• Hallo Ihr Lieben,

    Ich schleiche jetzt bereits seit einigen Monaten durch einige Thread’s und gebe auch ab und an meinen Senf dazu.

    Damit Interessierte wissen mit wem sie es in etwas zu tun haben, werde ich in diesem Thread etwas über mich und mein Leben vor, mit und ohne Alkohol schreiben.

    Also.

    Ich bin zurzeit 57 Jahre, lebe in der Region (Umland) von Hannover. Bin geschieden und mein Haushalt besteht aus mir und meiner Katze.
    Rückblickend war meine Kindheit nicht so toll, allerdings ohne alkoholischen Hintergrund.
    Handelschule, keine Lehre – lohnt für ein Mädchen nicht -. Meinen eigentlichen Beruf habe ich durch Geld vom Arbeitsamt selbst finanziert (nicht förderungswürdig wegen fehlender Ausbildung) und stand mit 21 Jahren wenigstens finanziell auf eignen Beinen.
    Mit 19 verließ ich mein Elternhaus, erst zur Ausbildung und danach zum Arbeiten.

    Mit Alkohol hatte ich in meiner Jugend kaum Kontakt. Ich war sportlich sehr aktiv und es gab höchstens ab und an mal ein Alster (Radler) nach dem Training. Bier pur schmeckte mir nicht, Wein und Sekt vertrage ich vom Magen nicht so besonders. Mit harten Sachen hatte ich in meiner Jugend und vor meiner Sucht kaum Kontakt.

    Mit 22 Jahren lernte ich meinen späteren Mann kennen. Er war der typische Kneipengänger, wohnte noch bei seiner Mutter und verbrachte einen Teil seiner Freizeit, meist abends, in der Kneipe. In der Zeit änderte sich auch mein Verhältnis zum Alkohol, nicht das er mir besser schmeckte aber ich merkte, wie ich ihn zum vermeintlichen Wohlbefinden einsetzen konnte und tat das auch da bereits.

    Nach einer kurzen aber heftigen Ehe, mit Erniedrigungen und auch körperlicher Gewalt, lernte mein Mann seine Traumfrau währender seiner Kur kennen. Unsere Ehe war beendet.


    Nachdem Haus und Hof verkauft war, war ich wieder allein und meine Suchtkarriere bekann..
    Hatte ich den Alkohol vorher nur bei Gelegenheit eingesetzt, um Situation während der Ehe erträglich zu machen, wurde das Trinken jetzt in mein Leben integriert. Nach Feierabend wurde getrunken und an Wochenenden und freien Tagen auch bereits ab Mittag. Meist Bier, bei Schnaps verlor ich regelmäßig die Kontrolle und trank bis die Flasche leer war. Deshalb kaufte ich selten normale Flaschen, sondern Flachmänner, zum vorglühen. Bei Bier waren mir mengenmäßig Grenzen gesetzt. Normal waren 4 Flaschen, am Wochenende wurden es meist 6 Flaschen, mehr brachte ich einfach nicht rein. Die Menge Bier hat sich während meiner Sauferei auch nicht erhöht. In Gesellschaft war ich meist zurückhaltend, um nicht aufzufallen.

    1984 habe ich dann meine Führerschein ‚verloren’. Das Leiden war wohl noch nicht groß genug und ich veränderte mein Trinkverhalten nicht, die Biere bleiben gleich aber die Flachmänner wurden häufiger. Die anstehende MPU war wie vorherzusehen für die Katz.

    So, mache ermal eine Break um meine Finger zu kühlen.

    Grüße

    Weißbär

    Liebe Grüße
    Weißbär

  • So , es geht weiter.

    1986 stand für mich ein Arbeitswechsel an, es passte arbeitsmäßig einfach nicht mehr so richtig. Irgendwie hatte ich die Hoffnung, dass ein Wechsel auch meinen Alkoholkonsum positiv beeinflussen würde.

    Ich zog also von NRW nach zurück Niedersachsen. Nette Kollegen und alkoholfreie Abteilung. Leider färbte das nicht auf mein Privatleben ab.
    Dann lernte ich meinen späteren Ex-Partner, ein Arbeitskollege, näher kennen. Er bemühte sich sehr um mich. In der Vergangenheit, war ich festen Partnerschaften immer aus dem Weg gegangen.. Ein wirklich netter Mann, er entsprach so ziemlich dem, was ich als Partner haben und nehmen würde. Da war aber der Alkohol. Wie auch sonst üblich versuchte ich die Beziehung abzublocken. Zum einem um meine Sucht zu verheimlichen und zum anderen um ihn nicht in diesen Strudel mit rein zu ziehen. Zu diesem Zeitpunkt sah ich für mich keine Change mich von der Sucht zu befreien.
    Warum auch immer wurde mein Schnapsverbrauch immer größer und ich war auf dem Weg nach ganz unten. Ich habe dann meinem noch nicht Partner alles gebeichtet, um ihm die Wahl zu lassen. Zu meiner Verblüffung ging er nicht stiften sonder überredete mich etwas zu unternehmen. Mein erster, halbherzige, Versuch bekann.

