Zwei Schritte vor und einen zurück

  • Hallo an alle,
    ich muss mir mal wieder was von der Seele schreiben.
    Ein kurzer Abriss meiner Geschichte:
    Ich lebe seit 12 Jahren mit einem Alkoholiker zusammen, habe 2 Kinder aus erster Ehe und einen gemeinsamen Sohn. Nachdem wir diesest Jahr beide wohl am Tiefpunkt angelangt waren und er gemerkt hat, dass der Alkohol alles zerstört, hat er im Oktober beschlossen, aufzuhören Alkohol zu trinken. Er beantragte sogleich eine Kur, sie wurde ihm genehmigt, aber in einer Klinik, die nur Doppelzimmer anbietet. Das schließt mein Mann kategorisch aus, aus nachvollziehbarenn Gründen. Also hat er Einspruch erhoben, mit dem hinweis, er mache die Kur nur, wenn er ein Einzelzimmer kriegt.
    Da kam bei mir sofort Panik auf, dass Die Rentenversicherungskammer nun sagt: Sie haben hier keine Ansprüche zu stellen, dann machen Sie halt keine Kur. In diesem Fall würde er auch tatsächlich darauf verzichten. Jetzt warte ich wie auf Kohlen sitzend auf diesen Bescheid..
    So und bis zur Kur wollte sich mein Mann mit alkoholfreiem bier über die Zeit retten. Bis vor kurzem sahen unsere Wochendenden so aus: Er stand irgendwann mal auf, verkatert, hing alibimäßig im Haus rum, wurde am nachmittag langsam unruhig und ging dann schließlich "spazieren"(Kneipe). Nach ca. 3 Stunden kam er blau wieder, war körperlich zwar anwesend, aber so ab ca. 21 Uhr zog er erneut los. Bis ultimo. Ihr alle wisst, wie es mir ging. ich hatte das Gefühl, ich führe eine Ehe zu dritt: ich, mein Mann und das Bier. Als hätte er eine Geliebte, nur seine Geliebte heißt Augustina, hat die Figur einer Flasche und verströmt den gleichen Geruch wie mein Mann... kleiner Scherz am Rande
    Unter der Woche hat er natürlich auch getrunken, nach der Arbeit...
    Ich hab ihm gesagt, dass das mit dem alkoholfreien bier Selbstbetrug ist und ich damit nicht klarkomme, denn die Wochendenden liefen nach dem gleichen Schema ab. O.K., hat er eingesehen und am 11.11. (wenn die Narren beginnen zu saufen) hat er auch damit aufgehört. Die letzte Woche stellte sich bei mir so was wie Glücksgefühle ein, ich wurde wieder zuversichtlich, die Herzschmerzen wurden schwächer, ich konnte durch schlafen...
    Gestern ging er mal wieder los, auf eine Orangenschorle, aber in seine Kneipe.
    Als er zurückkam, hab ich einen Hauch von Bier gerochen. Und da ist es passiert: Ich bin in Tränen ausgebrochen, alles, die Brustschmerzen, das Augenzucken, der ganze emotionale Horror war wieder da.
    Er meinte, ich bilde mir was ein, hab schon Wahnvorstellungen, sei hysterisch usw. Er hat kategorisch abgestritten, Bier getrunken zu haben.
    Es war ja mit Sicherheit nur alkoholfreies, das glaub ich schon, aber bei mir legte es einen Schalter um, wie eine kondizionierte Ratte, die sich beim Aufleuchten der roten Lampe drei mal im Kreis dreht.
    Spinn ich jetzt wirklich, dass ich schon durchdrehe, wenn er ab und zu alk-freies Bier trinkt?
    Ich hab ihm jedenfalls heute früh gesagt, dass ich damit keinesfalls leben kann.
    Meine Nacht war schlaflos, all Ängste sind wieder da.
    Ich will und kann mich nicht trennen, ohne Alkohol ist unsere Beziehung o.k., er will ja aufhören, steht vor seiner Kur(wie ich hoffe)...
    Beim leisesten Umfaller meines Mannes falle ich zusammen wie ein Kartenhaus. schön CO und .KO.
    Habt ihr einen Tippß
    LG Thelma

  • Hi Thelma,

    eines verstehe ich nicht, Du schreibst:

    Zitat

    Er beantragte sogleich eine Kur, sie wurde ihm genehmigt, aber in einer Klinik, die nur Doppelzimmer anbietet. Das schließt mein Mann kategorisch aus, aus nachvollziehbaren Gründen. Also hat er Einspruch erhoben, mit dem hinweis, er mache die Kur nur, wenn er ein Einzelzimmer kriegt.

