Co-Verhalten unbewusst weiter gegeben?

  • Liebe Joana,

    Du hast nichts falsch gemacht. Du hast alles so gut gemacht wie Du es konntest, sonst hättest Du es anders gemacht.

    Du hast rechtzeitig die Notbremse gezogen und hast Dir neue Beziehungen immer gut angesehen und bist (wenn du die alten Muster gesehen hast) ausgestiegen.

    Deinem Sohn kannst Du nur vor Augen führen, was es mit Dir gemacht hat und ihm Wege zeigen, die er gehen kann (Gruppen/Therapie/Deine Erfharung ...) und immer ein Ohr für ihn haben. Empathie und Akzeptanz sonst fühlt er sich zwischen zwei Stühlen und wird sich dir gegenüber unter Umständen verschließen.

    Natürllich leben wir unser Helfersydrom vor und die Kinder übernehmen das. Aber das ist keine Schuld, weil wir es ja auch erst dann merken, wenn wir am Boden sind. Und Du hast regiert (Toll) und arbeitest an Dir.

    Also komm einfach von der "Schuldnummer" und der "Was-hab-Ich-Falsch-Gemacht-Nummer" weg.
    Die nutzt weder Dir noch ihm. Das Rad der Zeit kann man nicht zurückdrehen. Und wenn er die gleichen Fehler macht wie Du, es ist sein Leben und es ist einfach unglaublich schwer zuzusehen, wie das eigene Kind leidet und man weiß nicht wie man es von diesem Trip weg bekommt.

    Ich hab in meiner Co-Abhängigkeit mindestens 5 mal die Klasse wiederholen müssen und meine Eltern sind in ihrer Hilflosigkeit bald durchgedreht. Was mir geholfen hat, war, dass sie immer für mich da waren und egal was für bescheurte Entscheidungen ich getroffen habe, immer hinter mir standen. Wenn sie mich noch verlassen hätten, weiß ich nicht, was passiert wäre. Aber ich habe es letztendlich geschafft (meine Mama ist übrigens auch co-abhängig, der Vater hat sich zu Tode getrunken), auch ich bekam es vorgelebt und landete in einer 21 jährigen Beziehung mit einem Alkoholiker. Auch heute kommen diese Co-Verhaltensmuster immer noch mal nach oben, aber weißt Du was?? Ich merke es meistens :-)) :D

    Wünsch Dir alles Liebe und die Geduld für Dein Kind

    Gigi

  • Hallo Joana,

    die Wissenschaftler sind sich ja nicht so richtig schlüssig, was wir im Erbmaterial haben und was sich in den ersten Jahren durch äußere Umstände überträgt.

    Ich erinnere mich aber daran, daß ich so um die 10 Jahre war, ein Zahnarzt mit Langzeitschaden mißt baute und der eine Fahne hatte. Ich sehe auch einen eigenwilligen, selbstbewußten Sohn und einen zweiten Sohn, der was anders ist, eine gerade Linie fährt und sicher durchs Leben gehen wird.

    Was mal sein wird und welche tieferen Veranlagungen da drin stecken wissen wir noch nicht. Wenn mir mal ein Ziegelstein auf den Kopf fallen sollte und ich noch mehr ballaballa werden sollte, wäre ich gerne bei meinen Kindern, wenn meine Kinder stark genug sind, hängen sie sich einen alten Saftsack nicht an die Backe oder erst recht, wer weiß das.

    Warum, warum nicht.

    LG kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Liebe Joana,

    um mit Deiner letzten Frage anzufangen, was Du falsch gemacht hast, gibt es eine Antwort: Nichts, Du hast das gemacht, was Du konntest und wusstest entsprechend Deiner Lebensituation. Diese Antwort bekam ich vor Jahren in einer Angehörigengruppe betreffend meines Sohnes, weil ich voller Schuldgefühle war. Ich habe zwei Kinder, die Tochter hat sich normal entwickelt, ist niemals co.-abhänig geworden, sie hat nicht geraucht oder getrunken, verabscheut dies alles, ist auch keine Helfernatur. eher selbstbezogen. Mein Sohn genau das Gegenteil, er hat sich stets ausnutzen lassen, half allen noch Hilfloseren und fühlte sich hingezogen zum Komsumieren von allen Suchtstoffen. Für meinen Sohn war es hinziehend, für die Tochter abstossend, sie wollte das Gegenteil leben. Ich glaube, dass wir zwar im Elternhaus geprägt werden, dennoch mit eigenen Persönlichkeitsanteilen schon ankommen, die offen für diesen oder jenen Weg sind. Genauso wenig wie man aus einem verschwenderischen Menschen einen Sparsamen machen kann oder aus einem kraftvollen Dominaten einen feinfühlichen Sensiblen, kann eine Helfernatur schwer aus seiner Haut heraus. Da gilt es Erfahrungen zu machen und Schritt für Schritt zu erlernen, für die eigenen Bedürfnisse zu sorgen. Wobei ich auch die Erfahrung gemacht habe, dass selbst geschulte Menschen, die viele Seminare und Ausbildungen absolvierten, in bestimmten Situationen wieder in ihre Helferrolle zurückfallen, es sind ganz bestimmte Momente, da braucht es nur einen Knopfdruck, der sie agieren lässt. Selbst Therapeuten können in Bezug auf ihre Klienten helfersüchtig. bzw. co.-abhänig werden, ist alles schon passiert.
    Folglich wird Dein Sohn wohl seine notwendigen Erfahrungen brauchen, geändert wird meist erst dann etwas, wenn der Leidensdruck zu groß wird, solange er sich damit wohl fühlt, wird er kaum etwas verändern.
    Ich würde für ihn präsent und offen sein, ohne die Situation oder das Mädchen zu kritisieren, das erzeugt nur Widerstand und dann erst recht, kenne ich aus meiner Jugendzeit...)))
    Neben den Partnern ist es folglich genau so schwer, unsere Kinder loszulassen, sie haben ein Recht auf eigene Erfahrungen, ohne die sie nicht reifen können.

