Beiträge von simmie

    wie kann ich an mir arbeiten? das hängt immer davon ab, wo meine baustellen, probleme liegen oder mein leidensdruck ist. da gibt es kein patentrezept und eine therapie muss auch nicht in jedem fall sein. ein austausch mit menschen, die ähnliche erfahrungen gemacht haben, erscheint mir sinnvoll, sei es reale oder virtuelle shg. wichtige fragen wären, bin ich zufrieden, habe ich kontakt zu meinen gefühlen, tue ich mir gutes, habe ich ein positives selbstbild, kann ich mit jemandem reden, mich öffnen, vertrauen usw. es braucht jedenfalls einige zeit, um stabil zu werden, simmie

    hi mia, ich beschäftige mich immer wieder mal mit der vergangenheit, es kommt darauf an, welche prozesse ich gerade durchlaufe, es ist mal mehr, mal weniger. wenn es dir aufgrunddessen schlecht geht, denke ich, gibt es da ein problem. manche dinge werden ausgeklammert, geleugnet, weil sie zu schmerzhaft sind. es muss zunächst nicht positive auswirkungen haben, wenn ich mich vergangenen erfahrungen stelle.

    ich bin der auffassung, dass das leben für einen selbst erträglicher, lebenswerter wird, wenn ich vergangenes aufarbeite, wenn es sich um belastende erfahrungen handelt, wie es zum beispiel das aufwachsen in einer suchtfamilie ist. damit sind einige verhaltensmuster verbunden, die einmal ihren dienst getan haben, in einem engen rahmen funktioniert haben, aber nun unabhängig davon hinderlich sein können oder schäden bewirken können.

    ob es ein zuviel gibt, weiß ich nicht. häufig geht das ineinander, altes lässt sich schwer vom neuen trennen. da kommt es auch auf die genaue konstellation an und die eigene aufarbeitungsgeschichte. ich sehe bei mir, dass ich vieles gar nicht sehen will. es sind nicht schöne erfahrungen, die auch mit scham und schuld zu tun haben. da ist es manchmal einfacher in der gegenwart zu leben. da wiederum besteht dann die gefahr, sich selbst zu verlieren, nicht mehr wahrzunehmen, einfach ein programm zu fahren.

    lg simmie

    Zitat von Kämpferherz


    Ich kann immer noch mit niemandem offen über meine Vergangenheit reden, Therapie habe ich beendet, ohne der Therapeutin was von meinem Vater erzählt zu haben.

    hallo kämpferherz, mir scheint du leidest unter der last des schweigens. das ist leider bestandteil der gesamten familienkrankheit alkoholismus. du hast ja immerhin schon einen anfang gemacht dadurch, dass du hier schreibst, wie du dich fühlst.

    vertrauen wiederzugewinnen dauert eine weile.

    viele grüße
    simmie

    hallo bookfriend,

    das im inneren anders als im äußeren kenn ich auch. das ist gelernt, ein überlebenswichtiges verhalten in der alkoholikerfamilie, eigentlich nie zeigen, wie ich wirklich bin.
    das ist jetzt nicht mehr notwändig, im erwachsenenleben, es hilft auch, dies erst einmal so akzeptieren und sich nicht unnötig druck zu machen, weil es so ist. ich bin nach außen generell guter laune, lache viel, habe alles im griff, im inneren ist es häufiger mal das gegenteil, niedergedrückt, still, zurückhaltend, ein anderer mensch.

    das ist der teil, den ich nicht zulasse, akzeptiere. wenn das geschieht, glaube ich, kann davon auch etwas nach außen dringen.

    viele grüße
    simmie

    hallo mapi,

    ich schreibe im geschlossenen bereich, lese hier aber auch ab und an. meine mutter war alkoholikerin. du kannst tatsächlich nichts tun, verantwortung ist im falle einer alkoholabhängigkeit gerade nicht von seiten der angehörigen angebracht.

    es schmerzt natürlich, aber du kannst es nicht ändern, wenn dein vater abhängig ist und sich nicht helfen lassen will bzw. nicht anerkennt, dass er abhängig ist. gleiches gilt für deine mutter, sie kann sich aus der beziehung lösen. sie ist ebenfalls erwachsen.

    du kannst froh sein, distanz zu haben, die würde ich mir auch bewahren.

    erfahrung mit beratungsstellen habe ich keine, kann dir insofern keine tipps geben.

    schau besser auf dich als auf deine eltern, d.h. psychische stabilität, freunde, hobbies, spaß am leben, positive grundeinstellung, gutes selbstwertgefühl etc.

    viele grüße
    simmie

    hallo mone,

    du bist da in einer schwierigen situation. dein mann möchte die alkoholabhängigkeit seiner mutter nicht wahrhaben, leugnet sie. das hat ja deinerseits nichts mit schlecht machen oder misstrauen zu tun. fakt ist, dass deine schwiegermutter nach dem entzug wieder rückfällig geworden ist.

