Hallo liebe Speranza,
so, jetzt habe ich endlich Zeit zu antworten. Ist immer so schwierig, tagsüber ist man arbeiten und Nachmittags schwirrt der Mann um einen rum. Er würde es mit Sicherheit nicht mögen, wenn er wüsste, in welchem Forum ich jetzt bin und dass und vor allem "was" ich über ihn schreibe.
Hallo Sunnyday!
Steh zu dir und deinen Gefühlen sie sind richtig und normal, wer hält schon Jahr um Jahr einen trinkenden Mann aus ohne seelisch vor die Hunde zu gehen?
Ich fühlte mich oft wie innerlich tot, ich hatte nur noch negative Gefühle ihm gegenüber, Wut, Hass, Trauer, Erschöpfung fühlte ich auch oft. Ich war unglaublich erleichtert als ich den entscheidenden Schritt aus der Misere raus gegangen bin, von da an konnte mich nichts mehr aufhalten.
Ja, stimmt. Ich sollte dazu stehen, aber es fällt so schwer und sobald man es ausspricht sowieso.
Diese negativen Gefühle kenne ich zu gut. Es kaum noch ein liebevoller Gedanke ihm gegenüber da. Früher habe ich viel wegen ihm geweint. Ich kann mittlerweile kaum noch wegen ihm weinen. Diese Wut und die Abneigung haben mittlerweile Überhand genommen.
Es ist auch wirklich nicht so, dass ich ihm nicht helfen wollte. Ich habe ihm schon so oft gesagt, dass ich ihn unterstütze und für ihn da bin, aber dass er auch professionelle Hilfe braucht und er das alles nicht so weiter machen kann, nicht für sich und weil ich es nicht mehr weiter aushalte. Aber es tut sich nichts. Seit langer Zeit mache ich das schon durch, wie gesagt, früher habe ich auch gerne viel und oft getrunken. Nie so wie er, aber es war trotzdem zu viel und ich war noch jung. Da habe ich das alles noch mit anderen Augen gesehen. Ich fand ihn cool, mit ihm konnte man Spaß haben.
Heute zählt für mich einiges mehr und auch einiges "weniger", wenn du weißt, was ich meine. Er war auch früher so ein schlauer Mensch, hatte immer gute Argumente und hat alles immer schnell verstanden. Das ist mittlerweile weg. Und ich bin mir sicher, dass da der Alkohol schuld ist. Er hat sich sehr vom Wesen geändert.
Er schmeisst mit Geschirr nach dir und hat Gewaltausbrüche das ist Gewalt, das brennt sich in deine Seele ein. Meiner hat mich auch nie geschlagen aber beschimpft und klein gemacht, es hat lange gedauert bis ich mich wieder richtig wahrnehmen konnte. Wenn es mir nicht gut geht habe ich manchmal immer noch das Gefühl minderwertig zu sein und muß richtig dagegen ankämpfen. Unter Gewalt fällt für mich auch Rumschreien, Gegenstände werfen und verbale Attacken.
Ich wünsche dir viel Glück den richtigen Weg zu finden.
LG Marie
Du hast recht. Ich musste darüber selbst nochmal nachdenken, nachdem ich es geschrieben hatte. Ich habe eigentlich Gewalt immer mit schlagen u.ä. in Verbindung gebracht. Aber ich muss auch dazu sagen, dass das wirklich schon sehr lange her ist. Mindestens schon 12 Jahre. Aber ich kann das trotzdem nicht vergessen und passiert ist passiert. Das kann er nicht mehr rückgängig machen.
Mir geht es ähnlich wie dir. Dieses klein machen kenne ich zu Genüge. Er ist kein Mann, der einem Komplimente macht. Wenn, dann kommen nur negative Äußerungen. Das macht er bei allen so. Wenn jemand in seinen Augen irgendwas falsch macht, dann sagt er "Holzkopf" oder ähnliche Dinge. Obwohl diese Verhaltensweisen nichts mit einem "Holzkopf" zu tun haben, sondern man einfach mal eine Sache nicht sofort verstanden hat (was ja wohl ab und an völlig normal ist), oder ein Kumpel handwerklich nicht so begabt ist, wie angeblich er. Und all solche Dinge. Mittlerweile geht es mir sowas von auf die Nerven, wie er sich immer profilieren will, immer besser da stehen will, als andere! Ich denke, er will damit von seinen eigenen Problemen ablenken. Lieber die anderen schlecht machen, damit man ihm nichts kann oder auf die Schliche kommt. Dabei wissen wir ALLE, was er für ein Problem hat. Wie oft ist selbst unser bester Freund irgendwann nicht mehr vorbei gekommen, als er noch in der selben Stadt gelebt und gleich um die Ecke gewohnt hat. Er hatte auch keinen Bock mehr darauf. Andererseits waren auch gerade die Leute, die immer gesagt haben "Du, dein Mann hat aber ein echtes Alkohol Problem", diejenigen, die ihn zum saufen angestiftet haben. Geholfen haben sie in solchen Momenten auch nicht, im Gegenteil.
Ich fühle mich auch oft minderwertig, nicht in allen Dingen. In vielen Dingen bin ich auch stolz auf mich. Ich habe viel geschafft in den letzten 18 Jahren, davor war mein Leben ein absolutes Chaos und ich habe nichts auf die Reihe bekommen.
Das ich mein Leben in den Griff bekommen habe, ist aber auch zum Teil meinem Mann zu verdanken. Er hat mir beigebracht zu kämpfen, wenn es schwierig wird (ja, ich weiß, er macht es selbst aktuell nicht) und nicht so schnell aufzugeben. Dadurch habe ich einiges erreicht. Ich habe eine Ausbildung begonnen und mit sehr guten Noten erfolgreich abgeschlossen. Ich habe lange Jahre in einem Unternehmen gearbeitet, wo es auch mal Stress gab und es schwierig war, aber ich habe trotzdem durchgehalten und bin nicht weggerannt. Mein Mann gab mir Rückenwind. Das hätte ich früher niemals geschafft. Ich habe dann irgendwann sogar den Mut gehabt meinen Arbeitgeber zu wechseln, einen Neuanfang in diesem Bereich zu starten, weil es betriebliche Veränderungen gab, womit ich mich nicht mehr identifizieren konnte. Seit einigen Monaten habe ich einen neuen Arbeitgeber, der besser für mich hätte gar nicht sein können. In diesen Momenten bin ich dann stolz auf mich und sage mir "Das hast du gut gemacht! Du warst mutig und hast mal dein "Gewohnheitstier" vor der Tür gelassen und die Belohnung dafür bekommen.
Aber ansonsten muss ich sagen, ist mein Selbstwertgefühl nicht sehr hoch. Ich verkrieche mich auch mittlerweile nur noch in meine Arbeit und treffe mich kaum noch mit Freunden. Was soll ich denen auch erzählen? Dass immer noch alles beim Alten ist und ich mir das noch weiterhin mit meinem Mann gebe, weil ich den Mut zur Trennung nicht aufbringen kann? Ich habe Angst, dass ich meine Freunde damit zu sehr belaste und es nervt ja auch irgendwann mal immer das gleiche zu hören, aber ändern tut man nichts an der Situation. Ich muss was ändern, das weiß ich. Aber ich muss noch ein bißchen mehr Kraft tanken, bevor ich das durchziehen kann. Sonst schaffe ich es nicht einen Schlussstrich zu ziehen.