Vom 1. Arztbesuch bis zur Entgiftung

Viele Alkoholkranke haben Angst vorm Arztbesuch.

  • Andere denken, der Arztbesuch sei überflüssig, weil sie ja keine richtigen Alkoholiker sind und alles im Griff haben.
  • Manche schämen sich.
  • Andere schätzen ihre körperliche Situation völlig falsch ein.
  • Und andere wollen daheim im stillen Kämmerlein den Alkohol weglassen, damit "es" niemand mitbekommt.


Es werden sooo viele Gründe genannt, nicht zum Arzt zu gehen....

Ihr seid mit euren Ängsten vorm 1. Arztbesuch und der Entgiftung nicht allein!

Die trockenen Alkoholiker unseres Forums kennen das alles! Ihr könnt uns Fragen stellen. Aber die Hilfestellungen annehmen und vor Ort umsetzen, das ist dann euer Job. Ihr müsst da nicht alleine durch. Wir begleiten einander beim Trockenwerden und beim Trockenbleiben.


Ganz wichtig: Alkoholismus ist eine Suchterkrankung und keine Willensschwäche. Beim Arztbesuch und der ärztlich begleiteten Entgiftung (ambulant oder stationär) geht es als erstes darum, den Körper sicher zu entgiften, damit ihr keine lebensgefährlichen Entzugserscheinungen bekommt.


Wieso raten wir immer und immer wieder zum Arztbesuch?


Weil ein Kalter Entzug, also ein Entzug ohne ärztliche Begleitung, tödlich verlaufen kann!



Der erste Ansprechpartner ist der Hausarzt. Falls ihr keinen habt oder nicht zu eurem Hausarzt wollt, dann gibt es die Möglichkeit zu einem anderen Hausarzt, Internisten oder Suchtmediziner zu gehen. Man kann im Internet suchen oder einfach die nächste Suchtberatungsstelle anrufen und um die Adresse eines Arztes bitten, der sich mit der Alkoholkrankheit auskennt.


Vielleicht hilft es euch, ganz authentische Erfahrungsberichte von unseren Forenmitgliedern zu lesen. Sie schreiben, wie der Arztbesuch bei ihnen abgelaufen ist, was da genau untersucht oder besprochen wurde und wie dann die ambulante oder stationäre Entgiftung war.


Hier also die Erfahrungsberichte

Zitat von Seeblick

Der Besuch beim Arzt zeigt, dass man es ernst meint und Hilfe braucht. Dafür muss man sich überhaupt nicht schämen.

Mich hat es motiviert, mein Vorhaben umzusetzen - auch wenn ich mehrere Versuche brauchte und somit mehrfach bei ein und demselben Arzt war. Es gab keine Kritik und keine Vorwürfe. "Wenn es Ihnen in den nächsten Tagen schlecht geht, kommen Sie gleich zu mir. Ich helfe Ihnen". Das war schon eine Erleichterung.

Ansonsten wird man durchgecheckt und die Blutwerte werden immer wieder kontrolliert. Außerdem kann der Arzt beurteilen, ob Medikamente verabreicht werden müssen oder ob eine stationäre Entgifttung notwendig ist. Dafür muss man auch ehrlich seine Trinkmengen angeben. Ich konnte ambulant zu Hause entgiften und war während der Zeit krank geschrieben. Der Arbeitgeber erfährt nicht, warum man eine Krankschreibung einreicht! Da es mir psychisch gar nicht gut ging, wurden mir zur Unterstützung noch Antidepressiva verschrieben.

Der Arzt stellt einem auch die Bescheinigung aus, die man zur Anmeldung einer Reha/Therapie braucht. Wer im Berufsleben steht, beantragt dies dann bei der Rentenversicherung. Hilfe dafür gibt es bei der Suchtberatung.


Zitat von Barthell

Wie schon in einigen Vorstellungen geschrieben, ist ein Arztbesuch oder vorher noch ein Besuch bei der Suchthilfe nichts wofür man sich schämen muss.

Der Knoten im Bauch wenn man im Wartezimmer sitzt ist soviel größer als das was "wirklich" passiert.


