kommen. Und dann gibts vielleicht wieder einen Rückfall. Aber den meistert ihr doch - oder? Mit all eurer Liebe und überhaupt, die letzten zwei Monate liefen doch BOMBIG!

    Zitat von Ahoi

    Falle: Bekommst du wirklich mit, wenn es aufhört dir gutzugehen?

    Zitat von Ahoi

    Es ist ist auffällig, wie stolz du darauf bist, wie viel Hoffnung dir diese Tat macht und was du in sie interpretierst: Er hat nicht nur verzichtet, nein er hat sich auch was Gutes getan! [...]
    Du möchtest aber gerne, dass seine Strategien aufgehen, das beeinflusst deine Interpretation und führt leicht in eine selektive Wahrnehmung. Rückfälle können dadurch verzerrter wahrgenommen werden.

    Zitat von Ahoi

    kannst du noch ungetrübt das Suchtschema erkennen, das uns alle gleich macht, ob schlimme oder gute Kindheit? Das, was er tut und nicht, was er redet?

    Zitat von Kalliopi

    Ich habe mal das Froschleben noch etwas weiter gedacht – für mich ist der Frosch im immer wärmer werdenden Tümpel ein Beispiel, mit dem ich die Alkoholiker-Co-Spirale ganz gut nachvollziehen kann. Ich stelle mir das so vor: Schüttet der Partner immer wieder mal viel kaltes Wasser nach, wird man das mit der Zeit jedes Mal als so große Erleichterung empfinden, dass man gar nicht merkt, wie die Grundtemperatur immer weiter steigt. Und irgendwann sehnt man sich bei jedem Temperaturanstieg nur noch danach, dass der Partner kaltes Wasser (= Manipulation!) nachschüttet, man wird süchtig danach, dass der Partner einem immer wieder kleine Hoffnungsschimmer gibt und wird abhängig von diesen Erleichterungszuständen. So ähnlich, wie sich der Alkoholiker Erleichterung durchs Trinken verschafft. So kann ich mir auch gut vorstellen, dass Beziehungen in die Brüche gehen, wenn der Alkoholiker aus dem System aussteigt und trocken wird. Da das Leben dann in ruhigeren Bahnen ohne so immense Temperaturschwankungen verläuft, kann der trockene Alkoholiker seinem Co auch nicht mehr diese großen Erleichterungszustände verschaffen, von denen der Co aber abhängig geworden ist.

    Zitat von Ahoi

    Wenn du nach statistischen Werten gehst und dein Freund vermutlich nicht in Eigenregie seine Krankheit stoppen wird - ändert das etwas an deinem Bild von eurer Zukunft? Bist du bereit einen Weg mit ihm zu gehen, der zu einem guten Prozentsatz nichts bringen wird? Bist du bereit dich darüber nicht zu belügen?



    Von der Abgrenzung und vom Verbiegen:

    Zitat von Sunshine_33

    Wenn ich merke, ich komme mit dem Verhalten eines anderen nicht zurecht, dann trenne ich mich und versuche nicht,
    da auf Teufel komm raus doch was hinzubiegen, indem ICH mich komplett verbiege.

    Zitat von Ahoi

    Ich hab mich so durchanalysiert, dass ich dachte, jedes Problem irgendwie im Inneren lösen zu können. ER muss sich nicht ändern, aber ich kann einen Modus finden, mit ihm zusammen und dennoch autark zu sein.

    Zitat von Kalliopi

    Vielleicht kriege ich das mit der inneren Abgrenzung nicht hin, weil innere Abgrenzung doch gleichbedeutend ist mit Trennung? Vielleicht ist aber die innere Abgrenzung auch ein Prozess, dessen Ende eine Trennung sein könnte? Ich weiß nicht. Eine Trennung ist (im Moment) für mich die Option, falls die Situation kippt und ich nicht mitkippen will.

    Zitat von Ahoi

    Ich möchte dich nur darauf aufmerksam machen, dass man vor lauter Psychologisierung des eigenen Ichs und der Wendung nach Innen, den Absprung aus einer destruktiven Partnerschaft und Familienstruktur auch verpassen kann.

    Zitat von Kalliopi

    Ein so extremes Auf und Ab der Emotionen zwischen Leidenschaft und Hass, wie Du es beschreibst, spüre ich nicht. Aber vielleicht liegt das auch daran, dass ich mich von negativen Gefühlen durch meine "schizophrenen" Abgrenzungsversuche, schon entfernt habe?

    Zitat von Ahoi

    Oder du spaltest dich ab, weils sonst unerträglich wird. Flüchtest dich Selbstbetrug und Hobbies. Geht doch! Und wieder sind sechs Monate verstrichen.

    Vom Weg in ein trockenes Leben:

    Zitat von Sunshine_33

    Du machst Dir hier selbst was vor, weil Du es so möchtest. Du willst hier Schritte sehen in Richtung Trockenheit, aber es sind keine. Du begehst gerade Augenwischerei an Dir selbst.

    Zitat von Ahoi

    Tatsache ist: Ein bisschen mit nicht-Abhängigen über die Gefühle aus der schweren Kindheit zu reden, heilt nicht vom Alkoholismus.

    Zitat von Sunshine_33

    Kalliopi, wenn er wirklich einen neuen Versuch starten wollte, wäre er längst beim Arzt. Er kennt die Wege, die zielführend sind/sein können !!

    Zitat von Sunshine_33

    Man kann sich nicht aus der Sucht ausschleichen, das funzt einfach nicht.

    Zitat von girasole

    die Schritte, die ja auch nur mini sind, zählen gar nichts- denn er trinkt ja immer mal wieder.

    Zitat von Ahoi

    Wenn du nach statistischen Werten gehst und dein Freund vermutlich nicht in Eigenregie seine Krankheit stoppen wird - ändert das etwas an deinem Bild von eurer Zukunft? Bist du bereit einen Weg mit ihm zu gehen, der zu einem guten Prozentsatz nichts bringen wird? Bist du bereit dich darüber nicht zu belügen?

    Zitat von Ahoi

    Denn im Leben eines Abhängigen steht der Stoff an allererster Stelle. Das ist das Wesen der Sucht. Kommst du mit Platz zwei klar?


    Wie es weitergehen könnte:

    Zitat von Sunshine_33


    Schau auf das, was er tut, nicht auf das, was er sagt.

