Beiträge von Merlyn

    Liebe Sporty,

    Ich freue mich sehr für dich, dass ihr wieder ein tolles Gespräch auf Augenhöhe hattet und es ist ja ein Riesenschritt, dass sie sich aus ihrer Position bewegen wollen. Wahnsinn!

    Ich möchte euch überhaupt nicht demotivieren und wünsche euch ganz viel Kraft für diese Umstrukturierungen, so kann wirklich jeder sein Domizil schaffen und euch und den Kindern das Zuhause bleiben.

    Nur ein paar Anmerkungen habe ich zu den Risiken, wenn ihr euch vorher gut Gedanken macht und das auch nochmal so konstruktiv mit den Eltern besprechen könnt, ist das sicherlich lösbar.

    Ich sehe nämlich drei Stolperfallen:

    1. Bei meiner Oma, die ihr Haus an meine Tante vermietet und später übertragen lassen hat, gab es im Anschluss grossen Streit. Meine Oma war einmal da und hat bedauert, was meine Tante in der Zwischenzeit alles am Haus verändert hat, danach hatte sie Hausverbot und seitdem haben sich die beiden nie wieder gesehen. Es sollte also allen wirklich klar sein, dass das im Anschluss euer Haus ist...

    2. Dadurch, dass der Schritt des Auszugs nun von ihnen aus gehen muss, begebt ihr euch wieder in eine abhängige Warteposition. Vielleicht ist es möglich, einen klaren Schnitt zu definieren, der von einer „höheren Macht“ flankiert wird, also z.B. Ein Tag, an dem die Handwerker kommen und den Boden rausnehmen o.ä., wo deine Eltern dann definitiv ausgezogen sein müssen. Sonst ist das Risiko gross, dass der Umzug nur eine Ankündigung des guten Willens bleibt, wenn plötzlich wieder die Kraft für alles fehlt.

    3. Ist das „im Norden“ weit weg? Wenn ja, überlegt euch auch die Besuchssituation, mein Thema mit den Eltern 😝

    Liebe Grüsse und viel Erfolg bei der Bank!

    Hallo zusammen,

    Es ist toll, dass ihr mir durch eure vielen Kommentare das Gefühl gebt, nicht alleine zu sein und euch mit mir gemeinsam Gedanken zu dem Thema macht.

    Man muss sich um mich wirklich keine Sorgen machen, dass man mich zum Alkohol verführen könnte, alles gut, da kann sich jeder entspannen. Ich bin so weit weg von Genussmitteln, dass so ein Versuch total gestellt herüber käme. In meinen Jugendjahren habe ich mir tatsächlich mal überlegt, ob es Sinn machen würde, mit ihr bzw. Vor ihr eine nach der anderen zu Rauchen, zu husten wie sie und dazu Alkohol zu konsumieren bis zum buchstäblichen Erbrechen, um ihr damit zu zeigen, dass das keinem Körper gut tut und darauf zu hoffen, dass die Erkenntnis käme: Wenn ich nicht will, dass meine Tochter mich so zum Vorbild nimmt und sich kaputt macht, dann höre ich besser selbst auf. Aber dazu wäre ich nie bereit gewesen und es hätte wohl auch nichts gebracht.

    Ich denke, manchmal hat sie sich sowas sogar heimlich gewünscht, um jemanden zum Verbrüdern zu haben und nicht in der Familie immer ausgeschlossen zu sein, weil sie als einzige zum Rauchen nach abseits gegangen ist und alleine nachts so lange wach war zum Ungestörten Trinken.

    Aber mal im Ernst, es ist ja nicht abwegig, nach Wegen zu suchen, mit ihr auf eine Ebene zu kommen. Nur ist das gar nicht mehr möglich.

    Achelias, ich danke dir für deine offene Schilderung von deiner Geschichte. Was du beschreibst ist ja genau die Zwickmühle, in der ich hier die meisten Angehörigen und Betroffenen sehe. Ein alkoholkranker Mensch kann sich nicht selbst aus der Sucht befreien, will aber auch keine Hilfe annehmen. Bei den Beispielen, die ich gehört habe, wo jemand mit der Hilfe Von anderen aussteigen konnte, waren das fast immer Leute aus dem weiter entfernten Kreis, Chefs oder Nachbarn, aber selten jemand aus de eigenen Familie. Und dieses Problem sehe ich auch bei mir. Das Feindbild wechselt ab zwischen meinem Vater, meinem Bruder, meiner Oma und mir, aber wir haben schon zu viele Gespräche dazu angesetzt als dass wir noch als neutrale Helfer akzeptiert werden könnten.

