Angst vor Veränderungen

  • Hallo zusammen,

    Am Anfang der Trockenheit stehen oft viele Veränderungen an die der Alkoholiker für sich in Angriff nimmt um nicht wieder in den alten Trott zu fallen, die „leere“ Zeit anders auszufüllen wie bisher.
    Ein Gerüst wurde sich gebaut was sich bewährt hat, eine Art Sicherheit baut sich auf.
    Aber im laufe des Lebens und der länger werdenden Trockenheit werden Situationen kommen
    die wiederum Veränderungen mit sich bringen können. Sei es der Tod eines Angehörigen, ein Umzug, Arbeitsplatzwechsel oder eine neue Beziehung usw.
    Fällt es dem Alkoholiker in diesem Fall schwerer sich auf die Veränderungen einzulassen, weil es ja bedeutet seine bekannte Sicherheit aufzugeben? Unbekanntes macht ja oft Angst und grad wenn das eigene Leben dadurch gefährdet sein könnte.

    Hat damit jemand Erfahrungen? Wie habt ihr es geschafft diese Angst zu überwinden?

    Einen lieben Gruß
    Elocin

  • Hallo Elo,

    den Umzug in meine jetzige Wohnung habe ich genossen. Er lief so gut ab, das war schon unheimlich. Allein die Wohnungssuche war schon so spannend und da war ich gerade keine drei Monate trocken.
    Gottseidank konnte ich in der Saufwohnung meine Küche lassen. Sie war zwar voll okay, aber den einen Schrank nutzte ich als Alkvorrat. Um den bin ich nicht traurig.

    Arbeitsplatzwechsel steht kurz davor, spätestens im Juni werde ich versetzt. Auch darauf freue ich mich sehr, ziehe dann auch um in eine andere Stadt. Vor knapp 19 Monaten wäre dies undenkbar gewesen.
    Eine neue Beziehung? Ja, das wäre sicherlich sehr aufregend, aber kann ja auch noch kommen.
    Die kann ich allerdings nicht beeinflussen, deswegen bin ich froh, mich noch um mich selbst kümmern zu können!

    Lieben Gruß

    Lobanshee

  • Hallo,

    schade das es bisher kaum Antworten gab, vielleicht habe ich mich auch nicht richtig ausgedrückt was ich meine.

    Ich versuche es mal an dem Beispiel zu erklären warum ich überhaupt auf diesen Gedanken gekommen bin.

    Jemand lebt 10 Jahre suchtmittelfrei, hat seit 8 Jahren seine Wohnung und auch die gleiche Arbeit, den gleichen Tagesablauf mit wenigen selbst geschaffenen Highlights.
    Nun sterben die Großeltern kurz nacheinander, daraus entstehen Veränderungen wie z.B. die Chance dessen Wohnung zu übernehmen da diese im Elternhaus ist. Welche aber nicht am selben Wohnort ist, es müsste ein Führerschein gemacht werden, Freunde würden nicht mehr oder viel seltener vorbeikommen....es bedeutet sich aufzuraffen die Veränderungen auf sich zu nehmen, arbeit steht an, wie Renovieren usw.
    Dann ist da auch noch eine Beziehung die sich vielleicht auch durch den Wohnungswechsel verändern könnte.

    Also die gelebte "Sicherheit " der letzten Jahre wäre nicht mehr gegeben.

    Da ich als Co oder auch nur als Ich...da wesentlich flexibler bin, mich schnell mit Veränderungen anfreunden kann und auch relativ schnell handele verunsichert mich so eine Stagnation und stelle diese Frage.

    Und tschüss
    Elocin

  • Liebe Elocin,
    in jeder Veränderung liegt eine Chance - mindestens eine ;) Ich befürchte aber hier kommt wieder die menschliche Grundeinstellung und der eigene Tiefpunkt. Freiwillig hätte ich mein "schlimmes" Leben nicht aufgegeben. Es brach alles von alleine zusammen egal ob Job, Partnerschaft oder Wohnsitz. So, nun musste ich komplette Veränderungen annehmen - musste !!! Alles zum Besten, es ging mir nie in meinem Leben besser. Aber nur, weil das Leben alles zerstört hatte und einen Wiederaufbau notwendig machte.

    Ich habe alles verändert und das war genau die Chance - alles neu und anders angehen können, zu dürfen und zu müssen. Neue Menschen, neue Arbeit, neues Lernen und neues Leben in einem anderen Haus.

    Ich kann Dir sagen, dass mein Ex-Partner als Spiegeltrinker alles Jahre "unauffällig" war. Großeltern und Vater starben innerhalb von weniger Wochen und alles, aber auch alles an ihm war unterstes Niveau geworden.

    Ist jemand trocken, denke ich es ist ein Schritt ins kalte Wasser. Dadurch, dass aber der Kopf mitarbeitet dürfte es möglich sein, genau diese Chance wahrnehmen zu können und wie Lobanshee leben zu können. Sich darauf freuen, es annehmen und einfach das Leben wirken lassen. Dazu gehört aber meines Erachtens das Lernen der eigenen Ängste anzunehmen und mit genau diesen Ängsten zu leben und sie zu bearbeiten.

    Meine Veränderung war die Chance in ein Leben, welches zuvor Siechtum war. Dennoch: ich nahm sie nur an weil mir nichts anderes übrig blieb! Ich hätte zuvor nämlich nicht für möglich gehalten, dass ich das erreiche, wie ich jetzt lebe. Vielleicht wäre es auch nicht der Fall gewesen??? Nichts ist so schlimm, als das es nicht doch für irgendetwas gut ist. Ohne diese schlimme Zeit wäre ich nicht hier wo ich jetzt bin...