    Zitat von Kalliopi

    Sollte die momentane Trinkpause meines Partners irgendwann wieder mal ein Ende haben, dann will ich erstmal wieder ganz genau meine Gefühle beobachten, bevor ich gleich wieder hektisch aufspringe und irgendwas Schönes für mich unternehme. Das Schöne kann ich zwar immer genießen, aber da steckt wohl auch viel Ablenkungsmanöver und Verdrängung dahinter.

    Zitat von Ahoi

    Dein Bedürfnis zu gehen, bzw. das leid in der jetzigen Situation ist noch nicht größer als das Leid, zu gehen.

    Zitat von Sunshine_33

    ... sowas ist für mich immer wie ein "weggeworfenes Leben". Wir alle haben eins geschenkt bekommen,
    und ich finde, da sollte man auch das Schönste draus für sich selbt machen.

    Zitat von Kalliopi

    Ich war gerade dabei, meine Gefühle, also meine Warnsignale, auszuschalten, mit eigenen Hobbies etc. zu überdecken. Ich muss wohl wieder viel, viel mehr Gefühle zulassen, auch wenn es keine schönen sind...

    Zitat von RenateO

    Nun könnten beide Zitate auch von einem nassen Alki sein(deinem xy)

    Zitat von Kalliopi

    Wenn ich jetzt in diese Richtung weiterbohre, dann könnte sich mein Leidensdruck erhöhen... und in mir sträubt sich im Moment alles dagegen...


    Ganz schön viele Gedankenanstöße sind da zusammengekommen... Vor allem über den letzten Punkt - "Wie es weitergehen könnte" - denke ich gerade nach. Im Moment scheinen die Beiträge alle noch etwas zusammenhangslos nebeneinander zu stehen. Ich wollte die Puzzleteile ja zu einem Bild zusammensetzen. Für mich hat sich auch schon ein etwas klareres Bild von der Situation, in der ich stecke, ergeben. Ich glaube mein Problem in der Abgrenzung von meinen eigenen Gefühlen zu erkennen, also darin, dass ich negative Gefühle wie Schmerz abzutöten versuche, in dem Glauben, so mit den "Pausen von den Trinkpausen" gut weiterleben zu können. Ich komme darauf noch zurück, sobald ich etwas Zeit finde. Vor allem auch das allerletzte Zitat von mir mit dem Weiterbohren und dem Leidensdruck möchte ich noch genauer erklären.

    Jetzt muss ich leider los: Hab heute frei und gleich mal Freizeitstress! 8) Erstmal ein schönen Endspurt ins Wochenende Euch allen!

    LG Kalliopi

    Liebe Girasole,

    jetzt war das Letzte, was Du mir mit auf den Weg gegeben hast, ein Schmerz... :o Aber wer weiß, vielleicht wird das rückblickend irgendwann ein ganz wichtiger Nadelstich gewesen sein. Mir ist dadurch in den vergangenen Tagen klar geworden, wohin ich auf gar keinen Fall (mehr) will. Ich bin zwar im Moment nach wie vor davon überzeugt, dass mein Partner mir nicht wochenlang nur was vorspielt, um dann einen Abend wieder saufen zu können. Aber: Du hast mich durch Deine Frage wieder ganz deutlich spüren lassen, dass der Sucht all die schönen Merkmale einer Beziehung ganz herzlich schnurzpiepegal sind. Bewusst war mir das die ganze Zeit, aber wirklich gespürt habe ich das lange nicht mehr.

    Liebe Girasole, vielen, vielen Dank für Dein Engagement! Und Dir alles, alles Gute! *drück* :wink:

    LG Kalliopi

    Guten Morgen!

    girasole

    Du hast mich gestern noch eine ganze Zeitlang beschäftigt:

    Zitat von Kalliopi


    Ich muss mir eingestehen: ALLE positiven Merkmale werden angekratzt, wenn mein Partner nach Feierabend mal wieder betrunken schnarchend auf dem Sofa liegt und nichts mit ihm anzufangen ist. Und ALLE positiven Merkmale sind wieder da, wenn er wochenlang nichts trinkt.

    Das Dilemma ist: Diese Abende sind - für sich genommen - mit der Zeit erträglich geworden. Weil ich mir schön antrainiert habe, mir diese Abende dann für mich trotzdem schön zu gestalten. Das meinte ich mit Verdrängung und Ablenkungsmanöver. Puh, ich habe mich wohl tatsächlich schon ganz gut eingerichtet in dieser Beziehung mit Trinkpausen und Rückfällen. Der Frosch im immer wärmer werdenden Wasser...


    Girasole, das hat ganz schön gesessen. Zum ersten Mal seit Langem spüre ich nicht nur eine Mischung aus Ungewissheit und Hoffnung, sondern auch wieder so etwas wie Schmerz. Meinen eigenen Beitrag zu lesen ist schmerzhaft, zu sehen, wie viele ungesunde Mechanismen sich wohl doch schon eingeschlichen haben. Und ich merke, wie ich einen starken inneren Drang verspüre, diesen Schmerz nicht einfach stehen zu lassen und wahrzunehmen, sondern ihn durch Ablenkung ganz schnell wieder loszuwerden zu wollen. Wenn ich jetzt in diese Richtung weiterbohre, dann könnte sich mein Leidensdruck erhöhen... und in mir sträubt sich im Moment alles dagegen...

    LG von einer sehr nachdenklichen Kalliopi

    girasole

    Ich musste nicht mal lange nachdenken...

    Zitat von girasole


    ich möchte dich einladen, deine positiven Merkmale der Beziehung noch mal kritisch zu hinterfragen!!

    Zitat von Kalliopi


    Bedürfnisse, die mein Partner erfüllt: Liebe, Wertschätzung, Treue, Vertrauen, richtige Balance zwischen Nähe und Freiraum, zwischen Humor und Ernsthaftigkeit, Verständnis, Toleranz, Aufmerksamkeit, Freundschaft.


    Ich muss mir eingestehen: ALLE positiven Merkmale werden angekratzt, wenn mein Partner nach Feierabend mal wieder betrunken schnarchend auf dem Sofa liegt und nichts mit ihm anzufangen ist. Und ALLE positiven Merkmale sind wieder da, wenn er wochenlang nichts trinkt.

