Beiträge von Kendra

    Liebe Siri!

    Endlich komme ich zu deinem Post – der mich sehr fordert, da du ja sozusagen ‚die andere Seite‘ repräsentierst und ich auf der der Schuldigen stehe. Zumindest empfinde ich es automatisch so. Umso dankbarer bin ich, dass du dich eingeschaltet hast, denn ich will das ja: Mich wirklich auseinandersetzen und nicht länger ausweichen und vermeiden.


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    Ich kenne solche abhängigen Beziehungsstrukturen: Sobald meine Mutter in ihren Beziehungen einen Partner hatte, wurde ich völlig links liegen gelassen. Obwohl meine Mutter alkoholabhängig war und ist, war sie bis zur Selbstaufgabe und dem Opfer von allem, was sie hatte, bereit alles für ihre Partner zu tun. Es ist ermutigend, dass es Elternteile gibt, die sich dieser Auseinandersetzung stellen.

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    Ich verstehe, dass es sehr schwer nachvollziehbar ist für dich – für alle nicht beziehungssüchtigen Menschen vermutlich.

    Eine Mutter sollte gesund genug sein, bevor sie sich entscheidet, Kinder zu kriegen, und sich gebührend um sie kümmern können.

    Umgekehrt sollte eine Mutter, die selbst noch auf der Stufe eines Kleinkindes steht und unbedingt auf eine bestimmte Bezugsperson angewiesen ist, um seelisch zu überleben, auf keinen Fall so dumm sein, Kinder zu bekommen – denn natürlich sucht sie sich als Erwachsene eine solche Bezugsperson aus, mit denen sie ihre Kindheitswunden neu inszenieren kann, und da kommt keine einfache Beziehung bei heraus.

    Tja, deine Mutter und ich haben das eindeutig verkackt.


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    Jetzt nicht auch noch als Therapeutin für die Mutter in Anspruch genommen werden!

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    Wie ich schon anderswo schrieb, habe ich diese Sehnsucht zum Glück nicht.

    Was mich total überrascht hat, ist, dass es noch weitergeht: Meine Tochter kann, was meine Schuld betrifft, gar nichts für mich tun.

    Natürlich wäre mir ein bisschen wohler, wenn es ihr besser ginge und sehen würde, dass sie trotz allem klarkommt. Aber auf mein Empfinden mit mir selbst hat das keinen Einfluss. Ich bin diejenige, die mit mir leben muss. Ich habe die Wahl, mich für den Rest meines Lebens zu zerfleischen oder mir irgendwann wieder zu erlauben, dass es mir trotz allem gut gehen darf.

    Vielleicht ist das für andere Menschen gar nicht so bahnbrechend. Für mich, deren Seelenheil früher zu 100% von meiner geliebten Person abhing, ist diese Erkenntnis absolut krass.

    Und seltsam. Dass ich so viel Macht haben soll.

    Aber eben auch wieder die Verantwortung trage für die Entscheidung, die ich treffe.


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    Aus meiner Sicht als EKA finde ich es besser, wenn jeder die Vergangenheit für sich allein aufarbeitet. Die Aufarbeitung sollte getrennt stattfinden. Jeder ist ganz allein für die Aufarbeitung verantwortlich.

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    Du magst Erfahrungen gemacht haben, die dich zu dieser Meinung gebracht hat, oder?

    Also dass jeder für seine eigene Vergangenheit selbst verantwortlich ist, ist ja auch naheliegend, klar. Aber es gibt ja auch eine gemeinsame Vergangenheit.

    Bei meiner Tochter und mir ist es ja so, dass ich sie gebraucht habe, um den Tod meines Mannes zu überleben und trotzdem für meine vier Kinder da sein zu können. Was ja nur ein Teil meiner Vergangenheit ist – aber eben der Teil, der zu meiner Tochter gehört. Und ja, dass ich so sehr von meiner Trostlosigkeit bedroht war, ist mein Ding, und es gibt viel mehr ‚Beispiele‘, wie sich das in meinem Leben gezeigt hat. Meine Tochter ist eines dieser Beispiele. Wäre es wirklich so schlimm, wenn sie und ich gemeinsam daran arbeiten würden? Jede von ihrer Seite?

