Ist es wirklich nur die Entscheidung unserer Eltern????

  • hallo mapi,

    ich schreibe im geschlossenen bereich, lese hier aber auch ab und an. meine mutter war alkoholikerin. du kannst tatsächlich nichts tun, verantwortung ist im falle einer alkoholabhängigkeit gerade nicht von seiten der angehörigen angebracht.

    es schmerzt natürlich, aber du kannst es nicht ändern, wenn dein vater abhängig ist und sich nicht helfen lassen will bzw. nicht anerkennt, dass er abhängig ist. gleiches gilt für deine mutter, sie kann sich aus der beziehung lösen. sie ist ebenfalls erwachsen.

    du kannst froh sein, distanz zu haben, die würde ich mir auch bewahren.

    erfahrung mit beratungsstellen habe ich keine, kann dir insofern keine tipps geben.

    schau besser auf dich als auf deine eltern, d.h. psychische stabilität, freunde, hobbies, spaß am leben, positive grundeinstellung, gutes selbstwertgefühl etc.

    viele grüße
    simmie

  • Ich kann deine Gefühle absolut verstehen, Mapi. Schon deswegen, weil es mir nicht anders geht.
    Mein Vater hat immer schon getrunken, allerdings war der Pegel immer konstant und er war weder aggressiv noch beleidigend. Er war ungefähr 3-4 Mal pro Woche ordentlich voll und hat dann seine Ruhe entweder im Keller gesucht oder sich Musik über Kopfhörer reingezogen. Nach der Scheidung meiner Eltern ging es Jahr für Jahr bergab mit ihm, er hat einfach immer mehr getrunken, wurde immer mehr in sich gekehrt, verliert sich im Selbstmittleid, ist einsam und trinkt. Ich kann mich auch nur sehr schwer damit abfinden, daß er so ganz alleine für sich verantwortlich ist und ich ihm dabei zusehen soll, wie er sich umbringt. (Es geht ihm sehr schlecht, hat Herzprobleme). Im Grunde hat die Gemeinde hier recht, daß man erstmal auf sich selbst schauen soll, sich selbst ein gutes Gefühl geben muß... Aber ein bitterer Geschmack bleibt. Wie soll man jemanden, den man liebt einfach so aufgeben und sich selbst überlassen? Alkoholsucht ist eine Krankheit, wie Depressionen, Bulemie, Borderline, ... Diese Leute überlässt man ja eigentlich auch nicht ihrem Schicksal, sondern versucht ihnen zu helfen.
    Vielleicht findet sich hier, in diesem Forum, die Antwort auf all deine und auch meine Fragen. Ich wünsche dir jedenfalls alles Gute und einen profunden Erfahrungsaustausch, der dir helfen kann damit klarzukommen.

  • Hallo Mapi, hallo Ms Linda,

    habe gerade hier über Eure Sorgen gelesen und kann sehr gut verstehen, dass es nicht gerade logisch ist - im ersten Moment - jemandem nicht helfen zu sollen, der Probleme hat.
    Grundsätzlich steht aber am Anfang jeder Hilfe, die geleistet werden kann - von wem auch immer - der WUNSCH DES PATIENTEN sich helfen zu lassen. Und da sind wir auch schon bei dem Thema, jemandem seine Eigenverantwortung zu lassen.
    Sobald jemand mit einem Alkoholkproblem nach Hilfe fragt, kann jeder aus der Familie oder Umgebung ja gerne helfen. Darauf wartet man in der näheren Umgebung dieser armen Menschen ja geradezu - nur eben oft vergebens.
    Meiner Mutter habe ich bis vor etwa sechs Jahren auch sehr sehr schweren Herzens dabei zusehen müssen, wie sie sich mit Alkohol zugrunde richtet. Bis dahin hatte ich etwa 15 Jahre lang zusammen mit meiner Schwester versucht sie zu RETTEN. Das wollte sie aber gar nicht! Sie wollte gerne jeden Tag trinken und jeden Tag vergessen und sie wollte sich nicht fühlen und sie wollte ihre Verantwortung nicht übernehmen und der ganzen Welt die Schuld in die Schuhe schieben für ihre eigenen Gefühle.
    Es war ein Weg, den ich nicht von Anfang an verstanden habe, jedoch wurde mein Leben erst zu meinem eigenen Leben, als ich mich dazu entschlossen habe, es zu leben und nicht damit zu verbringen, aufzupassen, dass sie sich nicht zugrunde richtet.
    Sie hat von uns Kindern das Angebot bekommen, sich bei uns zu melden, wenn sie eine Therapie machen möchte.
    Das wird wohl nie eintreffen.