    Linde, danke für die Nachfrage, wie es mir geht. Einerseits gut, weil ich mich im Bekanntenkreis und hier im Forum inzwischen so gut austauschen konnte, dass ich mich halbwegs vorbereitet fühle auf die zu erwartenden Entwicklungen. Andererseits bin ich gerade sehr aufgeregt, weil meine Eltern heute anreisen werden und bis Freitagmorgen bleiben werden. Ich werde euch dann berichten, wie es war. Mein Mann und ich haben beschlossen, dieses Mal keine Konfrontation zu forcieren, uns aber zumindest für die Besuche bei Ihnen anderer Optionen zu prüfen.

    Die Idee mit der Jugendherberge finde ich super, das kann uns wirklich wieder ein bisschen mehr Gestaltungsspielraum geben.

    Und um wieder ein offenes Gesprächsfenster mit meinem Vater und meinem Bruder zu erreichen, muss ich wohl leider den nächsten Absturz abwarten, so makaber mir das auch vorkommt. Aber momentan in der Schönwetterphase haben alle das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben. Mit meinen Nachfragen dazu, wie man künftig damit umgehen möchte, wenn Pflegebedürftigkeit entsteht, wenn nochmal eine Varizenblutung oder evtl. mal ein Delirium kommt oder wenn bei der Abwesenheit meines Vaters mit Selbstmord gedroht wird, möchte sich momentan niemand ausser mir befassen.

    Liebe Lea, vielen Dank für deinen überwältigend offenen Bericht! Ja, das hilft mir sehr weiter, weil ich trotz aller Individualität in den Erlebnissen so vieles von uns darin wieder erkenne. Und ich kann jetzt besser sehen, dass ein Kontaktabbruch manchmal vielleicht sogar die sanftere Art sein kann, mit dem Konflikt umzugehen, Aussicht ständig aneinander aufzureiben. Denn ohne es zu wollen tue ich ihr sicherlich auch weh mit meinen Äusserungen, weil ich dieses Schönwettergerede und die Schauspielerei im Privaten gar nicht gut kann und will.

    Es tut mir sehr Leid für dich, dass du das in so schmerzhaften Momenten wie dem Kindergeburtstag erfahren musstest. Bei uns war es bei Besuchen auch oft so, dass sie erst überdreht ist, mit Geschenken an alle um sich wirft und mit meiner Tochter intensiv spielt, bis es dann plötzlich kippt und sie türenknallend rausläuft, böse Blicke verteilt und schnaubend antwortet. Und dann verstummt alles, weil sich dann niemand mehr wirklich traut, irgendwas zu sagen.

    @Linde: nach Australien nicht gerade, aber wir wohnen jetzt schon 400km weit weg von ihnen. Wenn wir uns gegenseitig besucht haben, dann immer gleich für mehrere Tage und mit Übernachten. Da ist Abstand halten nicht wirklich möglich und den Besuch vorzeitig beenden auch schwierig. V.a., wenn mein Vater hier als Kinderhütedienst engagiert ist, kann ich sie ja nicht ausweisen, falls es mir zu viel werden sollte. Und Autofahren tut sie zum Glück seit Jahren nicht mehr. Zug ist sie noch nie gefahren, da fühlt sie sich wohl auch zu sehr kontrolliert, beengt, im Rauchen und trinken eingeschränkt...immerhin dauert der Weg per Zug auch 8Stunden von Tür zu Tür. Wenn wir also die Besuche mit Übernachten einstellen, werden ihre Enkel sie nicht mehr sehen. Allerdings ist sie auch noch nie zu meinem Bruder und seinen Kindern gefahren und der wohnt nur etwa 1 Stunde entfernt, ist also wohl auch mehr die gefühlte Distanz, die Schuld daran ist, wenn man sich nicht sieht.

    Vielen Dank an euch für eure Worte, ich brauche wohl noch ein paar solche Schlüsselerlebnisse, bis ich bereit bin, über weiteres nachzudenken.

    Ich kann „guten Gewissens“ hinter den Grenzen stehen, die ich ziehe, es ist nur so schwer, sie wertfrei zu formulieren und nach Schulz von Thuns Ohrenmodell hat sie darin immer einen Angriff, auch wenn ich es noch so neutral als Ich-Botschaft formuliere. Und so wird es immer schwerer, überhaupt Grenzen zu ziehen, ohne dass es in einem Riesenstreit und Geheule ausartet.

    Die nächste Grenze, die ich mir vorgenommen habe, zu ziehen, bezieht sich auf einen respektvollen Umgang miteinander. Ich will ihr sagen, dass ich sie nicht mehr von mir aus anrufen werde, wenn sie mitten im Telefongespräch nochmal auflegt. Für mich ist das Gefühl wie eine Ohrfeige und ich fange danach total an zu zittern. Vielleicht ein erster Schritt.

