Angehöriger im Tal der Tränen, II

  • Hallo, Ihr Lieben, die Ihr mir auf meine mail zu zahlreich geantwortet habt,

    ich finde den Zuspruch super. Die Kernaussagen scheinen zu sein, das weniger Unterstützung mehr Unterstützung ist und das man sich selber nicht verlieren darf.
    Das habe verstanden und in Teilen auch schon (vorher) umgesetzt.
    Natürlich denke ich auch an mich, und nehme mir Zeit für mich, obgleich ich das Miteinander nicht vergesse. Allerdings bin ich zu der Erkenntniss gekommen, das wir uns in der Beziehung -vielleicht wegen des vielen Inputs der Therapeuten - verloren haben.

    Meine Frage an Euch:
    Meine Frau hat in unregelmäßigen Abständen eingeschränkte Rückfälle, die sie mir nicht erzählt, ich aber Ihr aber natürlich sofort ansehe. Diese Rückfälle werfen mich immer um Meilen zurück. Ich bin jemand, der sich zwar schnell wieder motivieren kann. Das hat wohl unser Beziehung so lange halten lassen. Ich bin trotz meines extrovertierten Verhaltens dort sehr ruhig.
    Wie kann ich Vorgehen, wenn ich vermute, das meine Frau "einen drin" hat, aber noch durchaus voll ansprechbar ist?
    Zur Rede stellen bringt in dem Moment nichts und führt nur dazu, das ich zum vermehrten Male meinen Koffer nehmen darf.

    Noch eine weitere Frage:
    ich habe das Gefühl, das ich eine Minderheit bin, in dem ich a.) als männl. Angehöriger mich mit dem Thema auseinander setze und b.) noch einer der wenigen bin, die überhaupt noch mit dem Partner zusammen sind

    Freue mich auf Euer feedback
    Grüße
    Krueger

  • Hallo Krüger,

    Zitat von Krueger


    . Allerdings bin ich zu der Erkenntniss gekommen, das wir uns in der Beziehung -vielleicht wegen des vielen Inputs der Therapeuten - verloren haben.

    Das ist doch klasse, wie Therapeuten Eure momentane Entwicklung ankurbeln und Euch zu neuer Denke verhelfen.

    Zitat von Krueger


    Meine Frau hat in unregelmäßigen Abständen eingeschränkte Rückfälle…


    Was ist denn eingeschränkt? In dem Augenblick wo ein Verlangen nach einem Suchtmittel da ist, beginnt die Abhängigkeit. Bei Deiner Frau nach Alkohol und bei Dir nach Deiner Frau, nach Kontrolle, nach Macht, nach Anerkennung Deines wohlwollenden Verhaltens.

    Zitat von Krueger


    Zur Rede stellen bringt in dem Moment nichts und führt nur dazu, das ich zum vermehrten Male meinen Koffer nehmen darf.


    Vielleicht kannst Du das einmal genauer erläutern. Bist Du finanziell, räumlich oder sonst wie neben Deiner evtl. Coabhängigkeit von Deiner Frau abhängig?

    Zitat von Krueger


    ich habe das Gefühl, das ich eine Minderheit bin, in dem ich a.) als männl. Angehöriger mich mit dem Thema auseinander setze und b.) noch einer der wenigen bin, die überhaupt noch mit dem Partner zusammen sind


    Du liegst da richtig mit Deinem Gefühl. Das Verhältnis liegt bei ca. 2/3 alkoholabhängigen Männern und 1/3 alkoholabhängigen Frauen. Betroffene coabhängige Kerle sind anders veranlagt als Frauen, denken seltener und anders darüber nach dass sie überhaupt eigene Anteile haben können und sind in der Regel die Kohleranschaffer, womit sie voll und ganz ausgelastet sind, bis sie überlastet sind. Da so was einem Kerl nicht passiert und das Ausdrücken der Gefühle und Gedanken oft etwas ganz Neues ist, sind sie sowohl hier, wie auch in realen Selbsthilfegruppen eine verschwindende Minderheit.

    Vielleicht findest Du einen Weg an Dir zu arbeiten, denn auch wenn Deine Frau morgen nicht mehr trinkt und ein trockenes Leben beginnen würde, heißt das nicht, dass Du gesund bist oder wirst.

    LG Kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hallo Krueger,

    es ist schön, daß Du Dich hier weiter mit dem Thema auseinandersetzt.