    Jedenfalls warte ich nicht mehr darauf. Sie möchte nicht geholfen bekommen, ist die Aussage ihres Verhaltens - wir haben wirklich alles unternommen, was in unserer Kraft stand: Jahrelang täglich mit ihr gesprochen, ihr angeboten, mit ihr zur Beratung zu fahren, mit ihr ins Krankenhaus zu fahren, mit ihrem Hausarzt haben wir gesprochen....

    Das ist, als ob man jemanden zum leben überreden müsste: das kann man nicht leisten.

    Oft merken Alkoholiker erst wenn sie ganz alleine da stehen, was passiert ist und dass es eine Suchtkrankheit mit allem drum und dran ist...

    Schreib doch hier, was Dich alles beschäftigt und vor allem über Deine Gefühle, denn es gibt hier ganz viele, die diese schwere Entscheidung treffen mussten für ihr eigenes Leben und nicht dafür, sich selbst kaputt zu machen, wenn die Hilfe gar nicht gewünscht ist.

    Ein Angebot, zur Beratungsstelle zu gehen oder zusammen über das Thema Alkohol im Internet zu lesen und die Aussage, das man verstehen kann, dass er sich nicht gut fühlt können ja schon eine Chance bieten, Hilfe anzunehmen. Jedoch muss klar sein, dass keine Rettungsaktion ohne Beteiligung des zu Rettenden stattfinden kann - LEIDER.

    Herzliche Grüße, Löwenherz.

  • Hallo Mapi,
    ich kann das sehr gut nachempfinden. Inzwischen mache ich mir auch genauso viele Sorgen um meine Mutter wie um meinen Vater. Um meinen Vater, weil er sich täglich ein Stück weiter ins Grab trinkt und um meine Mutter, die täglich ein Stück mehr zu einem psychischen Wrack wird. Mein Vater ist, wenn er was getrunken hat, der Meinung: Ist doch meine Sache und mein Leben; wenn ich tot bin, habt ihr wenigsten Eure Ruhe etc. Meine Mutter schwankt zwischen "himmelhochjauchzend" (wenn mein Vater "angeblich" mal 2 oder 3 Tage nix getrunken hat) und "zu Tode betrübt, alles ist sinnlos" (wenn sie dann doch wieder mal eine leere Schnapsflasche findet etc.). Bei mir wechseln die Phasen zwischen der Verzweiflung: Was ist, wenn mein Vater wirklich plötzlich stirbt oder sich was antut. Kann ich dann wirklich sagen, ich habe alles versucht oder hätte ich mehr tun können? Dann erlebe ich aber auch immer wieder die Phasen, wo ich merke, dass die Wut überwiegt: Ich habe schließlich auch noch ein Leben und meine Eltern sind erwachsene Menschen, die den Weg, den sie gehen müssen, kennen. Und ich kann den Weg für sie nicht gehen. Und gesagt ist eigentlich alles. Alle Gespräche wiederholen sich teilweise Wort für Wort und führen doch wieder zu nix. Aber ich denke, egal was man tut. Es bleibt doch immer die bange Frage, tue ich das Richtige. Ich wünsche Dir viel viel Mut und Kraft auf Deinem Weg. Alles Liebe Sabine :wink:

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!