Der "Drei-Jahres-Faden"

  • hallo zusammen,


    ein ungutes gefühl und nicht wissen, wie ich mich heute richtig
    verhalte bestimmt mein denken.. fast die ganze nacht lief das kopfkino.
    ich bin krank, seit ein paar tagen schon.. ich röchle mir den husten
    aus den bronchien und die nase läuft, ich habe kopf- und
    rückenschmerzen und mache mir noch bis zuletzt gedanken, ob ich zur
    arbeit gehe oder nicht. ich traue mich nicht, mich krank zu melden.
    meine chefin ist schwierig, sie mag mich nicht und ende november steht
    die entscheidung an, ob mein arbeitsvertrag in einen unbefritsteten
    vertrag umgewandelt wird oder nicht. bei einer krankmeldung sehe ich
    sie schon grinsen...

    das ist zum mäuse melken - da bin ich ohnehin schon völlig schlapp,
    kann vor husten und auswurf nicht schlafen und dann kommen noch die
    fragen "krank melden, nicht krank melden" dazu..

    gerade habe ich mich entschieden - für mich und für meine gesundheit,
    gleich gehe ich zum arzt und lasse mich nochmal untersuchen und dann
    krank schreiben.

    zu meinen saufzeiten war ich oft krank... es war ein willkommener
    anlass, noch mehr zu trinken und das gemütlich zuhause - während ich
    aller welt mitteilen konnte, wieeeee schlecht es mir doch ging und
    ohne hemmungen weiter soff und mich WEGtrank... bis in die
    besinnungslosigkeit.

    heute ist das thema bei mir natürlich auch mit dieser vergangenheit
    belastet... ich lasse mich selten krank schreiben und das auch nur
    mit einem schlechten gewissen... das ist vollkommen bescheuert.

    "AUF SICH ACHTGEBEN" heisst doch auch: sich ernst nehmen, auf die
    signale des körpers hören... immer diese menschen, die es einem noch
    schwerer machen... ich habe immer noch kein mittel gefunden, wie ich souverän mit krankheiten und krankmeldungen umgehe.

    aber krank gemeldet habe ich mich nun. und gleich gehe ich zum arzt.

    allen eine schöne und trockene zeit.

    peter

  • hallo zusammen.


    die nacht war hustig und schnupfig.
    ich hatte zeit zum grübeln ;)

    wann war ich soweit zu erkennen, dass ich mein leben gegen die wand fahre?
    wann war ich soweit zu erkennen, dass ich mich umbringe?

    jahrelang habe ich mir etwas vorgemacht und jahrelang habe ich
    gebraucht, um meinen tiefpunkt zu erreichen und zu akzeptieren.
    über dieses "jahrelang" habe ich schon oft bitter nachdenken
    müssen... das "was wäre gewesen wenn..." hat mich noch lange
    beschäftigt.
    genauso, wie ich irgendwann hinnehmen musste, dass ich ein vom alkohol
    abhängiger, süchtiger und unfreier mann bin, musste ich erkennen, dass
    es sinnlos ist, der vergangenheit bitter hinterherzusehen.

    "heute" zu leben und "nur für heute" clean zu sein, hat mich gerettet.
    es hat mich irgendwann auch davor bewahrt, die dinge vor mir
    herzuschieben: eines tages konnte ich erkennen: "hier ist schluss..
    HEUTE mache ich es anders." wie furchtbar lange habe ich gesagt:
    "wenn ich erstmal trocken bin.... , dann... " bli bla blub... UNSINN,
    vollkommener unsinn und eine nasse denke, die mich jahrelang davor
    "bewahrte", trocken zu werden.

    auch heute bin ich froh und sehr glücklich, das erste glas stehen zu
    lassen. das leben hat mich wieder und ich habe das leben wieder.
    trocken und nüchtern.
    seitdem kann ich auch wieder unbeschwerter an "morgen" denken.

    pläne für sein leben zu machen ist vollkommen sinnlos für einen säufer.
    auch das zu erkennen, macht mich traurig und glücklich zugeich.
    denn ich hatte großes glück und konnte aufhören.