    Was sind denn bitte nachvollziehbare Gruende, fuer mich hoert sich das eher an, als wenn er gar nicht aufhoeren will mit dem Saufen und alkoholfreies Bier, sorry, aber da kann er gleich wieder ganz saufen, ist ja irgendwo immer Alkohol drin und ausserdem regt das das Suchtgedaechtnis an.

    Die Frage ist, wie lange Du das alles noch mitmachen moechtest und wann Du fuer Dich Grenzen ziehst, damit es Dir wieder gutgeht.

    Alles Liebe,

    Jenny

  • Hi Jenny,
    ich weiß, es hört sich blöd an, dass ich ihn verstehe.
    seine Gründe:
    -Er braucht nach einem bewegenden Therapietag seine Rückzugsmölichkeit(er ist ausgeprägter Einzelgänger)
    -er schnarcht der andere evtl auch
    -er will sich nicht abendes noch mit einer weiteren fertigen Story auseinandersetzen, ihm reicht seine
    - er will nicht 8-16 Wochen mit einem fremden in einem Zimmer sein
    -er hat es beruflich und im täglichen Pendelverkehr im Zug mit hunderten Menschen, Gräuschen, etc zu tun. Er braucht diese Rückzugsmöglichkeit
    er will allein schlafen, tut er hier ja auch seit Jahren, weil ich darauf bestanden habe.
    Zum Thema alkoholfreies Bier stimme ich dir völlig zu und habe es ihm auch unmissverständlich gesagt.
    Er lässt sich dieses Hintertürchen offen, sonst würde er bei dem Gedanken, nie mehr den Geschmack des gerade in Bayern so geliebten Bieres Panik bekommen. Also will er sich "ab und zu" mit der "Alternative" trösten. Ich weiß, sag jetzt nichts...
    Oder sag doch was!
    Ich will hier irgendwie mit ihm durchgehen, merke aber, dass ich keinerlei Toleranz mehr habe und bei mir bei dem Gedanken an Bier schon alle Sicherungen durchbrennen.
    In den letzten 10 Tagen ist so ein angenehmes, zartes Pflänzchen gewachsen, ein Hauch Normalität ist eingekehrt, er hat gestern mit uns gefrühstückt, das erste Mal seit Jahren...
    Er wird wieder aktiver, nimmt wieder am "normalen" Leben teil, es sind Kleinigkeiten, aber diese sind so schön nach Jahren Horror.
    Ich will einfach nicht aufgeben, zumal ich es finanziell nicht schaffen würde, mein Ex ist für die nächsten 6 Jahre insolvent, zahlt also nicht mal den Mindestunterhalt, ich hab ein abgebrochenes Studium, und nur Klein-Jobs am Laufen.
    Ich weiß, wer will, findet Wege, wer nicht will findet Gründe(Gruß an Spedi). Stimmt .
    aber ich will nicht aufgeben und hier Wege finden, doch ich weiß auch, dass ich total vom Zustand meines Mannes abhängig bin und das macht mich verrückt.

  • Servus Thelma,

    er will saufen und er wird saufen. Sonst gar nix.

    Willst Du so weiterleben?

    Nur darum geht es hier, um Dich...

    LG
    Spedi

  • Liebe Thelma,
    die Argumente, die Du benennst, die mögen gelten bei einem netten Urlaub, denn da ist das Wohlfühlgefühl wichtig.

    Wenn Dein Partner aber wirklich von sich aus aufhören will, Leidensdruck verspürt, der ihm zeigt was aus seinem Leben geworden ist, dann wird ihn fremdes Schnarchen ebenso wenig stören wie anderes. Dann nämlich würde er um sein Überleben - und dadurch die Trockenheit - kämpfen wollen!

    Er will nicht mit einem Fremden im Zimmer sein, er will keine fremden Stories hören. Zum ersten weiss er noch gar nicht ob der andere zu ihm überhaupt das Vertrauen hat seine Stories zu erzählen und zum Zweiten ist vielleicht auch die Therapie da um soziales Leben zu lernen? Vielleicht um sich abzugrenzen, Gemeinsamkeiten zu entdecken und nüchtern ein soziales Gefüge zu entwickeln?