    Das ist eine echte Frage, ich weiß es nicht. Und entscheide das ja auch gar nicht, das muss sie machen.

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    Das Verzeihen rührt nicht von der Erarbeitung einer gemeinsamen Sichtweise. Keiner der Beteiligten sollte sich zu Kompromissen oder Abstrichen an der eigenen Sicht genötigt fühlen. Bei einer gemeinsamen Aufarbeitung kann diese Erwartung sich aber leicht einschleichen.

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    Ich habe mir noch nie ausführliche Gedanken über Verzeihen gemacht, weil ich nie Probleme damit hatte. Ich habe mich immer bemüht, die Sichtweise der anderen Partei zu übernehmen, zu verstehen, weswegen sie so gehandelt hat, wie sie gehandelt hat – und dieses Verstehen hat meinen Groll gegen sie automatisch zum Verschwinden gebracht.

    Eine gemeinsame Sichtweise kann es ja meistens gar nicht geben, oder? ‚Täter‘ und ‚Opfer‘, um mal die plakativen Rollen zu benutzen, habe jeweils ihre Seite, die der anderen komplett entgegengesetzt ist.

    Wenn ich so darüber nachdenke, mache ich es im allgemeinen so, dass ich meine Sicht nicht so wichtig nehme und die des anderen anerkenne – also natürlich behalte ich meine eigene Sicht bei. Aber es reicht mir, sie für mich zu haben und muss sie nicht vom anderen bestätigt kriegen. Und es fällt mir leicht, zu verzeihen, weil ich den anderen meist gut verstehen kann.

    Bisher bin ich mit dieser Strategie immer gut gefahren. Jetzt sehe ich, dass ich es mir (und dem anderen) so sehr leicht gemacht habe. Und dass auch diese Haltung natürlich noch sehr ‚co-abhängig‘ ist.

    Wie geht das denn eigentlich mit dem Verzeihen unter ‚gesunden‘ Menschen??


    Okay, es geht ja noch weiter bei dir, Siri!

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    Aus meiner Sicht muss es darum gehen akzeptieren zu lernen, dass es zwei sehr unterschiedliche Sichtweisen gibt: Zu lernen, dass das, was in der Vergangenheit passiert ist, zu radikal unterschiedlichen Folgen geführt hat und deshalb für die Beteiligten auch unterschiedliche Bedeutung hat. Es gab damals eine Asymmetrie: die Kinder waren dem Ganzen ausgeliefert, die Erwachsenen nicht. Zwar sind Eure Kinder heute erwachsen und der Situation deshalb nicht mehr ausgeliefert, eine Begegnung auf Augenhöhe kann aber nur stattfinden, wenn das Elternteil die individuelle Sicht des Kindes aushält und gelernt hat, diese Sicht der Dinge stehen zu lassen. Aus meiner Sicht ist nur dann eine respektvolle Begegnung möglich.

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    Die Dinge so unvereinbar stehenlassen, sagst du – das ist ja meine bewährte Strategie gewesen, das kann ich. :)

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    die Kinder waren dem Ganzen ausgeliefert, die Erwachsenen nicht.

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    Ja, sicher, so ist es, das ist objektiv wahr.

    Subjektiv sind Erwachsene nicht automatisch erwachsen und können genauso ausgeliefert sein, wie Kinder es sind. Das ist verwerflich, siehe oben, und wir betroffene Erwachsene haben damit eben Schuld auf uns geladen. Dennoch ist es auch wahr, dass wir eben nicht immer die freie Wahl haben.