    die dicke erkältung hat mich immer noch im griff... die
    krankschreibung "nagt" nicht mehr an mir, auch wenn ich weiss, wie
    meine chefin darüber denkt und mir genau das nicht gut tut. aber ich
    kann es nicht ändern und versuche auch hier, mehr gelassenheit an den
    tag zu legen.


    allen einen guten und trockenen tag

    peter

  • guten morgen zusammen.

    ich merke gerade, daß ich auf verschiedenen baustellen tanze.. im
    grunde ist das nicht gut, weil ich mir mal vorgenommen hatte: "eins
    nach dem anderen". aber das klappt leider nicht immer und ich merke es
    auch oft erst zu spät. manchmal ereignen sich die dinge auch mit einer
    eigenen dynamik und ich bin wieder mal machtlos. in diesem augenblick
    loszulassen und mir zu sagen: "ok, dann isses eben so" fällt mir
    ausgesprochen schwer.

    meine chefin macht mir jeden tag zu schaffen. nächsten monat steht an,
    ob ich einen festvertrag bekomme oder nicht. sie behandelt mich
    herablassend und zum teil hinterhältig. als führungskraft ist sie
    ungeeignet und macht vielen das leben schwerer, als nötig. ich denke
    wieder einmal über einen kompletten umzug nach norwegen nach und habe
    zwei angebote von dortigen arbeitgebern. kann ich das? dort allein
    leben, als schwuler mann irgendwo in der pampa? ich weiss es wirklich
    nicht.

    immer mehr versuche ich in diesen tagen mehr auf meinen bauch zu hören
    und die rationalen gedanken beiseite zu schieben... manchmal würde
    ich von mir selber wünschen, laut zu rufen: "JA, ICH WILL!" - aber
    was um himmels willen?

    das wichtigste ist, daß ich auch heute nicht trinke. ich brauche mich
    nicht mehr WEGzumachen und zu betäuben... früher hätte ein kleiner
    anlass genügt. heute weiss ich, daß ich alles bewältigen kann - wenn
    ich trocken und nüchtern bin und denke. egal, was kommt!

    allen eine gute trockene zeit:

    peter

  • glück auf peter

    offensichtlich bist du wieder gesund + munter
    schön zu lesen

    Zitat von Petter

    heute weiss ich, daß ich alles bewältigen kann - wenn
    ich trocken und nüchtern bin und denke. egal, was kommt!

    also ^ auf nach norwegen - da gibts auch männer

    trockene zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • guten morgen zusammen,

    mein kopfkino hat seit tagen dauervorstellung und ich kriege nur ganz
    langsam eine pause hin. tausend dinge schwirren mir durch den kopf,
    die ich zu ordnen versuche. es sind viele ungereimtheiten und einige
    ungewissheiten - und schon aus der mathematik weiss ich, wie schwer es
    fallen kann, mit "unbekannten" zu arbeiten. jedenfalls ging mir das
    so, denn ich war eine totale niete in mathe. und so versuche ich
    wieder mal nach der devise "eins nach dem anderen" und "was nicht
    geht, dass lass´halt liegen..." bei mir selber zu klarheit zu gelangen.

    ich denke tag und nacht an das nächste halbe jahr, an meine
    arbeitssituation, meine unmögliche chefin. aber ich weiss auch: nur
    ICH habe die möglichkeit, etwas zu ändern... ICH muss AKTIV werden,
    andere tun es nicht.
    unabhängig davon, ob ich nun einen festvertrag bei meiner firma
    bekomme oder nicht habe ich mich heute nacht entschlossen, mich in
    norwegen zu bewerben. es tut MIR gut und ich nehme das heft des
    handelns wieder in die hand. die unverschämtheiten meiner chefin haben
    mich seit wochen gelähmt; sie hat mir dinge vorgeworfen, die sachlich
    falsch und menschlich niederträchtig sind und ich verharre wie das
    kaninchen und halte still. was für ein blödsinn....

