ist hier mein Platz?

  • Es ist interessant, wie treffsicher ich ohne es zu wissen den Titel dieses Threads gewählt habe. Ohne daß mir ganz klar war, wie sehr ich damit ein Grundthema bezeichnet habe.

    Heute hatte ich in Beratungsstelle einen (ersten) Termin, bei dem ich mich nicht wohl fühlte. Es kam mir vor als wäre dort einfach kein Platz für mich; die Beraterin redete viel, die Zeit war kurz, ich konnte nicht ankommen. Ich hatte das Gefühl, daß meine Emotionen einfach für den Raum zu überwältigend waren. Dazu, daß es eigentlich nicht okay ist, daß ich hier bin, weil andere mehr Hilfe brauchen, und ich ja klar komme.
    Danach überlegte ich, was sich falsch angefühlt hatte. Warum war das hier nicht richtig für mich? Bringt das überhaupt was, und was sage ich der Beraterin beim nächsten Termin?
    Hier fehlt mir ein gedankliches Verbindungsstück - aber ich dachte, ich kann gegen die Frau nichts haben, ich kenne sie ja nicht. Also projiziere ich.
    Ja, hm. Es ist ein generelles Gefühl zur Zeit, daß es für mich keinen Ort gibt, an dem ich einfach ich sein kann mit meinen großen Emotionen. Überall muß (?) ich Rücksicht nehmen oder mich für meine anstrengende Anwesenheit rechtfertigen. In meiner Beziehung ist mir ein Ort angeboten worden, an dem ich willkommen war, und nun fliege ich dort mit Karacho wieder raus, es war doch kein Ort für mich. Es ist der Ort für die Gefühle meiner Freundin. Nicht für meine.
    Und dann geht das alles noch tiefer und ich merke, daß ich ja alle mir angebotenen Orte drauf teste, ob ich dort auch wirklich mit meinen Eigenarten und mit meinen schwierigsten Seiten sein kann. Und ich glaube es den Leuten nur schwer, wenn sie sagen, ich dürfe.
    Den ruhigen Ort in mir erreiche ich noch nicht problemlos.
    Meine alte Therapeutin, bei der ich nur wenige Stunden war (leider kostet sie sehr viel Geld und keine Kasse bezahlt sie), sagte mal, die Therapie ist so ein Ort, wo man loslassen und seine Gefühle rauslassen kann. Bei ihr war das für mich auch so. So einen Ort brauche ich, weil ich einfach noch nicht da bin, daß ich alles aus mir selbst schöpfen kann.
    Offenbar ist die Beratung dafür nicht geeignet?
    Dort ist nur Gerede. Gerede kann ich selber. Mein Körper sitzt verlassen und steif auf dem Stuhl und wird ignoriert. Aber um den geht es doch.

    Ich habe schon mehrfach überlegt, ob ich nicht das Geld aus meinem Bausparvertrag nehmen und eine Therapie bei der alten Therapeutin anfangen soll. Und falls ich umziehen muß, dann fahre ich halt zu jeder Therapiestunde zwei Stunden. Aber ich kann einfach nicht dieses trockene Gerede eine ganze Therapie lang ertragen, wo ich ohnehin vorher schon weiß was kommt, wo alles nur um den Kopf geht... dort ist für die Person in mir, die so extrem allein und ortlos ist, einfach kein Raum.

    Ich erfülle einfach für nichts so richtig die Voraussetzungen, nicht XY genug, immer alles nur so mittel und... da sind schon wieder viel zu viele Gedanken und Zeugs für einen Post.

  • Hallo Margo,

    nö, nicht zu viel für einen Post, ich hab eher den Eindruck, wie wenn es jetzt etwas griffiger wird.

    Als ich in mir immer mehr ver-ortet war, da wurde ich zunehmend unabhängiger vom Umfeld. Da muß es auch nicht DER eine Mensch oder DIE eine Situation sein, in der in komplett und ganz und gar und überhaupt mit allem... ankommen kann. Da kann ich hier diese meiner Facetten leben und dort jene und wieder woanders die anderen Facetten... Und es ist gut. Weil ich in mir drin meinen Ort habe.