    Ich habe nach dem Tod meines Mannes entschieden, dass ich die perfekte Mutter sein wollte, und habe es zwei Jahre lang auch durchziehen können. Wäre es nach mir gegangen, wäre das für immer so geblieben. Tja.

    Aber letztendlich rechtfertigt das nichts. Meine Schuld bleibt.

    So, jetzt brauche ich erstmal wieder eine kleine Pause.

    Nova, die Antwort an dich kommt danach!

    Runa

    Hallo liebe Hier-Lesende und Schreibende,

    ich melde mich mal schnell aus der Pause zurück - ich war am Wochenende richtig krank und hatte genug damit zu tun, im Bett zu liegen und zu warten, bis es besser wurde. Sodass ich dieses Thema erstmal an den Rand geschoben habe.

    Heute geht es mir besser, und ich kehre in meine Auseinandersetzung damit zurück. Allerdings mit weniger Panik und mehr Distanz. Mein Leben und meine Person sind noch dieselben wie in der Zeit, bevor meine Schuld mich eingeholt hat, und ich muss nichts überstürzen.

    Und ich weiß inzwischen wieder, dass es auch ein Ding von mir ist, mir zu viel Schuld zuzuschreiben.

    Allerdings kann es genauso gut sein, dass meine Schuld jetzt wirklich so schlimm ist, wie ich fühle.

    Das weiß ich im Augenblick noch nicht, weil ich noch nicht klar genug sehe. Aber das ist mein Ziel erst einmal: Mir alles mit klarem, unpanischen Blick anzuschauen und zu gucken, wie ich das ganze bewerten und wie ich damit umgehen soll. Und dazu werde ich diesen Raum hier nutzen.

    So, jetzt muss ich erst mal wieder an die Arbeit.

    Viele Grüße in die Runde,

    Kendra

    Liebe Petra!

    Vielen lieben Dank für deine Gedanken!

    Und deine Idee zu dem ersten Zitat - stimmt, warum habe ich ihr das nicht einfach so explizit geschrieben?? Ich bin schlicht nicht darauf gekommen. Völlig blind in meiner Panik!

    Inzwischen haben wir ein paar neutrale Worte gewechselt und ich gehe davon aus, dass sie weiß, dass sie kommen könnte. Aber ich denke, ich werde es ihr trotzdem nochmal schreiben.

    Nachdem ich mich in der vergangenen Woche permanent hiermit beschäftigt habe, konnte ich letzte Nacht endlich mal wieder ausreichend schlafen und war heute ruhiger und habe mich einfach treiben lassen, ohne weiter nachzudenken. War ganz gut, eine Pause zu machen. Dementsprechend werde ich auch heute nur noch zum Sport gehen und nachher vor meine Serie und nicht mehr auf dich antworten, Siri. Morgen starte ich neu mit dieser Arbeit. :)

    Liebe Grüße an dich, Petra und euch andere, falls ihr hier lest!

    Kendra

    Liebe Nova,

    danke für deine antwortenden Gedanken!

    <<<Ne, verzeihen kann ich mir das nicht. Und wenn es meine Tochter nicht könnte, wäre das ihr gutes Recht.
    Ich habe es akzeptiert, dass ich es zu der Zeit nicht anders konnte. Und das noch vor ihrem Verzeihen. Ich will mich auch nicht mein Leben lang für Dinge selbst zerfleichen, die einfach geschehen sind, die ich heute nicht mehr ungeschehen machen kann.>>>

    *nick * Kann ich sehr gut nachvollziehen.

    Akzeptieren, dass ich damals nicht anders konnte. (Ich versuche gerade, zu erfassen, was das heißt, was ich dafür bräuchte, um das zu tun.

    Das Verzeihen oder auch nur das Verständnis meiner Tochter ist es eindeutig nicht, da geht es mir wie dir, Nova. Es ist überhaupt nicht mein Bedürfnis, etwas von meiner Tochter zu bekommen. Mein Dilemma hier ist mein Ding, und sie darf dazu stehen - zu mir stehen - wie immer sie will und kann. Es war meine Verantwortung, wie es gelaufen ist, und ich bin bereit, die Konsequenzen zu tragen.

