Bin immer hinterhergerannt

  • Ich bin neu hier im Forum. Ich bin das Kind eines trockenen Alkoholikers. Mein Vater ist trocken seit ich 10 Jahre alt bin. Unser Verhältnis war immer problematisch, oder eigentlich gar nicht vorhanden, er hatte alles an meine Mutter delegiert. Mein Leben lang bin ich seiner Liebe und auch ihrer Liebe hinterhergelaufen. Jetzt beginne ich zu bereifen, das ich nie eine Chance hatte. Meine Mutter die wie ich jetzt begreife co-abhängig war und ist, ist voll auf ihn fixiert und er auf sie. Für mich hatte keiner Platz, es ist wie eine Symbiose. Beide stellen nur Forderungen an mich, immer für den anderen. Anscheinend besteht das System weiter auch ohne Alkohol. Dazu muss man sagen mein Vater hat nie eine Therapie gemacht und nur 1 Jahr lang eine Selbsthilfegruppe besucht. Er sagt er hat bei meiner Mutter sehr viel gut zu machen. Bei mir aber nicht, ich wurde ja von meiner Mutter "bestens" versorgt. Er hat mit mir nie darüber gesprochen. Wenn dann brüstet er sich höchstens damit was das für eine Leistung war alleine mit dem Trinken aufzuhören. Ich habe das Gefühl ein Symptom ist weg, aber er hat sein Problem noch nicht gelöst. Kennt jemand dieses Problem? Ist es normal das es mich jedes Mal neu so emotional mitnimmt? Fürs erste ist das glaube ich genug. Freue mich auf eure Antworten, manchmal habe ich das Gefühl keiner kann mich verstehn. Ich habe viel verstanden und bin emotional trotzdem völlig durcheiander.
    zauberstein

  • Hallo Zauberstein!

    Willkommen im Forum!

    Zitat

    Ich habe viel verstanden und bin emotional trotzdem völlig durcheiander.

    Da kann ich Dich sehr gut begreifen!

    Wenn Du als Kind keine Liebe bekommen hast,sondern nur Forderungen,dann kann es gar nicht anders sein.

    Da gilt es aufzuarbeiten.Bei uns im Forum kannst Du viel davon lesen und für Dich mitnehmen was Dir hilft.

    Bist Du in einer Therapie? Das könnte auch hilfreich sein.

    Ich wünsche Dir viel Kraft und einen guten Start bie uns!

    Herzliche Grüsse
    Yvonne

    ichbinda123

  • Hallo Swiftsoul,
    habe mich gefreut so schnell eine Antwort zu bekommen.
    Zuwendung überhaupt ist ein Problem. Mein Vater ist ein Meister des Small-talk, so ist es meiner Mutter jahrelang nicht aufgefallen das er es regelrecht vermeidet mit mir zu reden. Er redet ja, er redet mit allen anderen, er redet über mich, über meinen Urlaub etc. nur eben nicht mit mir. Er nimmt mich neuerdings in den Arm zur Begrüßung, aber es ist gestellt, es kommt nichts rüber, alles Show. Als ich ein Kind war hat meine Mutter mich von ihm ferngehalten, sie hat ihn regelrecht abgeschirmt. Der Grund war angeblich sein Stress bei der Arbeit.

    Das Schlimmste aber ist wenn ihm etwas an meinem Verhalten nicht passt. Dann wird er extrem ausfallend. Im Novemer hat er zu mir gesagt, ich könnte in meinem Leben an meiner Mutter nicht wieder gut machen, was ich als Frühchen für Arbeit gemacht hätte. Da ist es dann wieder er "tut so etwas nur für meine Mutter". Es kam ohne jeden Zusammenhang eine Woche vor dem Geburtstag meiner Mutter, weil er glaubte mich dann am besten unter Druck setzten zu können. Das sind Verhaltensweisen damit kann und will ich nicht mehr leben.

    Ich habe immer um seine Anerkennung gekämpft, wie das kleine Mädchen, ich wollte meinen Papa. Ich erkenne das ich einen liebevollen Papa nicht haben kann.