    Arztbesuch, schlechte Leberwerte und der Überredungsversuch des Arztes zu einer Entgiftung. Standhaft habe ich mich gegen einen Klinkaufenthalt gewehrt und die Bemerkung des Arztes – das schaffen sie nicht -, hat meinen Dickkopf aktiviert. Also Entgiftung daheim mit ausschleichen. Gleichzeitig suchte ich nach einer SHG und machte einen Termin bei der Suchtberatung. Mit der SHG hatte ich ausgesprochenes Glück. Kleine Gruppe für Betroffene und Angehörige, sehr kompetent und engagiert aber auch locker, prima Mischung. Bei der Suchtberatung bekam ich auch Unterstützung und man bot mir Therapie an, d.h. 1 x in der Woche Gruppe und Einzelgespräche bei Bedarf. Die Vorbereitungsgruppe bekann bereits eine Woche später. Ich weiß nicht worunter das heute fallen würde, dass ist jetzt 20 Jahre her. Ich brauchte nichts bezahlen, die Krankenkasse war nicht involviert, keine ärztlich Empfehlung oder so. Finanziert wurde das ganze unter anderem vom paritätischen Wohlfahrtsverband.

    Wie bereits geschrieben, ein halbherziger Versuch. Ich meinte, dass ab und an ein Bier als Belohnung und Entspannung wohl ginge. Es kam wie es kommen musste, Rückfall in alte Muster. Besonders der Genuss von harten Sachen brachte mich wieder an den Abgrund. Es war wirklich mehr als heftig. Mein Freund schaffte es, dass ich einen neuen Anlauf nahm. Mit Hilfe einer Freundin aus der SHG bekann dann der 2. Versuch.

    So richtig beschreiben, was in mir vorging kann ich nicht. Aber ich wusste ich will, ich kann, ich werde. An sich bin ich etwas chaotisch aber in diesem Fall war ich durchaus zielstrebig. Irgendwie wusste ich, die Rumeierei war zu Ende. Meine Erfahrung mit dem kontrollierten Trinken hatte ich gemacht und nun war gut. Der 22. September 1989 war mein 1. trockener Tag.

    Mein Partner hat mich sehr unterstützt, die SHG hat mir den nötigen Rückhalt gegeben und in die Therapie habe ich eine Menge gelernt (habe ich allerdings erst später gemerkt). Wie wohl alle, hatte ich auch diesen Bandwurm von Gedanken an und um den Alkohol im Kopf, aber mit der Zeit wurde es besser und ich ruhiger.

    Meine PC-Tastatur muß sich etwas ausruhen.

    Gruß Weißbär

    Liebe Grüße
    Weißbär

  • Auf in die letzte Runde meines Berichtes.

    Die erste ernsthafte Krise kam ein Jahr später. Mein Partner und ich waren am Hausbauplänen am machen. Nach seiner Kur sollte alles notariell beglaubigt werden. Aus der Kur heraus kam sein Anruf – habe die Frau kennengelernt, nach der ich mein ganzes Leben gesucht habe -. Ende der Beziehung. Heute weiß ich warum die Beziehung nicht gut gehen konnte. Mein Ex-Partner hat ein sehr ausgeprägtes Helfersyndrom, durch meine Nüchternheit, hatte sich seine Aufgabe erledigt und er suchte sich ein neues Betätigungsfeld.

    Hätte ich was getrunken, wenn ich etwas im Haus gehabt hätte, keine Ahnung. Habe erstmal meine Mutter angerufen aber die hat eigentlich nur gejammert und das Gespräch mit der Bemerkung – habe mir gleich gedacht, mit dem stimmt was nicht- beendet. Typisch Mama. Nach einem langen Gespräche mit meiner SHG-Freundin, wurde ich etwas ruhiger und gefasster.
    An der Sache hatte ich bald ein Jahr zu knappern. Meine Gedanken kreisten nicht um Alkohol sondern um die Frage Warum, was habe ich falsch gemacht, Liebeskummer halt.
    Nach ca. einem Jahr kamen wir dann wieder zusammen und das Theater bekann von neuen. Diesmal allerdings erst nach dem das Grundstück gekauft und der Vertrag mit der Baugesellschaft unterschrieben war. Alles auf meinen Namen. Nun saß ich in der Tinte. Die finanzielle Beteiligung (Mietanteil) von ihm fiel weg und die Finanzierung war gefährdet. Nun ja , was soll ich schreiben. Ich bin seit 17 Jahren Besitzerin eines Hauses, habe alles selbstfinanziert. Rückblickend kann ich sagen, habe ich ganz gut hingekriegt und zwar allein und ohne Alkohol. Meinen Führerschein habe ich seit 1996 wieder, zwar neu machen müssen aber ohne MPU.