    Das ist so traurig, dass du deinen Mann nicht mehr erkennst. Ich fühle da voll mit dir!

    Ich vermute mal, dass in dem Fall ein neuer Mietvertrag erstellt werden muss und dass ihr beide diesen Vertrag kündigen müsst. Dann sollten die 3 Monate Kündigungsfrist gelten und deinem Mann wird dann vermutlich ein neuer Mietvertrag zum Unterschreiben angeboten.

    Falls er bereit ist, einen neuen Vertrag alleine zu unterschreiben, sollte es kein Problem sein. Wenn nicht, wird es eklig und dann lohnt sich sicher ein Weg zum Mieterbund oder einem Anwalt.

    Aber da ich kein Experte bin auf dem Gebiet, sind die Hausverwaltung oder ein Mieterverein hier sicher die besseren Partner zum Nachfragen.

    Liebe Sporty,

    Ich finde es ganz toll, dass ihr euch für diesen mutigen Schritt entschieden habt. Das war eine Entscheidung von deinem Mann und dir und da müsst ihr euch nicht gegenüber anderen dafür rechtfertigen.

    Von aussen kann wohl niemand diese Situation so beurteilen, da ist es natürlich für andere erst einmal unverständlich, wie es zu diesem Schritt kommen konnte.

    Wenn möglich, dann stimme ich Lea zu, Vermeide jetzt erst einmal den kräftezehrenden Austausch darüber und probiere, dich auf das machbare und die nächsten Schritte zu konzentrieren. Umziehen kann so toll sein. Vielleicht hilft dir eine Zielvision, wie du z.B. den Schlüssel in deinem neuen Heim umdrehen wirst und nicht auf Schritte im Treppenhaus lauschen musst? Wie du nach einem Besuch bei deinen Eltern ganz entspannt ins Auto steigen und abfahren kannst, wann es dir passt? Wie du den Glasabfall wegbringst und nicht unbewusst kontrollierst, was von deinen Eltern an Flaschen herumsteht? Oder alle Türen in der Wohnung offen hast und nackig durch die Zimmer tanzt 😉😁

    Liebe Grüsse an die Königinnen 👸 👸

    Hallo ihr beiden, wir drei haben echt viele Parallelen in den Geschichten merke ich immer wieder.

    Lea, du hattest mal geschrieben, dass du dich dann für den Kontaktabbruch entschieden hast und dass du evtl. später noch mehr schreiben würdest, wie es danach weiterlief. Bei deinen Fragen nach den Grenzen und auch in den Gesprächen mit meinen Mann darüber habe ich gemerkt, dass ich als Harmoniebedürftiger Mensch gerne einen „weichen“ Weg hätte, aber gleichzeitig merke ich, dass ich dafür in den Gesprächen mit meiner Mutter zu offen und Konfrontation unterwegs bin. Ich will und schaffe es nicht, ihr lustig von meinem Leben zu erzählen, wo sie ihre Kommunikation mit Beleidigungen in alle Richtungen nicht einmal als problematisch sieht. Ich will nicht den oberflächlichen Smalltalk, wo sie gleichzeitig Tabuthemen vorgibt, über die man nicht sprechen darf. Und ich vertraue ihr nicht mehr und denke, wenn sie zu Besuch ist und ich Regeln vorgebe, wie du, Lea das gemacht hast (Z.B. zum Rauchen), würde sie die vermutlich brechen, sobald ich zum Arbeiten ausser Haus bin.

    Ausserdem gibt es keinen Mittelweg, entweder ich bleibe vollkommen oberflächlich und angepasst oder das Gespräch und Verhalten kippt sofort in die Aggressivität.

    Da mein Vater und mein Bruder das Spiel offenbar weiter mitspielen wollen, bin ich natürlich der willkommene schwarze Peter, was mir weh tut.

    Dennoch habe ich den Eindruck, dass ich seit gestern etwas näher an einem Kontaktabbruch stehe. Denn Dante hat recht, es ist aus der Ferne leichter zu beurteilen, aber ich habe mit den Begegnungen nur Stress.

    Lea, darf ich fragen, ob es damals bei dir einen Auslöser gab für den Kontaktabbruch oder wie es genau zu der Entscheidung kam? Und wie es danach weiterging?

    Wie du, Sporty, möchte ich meinen Kindern nicht die Oma nehmen und habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich den Kontaktabbruch forciere. Aber im Moment habe ich anscheinend nicht die Kraft dazu, diese Farce auszuhalten.