    Aber wenn ich mir die Situation jetzt nicht aus meiner Sicht als Tochter, sondern als erwachsene Frau ansehe, dann muss ich mich doch fragen will ich so jemanden in meinen Leben ? Ich muss mich nicht mehr so behandeln lassen. Als Kind hatte ich keine Wahl, jetzt habe ich eine.

    Kennst du auch solche Gefühle, findest du es auch so schwer das immer wieder neu zu erleben?

    Wünsche dir ein erholsames Wochenende
    zauberstein

  • Hallo,
    ich lese gerade deinen Beitrag und habe ähnliches bei mir im Moment.
    Ich beobachte zur Zeit alles sehr genau und musste auch bei meiner Mutter feststellen, dass sie nie wirklich interessiert ist, wie es anderen geht. Ich war wirklich schockiert, wie oft sie im Mittelpunkt steht und alles dreht sich um sie. Sie zeigt kein Interesse an mir, sondern es geht immer darum, was ich für sie machen kann...
    Tu das und das, ich brauche das... wirklich schrecklich, wie egoistisch sie ist.
    Alle sollen nach ihrer Nase tanzen, denn schließlich geht es ihr schlecht. Jetzt ist sie auf Therapie und dann ist es ganz normal, dass wir alle nach ihrer Nase tanzen, denn schließlich macht sie was.
    Immer nur SIE, ich kann es nicht mehr hören.
    Ich habe keine Lust mehr auf diese Art von Beziehungen, ich mache Schluß damit, nicht leicht für sie, aber es ist Zeit was zu ändern.
    Für mich ist es schwer eine Grenze zu ziehen, werde ich egoistisch und kalt oder setze ich die Grenze zwischen ihr und mir?
    Ich kann und will die Verantwortung nicht mehr übernehmen, soll sie selber tun.
    Sie versucht alles, um mich wieder weich zu bekommen, versucht mich zu treffen, mit den Dingen, die all die Jahre gezogen haben, aber nicht mehr mit mir.
    Bin ich kalt? Lass ich sie hängen, obwohl es wirklich stimmt? Ich weiß es nicht, aber eines weiß ich, es ist nicht meine Schuld.
    Liebe Grüße TINKA

  • Hallo Zauberstein,

    Zitat

    Im Novemer hat er zu mir gesagt, ich könnte in meinem Leben an meiner Mutter nicht wieder gut machen, was ich als Frühchen für Arbeit gemacht hätte.

    Besser konnte er es in einem Satz nicht zusammenfassen. Dieser Satz drückt die Gesamtheit des kranken Systems in dysfunktionalen Familien aus. Was Eltern damit tatsächlich anrichten ist ihnen leider nichtmal bewusst. Das Kind für etwas beschuldigen wofür es nichts kann, das Kind für sein Sein zu beschuldigen zerstört jede Seele.

    Du hast nichts angerichtet. Und Du bist auch nicht Schuld an diesem verantwortungslosen und menschenverachtenden Verhalten Deiner Eltern!

    Liebe Grüße

    Kaleu

  • Hallo Tinka,

    an deiner Antwort ist mir sofort die Frage am Ende aufgefallen

    Zitat

    Bin ich kalt? Lass ich sie hängen, obwohl es wirklich stimmt?

    Diese Frage kenne ich nur zu gut. Ich glaube das kommt daher, das uns immer eingeredet wurde, wir müssten uns kümmern. Wenn wir es nicht taten wurden wir beschuldigt kalt, rücksichtslos usw. zu sein. Aber wir waren Kinder wir hatten ein Recht darauf das man sich um uns kümmert, von uns Fürsorge einzufordern hat uns komplett überlastet. Aber hatten wir eine Wahl? Als Kind nicht, aber ich denke jetzt schon. Als mein Vater den Satz mit der Wiedergutmachung gesagt hat, habe ich es nicht einfach stehen lassen wie früher, ich bin aber auch nicht einfach weggegangen wie ich es auch schon mal gemacht habe. Sondern ich habe ihn wie jeden anderen in meinem Umfeld behandelt. Ich habe ihm meine ungeschönte Meinung dazu geschrieben. Daraufhin hat er sich zurückgezogen weil er so ein Verhalten nicht gewöhnt ist. Er ist nicht in der Lage sich dem Konflikt zu stellen, aber das ist sein Problem.