    Nun ehrlich gesagt, ich spüre nichts mutmachendes, so wie ich es oft im Alkoholikerbereich lesen kann.... Sorry, nun gut, ich bin nicht allwissend.

    Du willst nicht aufgeben? DICH sollst DU auch nicht aufgeben :) aber die Hoffnung an anderen Menschen etwas ändern zu können, oder ist Dir das schon jemals gelungen? So richtig dauerhaft?

    Du hast Angst, schreibst Du, weil Du es finanziell nicht schaffen würdest. So, nun kommen wir endlich dem Kern und Dir näher.

    Auch ich dachte es, musste es schaffen weil es um mein Leben ging, und es ging und ich bekomme weniger im Monat als den Sozialsatz.....

    Wenn DU wieder zu DIR finden willst, dann kannst Du bestimmt hier den einen oder anderen Weg nachlesen, der Deinem ähnlich ist. Wenn Du Hilfe für das Zusammensein mit ihm bekommen möchtest (wie es auch damals mein persönlicher Wunsch gewesen wäre) wirst Du leider - sorry - vergeblich hoffen.

    Du hast keine Toleranz mehr? Verstehe ich nur zu gut! Das zeigt aber, dass nun kein Dämpfer (nämlich Deine Toleranz mehr da ist) und es ein böses Ende nehmen könnte wenn DU nicht reagierst.

    Viel Kraft wünscht Dir Dagmar

  • Liebe Thelma,

    bei einem nassen Alkoholiker kann man nicht auf die Worte hoeren, die aus dem Mund dieses nassen Alkoholiker kommen, sondern man sollte die Taten die erfolgen sehen. Ein nasser Alkoholiker, der tatsaechlich seinen Tiefpunkt erreicht hat, tut etwas aktiv und findet keine Gruende warum eine Kur bzw. Therapie nicht angetreten wird. Da sollte es ihm wirklich piepegal sein ob Doppel-, Dreifach- oder Einzelzimmer. Alkoholismus kann toetlich enden, wenn er nicht gestoppt wird und Dein Mann scheinbar will ja nicht, sonst wuerde er Wege finden, damit er aufhoert zu saufen und nicht Gruende finden um weiterzusaufen. Ich weiss, es ist schwer sowas zu akzeptieren, aber die angeblich kleinen Schritte vorwaerts bei Deinem Mann sind keine Schritte vorwaerts fuer mich, es ist nur ein Hinauszoegern des Handelns.

    Die wichtigste Frage ist aber, was tust Du jetzt fuer Dich?

    Alles Liebe,

    Jenny

  • Hi Thelma,

    schön Dich zu lesen. Was ich am Besten konnte war in den Gedanken des anderen und für den anderen zu denken, irgendwie konnte ich auch ganz gut für sie mitleiden. Als ich damit aufhörte wurde es interessant, aber das Aufhören dauerte noch lange.

    Vielleicht schaffst Du es ja schneller oder mal eine Woche nur an und für Dich zu denken und schreibst was da mit Dir passierte.

    LG Kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Ja Ihr Lieben,
    vielen Dank für eure Antworten, wenn sie auch verdammt unbequem sind. Aber
    im Grunde weiß ich das alles ja. Sch...
    Nach euren Antworten ist es mir ganz flau im Magen.
    Was soll ich noch sagen, ich fürchte auch, dass es ihm nicht wirklich bedingungslos ernst ist. Er hat vor vier Jahren für exakt 22 Monate komplett aufgehört, eingeleitet durch eine 14-tägige Entziehung. Er hat auch komplett auf alkoholfreies Bier verzichtet. Aber er hat sich genau diese 22 Monate vorgenommen, um dann ganz einfach kontrolliert zu trinken. Denn man hat ja alles im Griff, gelle, der Hund wedelt ja mit dem Schwanz und nicht umgekehrt.
    Ging natürlich wie eingangs beschrieben, in die Hose. Die 22 Monate waren um und er hat sich um Punkt0.00 Uhr zwei Weißbier reingezischt. Mir kommt es so vor, als beträchte er das Ganze noch als Spiel.
    er erkennt schon die Krankheit an, hat sich aus dem Internet Kliniken rausgesucht, die diese verfluchten Einzelzimmer anbieten...
    War ja am Schluss wirklich am Hund.
    @Jenny:was tu ich für mich? Ich habe heute einen Termin bei einer Psychotherapeutin.Erstgespräch. Muss erst wieder zu Kräften kommen.
    Ist in der Beziehung natürlich schwierig.
    allerliebste Grüsse
    Thelma