    Liebe Grüsse

    Soeben hatte ich mit meinem Vater telefoniert, der mich dann an meine Mutter weitergereicht hat. Die letzte Nachricht von ihr war per WhatsApp die Ausladung von unserem geplanten Besuch bei Ihnen. Nun war ich am Telefon recht schweigsam und habe ihr nicht small Talk angeboten, was sie recht schnell gemerkt Haltung nachgefragt hat, was ist. Ich habe ihr dann geantwortet, dass ich mir eine offene Kommunikation und Verlässlichkeit wünsche und das Hin und Her nicht aushalte.

    Sie hat dann gesagt, dass sie zu dem Zeitpunkt eben krank war, was jeder mal sei und das Risiko bei uns mit den Kindern ja sogar noch grösser sei als bei ihr. Dann hat sie noch 1-2 beleidigende Sachen gesagt, mir die Worte aus dem letzten Gespräch völlig verdreht zurückgegeben, sie würde ja offen reden, wenn ich von meinem Sendungsbewusstsein herunterkäme, dass sie Hilfe wegen dem Alkohol bräuchte. Ihr sei es schliesslich schlecht gegangen in der Zeit und sie sei ganz allein gewesen, während wir viele waren. Wenn ich nicht wolle, dass sie komme, solle ich das eben sagen.

    Und anschliessend, als ich angesetzt habe, zu antworten, mitten in meinem Wort aufgelegt.

    Jetzt bin ich nur am Heulen, diese abgebrochenen Gespräche mit Türen knallen oder Hörer auflegen haben mich schon immer am meisten fertig gemacht. Da fühlt man sich echt wie ein schmutziger Fussabtreter.

    Wie stellt sie sich das weiter vor, alles wie vor 20 Jahren, wirr tun alle so, als wüssten wir nichts und. Reden über Benzinpreise und Sauerkraut bis zum nächsten Absturz?

    Für meinen Vater und Bruder scheint das der einfachste Weg zu sein, warum kann ich das nicht akzeptieren als ihren Weg?

    Ich spüre ja, dass sie sich auch einsam fühlt, aber warum ist es dann so schwer, darüber zu reden, wenn es alle wissen? Wie kann man nach so vielen Abstürzen immer noch glauben, alles selbst im Griff zu haben?

    Hallo Moara,

    Leider habe ich es auch so erlebt, wie es Tippi schreibt. Krankenhausaufenthalte (ohne spezifische Suchtstation) sind in der Regel nach ein paar Tagen vorbei. Etwas anderes kann man von den allgemeinen Abteilungen auch nicht erwarten. Und danach geht alles zurück auf null und wie vorher. Schlimmer noch, wo vorher durch einen Tiefpunkt die Erkenntnis da war, dass es so nicht weitergehen kann, wurde jetzt durch die Ärzte wieder eine Situation geschaffen, in der wieder etwas Luft nach oben ist, also kann man ja weitermachen wie vorher.

    Es bringt nichts, die Flachmänner wegzuräumen, also kannst du es genauso gut auch lassen. Aber lass dann auch die allgemeinen Aufräumarbeiten. Wieso sollen du und deine Tochter euch aufreiben, um ein Haus in Ordnung zu halten, wenn das gar nicht erwünscht ist bzw. ein Hotelservice erwünscht ist, aber bitte ohne Ansprüche auf normalen Umgang?

    da hätte ich es allen beweisen wollen, dass auf mich doch Verlass ist.

    Danke für diese Sichtweise Rattenschwanz, ich habe auch den Eindruck, dass es häufig so funktioniert mit dem Antrieb. Aber nur kurzzeitig und schnell ist dieser wieder verflogen.

    Umgekehrt mit Druck sehe ich aber auch keine Bewegungschancen, die Vorgaben wären eigentlich nicht als Druckmittel gemeint gewesen, sondern als Grenzziehung, wie weit ich bereit bin, mitzugehen. Allerdings denke ich, da ihr das im Moment unmöglich ist, so lange auszusetzen und die Einsicht für nötige Hilfe nicht da ist, käme das einem Kontaktabbruch gleich. Und den will ich nicht. Auch wenn ich seit 6 Wochen nicht mehr mit ihr telefoniert habe. Ich werde sie auch nicht anrufen.

    Da ich bei meinem letzten geplanten Besuch von ihr ausgeladen wurde, ist es nun an ihr, sich bei mir zu melden, wenn sie wieder eine Tür öffnen will. Ich warte nicht darauf und ich gehe auch jede Wette ein, dass sie meinen Vater zu dem Besuch bei uns nächste Woche nicht begleiten wird.

    Noch etwas anderes habe ich zu berichten:

    Am Wochenende war ich bei einer grossen Familienfeier väterlicherseits, meine Mutter war nicht dabei. Meine über 90-Jährige Oma hat mir dann dort erzählt, dass das im Nachhinein schon vor vielen Jahren bei Festen aufgefallen ist, dass meine Mutter noch nach dem Jeweiligen Fest alleine Alkohol getrunken hat, den sie sich auch selber mitgebracht hat. Da muss ich so etwa 3 Jahre alt gewesen sein.