    Das Dilemma ist: Diese Abende sind - für sich genommen - mit der Zeit erträglich geworden. Weil ich mir schön antrainiert habe, mir diese Abende dann für mich trotzdem schön zu gestalten. Das meinte ich mit Verdrängung und Ablenkungsmanöver. Puh, ich habe mich wohl tatsächlich schon ganz gut eingerichtet in dieser Beziehung mit Trinkpausen und Rückfällen. Der Frosch im immer wärmer werdenden Wasser... Wird langsam Zeit, dass ich alle Erkenntnisse, die im Moment wie Puzzleteile hier in meinem Faden verstreut sind, mal zu einem Bild zusammensetze.


    @Sunshine

    Ja, vielen Dank fürs Beantworten meiner Frage! :wink: Auch wenn ich gar nicht genau weiß, was ich mir davon erhofft habe. Vielleicht doch ein Geheimrezept zum Nicht-Co-Werden? War aber auch klar, dass ich das nicht bekomme. Dafür freue ich mich einfach aufrichtig mit Dir: Deine Schilderungen hören sich jetzt nach einer sehr gefestigten und lebendigen Beziehung an, die viele Höhen und Tiefen und viel Selbsterkenntnis beider Partner erlebt hat, in der jetzt viel Nähe da ist, aber immer noch jeder er selbst sein kann. Zwei Einzelgänger, die 25 Jahre zu zweit durchs Leben gehen - das ist wirklich schön! :wink:

    LG Kalliopi

    girasole

    Zitat von girasole


    ich möchte dich einladen, deine positiven Merkmale der Beziehung noch mal kritisch zu hinterfragen!!


    Ja, auf jeden Fall. Ich habe beim Schreiben schon gespürt: An einem Abend, an dem er wieder getrunken hat, werde ich sicherlich anders empfinden in Bezug auf die Befriedigung meiner Bedürfnisse, als in den abstinenten Wochen und Monaten davor. Lass mir noch Zeit, darüber nachzudenken, welche positiven Merkmale meiner Beziehung an einem solchen Abend angekratzt werden.

    LG Kalliopi

    Hallo Forum!

    Renate

    Zitat von RenateO


    Nun könnten beide Zitate auch von einem nassen Alki sein(deinem xy)


    Ich musste mir tatsächlich meine Beiträge mehrmals durchlesen, bis ich gesehen habe, was Du meinst. Aber ich habe es gesehen. Spricht ein Abhängiger von Entscheidungsfreiheit, kann man seine Worte wohl getrost in die Tonne treten. Und bei mir? Hm. Im Moment fühle ich die Entscheidungsfreiheit bzw. ich fühle mich frei, zu entscheiden. Ob das so bleibt, wenn der Sog der Abhängigkeit einsetzt, weiß ich nicht. Auch deshalb habe ich das mit dem Heraustreten aus der Opferrolle und der Entscheidungsfreiheit so explizit niedergeschrieben, für mich niedergeschrieben, damit ich mir das irgenwann mal Schwarz auf Weiß selbst vor die Nase halten kann.

    Ich habe das immer so gemacht, wenn ich vor schwierigen Entscheidungen stand, die mich ins Ungewisse geführt haben, zum Beispiel bei Jobwechsel, Umzug in eine fremde Stadt, Trennungen von früheren Partnern oder - und das ist eine Entscheidung, die ich irgendwann wirklich nicht mehr rückgängig machen kann - keine Kinder zu bekommen. Entscheiden muss ich mich, auch wenn ich nicht weiß wie. Dann vergewissere ich mich immer meiner Entscheidungsfreiheit, spiele verschiedene Möglichkeiten durch, und dann entscheide mich bewusst. Das schützt mich davor, später Entscheidungen zu bereuen, auch wenn sie rückblickend vielleicht nicht immer richtig waren. Ich kann mich später darauf berufen, was ich zum Zeitpunkt der Entscheidung gedacht und gefühlt habe, und dann kann ich mit den Konsequenzen, die eine Entscheidung mit sich bringt, umgehen, ohne irgendjemandem, weder mir noch anderen, die Schuld zu geben. Ich hoffe, das klingt jetzt nicht allzu wirr und verkopft und Ihr könnt verstehen, was ich damit meine.

    Ahoi

    Vielen Dank für den Einblick in Deine einstige Beziehungsstruktur. Bei uns ist es zwar nie laut, nie Drama, aber auch immer wichtig. Ein so extremes Auf und Ab der Emotionen zwischen Leidenschaft und Hass, wie Du es beschreibst, spüre ich nicht. Aber vielleicht liegt das auch daran, dass ich mich von negativen Gefühlen durch meine "schizophrenen" Abgrenzungsversuche, schon entfernt habe? Ich weiß es nicht.
    Sollte die momentane Trinkpause meines Partners irgendwann wieder mal ein Ende haben, dann will ich erstmal wieder ganz genau meine Gefühle beobachten, bevor ich gleich wieder hektisch aufspringe und irgendwas Schönes für mich unternehme. Das Schöne kann ich zwar immer genießen, aber da steckt wohl auch viel Ablenkungsmanöver und Verdrängung dahinter.

    Zitat von Ahoi


    Es ist ja so: Du gehst nicht, auch wenn du das Risiko kennst, weil du etwas dafür bekommst.


    Stimmt. Also, was bekomme ich in der Beziehung?

    Bedürfnisse, die mein Partner erfüllt: Liebe, Wertschätzung, Treue, Vertrauen, richtige Balance zwischen Nähe und Freiraum, zwischen Humor und Ernsthaftigkeit, Verständnis, Toleranz, Aufmerksamkeit, Freundschaft.

    Bedürfnisse, die mein Partner nicht oder nur teilweise erfüllt: Sicherheit, Gewissheit, Sorglosigkeit, Zukunftspläne, Vertrauen (in Bezug auf konsequente Abstinenz).

    Zitat von Ahoi


    Vielleicht wäre nicht nur die Frage interessant, warum man sich nicht zur Wasserstelle traut, sondern was einen undurstig genug macht, um da zu bleiben, wo man gerade ist. Welchen Anteil der Alkoholabhängige befriedigt, dass man trotz der Vergeblichkeit nicht von ihm und der Interaktion lassen kann.
    Was ist mein nicht-materielles Suchtmittel?


    Hm, welche Befriedigung welches meiner Beziehungs-Bedürfnisse taugt zum Suchtmittel? Gute Frage! Beantworten kann ich das noch nicht, darüber muss ich noch länger nachdenken.