    was sind für euch die konsequenzen? wie geht ihr damit um? sollte es nicht möglich sein, mit deinem mann offen darüber zu reden? oder gemeinsam zur suchtberatung zu gehen?

    viele grüße
    simmie

    hallo statistik,
    das mit der mimik kenne ich auch. manchmal habe ich das gefühl, mein gesicht ist ein offenes buch. zumindest bekomme ich öfters die rückmeldung auf etwas, was ich empfinde, ohne etwas gesagt zu haben, aber was an meiner mimik wohl abzulesen ist. das ist mir aber nicht bewusst.

    viele grüße simmie

    hallo statistik,

    habe hier nun auch gelesen, bin selbst eka, allerdings schon etwas älter, finde es aber sehr aufschlussreich, einmal so gespiegelt zu werden. ich kann mich auch in dem verhalten wiedererkennen, das du von deiner freundin oder ex-freundin beschreibst. offenheit, vertrauen sind schwer, einfach mal so sein, nicht möglich, nicht gelernt.
    du hast dir bisher sehr viel mühe gegeben, diese spezielle lebenserfahrung nachzuvollziehen, stößt an grenzen, auf mauern. ich weiß nicht, wie ich reagiert hätte, wäre ich einem solchen menschen begegnet. es hätte mir angst gemacht, ich wäre womöglich zurückgescheut, hätte mich noch mehr verschlossen, weiter gemacht wie bisher. aber vielleicht auch nicht. der punkt ist das vertrauen. ab wann ist es da?

    natürlich, wenn ich immer wieder jemanden zurückstoße, kann ich nicht erwarten, dass das ohne konsequenzen bleibt. deine freundin ist in einer schwierigen situation, erschwert noch durch den alkoholabhängigen vater ihres kindes.

    da hat sich die geschichte bereits fortgesetzt. und ich würde sagen, spätestens an diesem punkt muss sie sich ihrer geschichte stellen. aber das muss von ihr aus kommen. du kannst sie da nicht herausziehen, wenn sie nicht selbst einen entscheidenden schritt tut.

    viele grüße simmie

    hallo sommerkind,

    sich für unangenehmes verantwortlich fühlen kenne ich auch, es als seine aufgabe ansehen, schlechtes zu beseitigen usw.

    das ist ein verhaltensmuster. natürlich richtet sich jemand, der alkoholabhängig ist, zugrunde. es ist auch schwer, das nachzuvollziehen bzw. mit anzusehen. aber auch wenn dem so ist, kannst du nichts machen. es hängt nicht von dir ab.

    viele grüße
    simmie

    hallo lacey,

    du kannst für deine mutter gar nichts tun. mit deinem bruder kannst du reden, er wird sich selbst zu schützen versuchen, aber garantiert alles genau mitbekommen.

    ich habe mich mit 15 auch innerlich abgegrenzt, so gut es ging. eine parallelwelt gelebt.

    reduzierung des kontaktes bis hin zu kontaktabbruch tut einem selbst eher gut, als dass es schadet. wenn das nicht geht, in der situation grenzen ziehen, ich habe dann auch zu meiner mutter gesagt, du bist betrunken, keine gesprächsgrundlage mehr. oder: wenn sie betrunken ist, gehen. vorbeugend, um sich selbst eskalationen nicht auszusetzen.

    viele grüße
    simmie

    hallo sommerkind,

    wahrscheinlich ist es notwändig, diese hilflosigkeit und ohnmacht einfach zu akzeptieren bzw. nicht mehr energie zu investieren, einen anderen ändern zu wollen.

    das geht wohl nicht von heute auf morgen, aber irgendwo ist es gut, einen anfang zu machen.

    viele grüße
    simmie

    hallo young,

    ein suchtkranker leugnet in der regel seine krankheit, wie es bei deiner mutter der fall ist, meistens wird auch nicht gesehen, dass kinder unter der alkoholsucht eines elternteils extrem leiden. d.h. ein rückzug wird nicht verstanden.

    es kommt auch durchaus vor, dass der spieß umgedreht wird und die angehörigen zum sündenbock gemacht werden: ihr seid schuld, dass ich trinke, das schwierige kind usw. die realität wird einfach umgedeutet, mehr oder weniger massiv.

    mit dem kontaktabbruch hast du auf jeden fall einen riesenschritt für dich getan. das ist sehr wichtig.

    meine mutter war alkoholikerin, mein vater nicht, aber trotzdem keine große hilfe. kontaktabbruch hatte ich nicht, bin allerdings direkt nach der schule ausgezogen und das mehrere hundert kilometer entfernt.

    grüße simmie

    viele grüße simmie

    Zitat von sommerkind86

    der nach außenhin perfekten Familie.


    hallo sommerkind,
    das ist typisch, war bei mir auch so, die außenwelt bekommt nichts mit und soll es auch nicht. das problem wird geleugnet.