    nach dem aufstehen habe ich alle norwegisch-unterlagen rausgekramt und
    beginne noch heute mit zwei direkten bewerbungen. ich habe gestern
    abend zwei flüge nach stavanger und bergen für september gebucht -
    dort sind die firmen, die mich ermuntert haben, mich zu bewerben. ich
    weiss, was ich kann und was nicht und bin mir sicher, mit mindestens
    einem arbeitsangebot zurückzukommen. warum soll ich mir dieses mobbing
    auf dem niveau von edit Martin antun, wenn ich woanders
    erwünscht bin?

    alle anderen fragen zum thema "umzug ins ausland" habe ich mal ganz
    resolut unter den tisch gefegt - besonders beziehung und liebe... da
    muss ich auch noch ran - aber erstmal kommen nun die berwerbungen dran.

    WEIL ich trocken und nüchtern bin, weil ich -auch durch aa und euch-
    vom alkohol lassen konnte, bin ich heute, wo ich bin. ich muss mich
    nicht WEGmachen und betäuben vor lauter angst und unklarheiten. ich
    versuche, alles anzugehen, was mich beschäftigt... nacheinander,
    stück für stück und mit der größten ruhe und gelassenheit, die mir
    HEUTE möglich ist.


    peter

  • Hallo Peter!

    Das ist doch eine arme Sache mit Deiner Chefin!!! :twisted::twisted::twisted:

    Zitat

    sie hat mir dinge vorgeworfen, die sachlich
    falsch und menschlich niederträchtig sind und ich verharre wie das
    kaninchen und halte still. was für ein blödsinn....

    Das tut Dir überhaupt nicht gut! Ist ja Gift für Dich!!
    Denk immer daran,dass Du,Peter,weisst wer Du bist.Und so musst Du gar kein Kaninchen sein,Du stehst über der Cheffin und ihren Bösartigkeiten!
    Grad stehen,Peter,Brustbein raus!

    Gut,dass Du schon etwas Verbindung hast mit der neuen Stelle im Ausland.
    Und dann beginnt vielleicht eine Beziehung zu blühen ohne dass Du die suchen musst!
    Das wünsche ich Dir auf jeden Fall! :wink:

    Liebe Grüsse
    Yvonne

    ichbinda123

  • Hallo Peter,

    für mich klingt das sehr konstruktiv wie Du mit der Situation umgehst.

    So ein kompletter Wechsel der Lebensumstände ist ja keine Kleinigkeit.

    Spontan fallen mir dazu noch folgende Fragen/ Anregungen ein:

    - Gibt es möglicherweise eine Organisation in Hamburg, die Erfahrungen mit dem Arbeitsplatzwechsel nach Norwegen hat?
    Ich kann mir gut vorstellen, dass das schon einige gemacht haben.

    - Wenn Du im September vor Ort bist, dann könntest Du Dich dort ja auch schon mal nach einer SHG erkundigen. AA-Gruppe oder ähnliche.

    Vielleicht weißt Du das Alles aber auch schon :wink:

    Grundsätzlich kann ich Deinen Wunsch (bei so einer Arbeitsplatzatmosphäre) nach Veränderung gut nachvollziehen.

    Es arbeitet sich um Einiges leichter, wenn man das Gefühl hat am Arbeitsplatz auch willkommen zu sein.

    Ich wünsche Dir weiterhin viel Mut und Klarheit bei allen anstehenden Entscheidungen.

    Liebe Grüße
    Manfred

  • moin zusammen,

    danke für den freundlichen zuspruch - kann ich immer sehr gut gebrauchen :)

    noch wird bei mir nichts konkreter... im moment ist es, als wenn ich alles in einen riesentopf werfe und darin herumrühre... alle gedanken kommen da hinein, aber etwas vernünftiges scheint aus diesen suppenzutaten nicht rauszukommen. ich kenne das von mir.... es ist wie ein "sammeln" der argumente, auch wenn das reichlich unstrukturiert abläuft.

    immerhin ist der sprachkurs das erste, was ich angegangen bin. ohne die sprache läuft sowieso nichts, also war das nummer eins meiner liste.