    Mir hat die Traumatherapie nach Ilse Reddemann sehr gut geholfen. Diese arbeitet mit imaginativen Verfahren und ist resourcenorientiert.

    Zitat

    Mein Körper sitzt verlassen und steif auf dem Stuhl und wird ignoriert. Aber um den geht es doch.

    Wer sitzt da auf dem Stuhl? Und was braucht sie genau jetzt? Sollte ich sie aus der Situation herausnehmen und an einen sicheren Ort bringen? Welcher Ort wäre das? Was tut ihr gut?... Das sind Fragen, die eine Traumatherapeutin stellen würde.

    Ich mag in der Therapie begleitet werden, gehen tu ich ja selber. Und wenn gerade die inneren Anteile sich zeigen, dann begleitet meine Traumatherapeutin diese inneren Anteile und ich lerne, mit ihnen umzugehen.

    Willst du denn ein Haus bauen...?

    Ich drück dich mal, schreib einfach weiter.

    Lieber Gruß, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo alle.

    ...
    die Unwägbarkeiten werden mir zuviel. Ich kann in der Wohnung nicht bleiben, meine Beziehung ist unsicher, ich weiß noch nicht, was für einen Job ich finde, oder was für eine Therapeutin.
    Wenn ich mir wünsche, nur eine winzige Sicherheit mehr zu haben, dann fühle ich mich schwach - ich bin ja bewußt hierher gekommen, um in offeneren Strukturen zu leben. Will ich auch. Nur gerade... alles bricht so sehr auf. Ich will ja nicht viel Sicherheit. Nur sagen wir, einen Monat länger diese Wohnung, das würde schon reichen, damit ich den Februar noch nicht meine Aufmerksamkeit auf die Zukunft lenken muß, wo ich sie doch hier und jetzt brauche. Und daß der Februar etwas länger ist und nicht so schrecklich rennt.
    Diese Deutung mit "keinem Ort für mich" begleitet mich. Ich habe das Gefühl, daß, würde ich je fest auf beiden Beinen dastehen und mich aufrichten und DA sein, es für mich keinen Platz gäbe, weil ich allen Raum sprengen würde, alles nicht groß genug für mich ist.
    Und so bin ich Nummer Zwei und verständnisvoll und strukturierend, und es kommt mir ganz normal vor, immer aus dem Weg zu gehen.
    Ich will irgendwo SEIN, mich nicht ablenken. MEHR ZEIT.

    Linde,
    meine alte Therapeutin, die nach der Hakomi-Methode arbeitet, würde Ähnliches fragen wie Du in Deinem Beispiel erwähnst.
    Es bedeutet mir sehr viel, wenn jemand wissen will, was ich brauche, und mir hilft mich selbst wahrzunehmen (jeden Teil von mir).
    Ich such mir jetzt eine Therapeutin, morgen telefoniere ich die Liste durch, die mir die Beratungsstellenfrau gegeben hat (alles Therapeutinnen, die auch körperorientiert arbeiten können).
    Wünscht mir Glück.

    Liebe Grüße,
    M.

  • Hallo ihr Lieben!

    Schon wieder so viel Zeit vergangen (ja, das ist sehr viel für mich gerade, beinah ein Monat). Ich bin schon wieder wo ganz anders.
    Es tut gut, die alten Posts zu lesen und zu sehen, daß ich mich bewege, daß sich doch etwas tut, obwohl ich so oft das Gefühl habe, alles würde nicht schnell genug gehen.

    Ich bin einen Schritt zurückgegangen und wieder stärker bei mir selber angekommen, nicht mehr so klebend in all diesen wackligen Beziehungsnetzen.

    Mit meiner Mutter habe ich gesprochen: Ich erzählte ihr, daß ich mich damit beschäftige, was es für mich bedeutet hat und noch bedeutet, daß sie Alkoholikerin ist. Zunächst hatte ich ihr davon nicht erzählen wollen, weil es mir vorkam, als würde ich ihre Erlaubnis einholen wollen. Und die brauche ich nun wirklich nicht.
    Doch sie hat so viel Verständnis für meine schwierigen Gefühle und Gedanken gezeigt, daß ich es ihr dann ganz aus der Situation heraus einfach erzählen wollte.
    Sie hat mich sehr ermutigt, mich damit zu beschäftigen und mir alle Hilfe angeboten, die sie mir geben kann - z. B. mir Fragen zu beantworten, was eigentlich in meiner Kindheit tatsächlich abgelaufen ist, da ich mich an Vieles nur sehr unklar erinnere.