    @Sunshine

    Deinen Beitrag über Manipulation habe ich mir nochmals durchgelesen. Dabei ist in mir noch eine kleine Frage aufgetaucht: Woran machst Du es fest, dass Dein Partner kein Co geworden ist? Bei all den Manipulationen, denen er ausgesetzt war? Wenn er Dir sogar Alk besorgt hat, nur um Ärger mit Dir aus dem Weg zu gehen? Wenn Dir meine Frage zu sehr in die Privatsphäre eindringt, dann musst Du sie natürlich nicht beantworten, dann ich schiebe ganz fix eine Entschuldigung für meine Indiskretion nach. :wink:

    So, ansonsten wünsche ich Euch allen einen schönen Start in die Woche!

    LG Kalliopi

    Hey, Ihr könnt Euch ja auch ganz gut ohne mich unterhalten hier. :D

    Ich finde es bemerkenswert, wie tiefgründig und sachlich man sich trotz dieser wahnsinnig emotionalen und unter die Haut gehenden Themen hier im Forum austauschen kann. Ein dickes Lob an alle Schreiber, aber auch an den Forenbetreiber!

    Sunshine, vielen Dank, dass Du mich so tief in Deine Erfahrungen blicken lässt. Es ist beeindruckend, wie schonungslos Du Dich selbst beschreiben kannst. Meinen größten Respekt!

    Zitat von Sunshine_33


    einige meinen ja, das die CO-Abhängigkeit keine Sucht/keine Krankheit ist.


    Weil es tatsächlich so schwer zu verstehen ist. Ich habe mal das Froschleben noch etwas weiter gedacht – für mich ist der Frosch im immer wärmer werdenden Tümpel ein Beispiel, mit dem ich die Alkoholiker-Co-Spirale ganz gut nachvollziehen kann. Ich stelle mir das so vor: Schüttet der Partner immer wieder mal viel kaltes Wasser nach, wird man das mit der Zeit jedes Mal als so große Erleichterung empfinden, dass man gar nicht merkt, wie die Grundtemperatur immer weiter steigt. Und irgendwann sehnt man sich bei jedem Temperaturanstieg nur noch danach, dass der Partner kaltes Wasser (= Manipulation!) nachschüttet, man wird süchtig danach, dass der Partner einem immer wieder kleine Hoffnungsschimmer gibt und wird abhängig von diesen Erleichterungszuständen. So ähnlich, wie sich der Alkoholiker Erleichterung durchs Trinken verschafft. So kann ich mir auch gut vorstellen, dass Beziehungen in die Brüche gehen, wenn der Alkoholiker aus dem System aussteigt und trocken wird. Da das Leben dann in ruhigeren Bahnen ohne so immense Temperaturschwankungen verläuft, kann der trockene Alkoholiker seinem Co auch nicht mehr diese großen Erleichterungszustände verschaffen, von denen der Co aber abhängig geworden ist. Hm, in der Therorie ist das alles so einfach zu erklären... :wink:


    Ahoi hat mir weiter oben noch Fragen gestellt, an denen ich ganz schön zu knabbern habe:

    Zitat von Ahoi


    Wenn du nach statistischen Werten gehst und dein Freund vermutlich nicht in Eigenregie seine Krankheit stoppen wird - ändert das etwas an deinem Bild von eurer Zukunft? Bist du bereit einen Weg mit ihm zu gehen, der zu einem guten Prozentsatz nichts bringen wird? Bist du bereit dich darüber nicht zu belügen?


    Würde mir jetzt jemand eine Glaskugel geben, mit der ich in die Zukunft schauen könnte, und ich würde sehen, dass mich meine momentane Situation direkt auf den Abgrund zuführt, ich würde vielleicht doch ganz schnell die Reißleine ziehen. Aber so, ohne die Glaskugel, ertappe ich mich selbst dabei, dass auch bei mir, wie bei so vielen anderen, diese Hoffnung des Cos ins Spiel kommt, die Girasole gerade in ihrem neuen Faden hinterfragt. Ich merke schon, das ist etwas, an dem ich noch arbeiten muss. Diese Hoffnung ist eigentlich was ganz schön Überhebliches: Sie unterschätzt die Sucht. Ja, vielleicht unterschätze auch ich tatsächlich die Sucht in meiner momentanen Situation. Ich weiß es nicht.


    Zitat von Sunshine_33


    Ich sehe übrigens bei der ganzen Sache kein Täter-Opfer-Geschichte, sondern nur eine Opfer-Opfer-Geschichte, wenn man mal bei diesem Wort bleiben will.
    [...]
    Ich möchte das nur noch mal so betonen, denn ich habe hier oftmals da Gefühl, der nasse Alkoholiker wird als böser Täter gesehen
    und der CO ist das reinweißeste Opfer-Schäfchen, was ja "nur das Beste" wollte.
    Nönö... auch der CO handelt immer im ureigensten Interesse, so meine Meinung dazu.


    Ich kann nicht sagen, dass ich uns als Opfer sehe, weder meinen Partner noch mich. Opfer zwar in dem Sinne, dass Schuldzuweisungen nichts bringen. Es bringt nichts, meinem Partner die Schuld dafür zu geben, krank geworden zu sein, auch wenn es natürlich er selbst war, der jahrelang erst leichtsinnig, dann missbräuchlich getrunken hat. Bis irgendwann eben die Abhängigkeit da war. Ich kann schon nachvollziehen, wie und dass er da reingerutscht ist. Als Opfer sehe ich ihn aber deshalb nicht, weil er jetzt, im Hier und Heute, durch das Einleiten der richtigen Schritte die Krankheit zum Stillstand bringen könnte.

    Und auch ich sehe mich nicht als Opfer:

    Zitat von Ahoi


    In diesem Vergleichszusammenhang würde ich zum Beispiel Kalliopis Beziehungsverhalten mit "riskantem Trinkverhalten" gleichsetzen. Noch ist es keine Sucht oder Missbrauch, aber die Grenzen sind fließend ...