    Zitat von sommerkind86

    Jetzt allerdings nachdem ich wieder bei meinen Eltern wohne, fällt mir auf, dass sie bereits morgens heimlich Wein trinkt. Wird sie dabei erwischt streitet sie alles ab.


    auch typisch: heimlich trinken, abstreiten, im grunde wieder das problem leugnen. das ist ein merkmal der krankheit alkoholismus.

    Zitat von sommerkind86

    Mein Vater weiß um das Problem, aber er hat resigniert. Er hat Angst vor Streit mit ihr, sagt dadurch würde er alles nur noch schlimmer machen.


    die angehörigen: auch sie gehen dem problem aus dem weg. resignation ist nicht selten, das trinken wird in kauf genommen und so gut es eben geht wieder geleugnet, stichwort flaschen entsorgen.

    Zitat von sommerkind86

    aber warum - darüber wurde nie gesprochen. Es würde viel aufzuarbeiten geben in unserer Familie, aber über so etwas spricht man nicht, man sieht lieber darüner hinweg.


    das gehört auch dazu: darüber wird nicht gesprochen. alle in der familie halten sich daran. die familie erstarrt.

    Zitat von sommerkind86

    Meine Mutter erdrückt mich förmlich mit ihrer Liebe. Allmählich glaube ich, dass meine Depressionen mit unter durch sie ausgelöst sind.


    schlechtes gewissen deiner mutter? keinen raum lassen, grenzen können auch durch viel liebe überschritten werden. die angehörigen, partner bzw. kinder (ekas) werden auf jeden fall belastet.

    Zitat von sommerkind86

    Ich würde ihr so gerne helfen, wie kann ich ihr nur begreiflich machen, dass sie ein Problem hat?


    das helfen wollen. nein, du kannst ihr nicht helfen. du kannst nur etwas für dich tun, d.h. für dein seelisches wohlbefinden.

    grüße simmie

    hallo matzerath,

    das "muss" steht für mich in einklang mit dem funktionieren müssen unter widrigen umständen. es kostet viel energie und das kann über jahre gehen, ich bin selbst eka und schreibe im geschlossenen bereich. für mich ist der übergang weg von zu hause / hinein in mein eigenes leben ein sehr schwieriger gewesen.

    anfangs hatte ich auch esstörungen. ich habe zum ersten mal mit 17 einem menschen alles erzählt. von angesicht zu angesicht und nicht schriftlich. meine mutter hat getrunken, mein vater hat sich das leben genommen.

    ich hatte damals keine therapie, keine angehörigengruppe. ich denke, dass dieses dir aber weiterhelfen kann + der informationen über alkoholabhängigkeit und ihrer auswirkungen auf die angehörigen.

    es gibt viele ekas, die erstaunliches bewältigen, trotz der schwierigen umstände tolle fähigkeiten entwickeln. das finde ich sehr wichtig. genauso wichtig ist es festzustellen, wenn es einem nicht so gut geht und sich hilfe zu holen.

    viele grüße
    simmie

    hallo allerseits,

    vielleicht ist das wort "verzeihen" nicht ganz passend. ich persönlich würde es für mich nicht verwenden, weil es in meinen augen einen bewusst handelnden täter voraussetzt, der mir mit absicht schadet. das sehe ich bei suchtkranken nicht so.

    ich wollte jetzt eigentlich schreiben, dass zwischen mir und meinen eltern das verhältnis nicht bereinigt wurde. wenn ich zurückdenke stimmt das nicht ganz. sehr früh schon habe ich meiner mutter einen brief geschrieben. sie hat mir geantwortet und gewissermaßen alles eingestanden. das schreibe ich mal jetzt so lapidar. für mich war das ein wichtiger punkt. es hat nichts geändert, aber es war wichtig für mich.

    in späteren gesprächen mit meiner mutter, hakte ich nach und meinte, dass es doch auch hätte anders laufen können, nicht so krasse ausmaße annehmen müssen. der wagen hätte nicht vor die wand gefahren werden müssen. da kommen bei mir auch die wutanteile. die sind dann da, dann gehe ich von unentschuldbarem fehlverhalten, kompletter elterlicher verantwortungslosigkeit aus und schreie nach wiedergutmachung.

    das funktioniert natürlich nicht so, sondern in meinen augen nur so, indem ich mich mir mit offenen augen zuwende und anfange schutt abzutragen. das ist ja eine chance, die ich jetzt habe, und ich weiß nicht einmal genau, was dabei herauskommen wird. ich glaube, es hat viel mit anerkennung von schmerzen zu tun.

    ein satz, der mir sehr viel gebracht hat, ist, dass familie kein sicherer ort ist. ich merke, dass aussagen, die dahin gehen zu sagen, dass es gewalt, sucht und dergleichen in familien gibt bzw. die normalität nicht per se gegeben ist, mir sehr hilft, mich nicht so zu fühlen, als käme ich von einem exotischen planeten.

    viele grüße
    simmie