    Wie verhält sich denn dein Vater, unterstützt er das selbstbezogene Verhalten deiner Mutter? Meine Mutter hat es immer unterstützt, ich habe meine Eltern immer als extrem aufeinanderbezogen erlebt, für mich war da kein Raum.

    Liebe Grüße

    zauberstein

  • Hallo Kaleu,
    Danke für deine Antwort. Besonders ein Satz hat mir sehr geholfen:

    Zitat

    Dieser Satz drückt die Gesamtheit des kranken Systems in dysfunktionalen Familien aus

    In dem Moment wo mein Vater sagte, ich könne die Arbeit die ich durch meine Frühgeburt gemacht habe an meiner Mutter nicht wieder gut machen, habe ich es endlich begriffen. Alle Vorwürfe die ich mein Leben lang bekommen habe, hatten nichts mit mir zu tun. Ich bin schon damit geboren wurden. Mein Leben lang habe ich immer wieder versucht es ihm recht zu machen, dabei hatte ich nie eine Chance. Das wurde mir mit einem Schlag klar, danach war ich wochenlang wie gelähmt. Es war als wären meine Eltern gestorben. Ich habe meine letzten Illusionen begraben. Die Reaktion meiner Mutter war nur, das ist eurer Problem. Ist es das? Wenn er mich beschuldigt um sie zu schützen. Ich glaube vielmehr es ist ein Beziehungsproblem meiner Eltern. Es ist diese Symbiose, einer macht alles für den anderen und damit ist keiner angreifbar. Darauf bin ich lange genug hereingefallen. Es tut ganz schön weh. Obwohl wir schon immer Probleme hatten hat es mich aus den Schuhen gehauen. Auch das wie immer passive Verhalten meiner Mutter.

    Grüsse dich
    Zauberstein

  • Liebe Zauberstein,

    meine Eltern sind geschieden, daher habe ich dieses Verhalten nicht durch meinen Vater, aber mir fällt auf, durch meine Oma.
    Sie übergibt mir und meiner Schwester immer wieder die Verantwortung, sie spricht mit uns in einem sehr vorwurfsvollen Ton und tut unbewusst so, als wären wir für alles verantwortlich was unsere Mutter tut.
    Ich finde es echt schockierend im Nachhinein festzustellen, wie verstrickt die Verhaltensmuster eines Süchtigen sind, wie manipulierend und egoistisch.
    Aber wie du geschrieben hast, wir konnten als Kinder nicht anders handeln, aber jetzt.
    Meine Eltern haben mir beide das Gefühl gegeben ich wäre nie gut genug, auch ich war ein Frühchen und absolut nicht geplant... Ich war von Anfang an nie wirklich gewünscht...
    Ich kämpfe um Anerkennung, mein ganzes Leben, ich möchte nur gut genug sein, für andere, für meine Eltern...irgendwie eine Lebensberechtigung haben...
    Wir hätten ein Recht auf unsere Eltern und unsere Kindheit gehabt, wie wahr.
    Meine Mutter läuft auch vor allem gerne weg und stellt sich nur ungern dem Ganzen, sie hat immer eine Antwort oder einen Vorwurf als Entschuldigung für ihr Verhalten.
    Ich nehme diese Verantwortung nicht mehr an, ich will sie nicht :)
    Wie soll meine Mutter jemals Stärke entwickeln, wenn sie selber nie eine Entscheidung trifft, die positiven oder negativen Konsequenzen trägt und für sich selbst handeln darf.
    Diesen Schuh zieh ich mir nicht mehr an, da kann meine Oma reden soviel sie will... ich hör ihr einfach nicht zu...
    Wie gehst du mir der Situation um?