    Eine Therapeutin habe ich auch gefunden, sie macht unter anderem Traumatherapie und körperorientierte Psychotherapie und kennt sogar meine alte Therapeutin (die teure ;)). Leider fängt die Therapie erst irgendwann später im April an.

    Im Moment fühle ich mich im Vergleich zu Januar und Februar ganz gut; nicht gut genug für meinen Geschmack, aber es geht. Daß die Sonne oft scheint macht sehr viel aus.
    Und daß ich einen Job hier in der Gegend gefunden habe, so daß ich mir jetzt hier eine Wohnung suchen kann.
    Kleinigkeiten können mich noch immer sehr umhauen, doch ich fühle mich den Stimmungen nicht mehr so extrem ausgeliefert.

    Ich beobachte, von welchen Dingen mein ganz akutes Wohlbefinden beeinflußt wird: was und wieviel ich gegessen und getrunken habe. Ob ich draußen war und Bewegung hatte. Ob ich zu lange vor dem Computer sitze. Ob die Sonne scheint.
    Ich glaube, ich kann mich besser aus den Beziehungschaosproblemen herausnehmen, weil es mir gereicht hat, mich so schlecht zu fühlen, ich hatte genug davon. Vorher wollte ich nicht wahrhaben, daß ich in der Situation, wie sie gerade ist, praktisch nichts beeinflussen kann, außer mir selbst und meinem Zustand. Ich will eben immer alles ändern, und meine schwierigste Lernaufgabe ist derzeit, anderen Menschen ihre Entscheidungen etc. selbst zu lassen.
    Da ich den Leuten nicht vertraue, daß sie ihre Probleme selbst bewältigen, versuche ich es für sie zu tun. Aber das geht nicht.
    Warum fühle ich mich denn da machtlos, wenn ich doch für mich selber so viel tun kann, wie ich will? :)

    Es gibt noch viel mehr zu erzählen, aber ich belasse es mal dabei, um nicht ganz durcheinander zu kommen, und schreibe über den Rest später.

    Alles Gute für euch,
    Margo

  • Hallihallo.

    Gerade lese ich ein Buch über die Familienkrankheit Alkoholismus. Ich bin verwirrt davon, wieviel mir da nah geht.
    Jeden Tag scheine ich etwas Neues über mich zu lernen, oder eine neue Lesart von etwas an mir, das ich schon genau zu kennen geglaubt habe. Ich dachte immer, ich kenne mich gut. Ich dachte, ich verdränge nichts, ich trage keine Masken, ich kann gut für mich sorgen. Und dann muß ich meinen Blickwinkel nur ein ganz klein wenig verschieben, und nichts davon stimmt mehr. Oder?
    Alles was ich über mich weiß löst sich in Puzzleteile auf.
    Ich hab die konkreten Beispiele im Kopf schon formuliert, jetzt sind sie verschwunden.

    Meine Stimmung bewegt sich in Wellen. Manchmal ganz gut, manchmal nicht. An den schlechteren Tagen lodert es in mir, ich bin dann nur WÜTEND. Bevorzugt auf meine Exfreundin, aber es geht nicht in Wirklichkeit um sie, sie ist nur ein Symbol oder ein Sündenbock. Nichts was sie mir getan hat könnte eine solch gewaltige Gefühlsintensität rechtfertigen.
    Ich habe immer gesagt, ich weiß gar nicht, wie Haß ist, das Gefühl verstehe ich gar nicht. Warum sollte ich je jemanden hassen? Nur einmal habe ich wen gehaßt, der meinen Freund bedroht hat, für einen kurzen Moment, um in Verteidigungsstellung zu gehen.
    Diese Wut in mir, die ich gar nicht so kenne, könnte man auch mit Haß beschreiben. Einfach nur wildwuchernd, extrem.