Alle Ärzte, Suchtberater, Empfangsdamen und Ähnliche unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht! (Wichtig das zu erwähnen)

Da braucht es keinen spezialisierten Arzt.


Das Ganze fängt am Besten mit einem Telefonat an: Sprechstunde vereinbaren, dabei muss man keinen Grund angeben oder kann auch einen Arzt wählen, der nicht der Hausarzt ist (grade auf dem Land evtl ein Thema wo jeder jeden kennt und Angst hat).


Dann auch zum Termin HINGEHEN! also nicht zu weit in die Zukunft legen.

In der Sprechstunde kann man dann ansprechen, dass man ein Alkoholproblem hat (oder denkt eins zu haben) in der Regel wird der Arzt dann nach den Trinkgewohnheiten fragen, hier am Besten ehrlich sein... das ist denke ich der schwierigste Part. Wenn das mal ausgesprochen ist, geht es meistens leichter.


Im Anschluss wird dann normalerweise Blut abgenommen, um ein großes Blutbild insbesondere Leberwerte/Nieren zu erfassen.

Je nach Ausstattung des Arztes kommt dann noch ein Ultraschall von Niere, Leber, Schilddrüse und Magen dazu, falls sich dort bereits Schäden eingestellt haben.

Und das wars dann schon.


Die Hürde im Kopf ist soviel größer als man sich vorstellen kann und ein guter Arzt wird keinesfalls da verurteilen oder lachen.

Alkoholismus ist eine KRANKHEIT keine "Willensschwäche" oder so.


Das Blutbild dauert etwas...


Aufgrund der Diagnose wird der Arzt dann eine stationäre Entgiftung (7-10 Tage Krankenhaus mit Medikamenten und regelmäßiger Überwachung) empfehlen oder auch eine ambulante Entgiftung (zuhause, 7-10 Tage, Medikamente falls Bedarf besteht und regelmäßige Checks beim Arzt oder zumindest telefonische Rückmeldung) Ambulant hat den Vorteil, dass es "zuhause" ist und es vielen leichter fällt "heimlich" zu entgiften, das geht aber nur wenn der Arzt das entsprechend für möglich hält. Prinzipiell kann jeder Entzug tödlich enden, gerade wenn bei Krampfanfällen, Halluzinationen oder sonstigen Komplikationen keine schnelle Hilfe verfügbar ist, daher kann ich diese Art nur sehr begrenzt empfehlen.


Erfahrungsgemäß sind nach 7-10 Tagen die Entgiftungen "durch" je nach Konsum kann es aber auch länger dauern, und dann beginnt die Phase "Nüchtern bleiben und trocken zu werden" ... das ist mit der Entgiftung nicht getan, die sorgt rein körperlich dazu den Alkohol und die Reste aus dem Körper zu bekommen...

Das danach dauert länger und erfordert ein Umstellen der Gewohnheiten und Neuprogrammierung des Gehirns.


Zitat von Barthell

Bei meinem Rückfall habe ich mich ja im KH entgiften lassen.

Dazu bin ich in die Notaufnahme vom Stadtkrankenhaus (die haben eine Psychiatrische Abteilung) und bin dann 10 Tage dort aufgenommen worden.

Dazu durfte ich bis ich wieder auf 0. Ich war jede Stunde pusten, habe dann Vitamine bekommen und ansonsten war es halt wie ein Krankenhaus, rumliegen/sitzen, ein kleines Rahmenprogramm (leichter Sport, Gesprächsrunden, Vorstellungen von SHG's) und 2-3 Gespräche mit Psychologen und täglicher Visite, dazu durften wir täglich pusten und Urin abgeben, wobei wir auch viele da hatten, die im Entzug von illegalen Substanzen waren.


Und am Abschluss gabs einen Brief über eine qualifizierte Entgiftung für den Hausarzt.

Gezahlt hat die Rentenkasse wenn ich mich recht erinnere mit 10€ Zuzahlung /Tag.


Schlusssatz

Wir möchten euch Mut machen: Geht zum Arzt. Nehmt die angebotenen Hilfen an.

Wenn ihr Fragen habt, einfach fragen.


Euer Forenteam.