    Da hat mich ziemlich überrascht. Ich habe es bewusst erst mindestens 10 Jahre später wahrgenommen und dachte immer, es hat damit zu tun, dass sie beim Älterwerden der Kinder keine Aufgabe mehr hatte... nun stelle ich mir viele Fragen. War das damals wirklich schon Sucht oder suchgefährdetes Trinkverhalten? Hat sie vielleicht sogar schon vor den Schwangerschaften mit uns Kindern getrunken? Oder wann ist es warum abgerutscht?

    Irgendwie bin ich gleichzeitig erschüttert, weil ich dann doch die Ausmasse immer noch unterschätzt hatte und auch erleichtert, weil ich dann nicht „schuld“ bin durch das Selbstständigwerden und die Abwendung von ihrer Fürsorge.

    Natürlich weiss ich eigentlich, dass das sowieso irrelevant ist, 10 Jahre mehr oder weniger spielen jetzt auch keine Rolle und Schuld habe ich eh nicht, aber irgendwie bringt das mein kleines Weltbild der heilen Familie im Kindesalter nun doch ins Wanken.

    Das Buch „Alk“ habe ich inzwischen übrigens gelesen. Der Stil ist Geschmacksache und zugegebenermassen nicht ganz mein Ding, aber einige Fakten kannte ich tatsächlich noch nicht, das Suchtgedächtnis war gut erklärt und die Ausmasse des wirtschaftlichen Schadens finde ich in den Dimensionen auch schockierend. Mein Vater hat kein Interesse daran gezeigt, was mich ebenfalls schockiert, weil er sonst ein sehr reflektierter Mann ist, der viel Zeitung liest und im Internet recherchiert, aber zu diesem Thema macht er völlig die Augen zu, ich verstehe das nicht. Wenigstens mein Bruder hat es nun zum Lesen mitgenommen.

    Aber dass jetzt schon wieder kaum darüber geredet werden kann, macht mich am meisten fertig. Oder bin ich zu verbissen? Selber schon süchtig nach diesem Forum und Infos zu Alkohol?

    Hallo Schmetterling89,

    Geht es dir gut?

    Das klingt gar nicht gut, was du da geschrieben hast gestern.

    Ich hoffe, du hast eine Möglichkeit der Notunterkunft bei dir, damit du von dort aus in Ruhe eine Wohnung suchen kannst, die dir gefällt.

    Die Aggressivität von alkoholkranken Menschen ist leider nicht berechenbar und selbst wenn es „nur“ Beleidigungen sind, psychische Gewalt, musst du die nicht aushalten. Wahrscheinlich wird er sich nüchtern gar nicht mehr erinnern können, so etwas gesagt zu haben. Und de Schritt zum Körperlichen ist leider klein, aus Wut wird schnell mal etwas durchs Zimmer geworfen...

    Pass auf dich auf!

    Hallo Schmetterling89,

    Ich bin beeindruckt von deinem offenen Bericht. Wenn du die ersten Jahre gar nicht darüber gesprochen hast, muss dich das hier auch ein wenig Überwindung gekostet haben. Und Respekt auch dafür, dass du die Wohnungssuche offen kommunizierst, auch das braucht viel Kraft, das Gewicht des schlechten Gewissens inklusive.

    Ich kann mich den anderen nur Anschliessen in der Einschätzung, eine eigene Wohnung ist sicher das beste. Du hast dir einen sicheren RückzugsOrt verdient, wir dich niemand beleidigt und du weisst, was oder wer dich erwartet.

    Wenn sich dein Partner stabilisiert und ihr im Abstand wieder zueinander findet, kann man die Beziehung auch in getrennten Wohnungen dort führen. Und sobald sich das wieder ändert, kannst du in deinem Refugium sicher sein und dein eigenes Leben so führen wie du es möchtest.

    Es ist ausserdem sicher gut für dein Gewissen, wenn du gehst, solange du ihn noch zutraust, sein Leben selbst zu führen. Wenn er das nur noch mit deiner Unterstützung könnte, wird es noch schwieriger, zu gehen.

    Liebe Grüsse

    Hallo Lavinia,

    Ich bin erst seit kurzem hier und überrascht, wie viele Neuanmeldungen in der Zwischenzeit schon reingekommen sind, gerade auch von Angehörigen. Du kannst hier also definitiv Gleichgesinnte finden. Ich finde es auch immer sehr toll, wenn sich beide Seiten in den Rückmeldungen beteiligen, das gibt so eine breitere Sichtweise. Ich tue mich selbst total schwer damit, meine Alkoholkranke Mutter aktuell zu verstehen, dass mir auch die Feedbacks der trockenen Alkoholiker sehr weiter helfen.