    nummer zwei sind zwei ärztliche atteste über meine chronische leukämie. die muss ich haben für notfälle und für den betriebsarzt. beide muss ich übersetzen lassen. ich hoffe doch, dass diese krankheit keine einstellungsbremse ist... das wäre sehr schade.

    tausend dinge schwirren durch den kopf: "packe ich das alles" - "wie komme ich allein in einem fremden land zurecht" - "finde ich neue freunde" - "werde ich gemocht" - "stelle ich mich nicht zu dusselig an" - "habe ich mich genug vorbereitet" - "undundund" ...... das mag ja alles nach pillepalle klingen, aber es sind richtige hürden für mich. vor allem sind es zeitgleiche hürden - und so etwas kann gefährlich werden, wenn ich an mehreren hürden scheitere. aus diesem grund werde ich mich als erstes dort in eine gruppe begeben... und dann weiss ich wieder: "ich bin nicht allein!" ...

    immer wieder muss ich mir in erinnerung rufen, was ich in den vier jahren meiner trockenheit gepackt habe - und vor allem, wie ich mit heiklen situationen fertiggeworden bin... damit mache ich mir etwas mut. ich plane diesen riesenschritt und merke, wie anstrengend das ist und noch wird. am ende wünsche ich mir ein ankommen... wo auch immer, hauptsächlich aber einmal bei mir.

    auf alle fälle ist das trockene und nüchterne leben spannend. wenn ich dran denke, wie ich mir mein leben weggesoffen und mich selber fast totgesoffen habe - au weia. da sind mir doch meine oben angesprochenen "problemchen" tausendmal lieber :lol:
    nur zu dem einen großen problem darf es eben auch nicht führen... einen rückfall will ich mir nicht antun.

    vor allem aber hätte ich mir zu meiner saufzeit über solche schönen dinge nie und nimmer gedanken machen können, denn ich war nur mit dem alk und meinem grässlich traurigen leben beschäftigt. das ist gottseidank vergangenheit - und ich werde es nicht vergessen.

    danke fürs lesen!

    peter

  • guten morgen zusammen.

    gestern hatte ich spätschicht und war sehr froh, nicht in der city arbeiten zu müssen. am wochenende die betrunkenen menschen zu befördern, ist immer eine belastung. daher war ich froh, weit draussen meine linie zu haben.

    zu früh gefreut: irgendwo mitten in der pampa lief eine merkwürdige party, zu der massenhaft junge menschen wollten. bei meiner letzten fahrt dorthin war mein bus voll betrunkener junger menschen, die noch zur party wollten. ich verstehe gar nicht, wie man schwer betrunken zu einer party hinfährt - ich dachte immer, man kommt betrunken von einer party. teilweise waren sie nicht mehr in der lage, sich festzuhalten und benahmen sich reichlich daneben. einigen habe ich in die augen gesehen und gemerkt: die sind schon völlig neben der kappe..

    ich kann mich noch gut erinnern, wie ich als jugendlicher meinen eltern versucht habe, zu verheimlichen, wenn ich stockbesoffen von einer party kam. diese menschen, die ich gestern erlebt habe, fahren sturzbetrunken zu einer party hin und machen sich anscheinend keine gedanken mehr, wie sie nach hause zurückkommen. als elternteil würde ich mir da große sorgen machen :(

    diese öffentliche trinken und sich betrunken zeigen - ich bin nicht sicher, ob es das zu meiner jugendzeit so gab. ich denke aber eher nicht... und ich begreife auch nicht, warum das so geduldet wird.

    euch einen schönen tag!

    peter

  • guten morgen zusammen.