  • Hi Thelma,

    ja wir Co's bzw. Angehoerigen wollen doch immer hoffen, nur zu gerne lauschen wir den Versprechen und Worten des nassen Alkoholikers und verlaenger dadurch unser Leid. Ja wir sind nicht konsequent, man koennte meinen Konsequenz wurde aus unserem Woerterbuch gestrichen. Also geben wir immer noch eine Chance und immer wieder, freuen uns auf trinkfreie Zeiten und bibbern aber in den trinkfreien Zeiten den nassen Zeiten wieder entgegen. Und wir drehen uns es vergeht mehr Zeit, die Kraefte schwinden und wir wissen nicht mehr wie wir da rauskommen. Aber die Kraft schwindet immer mehr je laenger wir uns vor einer Entscheidung druecken, da sind wir auch gut in Ausreden, kein Geld, keine passende Wohnung, den Partner nicht noch weiterabsacken lassen...jajaja die ganze Palette bis wir selbst bereit sind endlich mal etwas zu tun. Therapie ist gut, aber aktiv fuer Dich musst Du anfangen etwas zu tun, etwas damit Du wieder gluecklich leben kannst.

    Alles Liebe,

    Jenny

  • Oh Thelma

    er erkennt schon die Krankheit an, hat sich aus dem Internet Kliniken rausgesucht, die diese verfluchten Einzelzimmer anbieten...
    War ja am Schluss wirklich am Hund.

    Dann hat er es doch sicher nicht erkannt wenn er noch in der Lage ist Ansprüche zu stellen. Sei mir nicht böse, aber ich als co war am Ende so am Tiefpunkt, dass ich nahezu alles genommen hätte um mein Leben zu retten. Ich glaube einem ernsten Alkoholiker wird es nicht viel anders gehen, oder? Und ehrlich gesagt, ich sehe bei einer Therapie, wo es auch um soziale Aspekte und Belastungen geht einen Sinn in Mehrfachzimmern.

    Bin ich gesund und habe ein gesundes Gefüge, dann kann ich mich zurückziehen (über bestimmte Zeit) um mich später wieder in die Gesellschaft zu involvieren. Aber jemand, der bereits ausgestiegen ist aus einem Sozialgefüge (und das ist meiner Meinung nach ein Alkoholiker weil er die Welt nicht nüchtern erträgt) der muss doch (oder sehe ich das falsch?) Sozialgefüge neu lernen.

    Muss nicht eine Person, die trocken werden will, lernen vor Problemen nicht mehr davon zu rennen. Muss diese Person nicht lernen mit einem anderen Menschen zu kommunizieren? Wenn ja, wie soll es denn sonst laufen, wenn nicht in Mehrbettzimmern?

    Und noch was - die Finanzen gelten nicht - ich bin auch am Ende und lebe von (oder sollte von) 645 Euro leben!!!!! Was hindert Dich getrennt von ihm zu leben (im Notfall im eigenen Haus) aber jegliche Hilfe einzustellen????

    Wobei ich persönlich sagen muss, alleine meine Gegenwart war ein Deckmäntelchen, wegen dem mein Ex weniger trank. Nein, nicht aus Liebe - noooooöööööö - ich sollte nicht erkennen wie hoch der tägliche Konsum ist. Dadurch dass ich im Haus wohnte wurde Miete und Strom gezahlt. Ob er es alleine geschafft hat weiss ich nicht....

    Würde es Dein Partner schaffen??

    Oder hilfst Du ihm dass er es schafft???

    Hilfe zur Selbsthilfe jederzeit! Aber keine Hilfe zur Vertuschung und für leere Worte, oder?