    Auch interessant: Auch ohne dass du dir verziehen hast, konntest du aufhören, dich zu zerfleischen, oder? Es ist also gar nicht notwendig, dass ich mir selbst verzeihen muss. Das ist eine beruhigende Nachricht.

    Was mir gerade bewusst wird - vor diesem Hintergrund und auch vor Siris Kritik: Es ist mein Ding. Auch wie ich zu mir stehe. Ich allein kann entscheiden, wie ich mit mir umgehen will. Ob ich mich zerfleische oder mir verzeihe: Das ist allein von mir selbst abhängig und von nichts und niemandem sonst. Das finde ich auch als sehr tröstlich.


    Deine übrigen Gedanken erscheinen mir auch sehr schlüssig.

    Was das Signalisieren meiner Offenheit betrifft, war ich auch unsicher, ob das, wie ich mich verhalte, ausreicht, oder ob ich noch mehr machen soll. Nun beschließe ich, darauf zu vertrauen, dass sie es weiß und dass ich lieber nicht mehr tue, weil sie das doch eher als Aufdringlichkeit auffassen könnte. Meine Zimmertür steht offen, ich grüße sie freundlich, wenn wir uns über den Weg laufen. das reicht schon.

    Der Grund dafür, dass sie wissen soll, dass ich offen bin, ist übrigens nicht, dass ich unbedingt so schnell wie möglich mit ihr reden möchte. Das kann sie tun oder auch nicht, was auch immer für sie das Beste ist. Mir ist nur wichtig, dass sie sich nicht schon wieder im Stich gelassen fühlt. Und die Tatsache, dass ich sie so vollkommen in Ruhe lasse, als Desinteresse interpretieren könnte oder als ob ich froh wäre, mich nicht mit unserem Konflikt auseinandersetzen zu müssen.

    Man merkt: Meine Co-Abhängigkeit schlägt hier voll zu Buche: Jede mögliche ihrer Interpretationen vorauszudenken und von vornherein gegenzusteuern. Nein, ich übe mich nun in Vertrauen. :)


    <<<Und trotzdem finde ich, dass wir uns als Mütter nicht alles gefallen lassen müssen, bloß weil wir uns so schuldig fühlen. Da gibt es trotzdem noch Grenzen. Auch wenn wir eine Weile aus unserer Rolle rausgefallen sind, haben wir noch Respekt verdient. Mehr als entschuldigen und es von nun an besser zu machen, geht eben nicht. Ich muss mich nicht wie ein Fußabtreter behandeln lassen und meiner Tochter jeden Mist durchgehen lassen, weil ich Schuldgefühle habe. Damit kann ich es ja auch nicht wieder gut machen.>>>

    Du hast recht. Wobei das sehr schade ist: dass ich nichts gut machen kann, indem ich die Küche aufräume. *lach * Wenn es doch so einfach wäre, nicht?

    Sei ganz lieb gegrüßt. Nova!

    Kendra

    Nur mal schnell zwischendurch: Ich finde es völlig in Ordnung, wenn ihr hier auch in eure eigenen Belange abschweift, im Gegenteil, das macht diesen Austausch lebendig und auch für euch bedeutsam. Das mag ich total.

    Und ich finde es bereichernd, mit dir, Siri, auch die Sicht der Seite der Kinder zu lesen. Das mag für mich als Mutter schwierig sein, aber umso wirkungsvoller ist es bestimmt auch.

    Ich möchte deine Gedanken in Ruhe durchgehen und durchdenken, was ich wahrscheinlich heute Abend nicht ganz schaffe. Wie gut, dass morgen Wochenende ist!

    Hab einen guten Start hinein und bis morgen!