    ich habe drei tage frei und bin mit dem motorrad nach berlin gefahren, in meine "alte" heimat. ein paar freunde von früher treffen und einfach mal wieder die belastete luft dieser stadt schnuppern. nach der ankunft gestern traf ich mich mit einem alten freund, der nach einem halbwegs ermutigenden anfang des nichttrinkens wieder vollkommen im suff steckt. ich habe mich erschrocken, obwohl ich ahnte, was mich erwartete. es tut mir weh zu sehen, wie sich ein schlauer kerl so zugrunde richtet. neben ihm sass ein "kumpel", den ich auch noch vom sehen kannte... der ist nur dick und unbeweglich und schüttet sich ausschliesslich alkohol und würste in seinen schlund, anders kann ich das nicht ausdrücken. zähne sind kaum noch da und was die beiden reden ist ein verzweifelter, purer unsinn. als ich so da saß und über mich selber nachdachte merkte ich, wie sehr ich mit dieser welt gebrochen habe. ich habe keinen kontakt mehr in diese welt, bis auf den einen, der sich gerade zu tode säuft. ich werde den kontakt nicht abbrechen, aber ich werde auch nichts aktiv tun. er trinkt sich um kopf und kragen und ich kann es nicht ändern. wenn er aufhören möchte und ein offenes ohr braucht, will ich da sein. aber ich denke nicht, daß er wirklich will. also ist es nicht mein ding, mich darum zu kümmern.

    aus diesem grauenhaften sauf-dasein herausgekommen zu sein und auch draussen zu bleiben, macht mich immer noch unendlich glücklich.

    nun werde ich rausgehen und gucken, wie sich die stadt in meinen drogenfreien jahren verändert hat.

    peter

  • glück auf peter

    Zitat von Petter

    aus diesem grauenhaften sauf-dasein herausgekommen zu sein und auch draussen zu bleiben, macht mich immer noch unendlich glücklich.

    ich wünsch dir ne sehr lange glückliche zeit

    Zitat von Petter

    nun werde ich rausgehen und gucken, wie sich die stadt in meinen drogenfreien jahren verändert hat.

    viel spass in der hauptstadt

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Hallo Peter,
    Ich warte immer wieder auf Deine Zeilen im "Faden" und ich freu mich das Du dies jetzt alles so sehen kannst und das es Dir gutgeht.
    Viel Spaß in der "City" und alles Gute,
    lieben Gruß Nele

  • Guten Morgen zusammen,

    ab heute tippe ich wieder GROSS und klein. Ich habe mich gefragt, warum ich eigentlich zur Kleinschreibung gewechselt bin... und habe nur eine Erklärung gefunden: meine Faulheit! Das geht natürlich nicht - Schluß damit :oops:

    Gestern war ich in einem Bekleidungsgeschäft, um mir ein neues Sakko zu kaufen, schliesslich habe ich diesen Monat ein paar Bewerbungsgespräche gut zu überstehen. Bei der Anprobe habe ich mich erstmal gefreut, weil der Bauch fast weg ist und ich eine Nummer kleiner nehmen kann als sonst. Dann aber sah ich mich genau an und entdeckte, wie kaputt ich im Gesicht aussehe: traurig und übermüdet. Ich habe mich ziemlich erschrocken, muss ich sagen. Vom positiv dreinblickenden Peter war nur noch mit gutem Willen etwas zu sehen.

    Das erste Mal seit zwei Jahren bin ich gestern nicht zur Arbeit gegangen, weil ich mich nicht "fühlte"... und es war die richtige Entscheidung.
    Die Anstrengungen der letzten Monate, um des "Lieben Friedens willen" gute Mine zum bösen Spiel zu machen, haben Spuren hinterlassen. Die Chefin versucht viel, um die noch neuen Mitarbeiter zu verunsichern und ängstlich zu machen. Ihre dummdreiste und prollige Art geht mir nur noch auf die Nerven. Aber ich lächle - noch. Am 7.9. hat sie mich zu einem Gespräch beordert. Es wird um meine Vertragsverlängerung gehen oder um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Selbst wenn der Vertrag verlängert wird, werde ich gehen. Aber das sage ich natürlich nicht.