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Hallo Thelma,

    Jo, ich sehe da bei Deinem Alkie auch keinerlei Bereitschaft, ein alkoholfreies Leben zu führen.
    Alles, was er tut, spricht dagegen.
    Allein schon, das er alkoholfreies Bier trinkt, ist ein Witz, es ist tatsächlich wohl für ihn noch ein lustiges Game.
    Um ein trockenes Leben zu führen, gehört weitaus mehr, als nur nicht mehr trinken.
    Und das mit einem Einzelzimmer is auch n Witz, dann ist er noch lange nicht weit genug unten, wenn er noch solche Ansprüche stellt. Als ich Hilfe bekam, war mir alles egal, was mit mir dabei geschieht. Ich hab meine Schlaumeierei einfach im KH abgegeben, denn ich konnte nicht mehr. Ich wollte nur noch eins: Nie wieder trinken müssen.
    Ich kenne Menschen, die sich mit letzter Kraft in eine Suchtberatungsstelle schleppten und nur noch um Hilfe baten und dort dann auch endgültig zusammenbrachen. Die haben sicher keine Ansprüche mehr gestellt.

    Was mit Dir der Geruch von alkfreiem Bier macht, ist ja wohl logisch. Er weckt alle Erinnerungen, is wie bei einem verstaubtem rechner, einmal wieder die Entertaste gedrückt und das ganze System fährt wieder hoch, ist doch wohl klar. Dazu reichen im übrigen auch viel „geringfügigere“ Anlässe, bei einem CO kann alles mögliche die Alarmsysteme wieder hochfahren lassen, allein eine typische Bewegung, beispielsweise eine Gangunsicherheit des trockenen Alkie kann alles wieder hochkommen lassen, und es dauert sicher sehr lange, bis man wieder Vertrauen fassen kann.

    Ja, aber Du hast Dich hier ja für Dich angemeldet, wie kannst Du für Dich Deine Situation verbessern ? Hast Du darüber schon nachgedacht ? Denn Du mußt Dir das alles ja nicht antun… die Entscheidung darüber triffst Du selbst. Denn Dein Alkie wird wohl eher nix unternehmen, davon gehe ich jedenfalls aufgrund seines Verhaltens mal aus. Man kann auch einige Therapien mitmachen und nix dabei lernen, nix für sich annehmen, weil man ja selbst immer noch sooo schlau ist :roll: gibt’s alles…

    LG
    Lilly

  • Hi ,
    melde mich zurück von meiner ersten Therapiestunde. Das war jetzt mal ein Kennenlernen und ein grober Abriss meiner Gesamtsituation.
    Ich denk auch, dass es sich mein Mann, der mir seit Jahren sagt, dass er eigentlich kein Familienmensch ist und es zutiefst bereut, sich mit einer zweifachen Mutter eingelassen zu haben, etwas leicht machte, indem er sich mit seinem Alkohol rausbeamte. Ich spreche jetzt mal kühn in der Vergangenheit, nicht schimpfen.
    Getrunken hat er schon vorher, mir war nur nicht klar, dass er ein Alkoholproblem hat. Und als ich dann auch noch sofort schwanger wurde, war er komplett überfordert, und das Trinken nahm zu.
    @Dagmar:ob er es schaffen würde? Ihr mögt mich vielleicht auslachen, aber ich traue es ihm zu.
    Vor dem Alleinsein hätte ich keine Angst mehr. Ich habe ihn dieses Jahr mehrmals auf Knien angebettelt, zu gehen. Ich habe es ihm auch seinetwegen angeboten, abgesehen von meinem Selbsterhaltungstrieb. Vielleicht schafft er es ja ohne Familie an der Backe leichter, aufzuhören.
    Ich bat ihn oft fair zu sein, und auszuziehen, damit ich mit den Kindern hier bleiben kann.
    Zumal uns meine Eltern dieses Jahr mit finanzieller Unterstützung den Dachausbau ermöglicht haben, mein Vater hat uns noch dazu seine Leute zur Verfügung gestellt, weil mein Mann als Arbeitskraft kaum zu gebrauchen war.
    Wir haben ein Riesentrampolin im Garten, wohnen idyllisch in einem jetzt großen Haus. soll jetzt alles keine Rechtfertigung sein, versteht mich nicht falsch, zur Trennung bin ich mehr als bereit, ich würde es schon irgendwie schaffen, Not macht erfinderisch.Zum Auszug bin ich nicht bereit, denn ich weiß nicht, was schlimmer für die Kinder wäre.
    Wir zahlen sehr wenig Miete, für das Geld würde ich keine 3-Zimmerwohnung mehr kriegen.
    Es ist ja im Moment gut, bis auf den Vorfall gestern.
    Ich schreibe mich um Kopf und Kragen, ihr denkt bestimmt, die will sich ja nicht helfen lassen...
    Tut mir leid, ich weiß eure Schreibmühe zu schätzen, es tut mir auch unendlich gut, mir das alles von der Seele zu schreiben,..und hier ist das berühmte ABER : Ich habe noch Hoffnug. Gebt mich bitte trotzdem nicht auf, ich drehe mich noch im Kreis,
    dankbare Grüße, Thelma

