das wirkt so komisch...

  • Hallo,

    mein Stiefvater ist nach ca. 10 Jahren wieder nass.
    Er trinkt manchmal lange Zeit (ein paar Wochen) nichts, dann wieder Korn, Wodka usw., aber man merkt es ihm nicht immer so schnell an, also er wird nicht ausfallend und so. Wir haben also auch viele Situationen, in denen wir nicht sicher sind, ob er getrunken hat. Total blöd.

    Nun hat er sich neulich meiner Schwester (wohnt noch zu Hause) gegenüber verhalten wie Karl Arsch und als ich mit meiner Mutter telefonierte, sagte ich klipp und klar, dass ich denke, dass er betrunken war, als er meine Schwester so grundlos nieder gemacht hat.
    Wir redeten kurz drüber und sie war wohl überrascht, dass ich auch denke, dass er trinkt und dass ich das so offen sage. Aber deshalb bin ich ja hier, weil ich mich eben sonst nicht traute, was zu sagen und ich lerne jetzt, auf MICH zu achten und nicht so zu tun, als wäre er kein Alkoholiker. Hab dieses Versteckspiel satt.
    Aber dass sie so überrascht war, überraschte mich. Vielleicht hab ich sie auch falsch verstanden. Jedenfalls hat sie mir ja schon letztes Jahr gesagt, dass sie vermutet, er trinkt wieder.
    Sie meinte am Tel, sie würde das nicht noch mal so lange durchmachen, wie vor der Zeit als er trocken war. Sie würde nicht so sein wollen, wie meine Oma (Opa war Alkoholiker) und sie würde vorher einen Schlussstrich ziehen.

    Gestern war sie nach langem mal wieder bei mir und wir redeten auch kurz drüber und wieder sagte sie, sie wolle nicht so werden wie meine Oma, sie würde sich "das Theater" nicht so lange ansehen.

    Jetzt wo ich schreibe fällt mir ein, wir saßen irgendwann mal im Auto aufm Parkplatz vor einem Supermarkt, meine Schwester holte Brötchen oder so...man, das war doch nicht erst letztes Jahr? Ich glaube, das ist schon 2 oder sogar 3 Jahre her, da führten wir ein ähnliches Gespräch. Da glaubte sie, er würde wieder trinken...meine Güte, verliere ich den Verstand? Geht es womöglich schon seit 2008, dass auch ich vermute, er würde wieder trinken??? Wie unheimlich, ich bin mir echt nicht sicher. Aber das Gespräch im Auto müsste länger her sein als letztes Jahr...Ich glaube es war wirklich März 09, als ich mir sicher war, das heißt, die zweite Hälfte 08 irgendwann kam der Verdacht...

    Naja, worauf ich eigentlich hinaus wollte. Meine Mutter redet eben schon länger davon, seine Sucht nicht noch einmal so mitzumachen wie damals, bevor er trocken wurde.

    Gleichzeitig erzählt sie mir aber, sie hätten jetzt im Urlaub dies und jenes unternommen - und im Urlaub hätte er bisher auch nicht getrunken.

    Übertreib ich oder seht ihr das auch so, dass das überhaupt nicht zusammen passt?
    Auch wenn er nicht permanent besoffen ist, so ist er wieder nass. Vielleicht seltener als früher, aber ist das wichtig?
    Die beiden machen Urlaub, als wenn nix wäre. Für mich passt das überhaupt nicht zu Muttis Aussagen. Verhält sie sich nicht doch wieder total co-abhängig oder seh ich Gespenster?

    Andererseits frage ich mich, was in meinen Augen denn passend wäre. Sollen sie den Urlaub getrennt verbringen oder nur in der Stube hocken? Nee, aber mir fehlt irgendwie was. Ich glaub, sie denkt immer noch, dass er nur wieder aufhören muss, so wie damals. Da hat er ja auch so gut wie keine Therapie gehabt. Geht auch nicht in die Gruppe oder so. Ist halt total insich gekehrt.
    Ich hab so das Gefühl, sie realisiert gar nicht, was diese Krankheit bedeutet und meint nun, er müsse einfach nur wieder aufhören.
    Oder seh ich zu schwarz und genauso ist es? Einfach den Alltag weiterleben, er wird schon trocken bleiben?

    LG
    Riona

  • Hallo Riona,

    ich kenne das gut, daß ich immer wieder an meiner eigenen Wahrnehmung zweifelte. Meine Mutter ist Spiegeltrinkerin, da merkt ein Fremder nicht unbedingt etwas. Aber ich nahm feinste Nuancen wahr. Und trotzdem ließ ich mich durch so einiges immer wieder in meiner Wahrnehmung verunsichern.

    Der co-abhängige Partner hat ja die Illusion, daß der Alkoholiker nur aufhören müsse und alles wäre dann perfekt. Diese Illusion, daß alles fast-perfekt ist, wurde mir als Kind ja präsentiert. Und dieses fast-perfekt biß sich aber mit meiner Wahrnehmung, daß das eine kranke Familie ist, in der ich da lebe. Das war ganz schön schwierig.

    Die Selbstzweifel habe ich verinnerlicht und die führten irgendwann ihr Eigenleben auch außerhalb der familiären Situation. Inzwischen vertraue ich meiner Wahrnehmung wieder.

    Daß sich die Zeiten nicht genau zuordnen lassen, kenne ich sehr, sehr gut. Vertrau darauf, daß da etwas ist.

    Mich hat irgendwann erschüttert, was für lange Zeiträume da verstreichen, bis eine Veränderung oder Wandlung geschieht oder eben nicht geschieht. Da gehen Jahre rum oder ein ganzes Leben...

    Heute habe ich es in der Hand, für mich mein Leben zu gestalten. Gerade war ich eine Stunde joggen, mir geht es gut. Es sind oft solche kleinen Aktivitäten, die in der Summe mein Leben genau jetzt lebendig machen.

    Viele Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

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