    Danke Ahoi, dass Du mir hier den Spiegel vorhältst! Ins Auge gesprungen ist mir sofort das „riskante Trinkverhalten“. Ja, ich bin ein Risiko eingegangen mit dieser Beziehung, und nach allem, was ich jetzt schon begriffen habe, lebe ich im Moment mit dem Risiko ganz bewusst weiter. Ich sehe Euch schon die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, nach dem Motto: „Jetzt rennt sie auch noch sehenden Auges ins Verderben.“ :wink:

    Aber lasst mir bitte Zeit. Ich renne gar nicht, ich bin jetzt erstmal stehengeblieben. Im Moment befinde ich mich immer noch in der Phase des Erkennens und Verstehens, des Bewertens und Sortierens. Dann kommt hoffentlich das Verinnerlichen.

    Was ich damit sagen will: Ich trete aber jetzt aus der Opferrolle heraus. Ich kann kein armes, in Selbstmittleid zerfließendes Co-Lämmchen mehr sein, wenn ich weiß, dass ich mich bewusst riskant verhalte. Ich kann ja selbst entscheiden: Ich kann bleiben, ich darf aber auch jederzeit gehen. Jede dieser Entscheidungen hat Konsequenzen. Weil es aber meine ureigenen Entscheidungen sind, sind auch die Konsequenzen von mir selbst verursacht. Dann meinem Partner oder der ganzen Welt die Schuld zu geben, funktioniert so nicht. Wichtig ist auch: Nicht jede Entscheidung ist eine Entscheidung für die Ewigkeit. Ich darf zu einem anderen Zeitpunkt die Situation wieder ganz neu und anders bewerten und dann auch wieder ganz neu und anders entscheiden.

    So, nochmal für mich selbst zum Mitschreiben: Ich trete aus der Opferrolle heraus. Bitte nagelt mich darauf fest, falls ich doch irgenwann mal im Lämmchen-Modus hier aufkreuzen sollte. :wink:


    Zitat von Katharsis


    Deine Reaktion auf meinen Kommentar hat mich übrigens sehr gefreut. Du hast es nicht als persönlichen Angriff gesehen und so war es auch keinesfalls gemeint.
    Manchmal finde ich es einfach nur wichtig, auch auf eine andere Sichtweise aufmerksam zu machen, von der ich vermute, dass sie Nicht-Betroffenen gar nicht in den Sinn kommen kann, weil sie in einem anderen Paar Stiefel stecken.


    Katha, genauso habe ich das auch verstanden. Alles gut! :wink:


    Zitat von Sunshine_33


    ... sowas ist für mich immer wie ein "weggeworfenes Leben". Wir alle haben eins geschenkt bekommen,
    und ich finde, da sollte man auch das Schönste draus für sich selbt machen.


    Sunshine, das ist so ein schöner Gedanke! Der kommt in meinen „Co-Notfallkoffer“ ganz vorne hin. Ich habe mir ein kleines Büchlein angeschafft, in dem ich die für mich wichtigsten Leitsätze hier aus meinem Faden zusammenfassen will. Einen kleinen Frosch zeichne ich auch hinein, und einen Löwen an der Wasserstelle. :D Dieses Büchlein kann ich immer dann ganz schnell zur Hand nehmen, wenn ich das Gefühl habe, ich müsste meine Gedanken wieder sortieren und zurechtrücken.

    So, danke Euch fürs Lesen! Habt heute einen schönen Tag!

    LG Kalliopi

    Nachtrag:

    Und schon bin ich wieder in die Falle getappt...

    Zitat von Kalliopi

    Um beim Frosch zu bleiben: Im Moment liegt die Wassertemperatur knapp über meiner optimalen Wohlfühltemperatur, so, dass es gerade noch angenehm ist. Vielleicht komme ich mit der momentanen Temperatur auch noch lange zurecht, vielleicht empfinde ich aber ein und dieselbe Temperatur in einem Jahr doch als zu warm. Oder die Temperatur steigt. Vielleicht schüttet mein Partner auch immer mal wieder kaltes Wasser nach, damit ich den Anstieg nicht so merke - aber die Temperaturwechsel würden dem Kalliopi-Frosch bestimmt viel Energie rauben.


    Die Temperaturschwankungen gibt's ja schon - sie sind nur so selten geworden, dass sie sich schön verdrängen lassen...

    Hallo Ihr!

    Katha
    Vielen Dank für den Einwurf! Dass ich meinen Partner wahllos "oute", das ist bei mir, denke ich, keine Gefahr. Ganz im Gegenteil, ich habe eher das Gefühl, dass ich mich vertrauten Menschen gegenüber mehr öffnen solllte. Prima für den Alltag (und für Grillfeuer-Situationen :D ) finde ich aber Deinen Vorschlag hier:

    Zitat von Katharsis


    Ich würde mir wünschen, dass Co´s ebenfalls zu der von ihnen getroffenen Entscheidung stehen könnten, ohne nun den alkoholkranken Partner als Grund anzuführen.


    Ja, da ist was dran. Zwar war mein alkoholkranker Partner der Auslöser dafür, selbst nichts mehr trinken zu wollen, aber mittlerweile finde ich das so gut, dass ich es tatsächlich auch ganz allein für mich mache.


    Zitat von Ahoi


    warum fragt eigentlich niemand einen Nichtraucher, warum er nicht raucht? :)


    Naja, ein Raucher, der aufgehört hat, wird schon danach gefragt - nur so ungläubig angeguckt wird er nicht...

    Zitat von Ahoi


    Mein Tipp ist, frag doch einfach zurück: "Warum sollte ich?" Dann ist der andere gezwungen zu erklären, nicht du.


    Das ist auch super, das probiere ich mal aus, mal sehen, was dann alles für nette Erklärungen kommen. :D

    Zitat von Ahoi


    Dass du deinen Partner aufgrund unserer Posts nicht verlassen wirst, ist klar und absolut nachvollziehbar.


    Nein, nicht heute und wohl auch nicht morgen. Aber wer weiß, was übermorgen ist. Ich wollte einen Schubs in die richtige Richtung, und Eure Posts sind schon jetzt unendlich wertvoll für mich. Wenn ich durch meinen Austausch hier viel früher erkenne, dass der Zeitpunkt des Absprungs gekommen ist, lange, lange bevor der Kalliopi-Frosch im immer wärmer werdenden Wasser Schnappatmung bekommt, dann ist für mich schon unendlich viel gewonnen.

