Kapitulation hilft gegen Sucht?

  • Ich danke Euch allen, ihr habt sehr gut beschrieben, was Kapitulation für uns bedeutet und es ist bei mir angekommen.

    Um meinen Ex geht es schon länger nicht mehr. Den "Kampf" habe ich vor einem halben Jahr abgeschlossen – ich habe kapituliert. Ihn seit dem nie wieder gesehen, nie wieder Kontakt gehabt, auch nie mehr versucht, Kontakt aufzunehmen. Sein Leben, seine Sucht – ich habe mich seitdem nicht mehr damit befasst.

    Was ich hier nie geschrieben habe – seit dem habe ich die meisten meiner Probleme angehen und bewältigen können, habe beruflich mehr Erfolg denn je. Disziplin, Konzept, Ordnung – etwas, was ich lernen musste, denn ich lebte meistens sehr chaotisch und verlor oft den Überblick. Ich muss immer noch aufpassen, denn ich lenke mich gerne ab von mir selbst und ertappe mich dabei, dass ich hier stundenlang im Forum verweile, lese und schreibe…

    Meine Freizeit – oder das "ich lebe" kam noch nie zu kurz. Im Gegenteil.
    Ich bin lieber ins Wellnessbad gefahren oder zum Tango gegangen oder überhaupt – alles, was mir Spaß macht, war wichtiger. Alles andere blieb liegen und machte mir Angst. Es gab sogar Phasen, da konnte ich nicht mal die Post öffnen oder Nachrichten schauen. Die kleinste Kleinigkeit an schlechter Nachricht und ich bekam Durchfall. Das war eine schreckliche Zeit. Das habe ich jetzt viel besser im Griff – weil ich es nicht mehr anwachsen lasse, bis es unüberwindlich scheint.

    Was ich nicht beeinflussen kann – auch da muss ich kapitulieren – sind meine Träume nachts, wenn ich schlafe. Ab und zu wache ich dann mitten in der Nacht schweißnass auf und setzte mich dann ein paar Minuten in die Küche und lenke mich ab, weil ich den Traum nicht weiter träumen möchte. In diesem Traum begegnet mir immer noch mein Ex, so leibhaftig und klagt mich an. Gegen solche Träume bin ich auch ohnmächtig und sie wirken oft nach und der nächste Tag ist dann erst einmal schwieriger.

    Ich befasse mich, auch wenn und gerade, weil ich noch hier bin – mit mir und Euch natürlich… und es stimmt, dass ich weniger analysieren sollte.
    Aber auch das hat eine Menge bewirkt und ohne Erklärungen hätte ich es nicht geschafft.
    Ich muss nur wissen, wann Schluss damit ist, also noch ein Maß dafür finden.

    Ganz liebe Grüße
    Ettena

  • Ich habe die Träume - auch die schlechten - zu meinen Freunden gemacht :) Oftmals haben sie mir Lösungen für Probleme verraten. Aber ich kenne das Gefühl von "Horrorträumen" ebenso wie Du. Besonders schlimm war es bei mir in der ersten Zeit der Trennung.

    Immer wieder selbiger Traum: mir werden meine Kommunikationsmittel geklaut.

    Der Traum wurde leichter, die Handys waren nur noch versteckt.

    Klar Handy - Kommunikation - fertig mit den Nerven, psychisch am Ende - alle Verbindungen tot - die Möglichkeit der Kommunikation verloren.

    Schon als Teenager bin ich abends ins Bett und habe mir gesagt wenn ich wach meine Lösung nicht finde, dann bringt Ihr Träume sie mir vielleicht. Natürlich über Symbole, die ich aber zumeist deuten konnte und die passten. Ebenso wie manch ein verlegter Gegenstand, den ich über Träume wieder fand.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Servus Ettena,

    ich habe erst ein paar Tage darüber "gebrütet:"

    Zitat von Ettena

    ...mir macht ein Satz meiner Therapeutin zu schaffen: “Manche trauern sogar ihr ganzes Leben einem Partner hinterher”...

    Ich kenne auch einen Alkoholiker, der fast 25 Jahre "mit der Faust in der Tasche" trocken war. Vor drei Jahren hat er seine damalige Trinkpause (!) beendet, 1/4 Jahr gesoffen, was das Zeug hielt, und lebt seither wieder abstinent - diesmal trocken, ohne Verzichtsgedanken, frei.
    Er hat kapituliert, er weiss, dass die Sucht (und nicht nur sein Suchtmittel Alkohol) immer stärker als er sein wird, wenn er ihr (=der Sucht) den Raum gibt, sich zu entwickeln.

    Er hat sein Leben konsequent und bedingungslos diesem Umstand untergeordnet, angepasst und neu geordnet. Von seinem "alten Leben" ist nichts mehr übrig, außer der Erinnerung an die Zeit, in die er nie wieder zurück möchte.

    Was will ich Dir damit sagen? Für ihn waren die 25 Jahre eine "Trauerphase" ohne echten Abschied. Erst, als er Abschied von seinem alten Leben genommen hat, als er es ohne "wenn" und "aber" verbannt hatte, konnte er bedingungslos ein neues Leben aufbauen.

    Dieses "Bedingungslos" ist mE der schwierige Punkt: wir Menschen versuchen schon gerne, Bedingungen auszuhandeln - auch wenn wir dazu gar nicht in der Position sind...

    LG
    Spedi

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