    Wünsche Dir viel Kraft und Vertrauen
    liebe Grüße Laurian :wink:

    Hinter jeder Sucht steht eine Sehnsucht, hinter jeder Sehnsucht steht eine Hoffnung.

  • Hi Joana,

    wir kümmern uns halt um alles und meinen es gut. Dabei passiert es ganz oft, dass wir uns um Sachen kümmern, die uns eigentlich nichts angehen. Die "Jacken-Nummer" hab ich mir schweren Herzens abgewöhnt. Sag mir dann einfach, ej der Kerl (19 Jahre) ist alt genug und wenn er friert, dann denkt er das nächste Mal an die Jacke. Learning by doing.

    Mir ging das auch Jahre so, von "hast Du Dein Pausenbrot eingesteckt?" über "ist das Referat in der Schultasche?" über ich weiß nicht was. Es fällt mir auch heute noch soooooo schwer mich da nicht einzumischen. Aber wir lassen den anderen keine Möglichket, selbst ihre Erfahrungen zu sammeln und sich ihr Erfolgserlebnis zu holen (nach dem Motto, man das hab ich toll gemacht). Die Mama hat es mal wieder toll gemacht. Damit bestätigen wir mal wieder, dass sie es alleine nicht geschafft hätten, die Kids verlassen sich immer mehr auf uns (tolles Gefühl: WIR WERDEN GEBRAUCHT!!!, das steigert unseren Selbstwert). Damit nehmen wir den Kindern die Chance ihren eigenen Selbstwert (der gnadenlos gering ist, leider...) zu pushen. Wir schnappens einfach weg. Sorry, kannst Du damit etwas anfangen?? Sonst erkläre ich es nochmal anders. Das ist echt ein wichtiger Punkt.

    Und die Kontrolle gibt uns Macht. Und wenn wir Macht haben, dann geht´s unserem Selbstwert wieder besser. Blöder Teufelskreis, aber man kann aussteigen. Und wenn man mal achtsam ist, dann bemerkt man es immer öfter.

    Wenn Du Lust hast, überleg doch einfach mal, wann Du Dir in der letzten Woche irgendetwas in Bezug auf "hast Du schon was gegessen?", "hast Du eine Jacke an?" hättest sparen können. Es ist machmal spannend zu erfahren, wo wir uns immer wieder reinhängen müssen. Aber das tolle, man merkt es und kann oft über sich schmunzeln.

    Alles Liebe

    Gigi

  • Zitat von Joana50

    Ich kenne viele tolle Frauen, die ihr Leben alleine meistern, aber keinen einzigen Mann! Woran liegt das???

    Hi Joana,

    das ist doch nicht arrogant, Du hast nur noch nicht richtig nachgesehen. Schleswig-Holstein ist vielleicht nur nicht so dicht besiedelt. Bauer sucht Frau heißt diese beliebte Sendung, wo zwei selbstständige Exemplare um ein bemuttertes Männlein buhlen. In meiner SHG sind enorm starke trockene Persönlichkeiten, aber Du hast recht, freie Exemplare sind selten zu sehen und die geben sich selten nochmals ab.

    LG kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hi Joana,

    mein 19-jähriges Exemplar hat sich Anfang Ende Juni zum 1.7. beim Bund gemeldet und die haben ihn dierekt eingezogen. Dann hat er massiver psych. und gesundheitliche Probleme bekommen und ist jetzt schon wieder ausgemustert. So, jetzt muss er sich eine Lehrstelle suchen (das wird knapp) und einfach in die Gänge kommen. Ich setzte ihn unter Druck, weil das momentan das einzige ist was hilft. Er muss sich einen gescheiten Therapeuten suchen (und das alleine ohne Mamis Hilfe). Ist schwer, aber da muss ich durch. Die Co-Strukturen bei mir funktionieren noch immer, aber ich merke es und kann dann meist gegensteuern.

    Wünsche Dir einen schönen Tag.

    Gigi

  • Hi Joana,

    gut dass du das mit dem Hochkommen gschrieben hast. Das stimmt total. Er bekam eine Panikattake, als der Spieß ihn anschrie (normal eigentlich, die machen am Anfang logischerweise immer mal dicke Arme). Er fühlte sich so an die vergangenen Situationen mit seinem Vater erinnert, dass überhaupt nichts mehr ging. Was macht dein Burschi?

    LG

    Gigi

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