    Liebe Grüße TINKA

  • Hallo Tinka,

    deine Frage wie ich mit der Situation umgehe habe ich in meinem letzten Text schon kurz beantwortet. Aktuell habe ich meinem Vater einen Brief geschrieben und ihm meine Meinung zu seiner Anschuldigung gesagt, meiner Mutter habe ich diesen Brief auch gleich geschickt damit diese Spielchen untereinander nicht greifen. Ich habe ihn so behandelt wie ich auch ansonsten handle, ich sage meine Meinung. Aber das ist er nicht gewöhnt. Daraufhin habe ich nichts mehr von ihm gehört, meine Mutter schreibt zwar zurück aber bemitleidet sich nur selber, wie sie es immer macht. Auch das hat immer funktioniert aber jetzt nicht mehr.
    Ich habe aber davor schon alles Mögliche an Handlungsalternativen durch. Ich bin mit 19 von zu Hause ausgezogen, weil ich Abstand wollte. Gleichzeitig habe ich aber den Beruf gewählt der meinem Vater gefiel und nicht der den ich wollte. Jahre später erkannte ich den Fehler brach den Kontakt zu meinen Eltern kommentarlos ab und machte eine zweite Ausbildung . Mir ging es blendend ohne meine Eltern. Nicht immer das Gefühl zu haben, gleich kommt ein Donnerwetter für einen Fehler, von dem ich nicht ahnte das es ein Fehler ist. Ich machte eine Gesprächstherapie und erkannte erstmals das meine Mutter mit ihrem Leiden sehr viel lenkte.
    Dann heiratete ich, meine Mutter nahm wieder Kontakt zu mir auf und versuchte wieder für meinen Vater zu vermitteln. Ich ging nicht drauf ein und heiratete ohne meinen Vater. Er fehlte mir nicht, ich finde das sagt schon alles über unsere Beziehung. Ich hatte nie einen Vater der dieses Wort verdient. Aber eine Hochzeit ohne ihn zeigte dies nach aussen, das ärgerte ihn extrem bis heute.
    Ein paar Jahre später wurde ich schwanger und nahm den Kontakt zu ihm wieder auf, weil ich glaubte was wir miteinander haben geht mein Kind nichts an, er hat ein Recht auf seinen Opa. Das die Probleme mit seinem Alkoholismus zusammenhängen wurde mir erst klar als mein Sohn 10 Jahre alt war und mein Vater und ich eine Mediation machten.
    Aber auch eine Mediation half nicht weiter.Mein Vater ist nicht in der Lage anzunehmen was ich sage. Ich habe ihm in der Mediation gesagt das ich immer seiner Liebe hinterhergerannt bin. Seine Antwort darauf war, wir hatten doch immer so schöne Urlaube, deine Mutter war immer für dich da und nicht zuletzt du hast mich nicht zur Hochzeit eingeladen.
    Ich glaube das war genug für einen Abend, wenn es dich interessiert kann ich dir an einem anderen Tag gerne noch erzählen was zwischen der Geburt meines Sohnes und der Mediation passiert ist.

    wünsche dir noch einen schönen Abend
    Zauberstein

  • Hallo zusammen,

    finde es ein sehr interessantes Thema und freu mich die Eindrücke von anderen zu hören.

    Liebe Zauberstein, danke für deine Antwort und ich würde mich sehr darüber freuen, wenn du mir weiter berichten würdest.
    Finde es immer gut von anderen zu lesen und das für mich wiederzuspiegeln können, auf meine Situation, Denken und Handeln. Für mich einfach das nützliche rausziehen zu können.