    Ich habe jetzt aber auch gemerkt, dass ich daran noch kräftig arbeiten muss. Um beim Frosch zu bleiben: Im Moment liegt die Wassertemperatur knapp über meiner optimalen Wohlfühltemperatur, so, dass es gerade noch angenehm ist. Vielleicht komme ich mit der momentanen Temperatur auch noch lange zurecht, vielleicht empfinde ich aber ein und dieselbe Temperatur in einem Jahr doch als zu warm. Oder die Temperatur steigt. Vielleicht schüttet mein Partner auch immer mal wieder kaltes Wasser nach, damit ich den Anstieg nicht so merke - aber die Temperaturwechsel würden dem Kalliopi-Frosch bestimmt viel Energie rauben. Das heißt für mich jetzt: Regelmäßig Temperatur messen, auch auf kleine Schwankungen achten und wie sie sich auf mein Wohlbefinden auswirken. Und unbedingt lernen, mich selbst für so wichtig nehmen, dass ich mir selbst vertrauen kann, dass ich mich nicht leiden lasse. Das wäre schön.

    Jetzt bin ich auch noch gespannt, was Sunshine zu Manipulationen erklärt.

    Bis dann, einen schönen Start in die Woche wünsche ich Euch!

    LG Kalliopi

    Ach so, eins noch:

    Ich hab gestern einem Kollegen davon erzählt. Wir sind wegen der Fastenzeit darauf gekommen, wir haben uns über einen anderen Kollegen unterhalten, der bis Ostern auf Alkohol verzichtet. Ich habe dann erzählt, dass ich schon das ganze letzte Jahr nix getrunken habe. Dann wollte er wissen, warum. Ich bin dann ganz schön rumgeeiert, der Satz "Mein Partner ist Alkoholiker, deshalb bin ich auf dieses Gift nicht sonderlich gut zu sprechen" wollte mir einfach nicht über die Lippen kommen. Ich glaube, mein Kollege hat mich trotzdem verstanden. Nichtsdestotrotz: Das war ein ganz schönes Co-Gefasel, was ich da vom Stapel gelassen habe, mein lieber Mann... :o

    Hallo liebes Forum, guten Morgen!

    Eure Beiträge werde ich noch mehrmals lesen müssen, um alle Denkanstöße wirklich aufnehmen zu können. Das ist so viel dabei, was ich mir alles einzeln angucken und für mich hinterfragen muss. Dennoch erstmal ein kleines Resümee mit dem Versuch einer neuen Standortbestimmung.

    Angemeldet habe ich mich hier tatsächlich in dem Glauben, dass mein Partner irgendwie auf dem Weg ist. Wenn auch kein konsequenter Weg, dann wenigstens ein Weg in Mini-Schritten aus der Sucht. Was ich gerade total spannend finde (auch wenn's nicht das ist, was ich mir erhofft habe): Wie das, was ich über meinen Partner schreibe, was ja meine subjektive Wahrnehmung der Situation ist, wiederum bei Euch ankommt. Wenn Girasole den Eindruck hat, dass das aus ihrer Sicht Wichtigste nur in einem Nebensatz versteckt ist, dann gibt mir das schon zu denken. Beim Beschreiben der Situation hatte ich diesen Eindruck, dass ich was verstecken will, überhaupt nicht. Ihr sprecht von Augenwischerei, davon, dass ich seine Mini-Schritte zu Heldentaten stilisiere. Puh, das ist ganz schön hart. Und ich brauche noch etwas Zeit, mich diesbezüglich zu hinterfragen. Auch um zu hinterfragen, was Sunshine angesprochen hat: ob das Versuche sind, mich zu manipulieren. Das kann ich nicht glauben. Wenn, dann noch eher, dass er sich mit den Mini-Schritten selbst betrügt. Aber, Sunshine, ich nehme Deine Hinweise zur Manipulation sehr ernst – schließlich bist Du die Expertin, und ich kann mich wirklich nur ansatzweise in die Suchtgedanken eines Alkoholikers hineinversetzen.

    Angemeldet habe ich mich auch mit meiner Vorstellung von den drei Alkoholiker-Varianten: Zusammenleben mit einem uneinsichtigen nassen Alkoholiker schließe ich aus, mit einem trockenen Alkoholiker kann ich mir das gut vorstellen, und mit einem Alkoholiker, der trocken werden möchte, kann ich es versuchen. Dieses Varianten-Modell habt Ihr ganz schön zum Wanken gebracht. Zwar gibt es mit meinem Partner so viele wunderbare trockene Wochen und Monate. Aber in einem Punkt unterscheidet sich die Beziehung ganz deutlich von der mit einem trockenen Alkoholiker: Sie bereitet mir Unbehagen, Zweifel, Ungewissheit, Angst davor, dass alles kippen könnte – und das sind tatsächlich ein und dieselben Gefühle, die ich ganz zu Anfang der Beziehung hatte. Im Moment räume ich den schönen trockenen Wochen und Monaten eine große Bedeutung ein. Diese Erkenntnis muss ich jetzt erstmal so stehen lassen. Aber ich werde die Gedanken weiterdenken.

    Und: Angemeldet habe ich mich auch mit der Vorstellung, hier im Forum Tipps zu bekommen, wie ich die innere Abgrenzung vorantreiben kann, besser gesagt, wie ich Angst und Unbehagen in mir selbst ausknipsen kann. Fragt mich nicht, wie ich auf so eine abstruse Vorstellung gekommen bin. Was ich jetzt schon kapiert habe: Ich war gerade dabei, meine Gefühle, also meine Warnsignale, auszuschalten, mit eigenen Hobbies etc. zu überdecken. Ich muss wohl wieder viel, viel mehr Gefühle zulassen, auch wenn es keine schönen sind...

    So, weiter, als für mich mal dieses kleine Resümee zu ziehen, zusammenzufassen, was zuletzt auf mich eingeprasselt ist, und wie mich das beschäftigt, bin ich noch nicht gekommen. Dass mein kleines (Welt-) Bild wankt, muss ich erstmal verdauen. Ich wollte mir ja auch unbedingt nochmal die Co-Bausteine vornehmen, ob ich jetzt für mich daraus was anderes mitnehmen kann, als noch vor ein paar Wochen. Ahoi, Du hast mir in Deinem Beitrag auch noch ein paar weitere Fragen gestellt - die beschäftigen mich gerade noch.