    Bei meinen Eltern war ich früher als Jugendliche der Psychotherapeut, der zugehört hat zu den Eheproblemen und war damals auch geschmeichelt, dass mir beide so vertrauen. Erst später habe ich kapiert, dass das niemals meine Rolle hätte sein dürfen. Und der schwarze Peter für die Probleme, die der Grund für die Sucht sein sollen, wird ja anscheinend auch gerne an die Angehörigen weiter geschoben, soviel ich hier bei vielen gelesen habe. Das ist wohl ein typisches Muster und Reiner selbst Schutz, vermute ich. Du bist aber ganz sicher nicht schuld an der Situation deiner Eltern.

    Ich finde es super mutig, dass du in Therapie bist. Geht es dort hauptsächlich um das Thema Sucht deiner Mutter? Empfindest du es als hilfreich?

    Wieso magst du das deinen Eltern nicht sagen?

    Ich denke zwar nicht, dass es jemanden dazu bewegen kann, selbst in eine Beratung zu gehen, aber es kann die Hemmschwelle dazu vielleicht verringern…

    Liebe Grüsse

    Liebe Lea,

    Vielleicht schafft ihr es, die Treffen weniger als Vorgeschmack auf weiteres zu sehen, sondern einfach den Moment dieses einen Treffens zu leben? Wenn das schön ist, sehe ich nicht, warum das traurig machen soll. Man muss ja aus einem Besuch von euch bei ihr nicht darauf schliessen, dass sie umgekehrt zu euch kommen muss. Ihr könnt ja auch zusammen den Opa im Krankenhaus besuchen und danach noch alleine mit der Oma eine gute Zeit verbringen.

    Was wäre denn, wenn du wegen etwas beruflichem oder privatem Unterstützung bräuchtest beim Kinder hüten, wer käme dann?

    Es spielt für mich keine Rolle, ob deine Kinder oder du den Wunsch haben, die Oma auch mal ohne Opa zu sehen, es ist beides ein legitimes Anliegen. Und das darfst du auch so kundtun, finde ich. Wenn deine Mama dann allerdings sagt, dass sie das nicht möchte, muss man das leider so akzeptieren.

    Hallo zusammen und vielen Dank für die Offenheit in euren Beschreibungen. Es macht mir viel Mut, zu hören, dass so eine Geschichte immer viel Gedanken um Gefühle bringt und man sich als empathischer Mensch auch ein paar Runden im Kreis drehen darf.

    Das Kümmern um die Eltern wird ja auch gerne als impliziter Generationenvertrag betrachtet. Ich bin dem ausgewichen, indem ich (unterbewusst bewusst 😄) 400km weit weg gezogen bin.

    Ich stelle mir nun aber auch die Frage, wo eine Pflegebedürftigkeit hinführen würde und wie schnell so etwas wohl eintreten wird.

    Ich denke aber, diese Generationenbindung wird heute in vielen Familien auch unabhängig von einer Alkoholproblematik aufgeweicht und das ist einfach der Lauf der modernen Gesellschaftsentwicklung. Und manche können und wollen den Wechsel in betreutes Wohnen oder durch eine frühzeitige eigene Wahl eines Altersheimes mitgestalten und andere, die sich damit nicht auseinander setzen wollen, müssen dann aber halt auch nehmen, was kommt.

    Deine Situation mit den Grosseltern scheint mir recht ähnlich zu meiner, nur dass bei mir die Oma zum Rauchen rausgeht und die 6 Flaschen Wein ganz offen in der Tasche zu uns reingetragen werden 🥲, deswegen antworte ich dir jetzt mal aus meiner Perspektive. Da die Oma inzwischen mehrmals von sich aus nicht mitgekommen ist zu Besuch, ist der Opa alleine vorbeigekommen und die Treffen waren auch immer entspannt und die Kinder haben gerne mit ihm gespielt. Allerdings ist er kein Ersatz für die Oma, die trotzdem als geliebter Spielpartner vermisst wird. Die Grosse mit 6Jahren fragt auch schon sehr differenziert nach und ich bin ihr gegenüber ehrlich, versuche nur, meine eigene Verzweiflung über die Lage etwas zu dämpfen, um ihr zu zeigen, dass unsere Welt in Sicherheit und stabil ist, egal, wie es gerade bei der Oma aussieht, ob sie nun kommt oder nicht, ob wir irgendwann mal wieder hinfahren oder nicht. Sie bekommt mit, wieviel wir Erwachsenen über das Thema diskutieren und sie sagt selbst, sie wünschte, die Oma wäre nicht krank und hätte niemals geraucht oder getrunken.

