Hallo Naira,
jetzt mische ich hier auch mal mit
Erstmal möchte ich dir sagen, dass ich deine Gefühle, dir selber und auch dem Forum gegenüber, sehr gut verstehen kann. Anfangs ging es mir ganz genau so. Frisch trocken (oder damals sogar noch nass), waren meine Gefühle derart durcheinander gewirbelt, alles war komisch, neu und irgendwie blöd. Dann kamen da noch ein paar Menschen, die es besser wussten und meine Gefühle damit noch mehr durcheinander gewirbelt haben.
Aber lass dir gesagt sein, es kann besser werden. Gerade am Anfang ist es schwierig. Ich hatte damals gemerkt, dass mir der Alkohol massiv schadet, mein Kopf wollte und konnte sich aber nicht so schnell verabschieden oder sich damit abfinden, dass ich nie wieder trinken durfte. Körperlich ist der Entzug relativ schnell durch. Zumindest im Vergleich zum geistigen Entzug. Der dauert länger. Aber auch der kann mit jedem Tag stabiler werden.
Daher hier meine Ermunterung für dich: Hab Geduld. Ein Tag nach dem anderen. Nicht 24/7 nur an Alkoholismus bzw. an die Abstinenz denken. Bei meiner SHG haben sie immer gesagt, dass ich dran denken soll, dass es neben meiner Krankheit auch noch ein Leben gibt.
Bei mir waren drei Dinge, die anfangs für mich sehr wichtig waren:
1. Ich meide jede Situation, die mir gefährlich werden könnte. JEDE. Auch Familienfeiern. Das bedeutete für mich, meine Nüchternheit an die erste Stelle zu setzen. Evtl. auch manche Menschen vor den Kopf stoßen, hauptsache ich bleibe trocken.
2. Regelmäßiger Austausch mit anderen Betroffenen. Anfangs vor allem zuhören was und wie andere (Langzeittrockene) das gemacht haben.
3. vollständige Akzeptanz, dass ich Alkoholikerin bin und nie wieder trinken kann, wie andere. Keine Hintertür, kein vielleicht irgendwann mal. Nein, nie wieder. Als ich das für mich begriffen und verinnerlicht habe, wurde es so viel leichter.
Wenn ich mich Beiträge heute hier triggern, dann lese ich sie, reagiere aber nicht direkt. Ich lasse erstmal sacken, reflektiere für mich ganz alleine (ohne mich niederzumachen) und schaue was dran ist. Am nächsten Tag, ohne Emotionen, kann ich ganz anders reagieren.
Beherzige die 3G-Regel: Geduld, Geduld, Geduld
Niemand möchte dir etwas böses. Warum denn auch? Jeder ist für sich selbst, für seine persönliche Krankheit hier. Ich profitiere von jedem Beitrag. Vor allem, wenn mich was triggert, darf ich bei mir schauen. Warum triggert mich das denn? Weil ich Angst habe, dass etwas dran ist?
Noch zu deiner Familie: Mir kommt es etwas so vor, als würden sie dich nicht ernst nehmen, dir deine Gefühle aberkennen. Fühlst du dich manchmal so?
Vielleicht magst du mal für dich ein wenig Revue passieren lassen und schauen, wie du dich abgrenzen kannst. Hier kannst du ja auch im Co-Forum lesen. Vielleicht ist da nützliches für dich dabei?
So, ist jetzt was länger geworden als gewollt, aber ich habe die letzten zwei Seiten hier nachgelesen und es hat mich mehrfach in den Fingern gejuckt.
Mach dir einen schönen Tag.