    Lieber Swiftsoul, an deinen Punkt möchte ich gern kommen und darauf arbeite ich hin.
    Ich bin hin und hergerissen, muss sagen ich bin seit Jahren meiner Mutter gegenüber sehr hart, ich sehe sie und umarme sie auch, aber ich verurteile, beschimpfe und verachte sie auch sehr gerne. Ich sage meine Meinung, aber sehr emotional, immer verbunden mit viel Wut und Hass. Dadurch fühle ich mich über die Jahre sehr erschöpft, ich schreie zwar alles raus, aber durch die vielen negativen Emotionen und Handlungen verliere ich mehr und mehr den Kontakt und das Gefühl für mich und andere.
    Ich komme mir oft herzlos vor. Ich handle meist mit dem Kopf und nicht mit dem Herzen.
    Dazu kommt das ich mich sehr von anderen beeinflussen lasse, von deren Meinung und Ansichten.
    Was ist richtig und falsch?
    Ich habe nur Menschen in meiner Familie die entweder absolut engstirnig und rational handeln und denken oder die emotional und freilebig sind. Das es da zu Streitigkeiten kommt ist klar, den keiner kann den anderen so akzeptieren wie er ist, dass haben alle gemeinsam.
    Ich stehe in der Mitte und lasse mich nur zu gerne hin- und herreissen.
    Kennt ihr sowas?

    Sorry, war etwas viel...
    LG TINKA

  • Lieber Swiftsoul,

    nein, ich wohne schon seit 6 Jahren nicht mehr bei meiner Mutter und auch in einer anderen Stadt.
    Diese Situationen beziehen sich rein auf Telefonate und bei Besuchen. Den räumlichen Abstand habe ich bereits hinter mir :)
    Ich denke entweder mit dem Kopf oder mit dem Herzen und ich denke eine Mischung aus beidem, wäre oft besser für mich.
    Das mit den Einflüssen, ist ein guter Gedanke, habe ich so noch nie gesehen. Komisch aber irgendwie ist "beeinflussen" für mich immer negativ belastet gewesen. Wieder einmal, gut oder schlecht, schwarz oder weiß... immer entweder oder... anderes kann ich nicht akzeptieren ;)
    Ich schwanke immer zwischen den Extremen.

    Ja ;) das stimmt, dass ist wohl nicht nur ein Problem von EKAs. Die meisten Menschen in meinem Umfeld haben ein Problem damit...

    Ich sollte mir wohl wirklich mehr Zeit für mich nehmen, ohne Einflüsse, in der ich mir selber klar über meine Meinung werde...

    Liebe Grüße Tinka

  • Hallo ihr Nachteulen :)
    falle abends so um 11 ins Bett. Jetzt ist gerade Ruhe eingekehrt und ich habe Zeit zu antworten.
    Die Geschichte mit der Vergebung beschäftigt mich schon länger.
    Die Therapeutin meiner Mutter meinte immer, ich müsse das unbedingt tun um mich von den negativen Emotionen zu befreien.
    So weit so gut. Ich kann problemlos für die Vergangenheit vergeben. Aber das kann doch nicht heissen das ich es jeden Tag neu mache und und mich weiterhin verletzten lasse. Sonst bräuchte ich ja ein Spontanalzheimer, das jeden Tag alle negativen Auswirkungen auf mich löscht. Ich kann meinem Vater verzeihen das er meine Kindheit mit seinem Alkoholismus belastet hat. Ich kann verstehen das er es als Kriegskind bestimmt schwer hatte.
    Aber was heisst das für die Gegenwart? Wenn er sagt ich müsse an meiner Mutter etwas wieder gut machen. Dann kann ich das doch nicht einfach einstecken. Er überschreitet ständig Grenzen. Als Kind hatte ich nichts entgegenzusetzten. Aber jetzt schon. Ich habe auch ganz sachlich und nicht emotional geantwortet, eben erwachsen. Wie du es auch beschreibst Swiftsoul, du lässt dich von deiner Mutter nicht weiterhin verantwortlich machen. Die Frage ist nur wie geht das Elternteil damit um? Es ist einen solchen Umgang nicht gewöhnt und meint ein Recht auf den Platz im Mittelpunkt zu haben. Mein Vater kann das nicht akzeptiern. Er regt sich sogar auf wenn ich mit meinem Sohn in Urlaub fahre, weil er meint er habe jetzt ein Recht auf seinen Enkel und das habe Vorrang, schließlich sei er ja schon so alt und wir hätten noch alle Zeit der Welt. Das war der Punkt der ihn dazu brachte verbal Amok zu laufen und wilde Beschuldigungen gegen mich auszustossen.
    An der Stelle komme ich mit verzeihen nicht weiter, da muss ich eine Grenze ziehen. Aber aus meiner Sicht fängt da das Problem erst richtig an. Denn der narzistische Alkoholiker kann die Grenze nicht akzeptiern. Mein Vater kann meine Bedürfnisse überhaupt nicht akzeptieren. Wenn ich sage ich möchte mit dir alleine Zeit verbringen, dann antwortet er ohne meine Frau mache ich gar nichts. Daran bewegt sich auch nichts, er kann nicht auf mich eingehen. Das habe ich verstanden. Aber das kann doch nicht im Umkehrschluss heissen das ich deshalb immer und ausschließlich auf seine Bedürfnisse eingehen muss damit wir überhaupt eine Beziehung haben.
    Oder wie seht ihr das?
    Vielleicht bis heute Abend um 22.30 :)
    Liebe Grüsse
    Zauberstein