    Am 15. September fliege ich nach Norwegen und habe die schon erwähnten zwei Vorstellungsgespräche. In letzter Zeit ist mir auch der deutsch-sprachige Raum in den Sinn gekommen - und so habe ich einfach noch einige Bewerbungen nach Österreich und in die Schweiz geschickt. Aus der Schweiz habe ich schon zwei ganz ermunternde Reaktionen und die könnten noch im September zu Vorstellungsgesprächen führen. Es ist eine blöde Situation: Ohne meine chronische Leukämie hätte ich gute Chancen - aber wenn es zu einer ärztlichen Untersuchung im Vorfeld kommt, wird mich keiner mehr einstellen befürchte ich.

    Vielleicht mache ich mir auch zu viele Sorgen deshalb, aber ich bin da ohne Rezepte oder Ideen. Was ich aber ganz sicher nicht mehr will, ist diese ordinäre und bescheuerte Chefin. Deshalb ist das Gespräch mit ihr am 7.9. und eine eventuelle Übernahme nur noch gut - oder schlecht für meine Psyche und mein Ego. Im Grunde kann es mir egal sein, ist es aber natürlich nicht. Wenn mein Vertrag verlängert wird, werde ich natürlich unterschreiben und erst dann kündigen, wenn ich einen neuen Vertrag, egal ob aus der Schweiz, Österreich oder Norwegen, unterschrieben habe.
    Dann aber freue ich mich auf ihr bescheuertes Gesicht, wenn ich nach Vertragsverlängerung kündige :)

    Die letzten Monate haben mich wirklich ganz schön weich gekocht. Oft habe ich nur funktioniert und die Tage und meine Arbeitsdienste einfach und ohne Interesse runtergespult. Aber schon der Umstand, daß ich genau dazu in der Lage bin, und zwar über einen recht langen Zeitraum, zeigt mir, wieviele körperliche und seelische Reserven ich im Grunde habe: eine ganze Menge, finde ich! Wenn ich zurückdenke und mal ganz vorsichtig an meine Grenzen zu Saufzeiten denke, kann ich mir heute ziemlich lange auf die Schultern klopfen. Als ich soff, hatte ich keine Grenzen: weder kannte ich am Ende meine Trinkgrenze noch hatte ich eine halbwegs klare Einstellung zum Leben, noch konnte ich mich gegen "gut" oder "böse" abgrenzen.

    Egal was gerade ist: wir können trocken und nüchtern eine ganze Menge bewältigen. Viel, viel mehr, als wir zu unseren Saufzeiten je gedacht oder uns zugetraut hätten.

    Allen eine gute Zeit und danke fürs Lesen.

    Peter

  • glück auf peter

    ich wünsch dir das alles so läuft wie du willst - damit du auch bald wieder mit deinem gesichtsausdruck zufrieden sein darfst


    schöne zeit + geduld

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Petter

    mit großer Faszination habe ich deinen Faden gelesen - Gratulation zu deinem Erreichten und auch zu deiner tollen Schreibweise; an dir scheint ein Autor verloren gegangen zu sein.

    Zu deiner Überlegung mit der Auswanderung: Norwegen ist unbestreitbar ein landschaftlich wunderschönes Land - aber es hat auch unbestreitbar ein allgemeines Alkoholproblem aufgrund seiner Weite und der daraus resultierenden Einsamkeit. Und auch aufgrund der Mitternachtssonne - da sind Depris vorgrogrammiert, das ist erwiesen. Je kleiner und einsamer natürlich der Ort ist.....Bergen und Stavanger zählen zwar schon zu den größeren Orten in Norwegen - doch in keinster Weise auch nur annähernd vergleichbar mit den Städten, in denen du bisher gelebt hast. Bitte bedenke dies bei deiner Entscheidung :oops: .
    Österreich oder Schweiz halte ich da für geeigneter - aber auch da abhängig vom Ort.
    Bitte überlege dir das mit Norwegen noch einmal....du warst ja schon einmal dort; wie sind deine Erinnerungen daran?

    Gruß
    kathleen

  • Hallo zusammen, hallo Kathleen!

    Du hast vollkommen recht, Kathleen. Das sind Überlegungen, die mir auch schon ansatzweise durch den Kopf gegangen sind.