  • Liebe Thelma,

    ich schreib Dir jetzt mal als erwachsenes Kind eines Alkoholikers. Ich waere froh gewesen, wenn meine Mutter endlich einen Schlussstrich gezogen haette und meinen Stiefvater rausgeworfen haette oder sich eine neue Wohnung gesucht haette. Alle finanziellen Bequemlichkeiten haetten das nicht wettmachen koennen. Einen Vater selbst und wenn es "nur" der Stiefvater ist, betrunken zu sehen, ist nicht das wie ein Kind aufwachsen sollte und es hinterlaesst nachhaltig Schaeden, dass kann ich Dir versprechen, da sprech ich aus Erfahrung.

    Auch mein Stiefvater war ueberfordert. Meine Mutter hatte bereits mich und meinen Bruder, als sie sich kennenlernten und dann kamen noch mit den Jahren mein anderer Bruder und meine Schwester dazu, die dann die gemeinsamen Kinder meiner Mutti und meines Stiefvaters waren. Unseren Stiefvater kannte ich immer nur rauchend und trinkend vorm Fernseher sitzen, wenn er von der Arbeit kam, wollte er nichts hoeren, als dass das Essen auf dem Tisch stand und er sein Bier trinken durfte und Fernsehen geschaut hat. Ein richtiger Vater war er nicht wirklich, seine Sucht hat ihn zu sehr vereinnahmt und er wollte seine Ruhe. Irgendwann mal hatte er verlauten lassen, dass es ihm ja besser ohne uns gehen wuerde und er es wohl bereut. Das alles haben wir Kinder mitbekommen und auch wenn er es nicht direkt gesagt hat zu uns, so haben wir es mitbekommen. Auch Deine/Eure Kinder kriegen das mit, denkst Du im ernst ein Trampolin und ein tolles Haus machen die Kindheit aus und machen das wieder gut, was ein nasser Alkoholiker als Vater anstellt und die Mutter dabei zuschaut. Ich sag Dir, auf gar keinen Fall.

    Ich denke Du suchst nach Gruenden Dein Leben nicht zu veraendern, versuchst krampfhaft an etwas Gutes festzuhalten, was diese Beziehung mit sich bringt. Wenn Dein Mann nichts aktiv gegen diese Erkrankung tut und er scheint ja nicht die volle Krankheitseinsicht zu haben, sonst wuerde er bereits jetzt in einer Therapie sitzen, dann wird dass die Hoelle auf Erden irgendwann mal fuer Dich und Deine Kinder, wenn es nicht das jetzt schon ist.

    Ich hoffe ich war Dir nicht zu ehrlich, aber nur soviel zu einem Kind was aufgewachsen ist mit einem alkoholkranken Stiefvater.

    Alles Liebe,

    Jenny

  • Liebe Jenny,
    nein, du warst mir nicht zu ehrlich.
    Ich habe deine Geschichte auch schon ein bisschen verfolgt.
    In den 2 trockenen Jahren war es einfach schön, ich habe die Erfahrung gemacht, wie es ist, wenn der Alkohol weg ist. Ich geb zu: das will ich wieder haben. Süß, gell...
    Ich gebe zu, darauf hoffe ich noch. ich habe mich schon oft gefragt:wozu brauche ich einen alkoholkranken Partner? Wozu benutze ich ihn. wovon soll er mich ablenken? Will ich ihn verändern und so formen, wie es mir passt?
    Bin ich gar unfähig, eine "gesunde" Beziehung zu führen, was genau an mir ist krank?
    Das Lesen hier im Forum bringt mich echt weiter, ich finde mich in vielen Aspekten wieder.
    Die Kinder erleben ihn seltenst besoffen, weil er meistens heimkommt, wenn sie schon im Bett sind. Zu mindest das bleibt ihnen größtenteils erspart. Aber die Folgen kriegen sie natürlich mit, vor allem mich.
    Deine Geschichte, Jenny, gibt mir echt zu denken. danke dafür.
    Nachdenkliche Grüße,
    Thelma