    Im Laufe der Jahre kam schon die eine oder andere Krise in mein Leben. Tod meiner allerbesten Freundin, meines Vaters eines sehr guten Freundes. Seit etwa 4 Jahren versucht mein Arbeitgeber mich aus dem Unternehmen zu drücken. Nach Auslagerung unserer Abteilung (Outsourcing) bin ich über. Man hat mir zwar vor 2 Jahren ein Angebot zur betriebsbedingten Kündigung gemacht, sogar mit einer einigermaßen gute Abfindung aber ich habe auf dem Arbeitsmarkt in meinem Alter einfach keine Change mehr. Die ARGE hätte teilweise oder sogar ganz das Arbeitslosengeld verweigert und die Anfindung wäre für die Katz gewesen. Jetzt arbeite ich für etwa 1/3 wenige Gehalt in einem anderen Bereich. Mein verbleibt in dem Unternehmen ist ungewiss, warte eigentlich monatlich auf die Kündigung. Nein, keine Grund zum Saufen, mit Alkohol hätte ich die nervige Angelegenheit gar nicht bewältigt. Womöglich hätte ich meinem Chef noch in die Hände gespielt.


    So, dass war so ein Schnappschuss von meinem Werdegang.

    Das Forum habe ich beim stöbern im Internet gefunden. Beim durchlesen einiger Thread’s habe ich festgestellt das auch ein ‚Alter Hase’ oder ‚Esel immer noch was lernen kann. Besonders erstaunt war ich bei den EKA’s . Ähnliches habe ich der eigenen Familie erlebt, Schuldzuweisungen, einspannen für das eigene Wohlbefinden. seelischer Mülleimer und vieles mehr. Allerdings hat bei meiner Familie Alkohol absolut keine Rolle gespielt. Gibt mir zu denken.

    Das Forum ist für mich so etwas wie ein Haltepunkt – gegen das Vergessen was war und was nicht mehr sein soll -.

    Liebe Grüße

    Weißbär

    Liebe Grüße
    Weißbär

  • Liebe Weißbär,

    schön von dir zu lesen. Ich finde die Lebensgeschichten immer sehr interessant, die sich hinter den Namen verbergen.

    Es beeindruckt mich sehr, wenn ich lesen kann, wie die Langzeittrockenen auch ganz schlimme Krisen, wie Tod und Verlust des Arbeitsplatzes, meistern. Das gibt mir Mut, dass ich es auch schaffen kann.

    LG macs

    LG Andrea

  • Hallo Weißbär

    Nun weiß ich ,wie ich dich erreichen kann!:-)
    ..in deinem eigenen thread!:-)

    Herzlichen Glückwunsch zu deiner langen Trockenheit.
    Schicksalsschläge machen vor Niemandem halt;aber nur nüchtern können wir sie meistern.
    Es wird immer wieder "Bewährungsproben " geben...ich hatte gestern auch einen absoluten Negativtag...aber eine Lösung ist mit klarem Kopf in erreichbarer Nähe.
    Alles Gute für deinen weiteren Weg und DANKE für's Aufschreiben!
    Liebe Grüße von
    Backmaus

  • Hallo Weißbär,

    ich danke dir für deine Lebensgeschichte.

    Mich beeindruckt sehr, wenn ich lesen kann, wenn Langzeittrockene zeigen, daß ein Dranbleiben ein Muss ist.

    Mir als frisch Trockene macht das Mut, genau hinzuschauen und nicht den Gedanken zuzulassen, wenn du erstmal 2 oder 3 Jahren trocken bist - wird das zum Selbstläufer, denn das ist ja die wirkliche Gefahr dabei.

    Danke für deine Offenheit !

    Lg Mieken

  • Hallo Mieken,

    danke für deine Rückmeldung.

    Du hast schon Recht, irgendwann wurde meine Trockenheit zum Selbstläufer aber wie das so beim Laufen ist, man sollte immer auf den Weg achten.

    Gruß Weißbär

    Liebe Grüße
    Weißbär

  • Hallo an alle Forenmitglieder und Leser,

    es wird nun wohl Zeit für ein kleines Update. Mir geht es gut, es geht alles seinen Gang, mal beschwingt und mal etwas träge. Das Nichttrinken hat sich bei mir so in den Alltag integriert, dass ich darüber nicht mehr spezial nachdenken muss. Es kommt allerdings ab und an der Gedanke - bloß gut dass du nicht mehr trinkst -. Mit Alkohol hättest du das nicht so reibungslos geschafft -. Viele schöne Momente wären mir verwehrt gewesen.

    In meinem letzten Post schrieb ich über den Kampf um meinen Arbeitsplatz. Mein Arbeitgeber hat den Bereich in dem ich arbeite in einen anderen Teil des Konzerns ausgelagert und oh Wunder ich wurde mit verkauft. Ohne Verkauf hätte es eine betriebsbedingte Kündigung für mich gegeben. Das heißt 2 Jahre Besitzstandswahrung = 2 Jahre Ruhe.

    Das war’s erstmal.

    Mir geht es gut und ich trinke nicht mehr. Welch ein Glück.

    Gruß

    Weißbär

    Liebe Grüße
    Weißbär

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