    Liebe Nova!

    Das ist schön, dass es dir auch etwas bringt, mit mir zu schreiben!

    <<<Bleibe offen für sie, gib ihr den Raum, den sie braucht. Zeige ihr (mit Taten, statt Worten) dass du an Eurem Verhältnis arbeiten möchtest. Dass du es zwar nicht wieder gut machen kannst, aber besser machen willst.>>>

    Ich war noch nie so unsicher, wie ich mich verhalten soll. Hab einfach so wenig Übung in Konflikten. Sonst schaffe ich irgendwie, sie ganz schnell im Keim aufzulösen. Meine Tochter hat hier den ersten großen Streit in unserer Familie eröffnet. Was etwas bedeutet, das ist mir schon klar. :/

    Gestern haben wir uns in der Küche getroffen und einfach nur 'Hallo' gesagt. Weil ich mich nicht aufdrängen wollte, nachdem sie ja nicht einmal meine Nachricht gelesen hatte. Hätte ich das tun sollen?

    Als ich heute Morgen in die Küche kam, herrschte da Chaos von ihr - ist das ein Zeichen, dass sie streiten will? Ich war drauf und dran, ihr ein Foto von dem Chaos zu schicken mit den Worten: "So was ist trotz allem arschig!" - und habe es gelassen und still aufgeräumt, um eben nicht auch noch darüber zu streiten. Gehe ich wieder einem Konflikt aus dem Weg?

    Ja, sie bringt mich dazu, zu lernen. *lach *


    <<<Heute bin ich da weiter. Ich bin nicht das Opfer, ich hätte es anders machen können. Ich war nur noch nicht so weit, das zu erkennen.>>>

    Ja, das ist der Punkt, nicht? Ich hätte es anders machen können, es anders machen müssen - wollte das ja auch, ich wollte immer eine gute Mutter sein. Und dennoch habe ich es nicht getan. ... ... Uff, an dieser Stelle will ich weiterreden, eine coole Wendung aus dem Hut zaubern. Die es nicht gibt. "Ich habe es nicht getan", bleibt so stehen.

    Alles, was ich tun kann, ist, das zu fühlen. ich habe es nicht getan, und das ist Scheiße. Punkt. So ist es.


    <<<Es ist auch für dich eine Chance, wenn sie irgendwann soweit ist, das mit dir aufzuarbeiten. Und dann kann daraus Verzeihen entstehen. Sicher aber nicht Vergessen, das werden wir wohl nie. Weder meine Tochter, noch ich oder ihr beide.>>>

    Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn sie mir wirklich verzeihen würde. Würde sich mein Gefühl mit mir allein dadurch verbessern? Das "Ich habe es nicht getan" würde ja bleiben. Das ist es, was ich mir selbst verzeihen muss. Müsste. (Muss man? Ja, oder? Um sich besser zu fühlen, muss man sich selbst verzeihen?)

    Verzeihen geht, indem man von sich selbst weggeht und den anderen, der einem etwas angetan hat, versteht und nachvollzieht, warum er das getan hat, oder?

    Aber ganz so einfach ist es doch nicht, ich kann mich von damals natürlich nachvollziehen, ich erinnere mich gut daran, wie ich mich gefühlt habe in meiner Abhängigkeit von meiner Geiiebten, dass ich in echter Not war, wenn ich Panik hatte, sie zu verlieren. Das verzeiht ja aber nicht alles. Hmm. das muss ich irgendwie besser zu fassen kriegen.

    Du hast dir verziehen, oder? Erst nachdem deine Tochter das auch getan hat? Oder extra, für dich?


    So, leider muss ich los - ich habe im Moment so wenig Zeit, dass ich im sonstigen Forum noch gar nicht viel lesen konnte. Ist aber kein Desinteresse!

    Erst mal viele liebe Grüße zu dir, Nova!

    Kendra

    So, nun bin ich bei dir angekommen, liebe Nova!