  • Liebe Thelma,

    Du solltest fuer Dich persoenlich eine Termin setzen bis wann Dein Mann das alles angegangen sein sollte. Wenn Du naemlich so weiterhin einfach hoffen tust, dann vergeht die Zeit und vergeht, die Kinder werden groesser, die Sorgen wahrscheinlich auch und manchmal wird aus dem Hoffen ein Dauerlebenszustand in dem Du Dich immer wieder an einigermassen nuechternen Zeiten erfreust. Es ist Zeit, die Du hier verschenkst. Sucht kennt seine eigenen Wege und es sind sehr tueckische Wege, ja auch sehr unehrliche Wege, es wird jede kleine Luecke ausnutzen. Auch Dein Mann macht das, indem er sich immer wieder Aufschub holt, er kennt ja keine Konsequenzen, also wird die Sucht das weiterhin ausnutzen. Meine Mutter hat ihr ganzes Leben lang gewartet, hat sich an Kleinigkeiten gefreut, die eigentlich selbstverstaendlich sind und hat ihre Gesundheit ja ihr Leben aufs Spiel gesetzt. Das Leben ist zu kurz um mit der Sucht zu spielen, denn am Ende sind die Unkonsequenten immer die Verlierer.

    Alles Liebe,

    Jenny

  • @ Amenda

    Doch Amenda, diese Beziehungen gibt es. In meiner Realen gibt es einige davon.
    Und Du hast recht, es gibt keinerlei Garantien, damit können aber die Partner umgehen. Denn auch ein Rückfall ist nicht das Ende der Welt. Wir haben nun mal eine Rückfallkrankheit.

    Die Partner haben allerdings beinah alle eine eigene Therapie gemacht. Sie lernten darin, auf eigenen Füßen zu stehen, sich abzugrenzen, den Partner loszulassen und nicht weiterhin zum Lebensinhalt zu machen. Scheint irgendwie zu funktionieren... aber einige Beziehungen führten auch zu Trennungen.
    Auch dafür gibt es keinerlei Garantien.
    Entweder man kann damit umgehen oder eben nicht.
    Wer es nicht kann, sollte wohl besser die Finger von einem trockenen Alkie lassen.

    Und schlussendlich sind nicht alle Partner auch automatisch CO.

    LG
    Lilly

  • Nachtrag:

    Und natürlich liegt es in der Natur des Forums, das hier mehr Leidgeschichten stehen als erfreuliches, denn hier kommen ja Menschen in den CO-Bereich, die Hilfe suchen, für sich und oftmals anfangs auch für den Partner. Es gibt arge Beziehungsprobleme, gäbe es die nicht, wären die CO-Abhängigen ja nicht hier.
    Denn diejenigen, wo alles in Ordnung ist, kommen hier wohl eher weniger her, würde ich mal sagen. :wink:

