Mentaler Absturz nach schönen Erlebnissen

  • Ich habe inzwischen große Angst vor einem möglichen Rückfall, weil ich einfach immer in die gleiche Situation bzw. Gefühlslage komme.

    Gebe mir große Mühe, mir selber ab und an mal was Gutes zu tun, das können auch Kleinigkeiten sein, positive Dinge wahrnehmen, mich über ein Lächeln freuen, ... Das Schlimme daran ist, dass es mir kurze Zeit später schlecht geht. Meine Therapeutin sagte mir, dass es damit zusammenhängt, dass ich es mir innerlich nicht erlauben kann, mich "gut" zu fühlen. Für mich ist es wie auf eine Leiter raufsteigen und auf der Hälfte runterzuplumpsen und auf dem Boden zu landen, dort bleibe ich dann eine Weile liegen, bis ich mich wieder dran mache, die Leiter wieder raufzusteigen. Meine Therapeutin sagte, dass es eben seine Zeit braucht, aber ich empfinde das als so furchtbar anstrengend dieses Rauf und Runter.

    Momentan bin ich wieder in der Phase, wo ich wieder im Sand liege und darauf warte, die Kraft zu haben, wieder die erste Stufe zu erklimmen. Selbst nach ca. 15 Monaten ambulanter Therapie, die aus Gruppensitzungen und Einzelgesprächen bestand, ist mein Selbstwertgefühl mal wieder auf dem Nullpunkt angelangt, auch während der Therapiezeit war das immer mal wieder Thema, da komme ich irgendwie auf kein gesundes Level.

    Eigentlich könnte ich mit allem zufrieden sein, habe eine - zwar ätzend langweilige - aber sichere Arbeitsstelle, ein halbwegs funktionierendes soziales Netz aus Wandergruppe, SHG, lebe relativ normal, Familie ist von Ausnahmen abgesehen auch okay, auch sonst nichts wirklich Dramatisches, was begründen würde, warum ich mich immer wieder "schlecht" fühle.

    Manchmal denke ich, dass es auch damit zusammenhängt, dass ich mich für alles verantwortlich fühle was in meinem Umfeld so schief läuft. Werde demnächst mal ausführlicher darüber schreiben im geschlossenen Bereich.

    Danke fürs "Zuhören".

  • Hallo Fisch.

    wie sieht Dein Tag aus und wie bilanzierst Du ihn? Schreibst Du Tagebuch, um Erfolge und Enttäuschungen zeitnah zu fühlen, abzuarbeiten und Konsequenzen zu ziehen?

    Oder sammelst Du Deine Erlebnisse, bis Dir alles Negative bewusst wird und Du "Plumps" machst und auf dem Hosenboden sitzt?

    ICH hatte anfangs Probleme, mein Misstrauen gegenüber gelungenen Tagen abzubauen, bis mir bewusst wurde, dass solche Tage normal sind.


    LG kommal

    unterwegs...

  • Hallo Fisch!

    Nimm,statt zu plumpsen ein Blatt Papier und schreibe Positive und negative Erlebnisse auf.Wenn Du ehrlich zu Dir sein kannst wirst Du sicher positiv überrascht sein.

    Yvonne

    ichbinda123

  • Hallo Kommal, hallo Yvonne,

    danke für eure Antworten,

    der Unterschied zwischen beiden Phasen besteht darin, dass ich mich im ersteren Fall über gelungene Tage freuen kann, im anderen Fall registriere ich zwar schöne Erlebnisse, kann diese aber nicht in mir aufnehmen, mich nicht drüber freuen, nehme eher eine Abwehrhaltung ein in dem Sinne, dass ich anderen im übertragenen Sinne "die Tür vor der Nase zuschlage", auf Distanz gehe. Es fühlt sich in dem Moment so an, als wenn ich nichts annehmen "darf". Ich weiß, dass das von früher kommt, kann da aber innerlich noch nicht dran.

    Mit dem Tagebuch schreiben fange ich erst wieder an bzw. werde es evt. im geschlossenen Bereich weiterführen. Vielleicht braucht es auch einfach noch seine Zeit, bis ich meine eigene "Normalität" gefunden habe ...

  • Hallo Fisch,

    für mich ist es wichtig den Mittelweg zu finden. Wenn ich tolle Erlebnisse hatte, versuche ich bewusst nicht abzuheben und wenn etwas negatives passiert ist, wehre ich mich mit aller Kraft dagegen in ein Loch zu fallen, denn ich halte diese Stimmungsschwankungen für äußerst gefährlich für uns. Das klingt vielleicht furchtbar langweilig, aber für mich ist diese Selbstkontrolle sehr wichtig. Ein wichtiger Punkt dabei ist, Einflüsse von Außen egal ob gut oder schlecht, nicht ungewollt in mein tiefstes Inneres vordringen zu lassen.

    Ich hoffe das ich damit auf dem richtigen Weg bin, bin mir aber nicht ganz sicher und würde mich deswegen auch, über noch mehr Antworten zu Fischs Thema freuen.