    Noch was anderes: Im Alkoholiker-Bereich gibt es einen Notfallkoffer-Faden. Das finde ich super, ich hätte auch gerne sowas. Ich will mal versuchen, all die Sätze und Passagen von Euch zu sammeln, die mich am meisten zum Nachdenken anregen, um daraus für mich so eine Art Notfallkoffer zu basteln. Vielleicht lege ich auch noch ein schönes Foto von mir dazu, auf dem ich mich selber ganz gut leiden kann. Oder Gedichte, die mich zum Nachdenken bringen. Hat jemand noch eine Idee, was da hinein könnte?

    Zitat von Ahoi

    Ich möchte gar nicht an dir rumzerren und tu es doch. Aber du scheinst so aufmerksam zu sein, dass du hierher kommst, obwohl deine Liebe noch relativ frisch und die Wunden noch gar nicht so groß und das Denken noch gar nicht jahrelang so eingefahren sind. Du hast ein gutes Gespür für Unstimmigkeit und dich. Mach was draus! Ich finde es schön, ein bisschen daran teilzuhaben.


    Ihr dürft schon an mir herumzerren. Aber nur, wenn Ihr mir auch zugesteht, dass ich vielleicht irgendwann auch mal ein bisschen widerwillig reagieren könnte. Ganz ausschließen kann ich das nämlich nicht... :wink:

    Zitat von Ahoi


    Ein Krebskranker würde vermutlich drei Monate in ein Erdloch gehen und sich von Bienen ernähren, während ein Irrer guatemaltekischer Gefangener ihn durchkitzelt, wenn er dadurch gesund würde.


    Ahoi, ich liebe Deine Vergleiche! :D Und: Von diesem Punkt ist mein Partner wohl tatsächlich noch ganz weit entfernt. Aber ich, muss ich zugeben, ich auch...

    So, nun geht's auf in meinen arbeitsfreien Samstag! Ein schönes Wochenende wünsche ich Euch allen! 8)

    LG Kalliopi

    Hallo Ihr,

    ich bin total überwältigt und gerührt, wie intensiv Ihr Euch mit mir auseinandersetzt. Wahnsinn! Danke! :wink:

    Ich hab heute nicht so viel Zeit, um auf alles richtig einzugehen (ein langer Arbeitstag ruft). Aber ich glaube, ich brauche jetzt sowieso etwas Muße, um das alles sacken zu lassen, Ihr gebt mir schon echt ein paar Hammer mit auf den Weg. War vielleicht doch ganz gut, dass ich auch mal was über meinen Partner geschrieben habe...

    Ich will auch nochmal "back to the roots" gehen und mir unter neuen Vorzeichen nochmal die Co-Grundbausteine angucken.

    Bis dann, habt einen schönen Tag!

    LG Kalliopi

    Hall Ihr,

    Zitat von girasole

    Applaus, Applaus für deine Worte, Ahoi!
    Deine Beiträge flashen mich richtig, was du schreibst ist so treffend, ist rund und hat Hand und Fuß, Wahnsinn.


    Ich schließe mich an! Ich weiß gar nicht was ich sagen soll, Ahoi hat eine Art sich auszudrücken, die mich direkt mitten ins Herz trifft. So bildhaft und trotzdem so klar und verständlich. :wink:

    Zitat von Ahoi

    Es gab da kein erkenntnispsychologisches Fazit :)


    So ein Mist aber auch! :D

    Zitat von Ahoi

    Was tut er, um trocken zu werden konkret?


    Okay. Ich versuche mal ein bisschen konkreter zu werden, auch wenn ich es sehr ernstnehme, im www nicht über jemanden anderen zu schreiben. Das, was er tut, sind viele kleine, manchmal auch nur ganz winzige Schritte. Zum Beispiel das, was ich einige Posts weiter oben beschrieben habe: Er sagt eine Party ab, die für ihn früher ein sehr willkommener Anlass gewesen wäre. Heute geht er den alten Kumpanen, die er dort getroffen hätte, lieber aus dem Weg. Und: Er hat, dadurch dass er sich mit dem Geburtstagskind nun irgendwann einfach mal so treffen will, aus dem Verzicht auf etwas (die Party und den Alkohol) auch noch einen Mehrwert gemacht (ein entspanntes Treffen mit einer lieben Bekannten). Sowas sind zwar nur Mini-Schritte, aber im Vergleich zu dem Verhalten, was er früher an den Tag gelegt hat, ein himmelweiter Unterschied. In den ersten Monaten, als wir zusammengekommen sind, hat er fast täglich getrunken. Und gerade als ich angefangen hatte zu denken, das will ich nicht, so geht das nicht, das muss aufhören, er muss aufhören, kam ziemlich schnell sowas wie der Tiefpunkt. Er verlor seinen Job. Wegen des Alkohols. Da war mir schlagartig klar: Das sind nicht einfach nur seltsame Trinkgewohnheiten. Niemand geht "freiwillig" besoffen zur Arbeit, da steckt ein Zwang dahinter. Eine Sucht. Danach hat er sich mir komplett anvertraut, erzählt, dass er Jahre zuvor schon einmal eine Therapie gemeistert hat und ein Jahr trockengeblieben war. Er weiß also ganz genau, was los ist. Und wie es geht.
    An diesem Punkt also hat er sich vorgenommen, einen neuen Versuch in ein trockenes Leben zu wagen. Seitdem bemüht er sich, große und kleine Probleme nicht mehr runterzuschlucken (oder vielmehr zu spülen), sondern er redet endlich darüber, er geht die Dinge an und setzt sich damit auseinander. Er versucht immer mehr wahrzunehmen, was ihm gut tut und was ihm nicht gut tut. Ich glaube ihm auch, dass er sich nüchtern wohler fühlt, dass er sich inzwischen etwas erarbeitet hat, auch in seinem neuen Job, das er eigentlich nicht wieder gefährden will. Eigentlich. Denn: Es fehlt, so empfinde ich es zumindest, die letzte Konsequenz. Also das bedingungslose Azeptieren, dass es nie wieder ein kontrolliertes Trinken geben kann. Das weiß er zwar ganz genau, aber ich glaube, tief in seinem Inneren steckt da noch ein Fünkchen Hoffnung, dass das vielleicht doch irgendwann wieder möglich wäre. Und so gibt er der Sucht in unregelmäßigen Abständen von mehreren Wochen und Monaten doch wieder mal einen Abend lang nach.