    Vielen Dank nochmal, dass du dir die Mühe gemacht hast, mir zu antworten - und von dir erzählt hast. Das hilft mir total. Zu lesen, dass ich nicht allein auf der Welt bin. Dass du verstehen kannst, was ich erzählt habe. Zu alledem ist deine Geschichte noch so hoffnungsvoll. Das freut mich so sehr für dich und deine Tochter!!!

    Und es macht mir Mut. Meine Beziehung zu meiner Tochter war - von meiner Unerreichbarkeit abgesehen - früher sehr liebevoll und freundschaftlich. Vielleicht kann es ja auch bei uns so sein, dass ihre Wut kleiner wird und wir eine neue Ebene finden.

    Was du von dir angedeutet hast, ist aber auch harter Tobak! Da kam einiges zusammen, und es ist kein Wunder, dass du keine Kapazitäten übrig hattest. Zumal du ja auch nicht selbst daran schuld warst.

    Hmm, das habe ich gerade spontan geschrieben - und merke, dass ich gar nicht auf die Idee kommen würde, dir die Schuld für das Dilemma deiner Tochter zu geben. Du konntest doch überhaupt nichts dafür!

    Das bei mir so zu sehen, kann ich nicht.

    Na gut, ich habe mir freiwillig einen viel älteren Mann gesucht, sodass ich mich nicht wundern durfte, dass er (mit 65) gestorben ist. Ich wollte die Kinder trotzdem unbedingt. Und meine Tochter habe ich mir sogar ermogelt, als er bereits - edit, Diagnose editiert - erkrankt war, als wir wussten, dass er sterben würde. Er war total entsetzt, als ich schwanger war. "Je mehr wir sind, desto besser!", habe ich damals gesagt. Ich trage also die volle Verantwortung.

    Ich habe mich überschätzt. Die ersten beiden Jahre nach seinem Tod war ich wirklich eine gute Mutter. Habe ausschließlich für meine Kinder gelebt - anstatt zusammenzubrechen, von ihm war ich nämlich genauso abhängig wie später von der Geliebten. Aber nach zwei Jahren kam die Trauer mit voller Wucht - und zur Abwehr schnell eine neue Liebe. Da war meine Tochter erst drei.

    Puh, wenn ich mich aus meiner heutigen Sicht anschaue! *schauder * Aber wie schrieb Linde oben?

    <<<Ich wünsche dir, daß du diesen Teil von dir anzunehmen lernst. Er gehört ja zu dir.>>>

    *schluck *

    Scheiße! *lach * Ja. Das gehört zu mir.

    Und es ist nicht so, dass ich das nicht auch fühlen könnte. Wie unerträglich es für mich war, mich auch nur ein Stündchen von meiner Geliebten zu entfernen (die so weit entfernt wohnte, dass wir die meiste Zeit nur über skype zusammensein konnten. Das aber quasi den ganzen Tag. Ich war dermaßen panisch und voller Craving nach ihr, Musste mich gewaltsam von ihr losreißen, um meinen Alltag mit den Kindern durchziehen zu können. Und wenn abends ihr Mann nach Hause kam und ich 'frei' gehabt hätte, hatte ich natürlich auch nichts davon, weil ich nicht ertragen konnte, dass sie bei ihm war. So schrecklich unfrei, ohne es zu merken. Süchtig halt, anders kann man das nicht bezeichnen. Die Sucht im Mittelpunkt unseres Lebens ...

    Wie schreibst du, Nova?

    <<<Letzendlich kann ich die Zeit nicht zurückdrehen. Ich kann es aber heute besser machen und das wird es auch! Und auch das sieht meine Tochter jetzt. Ich habe es aus dieser Abwärtsspirale rausgeschafft und kann so meinem Kind zeigen, dass, egal wie sch... es im Leben läuft, auch wieder aufwärts gehen kann. So hat sie nun auch ihre depressive Phase überwunden und kann mir verzeihen.>>>

    Das ist soo schön! Verzeihen macht es schon viel leichter, oder?