    Es wäre gut, wenn Du dann jetzt hier weiterschreibst, denn zu viele offene Threads machen es den Schreibern, die Dir antworten, etwas schwierig und unübersichtlich, Dir weiterhin zu folgen.

    Ich wünsch Dir weiterhin einen guten Austausch :wink:

    Lieben Gruß

    S.Käferchen

  • Hallo Kaltblut,
    ja, Deine Worte sind sehr offen und direkt. Und das ist gut so.

    Mit "eingeschränkt" meine ich, das sie bei einem Rückfall sich nicht bis zur Besinnungslosigkeit betrinkt, sondern nach einer Flasche Wein aufhören kann (sorry, das sagte sie mir so, nachdem wir den Rückfall besprochen haben). Der letzte Rückfall war am 23. Mai, da hat sich meine Frau abends von selber eine NAcht in den psychatrischen dienst begeben, wo sie auch ihren Entzug hatte und wo sie heute noch regelmäßig zur Gruppe hingeht. Dort wurde sie für diese Verhalten des Eingrenzens - also selber einweisen und rechtzeitig die Notbremse ziehen - gelobt. Ich sehe das ein wenig anders. ISt auf der einen Seite richtig, auf der anderen war es falsch, überhaupt zur Flasche zu greifen...
    Nundenn, das meine ich mit eingeschränkt. Wie ist Eure Meinung dazu?

    Du sagtest: "In dem Augenblick wo ein Verlangen nach einem Suchtmittel da ist, beginnt die Abhängigkeit." Bin ich voll bei Dir, nur wie soll ich mich in dem Moment verhalten.

    Die Gruppe meiner Frau hat sogar einen Suchtvertrag mit ihr aufgesetzt, in dem ein Suchtpate mit Tel-No angegeben sein soll, der im Falles des Rückfalles mit ihr sprechen soll und an den sie sich wenden kann. Dort hat meine Frau mich gefragt. HAbe zwar zugestimmt, bin aber der Meinung, das der PArtner nicht unbedingt der Richtige ist (oft, so sagt meine Frau, trage ja gerade ich mit dazu bei). Auch bin ich der Meinung, das im Moment des Rückfalles nicht diskutiert werden braucht, sondern am Tage danach. Dazu würde mich Eure Meinung auch interessieren.

    Ich möchte keine MAcht über meine Frau ausüben - so bin ich characterlich nicht gestrickt. Aber Du hast REcht, ich möchte kontrollieren, ob sie abstinent ist.

    Ich bin nicht finanziell von meiner Frau abhängig. Ich bin arbeitstätig. Meine Frau hat neben Ihrer Selbständigkeit (Fußpflegestudio) auch wieder einen Job im Angestelltenverhältnis mit niedriger Stundenzahl aber vollversichert. Wir sind bei unabhängig von einander. Wir wohnen zusammen im Haus zur Miete, haben einige Katzen und einen Hund.

    Unser Beziehung hat sich m. M. n. seit der Therapie negativ verändert und wir haben uns auseinandergelebt. Obwohl wir beide dran arbeiten, die Beziehung aufrecht zu erhalten, kommt es mir immer öfter sinnlos vor. Nur schaffen wir beide den Schritt der Trennung NOCH nicht.

  • Hallo Krüger,

    sieh mal, ich bin Alkoholiker, obwohl ich mich nicht so wirklich erinnern kann, wann ich das letzte Mal einen Vollrausch hatte und bin darauf gestoßen, als ich schon eine Monate als coabhängiger Ehemann hier mit Hilfe des Forums meiner Frau nur helfen wollte. Dabei spielte die Menge keine Rolle, ob das jetzt 1-2 Gläser beim Essen am Tag oder an Wochenenden 1 Flasche Wein am Abend war. Meine Frau hingegen brachte nur die Hälfte meines Gewichtes auf die Waage und verdrücke einen Stiefel mehr und war doch damit ganz klar identifiziert, dachte ich. Das Denken in den Gedanken des Anderen nahm irgendwann mehr Zeit und Kraft ein, als ich in 24 Stunden hatte.

    Dass ich ganz schön mit mir zu tun hatte und immer weiter ab in den Keller ging, bemerkte ich dabei nicht. Zu beurteilen was richtig und falsch ist kannst Du nur auf Dich eingrenzen, aus der Sicht des Abhängigen wirst Du es nicht nachvollziehen können, sei froh darüber und akzeptiere, dass Deine Frau ein eigenes Wesen hat und ist.