    Ich denke, wenn ihr der Oma ohne den Opa Treffen anbieten könnt und sie das auch annehmen möchte, ist das für alle eine gute Lösung, ohne dass man ausschliessen muss, dass es auch noch gemeinsame Treffen mit allen gibt.

    Was für mich immer inakzeptabel war und wo ich eingeschritten bin, ist eine Verharmlosung der Stoffe und Lügen. Wenn meine Tochter also der Oma eine Zigarette raussuchen wollte, habe ich das unterbunden, weil es kein Spielzeug sein soll. Wenn die Oma behauptet hat, sie braucht kurz eine Spielpause an der frischen Luft, habe ich erklärt, dass die Oma eine Zigarette rauchen geht. Und auch die entsprechenden Nachfragen habe ich beantwortet (Warum raucht sie? Warum hustet sie? Wird sie krank davon? Muss sie dann sterben?), wo von ihr höchstens die Antwort kam:“ Jeder macht irgendeine Dummheit.“

    Ich probiere aber auch, die positiven Seiten der Person wach zu halten, welches Geschenk von ihr kommt oder was sie gespielt hat mit den Kindern.

    Ich finde die Fragen deiner Kinder also sehr klug, dass sie sich Gedanken machen, warum der Opa von ihnen weggeht und wenn der Opa das nicht selber erklären kann, finde ich es wichtig, dass du das erklärst, damit die Person und das Suchtverhalten getrennt werden können. So können die Kindern den Opa, der sie lieb hat und den Opa, der suchtkrank ist, auch trennen. Wenn es dann noch unbeschwerte Treffen nur mit der Oma geben kann, umso besser.

    Was wünschen sich denn deine Kinder? Mit wem wollen sie sich treffen und spielen?

    Liebe Grüsse und alles Gute für die Planung sozial stressfreier Weihnachtszeit

    Ja Linde, das denke ich auch, definitiv ein kalter Entzug.

    Das wäre eine Ansage. Könntest du das so durchziehen?

    Vermutlich nicht. Ich denke nämlich nicht, dass sie es so lange durchhalten würde und ich will ihr nicht hinterher kontrollieren. Also käme es einem Kontaktabbruch gleich und den will ich nicht 😔

    Wie lange dauert durchschnittlich so eine Pause bei aktiven Alkoholikern? Oder ist das völlig unterschiedlich?

    Ich schreibe hier mal eine neue Statusmeldung:

    Am Wochenende waren wir für eine Feier in meiner Heimatstadt. Weil meine Mutter uns zwei Wochen vorher per SMS ausgeladen hatte, haben wir in einem Hotel übernachtet.

    Als wir dort waren kamen plötzlich von ihr wieder mehrere Nachrichten, z.B. wo wir auf Stau achten müssen o.ä.. Als ich später mit meinem Vater telefoniert habe, hat er erzählt, dass sie nun seit 4 Tagen nüchtern ist und alles endlich wieder aufwärts ginge.

    Klingt schön, nur kann ich mich irgendwie gar nicht darüber freuen.

    Im November kommt mein Vater, um auf die Kinder aufzupassen, während ich tagsüber auf einer Weiterbildung bin und nun steht plötzlich wieder im Raum, dass sie vielleicht auch kommt, zumindest sagt das mein Vater. Direkt hat sie noch nicht die Kommunikation gesucht.

    Nun weiss ich gar nicht, was ich eigentlich denken oder fühlen soll. Ich bin wütend, weil sie uns so einfach aus einer „schwarzen“ Laune heraus auslädt und meint, dann sich offen halten zu können, ob ihr spontan dann danach ist, zu uns zu kommen.

    Ich bin verzweifelt, weil mein Vater jetzt schon wieder Hoffnung schöpft und den Gang zur Beratungsstelle wieder aufschiebt, weil es ja gerade besser geht.

    Meine Tochter würde sich total freuen über einen Besuch meiner Mutter, aber ich wäre die ganze Zeit unter Dauerstress.

    Ich weiss nicht, was ich kommunizieren soll. Besuche gibts erst wieder, wenn du ein halbes Jahr trocken warst? Wenn du in eine Klinik gehst (käme einem Kontaktabbruch gleich, da sie das nie machen wird)? Oder einfach alles laufen lassen, wieder darüber wegsehen und auf den nächsten Absturz warten?

    Liebe Moara,

    Ich kenne dieses Gefühl der Hilflosigkeit gut, man kann als Angehöriger wirklich nur daneben stehen und diesem „Selbstmord auf Raten“ zusehen, aber das ist sehr schmerzhaft. Meine Mutter (66) bestellt sich ihren Alkohol übers Internet bis an die Tür, so bequem kann der Suchtwunsch erfüllt werden. Wie hier schon geschrieben wurde, findet jeder Süchtige Wege, an den Stoff zu kommen.