    LG
    Lilly

  • Guten Morgen Ihr Lieben,
    mit eurer schonungslosen, aber gut gemeinten Ehrlichkeit habt ihr in meinem Hirn Steine ins Rollen gebracht, die jetzt alle auf mich plumpsen.
    Aber nach Jahren leben in der Projektion-der Alkoholkranke Partner bietet sich da ja hervorragend an- muss ich mir endlich !!! meine Unzulänglichkeiten eingestehen. Wenn es darum geht, eigene Fehler und Schwächen zuzugeben, winde ich mich gerne wie ein nackter gestrandeter Aal. Wenn ich an meinem Mann rumnörgle(natürlich oft aus gutem Grund), meldet sich das kleine Weisheitsteufelchen in meinem Kopf und flüstert: Thelmalein, bleib mal schön bei dir...
    Die Eigenschaften, die einem an anderen Menschen sympatisch sind, bezieht man gerne laut aus sich(gleicher Humor wie ich, gleiche Interessen,Gleicher Geschmack...), aber was ist mit den Eigenschaften, die man an anderen Menschen nicht leiden kann, die sollen dann umgekehrter Weise nichts mit mir zu tun haben? Wenn dem so wäre, würden sie mir doch garnicht auffallen.
    Ich gestehe, manchmal habe ich mich abgesehen von all dem Leid stark gefühlt, wenn ich meinen Mann schwach erlebt habe. Mir fällt das jetzt brutal schwer zuzugeben, aber irgendwann muss es ja sein, wenn ich weiterkommen will und hier trau ich mich jetzt, hier fühle ich mich verstanden.
    So und jetzt geb ich's mir richtig.
    Ich habe - unbewußt- viel Kraft in eine zermürbende Partnerschaft gesteckt, um mich nicht um meine Eigenständigkeit kümmern zu müssen.
    Ich spreche bzw schreibe jetzt absichtlich in der Vergangenheit, weil ich mir absolut sicher bin, dass ich das ändern will.
    Ich bin sehr dankbar für Amendas Frage, ob jetzt alle Süchtigen alleine zugrunde gehen müssen und für Lilly's Hinweis, dass es manchmal gutgeht.
    Aber schön langsam, jetzt wo ich echt weichgekocht bin, hab ich begriffen, dass zwei dazugehören.
    Ich glaube auch, wenn der Co den Druck der Projektion vom süchtigen Partner wegnimmt, hat der eine größere Chance, aus dem Sumpf rauszukommen, wenn er denn will, das ist klar.
    Bitte nicht aufstöhnen, ich glaube, mein Mann will es.
    Ich hoffe, ich habe meine Gedanken, die sich seit gestern Abend angesammelt haben, nicht zu wirr aufs Papier,äh auf den Bildschirm gebracht, würde mich über das ein oder andere Statement freuen.
    Irgendwie bin ich jetzt erleichtert, ich hab das Gefühl, dass ich mich jetzt vorwärts!!! bewege.
    Besser spät als nie, oder?
    In diesem Sinne,
    Liebste Grüße von Thelma

  • Guten Morgen liebe Thelma,
    beim lesen Deines letzten Beitrages stellte sich mir die Frage:

    Bewegst DU DICH wirklich vorwärts,
    oder bewegt DICH DEINE HOFFNUNG, dass ER ES WIRKLICH WILL vorwärts?

    Alle Eure Sätze, all Euer Mitleid mit den Süchtigen, die alleine bleiben könnten kann ich nachvollziehen! Lange Zeit habe ich ebenso gedacht und dadurch meine Gesundheit ruiniert.

    Ich hätte ebenso wenig auf andere gehört wie das diejenigen tun, deren Hoffnung aus jeder Zeile springt. Jeder Weg ist in Ordnung, wenn derjenige ihn bewußt wählt, als seine Entscheidung deklariert und nicht versucht den alkoholkranken Partner als Auslöser der eigenen Probleme zu betrachten.

    Nicht jede-/r kann oder will gehen - das muss auch nicht jede-/r nur : das was sich dann abzeichnet (ob gut oder schlecht) liegt in der eigenen Verantwortung!

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Liebe Dagmar,
    gute Frage.
    Ich würde sagen, beides, natürlich die Hoffnung, die ich einfach noch nicht bereit bin aufzugeben, aber auch diese für mich neue Selbstkritik.
    Weißt du, nach außen sprühe ich vor Selbstsicherheit, werfe mit scharfsinnigen, unterhaltenden Kommentaren um mich, aber mir einzugestehen, dass ich mich tief im Inneren dermaßen unselbständig und klein fühle, so dass ich mich von einem alkoholkranken Partner abhängig mache, ist für mich schon ein großer Schritt nach vorne.
    Ein Anfangsschritt. Mir ist schon klar, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es mein Mann nicht schafft, sehr groß ist. Aber im Vergleich zu den letzten nassen Jahren, die für mich die Hölle waren, ist es jetzt geradezu paradiesisch. Ist zwar traurig, wenn man sich über ein bisschen Normalität freut wie ein Hund über einen Knochen, aber vielleicht wissen dauerzufriedene Menschen das kleine Glück garnicht mehr zu schätzen und wenn ich mich so umschaue in "normalen "Beziehungen, da wird auch rumgejammert, teils auf sehr hohem Niveau.
    Danke für deine Antwort,
    Lieben Gruß von Thelma

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