    Und du hast völlig recht, du hast ihr gezeigt, dass das Leben manchmal schlimm sein kann, aber dass man es wieder raus schafft.

    Keine Ahnung, ob meine Tochter eines Tages dazu bereit sein wird, mir zu verzeihen. Im Moment reden wir nicht einmal miteinander. Sie sitzt in ihrem Zimmer und kommt nach Möglichkeit nur raus, wenn ich in meinem Zimmer bin. Unvermeidliches wird per Textnachricht beredet. Und die kleine Botschaft heute Morgen, in der ich ihr gesagt habe, dass ich sie verstehe und dass sie recht hat, hat sie noch nicht angeschaut. Bezweckt habe ich auch gar nichts. ich wolte nur, dass sie weiß, dass sie jederzeit kommen darf, wenn sie es möchte. Dieses Schweigen ist einfach sehr ungewöhnlich für uns ...

    Aber wenn sie es braucht, ist es okay. Und diesmal ist sie es, die entscheidet, wie unerreichbar sie sein will. Das ist ja vielleicht auch hilfreich.

    Ich wünsche dir sehr, dass ihr wieder ein gutes Mutter-Tochter-Verhältnis aufbauen könnt.

    Eventuell könnt ihr (wenn deine Tochter dafür bereit ist) zusammen eine Gesprächstherapie machen, um das gemeinsam aufzuarbeiten?

    Lieben Dank für deine Wünsche! <3

    Meine Tochter hat sich schon einen Termin bei einem Familientherapeuten besorgt. Kommenden Montag schon. Wo sie zunächst allein hin will. Aber stimmt eigentlich, da hat sie ja vielleicht schon die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass wir dort reden können. So hoffnungsvoll habe ich das bisher gar nicht gesehen. :)

    Hab einen angenehmen Abend und eine gute Nacht!

    Kendra

    Guten Abend Kendra,

    willkommen bei uns in der Selbsthilfegruppe!

    Du bist jetzt für die offenen Bereiche freigeschaltet.

    Und Du kannst überall schreiben, jedoch bitte nicht die ersten 4 Wochen bei den
    neuen Teilnehmern im Vorstellungsbereich.

    Ich wünsche Dir einen guten und hilfreichen Austausch.

    Liebe Elly!

    Ich danke dir sehr! :)

    Und auch dir ganz lieben Dank für dein Willkommen und die Freischaltung.

    Wie ihr das handhabt, gefällt mir. Ihr schützt diesen sicheren Ort, ohne eine Riesenmauer aufzubauen.

    Danke auch dafür!

    Kendra

    Herzlich Willkommen Kendra,

    ich wünsche dir weiterhin so ein Wohlgefühl. Es ist so schön zu lesen wie dir der kurze Austausch hier schon sooo gut tut.

    Jaaa, wirklich! Die völlige Ratlosigkeit, die ich die letzten Tage hatte, hat sich gelichtet. Also ratlos bin ich selbst immer noch, aber ich vertraue nun irgendwie darauf, dass es einen Weg gibt, der weiterführt, nur dass ich ihn noch nicht sehe. Das ist total viel wert.

    Ganz herzlichen Dank für dein Willkommen, liebe Petra!