    Zitat von Krueger


    Du sagtest: "In dem Augenblick wo ein Verlangen nach einem Suchtmittel da ist, beginnt die Abhängigkeit." Bin ich voll bei Dir, nur wie soll ich mich in dem Moment verhalten.

    Lieber Krüger, ich weiß nicht wie Du Dich verhalten sollst, dass kannst nur Du Dir beantworten, Du wirst wissen was Dein Suchtmittel ist. In meinem Fall war meine Frau meine Droge und der Ersatz für viele meiner jahrzehntelanger angestauten Mängel und einiges mehr.

    Das verstehe ich nicht. Du hast zu einem Paten zugestimmt. Es ist doch klasse, dass Deine Frau Dich gefragt hat, nur, wäre ich Deine, dass ging Dich überhaupt nichts an. Aber was meinst Du mit diskutieren? Du mit ihr oder der Pate mit ihr? Entschuldige wenn ich da verwirrt bin. Wenn jemand seinen Verstand verliert, dann macht es wenig Sinn zu über Dinge zu reden, die Stunden später nicht mehr vorhanden sind, aber Dich mehr belasten können als sie.

    Macht ausüben wollen und über Umwege und unbekannte Gefühle und Gedanken ausüben sind kaum merkbare Unterschiede. Wie Du in den Threads nachlesen kannst, passieren auf beiden Seiten die merkwürdigsten Dinge zur Suchtbefriedigung unterschiedlichster Art.


    Zitat von Krueger


    Unser Beziehung hat sich m. M. n. seit der Therapie negativ verändert und wir haben uns auseinandergelebt


    Du bist ja ein Kerl, ja glaubst Du denn, da wird Geld und Zeit in eine Therapie gesteckt, damit es Dir besser geht und abends ein leicht bekleidetes Haserl freudestrahlend die Türe aufreißt und Dich bedient, wenn Du ins Heim kommst? Wenn Deine Frau sich verändert hat sie den wohl wichtigsten Schritt in ihrem derzeitigen Leben gemacht um zu leben. Das wird für sie nicht einfach sein und da kann es für Dich, als „Normalgesunden“ ruhig auch etwas schwieriger sein. Die Flucht vor der Veränderung ist auch unsere Krankheit.

    Zitat von Krueger


    „Nur schaffen wir beide den Schritt der Trennung NOCH nicht.“


    Wie denn jetzt, Du etwas mehr als sie aber doch nicht so ganz oder habt Ihr beide schon abgeschlossen und seid nur noch finanziell und räumlich verbunden?

    Meine Trennung vollzog sich ab dem ersten Tag, als wir zusammen kamen, wir heirateten, hatten einige tiefe, schöne Jahre und einige weniger schöne Jahre. Ich bin dankbar dafür, dass bei uns all das passierte, was in einer gesunden Beziehung scheinbar nicht passiert, sonst hätte ich nie erfahren, dass es auch noch etwas anderes in mir gibt.

    LG Kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Um es mal so auszudrücken: der Alkohol hat schleichend unsere Beziehung verändert. Die Langzeittherapie meiner Frau hat ihr sehr gut getan, uns gemeinsam nach der Therapie auch veranlasst, die Beziehung nochmal neu durchzustarten, aber irgendwie ist jetzt beiderseitig die Motivation weg. Wir sind schon über 10 J zusammen und wollen noch dran arbeiten.

    Was mich halt immer etwas irritiert, ist, das meine Frau zwar stabil zu sein scheint, in gewissen Phasen aber doch Rückfälle hat. eingeschränkte, so nennt es der Therapeut. D. H., sie betrinkt sich nicht zur Besinnungslosigkeit, sondern kann nach einer Flasche aufhören. Die passiert in Abständen von ca. 4 Wochen einmal. Dieser Zustand zerstört meinen Glauben an ihre Abstinenz und eine Fortführung der Beziehung. Ich kann nämlich nur weiter mit meiner Frau zusammen sein, wenn sie trocken bleibt.
    Und genau dieses eingeschränkte Trinken verstehe ich nicht. Ich habe gelernt, das der Alkoholiker sich entweder komplett betrinkt, oder eben stark genug ist, abstinent zu bleiben.
    -> Wie kann ich mich in so einer Situation verhalten? Soll ich es am Abend ansprechen (das raten einige Therapeuten) oder am nächsten Tag offensiv?. Nur dann knallt es oftmals.

    Danke für eure Anregungen....

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