  • Liebe Zauberstein,

    was erwartest Du? Ein Wunder? Du verzeihst Deinem Vater und erwartest im Gegenzug, dass er sich ändert?

    Dein Vater ist Dein Vater ist Dein Vater. Er hat sich bis heute nicht für Deine bedürfnisse interessiert und warum sollte er das jetzt ändern? Du läufst ihm doch schon wieder hinterher. Erhoffst Dir, dass er sich Dir zu Liebe ändert, Dich respektiert, Deine grenzen achtet. Das wird er aber nicht tun! Er ist immer noch der selbe. Nur weil Du Dich änderst, ehisst das nicht, dass er sich deswegen ändert.

    Hier ist alles beim Alten. Wenn Du wirklich was ändern wölltest, hättest Du ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen. Metaphorisch sowie wörtlich. lass ihn da draussen doch toben, seine Sache.

    Du hast ihm nicht verziehen, Du wartest noch immer auf seine Entschuldigung. Du wartest noch immer darauf, dass er von allein Deine Grenzen achtet oder respektiert. Das wird er nicht tun. Du wirst Deine Grenzen schon setzen und selbst einhalten müssen. Tür zu - lass ihn toben! Lauf nicht Menschen nach, die Dir nicht gut tun!

    Liebe Grüße

    Kaleu

  • Hallo Kaleu,

    du hast mich etwas falsch verstanden.

    Ich laufte meinem Vater nicht nach und ich habe die Grenze klar gezogen.

    Ich habe sie bewusst schriftlich gezogen damit sie greifbar ist. Ich habe ihm ohne Emotionen erklärt das er zu weit gegangen ist und meine Einschätzung der Situation. Ich wusste genau das er damit nicht umgehen kann.

    Die Folge war das er noch nicht mal mehr die obligatorischen Geburtstagstelegramme geschickt hat. Was ich als sehr erleichternd empfunden habe.

    Für mich bleibt aber die Frage gibt es nur die zwei Wege entweder der Spiel weiterhin mitspielen und leiden oder weggehen?

    zauberstein

  • Liebe Zauberstein,

    dann hab ich's wirklich missverstanden. Ich dachte euer Kontakt ist nach wie vor unverändert, hab da wohl nicht genau genug gelesen.

    Zitat

    Die Folge war das er noch nicht mal mehr die obligatorischen Geburtstagstelegramme geschickt hat.

    Ist das übliche Muster. Die "böse" Tochter verhält sich anders als der Herr Vater das wünscht, also wird sie "bestraft". Solltest Du aus Deine Kindheit zur Genüge kennen. Allerdings kannst Du daran auch klar erkennen, wer sich hier tatsächlich kindisch und total daneben verhält. Kleiner Tip - Du bist es nicht... :D

    [quoute]Für mich bleibt aber die Frage gibt es nur die zwei Wege entweder der Spiel weiterhin mitspielen und leiden oder weggehen?[/quote]

    Ich weiss, fühlt sich an wie die Wahl zwischen Pest und Cholera. Ist es aber nicht. Es ist eine Wahl zwischen Wertigkeiten. Was ist Dir mehr wert? Ein geschauspielertes Bild einer familie die funktioniert oder Dein eigenes Wohlergehen?