    LG
    Oliver

  • hallo fisch!

    danke für deine worte... und deine offenheit über deine angst vor einem rückfall. das erste, was du getan hast, war richtig: es zu äußern! ob nun hier oder in einer anderen gruppe ist egal... aber raus muss sie, diese angst. dann liegt sie vor dir und ist nicht mehr IN dir..

    bei dem, was du geschrieben hast, fällt mir als erstes ein, wie ich den "normalen" alltag empfunden habe, nachdem ich trocken wurde: erst war alles neu und irgendwann wurde alles so "gewöhnlich" und so "langweilig"... - bis ich begriff: hey, das ist das leben.. es bietet mir auch NORMALITÄT... und irgendwann dachte ich: "...ist das nicht wunderbar? endlich normalität nach jahren des völlig bescheuerten sich zudröhnens..." seit dem geniesse ich die "langweiligen" tage, wie andere sie nennen... und ich nehme sie als das, was sie sind: ein geschenk! diese geschenk werde ich nicht wieder wegwerfen... tu du das auch nicht.

    was ich immer wieder gehört habe und was mir immer, immer wieder gesagt wurde, möchte auch ich dir sagen und ans herz legen: hab´geduld mit dir... wir haben uns ZUgemacht und wir haben verlernt, uns wahrzunehmen als das, was wir sind und wer wir sind. auch nach dreieinhalb jahren trocken und nüchtern leben komme ich immer wieder in situationen, in denen ich denke: "man.... das hab ich so auch noch nicht gesehen...." dazu gehört auch das "ganz normale leben".

    rückfallgedanken habe ich auch - aber sie werden weniger und ich habe keine angst mehr. ich weiss, was passiert, wenn ich dem nachgebe... dem teufel in uns und aus der flasche: es würde nichts besser. der alltag würde auch nicht "spannender" und letzten endes würde ich sterben.

    lieben gruss
    peter

  • Es hat mir wirklich gut getan, diese Gedanken rauszulassen und niederzuschreiben.

    Oliver, du hast geschrieben, dass du manche Einflüsse nicht in dein tiefstes Inneres eindringen lassen möchtest. Für mich würde das aber bedeuten, mich zum Beispiel auch nicht wieder verlieben zu können, Herzklopfen zu spüren z. B. Ich empfinde es schwierig, unterscheiden zu können, was ich an mich ranlassen will und was nicht. Gefühle zu kontrollieren würde bei mir dazu führen, dass ich Angst hätte, dass es sich staut und an falscher Stelle irgendwo rauskommt.

    Ich habe mir inzwischen angewöhnt, meinen Gefühlen in Maßen freien Lauf zu lassen, d. h. es kann passieren, dass ich deprimiert oder traurig bin und das dann auch zulasse oder in Kauf nehme, dass andere Menschen meine Verzweiflung wahrnehmen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass dies andere Menschen nur dann stört, wenn sie selber ein Problem damit haben, diese Gefühle bei sich zuzulassen, aber heute habe ich die Einstellung, dass das eben das Problem der anderen ist, ich muss nicht ständig ein Smiley-Face machen oder Erklärungen dazu abgeben.

    Eher habe ich Probleme damit, schöne Gefühle zu zeigen, andere Menschen anzulächeln, da habe ich mehr Angst, dass mich eine positive Reflektion in meinem Inneren trifft und das bin ich nicht gewöhnt. Aber da muss ich wirklich Geduld haben, wie du geschrieben hast, Peter, ohne Alk fühle ich mich ungleich verletztlicher und das zu lernen, bringt wohl wirklich nur die Zeit ...

  • Hallo Fisch!

    Zuerst gilt es,Dein Selbstvertrauen aufzubauen und Dich selber gern zu haben!
    Ja,ja,Dich selber annnehmen und lieben!

    Ich denke vorher geht nichts stabiles in Sachen Liebe.

    Versuchs! Du wirst das schaffen.Es ist ,so wie ich es sehe einer der wichtigsten und sensibelsten Punkte von uns Alkoholikern und Cos,und von allen hier

    Aber ich denke KEA haben es da am schwersten.

    Liebe Grüsse
    Yvonne

    ichbinda123

  • Liebe Yvonne,

    ganz lieben Dank für deine lieben Worte.

    Da war ich schon mal, die schöne Erfahrung gefühlt zu haben, dass man nichts dafür tun muss, um ein liebenswerter Mensch zu sein, ganz frei Liebe geben und annehmen zu können, dann kam dann doch noch mal ein Rückfall, der mich weiter zurückgeworfen hat als ich gedacht habe. Also wieder rauf auf die Leiter ;-).

    Zwischen deinen Zeilen spüre ich unheimlich viel Wärme und das hat mir gut getan.

    Alles Liebe,

    Ulrike

  • Es ging mir heute den ganzen Tag gut, war gut drauf, lustig, auch mit der Offenheit hat es ganz gut geklappt. Gerade versuche ich eure Ratschläge zu beherzigen, diesem Tag nicht zu viel Bedeutung beizumessen, ihn als "normal" einzustufen. Nichts desto trotz, irgendwo in meinem Innern lauert die Angst, morgen "anders" zu sein, runterzufallen. Irgendwie ist es auch so, dass ich die Gefühle heute gar nicht so richtig sortieren kann. Es macht mich unruhig, nicht fassbar. Ich weiß diesen heutigen Tag trotzdem zu schätzen und werde morgen meine nächsten 24 Stunden in Angriff nehmen. Für mich ist es immer noch nicht glaubhaft, wie anders man fühlt, was ist mir die ganzen Jahre mit Alk da alles entgangen.

    Dies musste ich jetzt genauso rauslassen wie meine Ängste vor einigen Tagen und hoffe, den morgigen Tag so besser annehmen zu können.

  • Hallo Fisch-auf-dem-Trockenen.
    Ich wünsche dir und deiner Familie ein geruhsames und friedvolles Weihnachtsfest. DANKE nochmals für deine Aufmunternden Worte...
    LG Olli

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