    Weshalb Du, Ahoi, hiermit wohl nicht ganz unrecht hast:

    Zitat von Ahoi


    Zwischenzeitlich hoffst du, freust dich, es werden ein paar gute, nüchterne Wochen kommen. Und dann gibts vielleicht wieder einen Rückfall. Aber den meistert ihr doch - oder? Mit all eurer Liebe und überhaupt, die letzten zwei Monate liefen doch BOMBIG!
    Und dann fangt ihr euch. Neue Therapie. neue Gruppe, neues Hobby. Bissi Sport vielleicht ... du kümmerst dich wieder verstärkt um deine Interessen, ein Zweifel bleibt, aber hey - ihr seid ein Paar! Ihr könnte Krisen gemeinsam überstehen. Gerade dadurch ist die Nähe doch gewachsen. Oder nicht?


    Ja, darin erkenn ich uns schon wieder.

    Zitat von Ahoi


    Falle: Bekommst du wirklich mit, wenn es aufhört dir gutzugehen?


    Ich merke definitiv, wenn es mir nicht gut geht. Aber: Ob ich den Übergang dazu mitbekomme, also wann es aufhört mir gutzugehen, das weiß ich tatsächlich nicht. Puh...

    Zitat von Ahoi


    Dein letzter Absatz ist interessant: Was genau bereitet dir dein leises Unbehagen? An welchen Stellen spürst du es? Wann keimt es auf? Was tust du bereits, was dir nicht wirklich behagt?


    Schwierig zu beantworten. Darüber muss ich länger nachdenken. Was ich aber, glaube ich, schon sagen kann: Unbehagen bereiten mir die Zweifel, ob ich in dieser Partnerschaft - wenn es bei der momentanen Situation bleibt-, wirklich gesund bleiben kann. Ich glaube, mein Sicherheitsbedürfnis ist sehr stark ausgeprägt. Und das wird durch diese Zweifel und die Ungewissheit schon ziemlich beeinträchtigt.

    girasole

    Zitat von girasole

    und wieviele Fäden hier enden abrupt, wo dann wahrscheinlich das ganze Leben draufging...


    Damit stachelst Du mich jetzt ganz schön an, hier noch weiterzumachen. :wink: Auch wenn ich gerade so überhaupt gar nicht weiß, wo mich das alles hinführt.

    So, jetzt muss ich für heute aber auch noch was arbeiten.

    LG Kalliopi

    Hallo Ahoi!


    Zitat von Ahoi


    ich habe wegen Co2003s Faden hier bei dir reingelesen und mich sofort erinnert, warum ich beim ersten Mal dachte: Nix wie weg hier, lach.

    Oh weh, so schlimm? :o Schön, dass Du es Dir nochmal anders überlegt hast. Du triffst mit Deinen Worten tatsächlich genau meinen Nerv.

    Ich hole mal die Passagen aus Co2003s Faden, die mich förmlich angesprungen haben, hierher.

    Zitat von Ahoi


    Ich habe mal einen Vortrag über das Hirn angehört, da wurde die Bedürfnistheorie ganz eingängig dargestellt: Stell dir vor, du bist ein Urmensch und hast Durst. Leider hat sich ein Löwe es sich an deiner Wasserstelle gemütlich gemacht. Du wirst vermutlich so lange nicht zum Wasser gehen, bis die Angst vor dem Verdursten größer ist, als die vor dem Löwen.

    Find ich super, dass Du gern Vorträge über das Hirn anhörst! :wink: Hm, das, was den einen vom anderen (Ur-) Menschen unterscheidet, ist dann wohl die Angstschwelle bzw. die Bedürfnisstärke: Beim einen ist das eigene Bedürfnis sehr stark ausgeprägt und die Angst schneller überwunden und er marschiert los, der andere leidet vor lauter Angst länger, viel länger, mancher vielleicht so lange, bis er tatsächlich verdurstet.Wie ging's denn bei dem Vortrag weiter? Was hat der Referent für eine Quintessenz gezogen?

    Zitat von Ahoi


    Ich hab mich so durchanalysiert, dass ich dachte, jedes Problem irgendwie im Inneren lösen zu können. ER muss sich nicht ändern, aber ich kann einen Modus finden, mit ihm zusammen und dennoch autark zu sein.


    Ja, genau das ist es! Ich war bis jetzt felsenfest davon überzeugt, dass genau das der richtige Weg ist, nicht in eine Co-Abhängigkeit zu geraten. Das ist wahrscheinlich auch das, was Sunshine mir mit der Gefahr des Verbiegens sagen wollte, aber ich hab's nicht gleich gecheckt.

    Zitat von Ahoi


    Ich möchte dich nur darauf aufmerksam machen, dass man vor lauter Psychologisierung des eigenen Ichs und der Wendung nach Innen, den Absprung aus einer destruktiven Partnerschaft und Familienstruktur auch verpassen kann.


    Psychochologisierung des eigenen Ichs – das passt! Irgendwie bin ich beim „Bei mir bleiben“ wohl etwas arg weit übers Ziel hinausgeschossen. Und ich bin gerade dabei, das innere Abgrenzen, das – richtig umgesetzt – vielleicht ja auch nötig ist, so zwanghaft zu verinnerlichen, dass ich dadurch auch wieder meine eigentlichen Bedürfnisse in den Hintergrund dränge. Mensch, ich bin jetzt echt froh über diese Erkenntnis, auch wenn sie mich gerade (noch) nicht weiterbringt.

    Zitat von Ahoi


    Dein Bedürfnis zu gehen, bzw. das leid in der jetzigen Situation ist noch nicht größer als das Leid, zu gehen.


    Ha, hier ist er wieder, der Löwe an der Wasserstelle. Wo meine Grenze zwischen Leid und Bedürfnis verläuft, weiß ich nicht. Ich kann nicht sagen, dass ich in meiner Beziehung leide. Aber irgendwas macht es mit mir, sonst hätte ich mich nicht hier angemeldet, und sonst würde ich wohl auch nicht versuchen, mir so ein schizophrenes (auch dieses Wort hat mich angesprungen) Lebenskonstrukt aufbauen zu wollen.

    Nachdem jetzt so oft die Bedürfnisse angsprochen wurden, mache ich mir darüber mal Gedanken. Welche Bedürfnisse habe ich, die im Moment eben nicht erfüllt werden?

    Vielen, vielen Dank an alle hier für jeden noch so kleinen Schubs! :wink:

    LG Kalliopi