    Lieben Gruß von Dagmar

  • hi Elocin,
    Veraenderungen sind zunaechst einmal unbequem,weil sie eine
    Auseinandersetzung mit dem Bestehenden voraussetzen.
    Was der Bauer nicht kennt,frisst er nicht und beraubt sich selber der
    Vielfalt aller Moeglichkeiten.
    Als ich aufhoerte zu saufen,fing ich bei Punkt null in meinem neuen Leben
    an.Ich kam mir die erste Zeit vor wie ein kleines Kind,dass alles neu
    lernen musste.Selbst einfachste Dinge einzuschaetzen bereitete mir grosse
    Probleme.Die Unfaehigkeit meinen Platz in meinem Umfeld zu finden
    liess mich schon manchesmal verzweifeln.
    War ich in der einen oder anderen Sache so sicher richtig zu liegen,kam
    oft ein Daempfer,meist in Form einer Zurechtweisung,und ich fing wieder
    von vorne an.
    In dieser Zeit fuehlte ich mich wie in einem Trainingscamp.2 Schritte vor
    einer zurueck.Ich darf hier mal eben auf meine damalige SHG hinweisen
    ohne deren Hilfe ich sicherlich gescheitert waere.
    Wie soll ich sagen-unmerklich und langsam gingen mir das Neuerlernte
    in Fleisch und Blut ueber und ich fuehlte mich zunehmend sicherer.
    Es ist vielleicht zu vergleichen mit Pruefungen in unserer Schulzeit.
    Je mehr Pruefungen wir ablegten,je sicherer gingen wir in die Naechste.
    Heute ist es nicht nur die neuerlangte Sicherheit ,die mein Leben bestimmt
    es ist auch die Neugierde auf das,was mich noch erwartet.Die guten
    Erfahrungen meiner Lebensuebungen sind die Basis fuer neue Projekte.
    Ohne diese Projekte waere mein Leben fad und oede.
    Ich will Leben,ich will Farbe,ich will Vielfalt.Diese Herausforderung nimmt
    mich so in Anspruch,da bleibt mir keine Zeit,mich gehenzulassen.
    Liesse ich mich gehen,gaebe ich mich auf.
    Fuer Deinen Bekannten bleibt zu hoffen,dass er Schritt fuer Schritt seine
    Sicherheit uebt und irgendwann kommt auch bei ihm der Wunsch nach
    Mehr.
    Gruss mustasch

  • Hallo Dagmar!

    So schöne Gedankenformulierungen um 07.00 Uhr morgens? Und eigentlich ja erst 06.00 Uhr? Alle Achtung, waches Mädel! :)

    Zitat von dagmar007


    Ist jemand trocken, denke ich es ist ein Schritt ins kalte Wasser. Dadurch, dass aber der Kopf mitarbeitet dürfte es möglich sein, genau diese Chance wahrnehmen zu können und wie Lobanshee leben zu können. Sich darauf freuen, es annehmen und einfach das Leben wirken lassen. Dazu gehört aber meines Erachtens das Lernen der eigenen Ängste anzunehmen und mit genau diesen Ängsten zu leben und sie zu bearbeiten.

    Genauso erging es mir, genauso denke ich und lebe danach. Allerdings hast Du meine Lebenseinstellung um "das Leben auf sich wirken zu lassen" um einiges bereichert und lässt mich gleich meine Walkrunde nochmals intensiver geniessen!

    Ängste zu erkennen und anzunehmen, ist eine große Chance mit Veränderungen umzugehen. Ich habe für mich erkannt, dass sie aus meinen Fehlern und Schwächen resultierten und es auch immer so sein wird, denn ob ich vermeindliche Fehler noch ändern könnte, weiß ich nicht genau. Sicherlich oder hoffentlich werde ich nicht mehr die selben begehen, aber immer andere. Zum "Fehler erkennen" und auch diese anzunehmen, gehört die absolute Ehrlichkeit zu sich selbst. Mittlerweile sehe ich aber "meine Fehler" nicht mehr so an, wie sie umgangssprachlich eingesetzt werden. Denn diese haben mich, wie Dich auch, zu folgendem geführt:

    Zitat von dagmar007

    Ich hätte zuvor nämlich nicht für möglich gehalten, dass ich das erreiche, wie ich jetzt lebe. Vielleicht wäre es auch nicht der Fall gewesen??? Nichts ist so schlimm, als das es nicht doch für irgendetwas gut ist. Ohne diese schlimme Zeit wäre ich nicht hier wo ich jetzt bin...

    Ja, Dagmar, so ist es auch für mich!
    Alles hat seinen Sinn, auch wenn es zuerst unsinnig erscheint!

    Und nun kommt die Sonne herein. Ich lasse sie wirken! :P :P

    Dir wünsche ich ein wunderschönes Wochenende!

    Lobanshee

  • Ach, liebe Lobanshee,
    wieso "Fehler" ich denke einfach mal wir sind auf eine gewisse Art gestrickt und haben irgendwie ein Muster übernommen, welches nicht in das Strickstück passt. Wir alle sind Menschen mit Ecken und Kanten. Fehler klingt für mich so wie unvollständig/falsch ect. Manches hätte ich anders machen sollen, wäre wohl besser gewesen, aber das "falsche" musste eben so sein. Weil ja.... nichts so schlecht ist, als dass es nicht doch noch zu gebrauchen wäre, und sei es als schlechtes Beispiel ;)

    Meine Sonne hier wohl wohl langsam "verduften" aber ich habe im Garten gewerkelt und zig Tomaten umgepflanzt, mal sehen, wem ich die alle schenken kann ;) Samen gesetzt und pikiert und und und. Nun wird es Zeit die Wäsche einzusammeln, denn irgendwie sieht es da oben nach "grau" aus.

    In diesem Sinne noch einen richtig kuscheligen Sonntagabend wünscht Dagmar

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