    Liebe Linde,

    erst einmal herzlichen Dank für den Link zur Foren-Berwerbung, das hab ich gleich zuerst erledigt. :)

    Es ist ein Prozess. Ja, das zu wissen, ist ja einfach schon mal beruhigend. Die Aufarbeitung des Schadens, den ich mit meiner Co-Abhängigkeit angerichtet habe, ist einfach auch Teil meines Entwicklungsprozesses. Den ich jetzt endlich in Angriff nehme. Hätte ich auch echt schon längst tun können! *lach *

    Und ob es noch unaufgeräumte Ecken in meinem Keller gibt? Das Bild ist witzig, weil es an eines anschließt, was ich selbst immer benutzt habe. Meine innere Zweijährige - die so schrecklich co-abhängig war - die lange Phasen meines Lebens in einem Pool im Keller ausgeharrt hat und davon überzeugt war, sie wäre die Superheldin, dafür erschaffen, um im rauen Ozean überleben. In den letzten Monaten ist sie endlich da rausgestiegen und hat sich zum Rest von mir nach oben gesellt. Aber jetzt noch mal gemeinsam da runterzusteigen und in die Ecken zu gucken, klingt nach einem richtig guten Plan.

    Und dass es so etwas gibt - einen Plan, der am Ende irgendwann dafür sorgen wird, dass ich mich wieder besser fühlen werde, ist unglaublich beruhigend.

    Nochmals danke für alles!

    Und liebe Nova!

    Noch so ein schöner Name!

    Und es ist sooo schön, dass du meine Gefühle nachvollziehen kannst!!!

    Ich würde nachher gern in Ruhe antworten, muss aber jetzt erst mal weg vom Laptop. Heute Abend melde ich mich nochmal. Sei du auf jeden Fall auch schon mal herzlich gegrüßt!

    Kendra

    Liebe Linde!

    Was für ein wunderschöner Name! Und deine Worte sind genauso. Ich danke dir sehr.

    Ja, es ist so, wie du schreibst: Ich bin raus aus dem Scheiß - und er holt mich ein, weil ich jetzt so weit bin. Vorher hat es mich einfach nicht erreicht, Ich hatte keine Kapazitäten. Genauso wenig wie früher, als meine Tochter klein war.

    Sie ist toll, ja. Stark und streitbar. Und ich kann ihren Zorn so gut verstehen.

    Ich schäme mich zutiefst. Und es ist so schwer auszuhalten, dass ich es nicht wieder gut machen kann. Sie hat es schwer, und ich kann nichts als in momentan ja auch noch echt weiter Entfernung zusehen, ohne ihr helfen zu können. Tja, denn früher, als sie meine Hilfe gewollt hätte, habe ich ihre verdeckten Signale nicht gesehen.

    Im Moment kommt es mir unmöglich vor, damit zu leben. Denn es kann doch nicht besser werden, oder? Weil es dafür keine Lösung gibt.

    Zugleich klingen deine Worte, Linde, so wohltuend, so, als ob es doch irgendwie weitergehen kann.

    Ich danke dir für dein Willkommen und fühle mich sofort nicht mehr so allein.

    Herzliche Grüße zurück!

    Kendra

    Liebe Leute!

    Noch nie ging es mir so gut wie jetzt. Nach laaanger Therapie habe ich meine Bindungsstörung und damit verwobener Co-Abhängigkeit bearbeitet und überwunden - und seit einer ganzen Weile schon glücklich mit mir selbst ohne Beziehung gelebt.

    Bis mich vor einigen Tagen meine Vergangenheit eingeholt hat. Meine Tochter, 18, die jüngste von vier Kindern, mit denen ich seit dem Tod meines Mannes 2005 allein war, hat mich volle Kanne damit konfrontiert, wie sehr ich sie vernachlässigt habe damals, als ich so abhängig von meiner früheren Geliebten war, dass ich all meine Zeit und Energie auf die Beziehung mjit ihr gerichtet habe.

    Das war mir bewusst, ich wusste, dass ich eine miserable Mutter gewesen bin. Nur habe ich es nicht gefühlt. Jetzt tue ich es - und frage mich, wie ich das aushalten soll. Wie lebt man mit einer solchen Schuld?

    Ich war früher einmal in einer Co-Abhängigen-Selbsthilfegruppe, die sich leider aufgelöst hat. Deshalb bin ich hier.

    Liebe Grüße in die Runde,

    Kendra