    Die Krankheitssymptome, die du beschreibst, kann man nicht getrennt sehen von der Alkoholsucht, sie sind Ausdruck dieser Krankheit. Mitleid wegen dieser Krankheiten heisst also, Mitleid wegen der Alkoholsucht zu haben. Das ist auch ok, schliesslich ist es eine Krankheit. Nur ist es keine Entschuldigung für ihr Verhalten, das euch Verwandten offenbar grosses Leid zufügt.

    Es klingt hart, aber wenn sie merken sollen, dass es so nicht weiter geht, müsstest du wohl jegliche Unterstützung, Hol-und Bringdienste aufhören.

    Aber auch das würde in ihrem Stadium vermutlich keine Änderung herbeiführen. Ich fürchte, realistisch gesehen, ist es egal, was du tust oder nicht tust. Fahre also den Weg, der für dein Bauchgefühl am ehesten stimmt und dir genug Freiheit im Leben lässt.

    Hallo Pan1mu,

    Dein Thread ist zwar schon ein bisschen länger her, aber ich schreibe hier trotzdem mal rein.

    Respekt, dass du es mit einem klaren Ziel vor Augen in die Abstinenz geschafft hast und es dich anscheinend auch keine Mühe kostet, das auszuhalten.

    Da du dich dann anscheinend ja schon bestens auskennst, hast du ihr deine Beobachtungen und Sorgen schon geschildert und dringst damit nicht zu ihr durch. Vielleicht war das bei dir damals ja auch so? Oder gab es jemanden, der wirklich zu dir durchdringen konnte, bevor du selbst den Entschluss gefasst hattest, Alkohol aus deinem Leben zu verbannen?

    Ich schwanke bei meiner eigenen alkoholkranken Mutter (66) auch zwischen Sorge, Abscheu und Resignation. Und habe auch den Eindruck, dass ich weder mit Konfrontation noch mit Offenheit oder Verständnis zu ihr durchdringe. Die Sucht scheint mir zu stark, die ihr vorgaukelt, alles im Griff zu haben, auch wenn sie es nicht mehr leugnet.

    Ich habe mich, als es heftiger wurde, v.a. Mit meinem Vater und Bruder abgesprochen, die die Augen davor auch verschlossen hatten und das hat immerhin dazu geführt, dass sie es von drei Seiten zu hören bekommen hat, auch in konkreten Situationen (Unterwegs ausgelaufene Wasserflasche, die mit Wein gefüllt war). Somit war das leugnen nicht mehr möglich. Vielleicht gibt es bei dir ja auch noch jemanden im Umfeld, der ihr die Problematik spiegeln kann?

    Mehr kann man vermutlich nicht tun, ausser, sich nicht zur Stütze des Systems zu machen, indem man für sie Einkäufe erledigt oder die Wohnung putzt. Bei mir macht das leider mein Vater, die Systeme sind im Moment leider nicht zu trennen... bei dir könnte das aber eine Chance sein, dass sie früher merkt, dass sie nicht mehr alles im Griff hat, wenn sie alleine wohnt.

    Liebe Grüsse und alles Gute

    Meine Mutter als aktive Alkoholikerin hat die Corona Impfung soweit ich das von aussen beurteilen kann, ohne Nebenwirkungen überstanden.

    Jetzt, etwa 2 Monate nach der zweiten Impfung geht es ihr gar nicht gut, aber das liegt wohl eher an ihrem Konsum, der Depression und weiteren suchtbedingten Symptomen.

    Ich kann ihn nicht fallen lassen..meine Tochter leidet sehr..sie ist auch noch im Teenie Alter..

    Meinst du damit, deine Tochter würde unter einer Trennung sehr leiden, sodass du dich deswegen nicht trennen kannst?

    Ich denke, sie leidet auch unter dem jetzigen Status mit Streit unter den Eltern und unberechenbarem Verhalten ihres Vaters. Bei mir waren als Kind die Antennen hier auch sehr fein und auch ohne körperliche Gewalt ist das Verhalten unter Alkohol beängstigend für Kinder oder Jugendliche.

    Vielleicht kannst du mit ihr darüber reden? Wenn sie im Teenie-Alter ist kann sie das ja sicherlich schon reflektieren und macht sich sowieso ihre eigenen Gedanken, da würde es ihr bestimmt helfen, mit dir mal ein offenes Gespräch zu führen. Dann kommt eine eventuelle Trennung auch nicht so plötzlich, sondern sie kann sich genauso darauf einstellen wie du.