    EKAs machen gern den fehler, das Aussenbild als wichtiger zu erachten weil sie's so lernen mussten. Wenn Du weiter kommen willst, wirst Du in den sauren Apfel beissen müssen, den Kontakt abzubrechen wenn er Dir nicht gut tut. Du musst die Tür nicht verschliessen, Du kannst sie angelehnt lassen. DU hast alles getan was in Deiner Macht lag. Du hast gesagt was es zu sagen gibt und die hast Deinem Vater die Chance gegeben darauf einzugehen. Du hast ihm die hand ausgestreckt und er hat sie ausgeschlagen.
    Ein weiterer Kontakt zu ihm zu seinen Bedingungen würde Dir nicht gut tun und davor solltest - und vor allem darfst Du - Dich schützen!

    Es ist schlicht und einfach nicht Deine Schuld und es gibt auch keinen vernünftigen Grund warum Du Dir das antun solltest.

    Liebe Grüße

    Kaleu

  • Hallo zusammen,

    war gestern etwas länger wach ;) und war ziemlich viel am Nachdenken.
    Liebe Zauberstein, ich verstehe deine Situation ganz genau, ich denke was man nicht vergessen darf, dass es nur diese negativen Momente mit deinem Vater gibt, in denen die Grenzen überschritten werden, ich vermute es jetzt einfach mal, dass es durchaus Momente gibt, in denen ihr euch versteht. Es wird immer davon ausgegangen oder unterstellt, dass man Erwartungen an den Alkoholiker hat, dass muss nicht immer der Fall sein. Bei mir ist es definitiv so, dass ich den Kontakt zu meiner Mutter nicht ganz abbrechen möchte, hatte das immer wieder und mir ging es nicht gut dabei. Es gibt negative Gefühle mit ihr, aber auch positive und die möchte ich nicht missen. Ich bin seit langem in therapeutischer Behandlung und er sagt auch, Menschen machen Fehler, die Natur macht die Menschen unterschiedlich, dadurch entstehen Streitigkeiten, da man selten in der Lage ist, denn anderen so zu akzeptieren wie er ist, mit all seinen Fehlern und Macken.
    Ich denke was Zauberstein beschäftigt ist, wie sie sich schützen kann, vor einem Menschen, der in einigen Situationen ihre Grenzen nicht ernst nimmt. Was kann man selber tun, wie kann man in solchen Momenten bei sich bleiben ohne sich wieder auf die Spielchen einzulassen.
    Wenn ich das hier so lese, denke ich auch, einfach in solchen Momenten gehen, den anderen stehen lassen, die Tür zuschlagen, ist die beste Lösung, aber wie schafft man es in solchen Momenten ruhig zu bleiben, denn genau das sind die Augenblicke in denen zumindest bei mir die meisten Emotionen hochkommen und ich einmal mehr das Bedürfnis habe, diese offen zu verteidigen.
    Vielleicht versteht ihr was ich meine. Es geht mir nicht darum, dass ich einen anderen ändern möchte, sondern darum, dass ich das Gefühl habe, meine Grenzen vielleicht nicht genug zu zeigen.
    Auch für mich stellt sich die Frage, gibt es den immer nur zwei Wege, kann man nicht einfach mal in der Mitte stehen bleiben? Mein Denken ist jahrelang dieses entweder oder gewesen und es bringt mich nicht weiter.
    Liebe Grüße heute schon um 10.32 :) TINKA

  • Hallo Tinka,

    finde es schön für dich das du mit deiner Mutter auch schöne Momente hast die du nicht missen möchtest.

