Dankeschön für die Antworten.
Dadurch, dass mein Mann und ich ein paar Tage nicht miteinander geredet haben, habe ich das Gefühl nach Jahren endlich klar denken zu können. Auch das Lesen in anderen Beiträgen und eure Antworten haben dazu beigetragen. Es fühlt sich an, als wäre der Nebel in meinem Kopf plötzlich verschwunden.
Um es hier zu dokumentieren und anderen einen Denkanstoß zu geben, möchte ich euch erzählen, was ich gestern zu meinem Mann gesagt habe. Ich habe eine halbe Stunde geredet und er hat das erste Mal nur zugehört und kein Wort gesagt. Auch als ich fertig war, hat er kein Wort gesagt. Ich fühle mich befreit, ihm endlich meine Grenzen klargemacht zu haben und habe zwar noch Angst vor der Zukunft, bin aber zuversichtlich, dass egal was kommt, es die richtige Entscheidung sein wird. Das Gefühl, bei ihm bleiben zu MÜSSEN, ist nun weg.
Ich habe ihm klar gesagt, dass er KRANK ist. Das es eine Familie krankheit sein wird, wenn ich bleibe. Das ich nicht möchte, dass der kleine später die gedanken haben wird "wie ist mein papa heute drauf, wenn ich heim komme oder wenn er heim kommt" haben wird. Ich möchte nicht, dass es für den kleinen normal wird, seinen nüchteren papa nicht oder kaum zu kennen. Wenn es mich schon ekelt, wie er ist wenn er getrunken hat und wie das riecht, wird es ein kind genau so anekeln. Ich möchte nicht, dass der kleine sich später sogar schuldig für das Problem fühlen wird. Er soll unsere Streitigkeiten darüber nicht mitbekommen und den drang bekommen, er müsste schlichten. Damals habe ich sogar für meine Mutter meinen Vater angelogen und habe alles versucht, um von ihr mehr akzeptiert zu werden, als sie den Alkohol akzeptiert. Ich wäre bereit gewesen, mit meiner alkoholkranken Mutter wegzugehen, damit mein Vater nicht mehr mit ihr schimpft. Mein Vater war immer der böse, weil er meine Mutter so behandelt hat. Das möchte ich meinem Kind nicht antun!! Ich habe ihn gesagt, das ich an der Situation, was ihn angeht, nichts ändern kann. Ich kann die Situation, was uns angeht, aber ändern und das werde ich tun. Ich muss ihn beschützen und zwei Krankenhaus Aufenthalte, wo er zu Hause alleine mit ihm sein musste, haben gezeigt, dass er sogar trinkt wenn er alleine mit einem wenige Monaten alten Baby ist. Das ihn nichtmal das davon abschreckt.
Was ihn angeht, habe ich gesagt, dass ich erkannt habe, das er sich nicht bessern wird. Es wird immer mal schlimme und weniger schlimme Phasen gehen, aber nie welche, die komplett clean sind. Der Alkohol hätte ihn damals fast umgebracht, er wollte aus dem dachgeschossfenster aufs Klo gehen. Er dachte das wäre das Bad. Selbst als ich ihn unter tränen festgehalten habe, habe ich fast mit ihm gekämpft, das er es nicht tut. Er wäre jetzt TOD wegen dem Alkohol. Es ist sein Untergang. Weder ich, noch die Geburt des kleinen, haben ihn dazu bewogen aufzuhören. Er hat genug Versprechungen gemacht, die er nicht halten konnte. Hätte er in der vergangenheit den Entschluss gefasst, aufzuhören, hätte er sich weitgehend informiert, wäre zum Hausarzt gegangen und hätte eine Therapie gemacht. Er sagte immer, wenn er den Entschluss fasste, das er es selbst schafft. Wer denkt er wer er ist, dass er denkt, er könnte diese Krankheit alleine überwinden? Selbst Menschen, die eine Therapie machen, werden rückfällig. Er ist nichts besonders, was das angeht. Menschen sind vielleicht individuell, aber die Sucht ist es oft nicht. Hätte er wirklich aufhören wollen, wäre er zum Hausarzt gegangen.
Was mich angeht, habe ich ihm gesagt, dass ich mir keine Gedanken mehr darüber machen möchte, ob und was er getrunken hat. Ich möchte mich nicht mehr dazu "verpflichtet" fühlen, es kontrollieren zu müssen, was wegzuschütten und danach krampfhaft suchen zu müssen, um die Wahrheit herauszufinden. Ich möchte endlich frei sein. Ich möchte die Frau sein, die er verdient hätte. Das kann ich durch den Hass und das Unverständnis deswegen nicht! Ich habe meine Lebensfreude verloren, da meine Gedanken nur noch darum kreisen. Er fragt mich manchmal, wieso ich zu anderen gut sein kann und zu ihm immer so abweisend bin. Na, weil ich dort keinen Hass durch den Alkohol verspüre. Die Tage an denen er komplett nüchtern ist, sind erschreckend gering. Ich muss mich selbst schützen. Ich kann ihn nicht retten und muss versuchen, meinen Sohn und mich zu retten. Ich möchte selbst nicht mehr in diesem nebel sein, ich möchte meine Gedanken endlich auf andere Sachen fokussieren und keine Energie mehr an die Sucht verschwenden. Ich habe nämlich keine Energie mehr.
Ich weiss nicht genau was er nun denkt, er kommt mir irgendwie sauer vor und hat oft die Augenbrauen zusammen gezogen, als ich geredet habe. Gestern abend habe ich ihn einmal gedrückt, nachdem er nach dem Gespräch auf die Couch ging und die Decke über den Kopf zog. Es war von mir eine Geste von "ich bin für dich da, egal wie das ausgeht". Wenn ich ehrlich bin, hoffe ich immer noch, dass er endlich verstanden hat. Das sollte ich wahrscheinlich nicht, kann aber auch nicht leugnen, dass ich den Gedanken habe. Wenn er es aber nicht verstanden hat, bin ich nun endlich auch fein damit.