    Ich bin mir zwar nicht sicher, ob die Norweger oder allgemein die Skandinavier ein größeres Alkoholproblem haben, als die Europäer. Es wird oft so dargestellt. Der Umgang mit Alkohol in Norwegen allerdings ist deutlich zurückhaltender und allgemein erheblich stigmatisierter als in Deutschland. Man findet in Norwegen kaum einen Menschen, der mit einer offenen Flasche herumläuft. Das ist absolut verpönt und würde kaum einer wagen.
    Am Wochenende allerdings kann man sehr gut beobachten, wie die Jugend sich hemmungslos betrinkt. Das geschieht zuerst "im stillen Kämmerlein" und danach in der Öffentlichkeit. Dies aus dem Grund, weil Alkohol sehr hoch besteuert ist und für die Jugendlichen nicht bezahlbar. Erst seit ein paar Jahren ist es möglich, Alkohol auch im Supermarkt zu kaufen - allerdings ausschliesslich Bier und kein Wein oder Schnaps. Nach 17 Uhr wird dann ein Vorhang vor die Flaschen gezogen, weil der Verkauf ab dann verboten ist. An Tankstellen oder Kiosken wird man zu jeder Zeit vergeblich nach Alkohol suchen - den gibt es nur im "Monopol-Laden" - das sind staatliche Alkohol-Verkaufsgeschäfte, die am Wochenende selbstverständlich geschlossen sind. Auch in Deutschland trinken die Jugendlichen am Wochenende heftig und ich muss sagen, daß mir die deutschen Jugendlichen weit mehr auffallen in ihrem bisweilen hemmungslosen und manchmal leider tödlichem Alkoholkonsum.

    Sie brennen den Alkohol dort häufig selber, die Norweger. Ich persönlich habe bei meinen Besuchen in Norwegen aber (noch) nicht bemerkt, daß das Alkoholproblem größer ist, als in Deutschland. Es gibt immer wieder diese überlieferten Meinungen über Alkoholprobleme in Skandinavien. Das betrifft vielleicht eher die Bereiche nördlich des Polarkreises.

    Trotzdem tendiere ich mittlerweile bei meiner Arbeitssuche in Richtung Österreich oder der Schweiz - aber aus Gründen der Faulheit wegen der deutschen Sprache, die ich einfach besser beherrsche. Wegen der Dunkelheit würde ich jedenfalls nicht trinken, die mag ich nämlich eher als zuviel Sonne. In die Gegenden, in die ich ziehen würde, ist es allerdings nicht wirklich dunkel, denn sie liegen in West - und Südnorwegen.

    Heute vormittag habe ich begonnen, alle Sprüche meiner Chefin niederzuschreiben. Der ein oder andere vergessene Spruch wird mir auch noch wieder einfallen. Wenn ich gehe, werde ich ohne weiteren Kommentar ein "Memo" an die Kündigung heften. Allein das Aufschreiben und der Gedanke, es abschicken zu können, haben meine Stimmung an diesem Tag deutlich gehoben :D

    Ab heute habe ich drei Tage frei. Ich bekomme Besuch und werde es mir gut gehen lassen.

    Allen ein schönes Wochenende und eine schöne und trockene Zeit!

    Peter

  • Petter

    Ich sehe, dass du dich mit der Thematik beschäftigt hast und das finde ich toll - jedoch ist ein kleiner Denkfehler drin: die Mitternachtssonne sorgt dafür, das es NICHT dunkel wird....d.h., du hast ständig Tageslicht und das geht aufs Gemüt. Doch wenn es eh eine Region ist, die davon nicht so betroffen ist, macht das ja nichts - denn du hast Recht, das Alkoholproblem liegt meines Wissens in den Regionen, die von der Mitternachtssonne stark betroffen sind.
    Und was die Jugendlichen heutzutage allgemein mit Alkohol veranstalten, kann ich auch absolut nicht nachvollziehen - aus meiner Zeit kenne ich so etwas nicht und ich finde diese Entwicklung sehr schlimm.

    Liebe Grüße
    kathleen

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