    Und dann heute bin ich völlig ausgeflippt, allein im Haus meiner Eltern, als ich in die Stadt gehen wollte und meine Kette und meine Stulpen nicht finden konnte. Kennt ihr dieses ganz entsetzliche Hilflosigkeitsgefühl, das von der tatsächlichen Situation abgekoppelt ist?
    Ich fange dann an, mich schrecklich zu hassen dafür, daß ich nichts kann und die Kontrolle mir weggefallen ist, daß ich diese Sachen nicht finden kann! Wie kann das überhaupt sein, sie MÜSSEN DOCH DA SEIN!
    Ich wußte das gar nicht, daß ich mich dann hasse.
    Aber heute erkannte ich auf einmal das Gefühl wieder.
    Dasselbe Gefühl wie an meinen schlechten Tagen, auf die Exfreundin gerichtet.
    Wenn es nach außen gerichtet ist, fällt es mir auf. Dann ist es mir ja fremd, neu.
    Wenn es auf mich gerichtet ist, dann ist es mir so vertraut, daß ich es nicht zuordnen kann, etwas das zu mir gehört wie mein Arm oder meine Augen.
    Aha, Haß ist das also.
    Ich hasse mich also, manchmal.
    Wow.
    Das finde ich gar nicht so einfach, das in mein Selbstbild zu integrieren.

    Mhm, aber ich wußte das doch? Es ist mir vorher schon begegnet.
    Ja, aber nicht so drastisch, so explizit, mit der Legende dazu, die mir den Namen gibt das Gefühl zu bezeichnen.

    ---

    Alles ist gerade tendenziell sehr extrem.
    Normalerweise kann ich --
    -- ha, das denke ich oft zur Zeit!
    Ich denke, aber normalerweise bin ich X, und dann kann ich Y, und normalerweise kann ich doch soundso mit dieser Situation umgehen?
    Aber wann oder wo ist dieser Normalzustand? Woher hab ich diese Idee, wer ich normalerweise bin? Was ist normal? Meine Beispiele sind alle lange her.

    Also ich denke z.B., normalerweise kann ich gut meine Gedanken und Gefühle ordnen und auch beurteilen, ob dies oder jenes Gefühl jetzt der Situation angemessen ist, oder ob es vllt woanders herkommt.
    Aber zur Zeit ist alles durcheinander, ich kann meine Gefühle kaum mehr ordnen, die Gedanken verschwimmen.
    Angemessenheit oder Normalität sind keine eindeutigen Kriterien mehr, ich weiß es alles nicht.

    Meine Urteilskraft ist in einem Strudel verschwunden. Das fing letztes Jahr an, Werte infrage gestellt, ein Stück weit anhand meiner Intuition neu orientiert. und jetzt, in der zweiten Phase sozusagen, muß wohl die Intuition auch generalüberholt werden?

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    Im Übrigen würde ich mir wünschen, daß mein Vater ein gesundes Trinkverhalten hätte. Gerade wohne ich bei den Eltern; ich mag ihn nicht gegen Mittag mit nem Glas Schorle sehen.
    Kürzlich sprach ich mit ihm über sein Trinkverhalten. Er anerkennt, daß es ein süchtiges Verhalten ist, aber es beeinträchtige ihn nicht, er habe einen Blick darauf und habe seine tägliche Alkoholdosis in 20 Jahren eher verringert als vergrößert.
    Das kann ich alles aus Beobachtungen bestätigen.
    Er sagt, wenn er beeinträchtigt würde durch den Alkohol oder er mehr trinken würde, dann würde er ne Therapie machen und aufhören, aber solange das nicht so ist, mag er sich nicht ändern.
    Versteh ich, macht irgendwie Sinn.
    Es fuchst mich gebranntes Kind aber trotzdem, wenn ich ihn mit dem Glas in der Hand am Mittagstisch sehe, ganz egal, ob da fast kein Wein drin ist. Und ich hab das Gefühl, ich würde das nicht sagen können, er würde sauer werden, sich bevormundet fühlen.
    Da fühle ich mich bedroht.
    Mhm.

    ---

    So viel Chaosworte.
    Morgen ne Therapiestunde, mal sehen, wie ich mich da ordnen kann.

    Liebe Grüße!
    Margo

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