    Das kann nich von meinem Vater nicht behaupten. Er fordert einfach, als letztes wollte er meine Famile, eigentlich meinen Sohn. Er hat nichts zurückzugeben weder Liebe noch Lebenserfahrung noch ein gemeinsames Lachen, das verweigert er aktiv. Daher ist es für mich einfacher zu gehen, was meinen Vater betrifft.

    Schwieriger ist es bei meiner Mutter. Sie ist ein sehr hilfloser schwacher Character und mir wurde immer eingeredet ich müsste auf sie Rücksicht nehmen. Sie deckt alle Handlungen meines Vaters oder unterstützt auch z.B. Erpressungsversuche. Auf der anderen Seite ist sie auch die einzige gewesen die mir in meiner Kindheit wenigstens etwas Aufmerksamkeit gegeben hat. Aber einseitiger Kontakt nur mit meiner Mutter ist auch keine Lösung da die beiden ein System bilden.

    Für mich ist ein Kontaktabbruch immer die beste Lösung gewesen.
    Wenn ich den Kontakt wieder aufgenommen habe dann, das erste Mal für meinen Sohn oder das letzte Mal auf Bitten meines Vaters. Er stimmte überraschender Weise einer Mediation zu. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch stimmte ich zu, ich dachte mit Hilfe einer Mediatorin ist vielleicht eine Annäherung möglich. Aber auch den Mediationsvertrag brach er.

    Ich habe einmal mehr erkannt das ich bei mir bleiben muss. Es ist auch für meine Familie besser. Meinem Sohn hilft es auch nicht weiter wenn er einen Opa hat der seine Mutter immer wieder so behandelt.

    Ich denke das Wichtigste und zugleich Schwierigste ist zu schauen das ein einem selber gut geht. Zu lange haben wir immer nur geschaut ob es den Anderen gut geht.

    Liebe Grüsse
    Zauberstein

  • Liebe Zauberstein,

    Zitat von zauberstein


    Ich denke das Wichtigste und zugleich Schwierigste ist zu schauen das ein einem selber gut geht. Zu lange haben wir immer nur geschaut ob es den Anderen gut geht.

    Um nichts Anderes geht es. Deinem Vater kann es nicht gut gehen, da kannst Du Dich auf den Kopf stellen. Der hat Probleme die er nicht lösen will. Bei Deiner Mum ist es auch nicht anders. Alle Energie die Du in dieses kranke System steckst geht verloren und zwar nutzlos. Und diese Energie fehlt Dir für Dich und die Menschen die Deine Liebe und Zuneigung verdient haben und Dir auch etwas zurückgeben.

    Liebe grüße

    Kaleu

  • Liebe Tinka,

    Zitat

    dass ich das Gefühl habe, meine Grenzen vielleicht nicht genug zu zeigen.


    Dieses Problem kenne ich auch.
    Oft habe ich erst später gemerkt, wie sehr er meine Grenzen verletzt hat. Schließlich kenne ich dieses Handeln seit meiner Kindheit, es war für mich "normal". Mir hat es geholfen meine Reaktion schriftlich zu machen, da hat man Zeit nachzudenken, und kann auch zu emotionale Reaktionen rausfiltern.
    Kann deine Mutter Grenzen die du setzt akzeptieren? Bei meinem Vater ist das nicht möglich, somit gibt es bei mir keinen Graubereich. Denn er hat das Schwarz-Weiß Denken verinnerlicht.

    Liebe Grüsse
    Zauberstein

  • Liebe Zauberstein und lieber Swift,

    meine Mutter kann meine Grenzen nur schwer akzeptieren, setze sie erst seid kurzem, hatte es auch nie gelernt, weder bei meinem Vater noch bei meiner Mutter.
    Wobei ich sagen muss mein Vater akzeptiert meine Meinung bis heute nicht, er kann nicht damit leben und ist ein sehr dominater Mensch, der mit Gefühlen wenig anfangen kann.
    Meine Mutter hingegen ist ein sehr sensibler und weicher Mensch. Sie hat mir immer das Gefühl gegeben das sie mich liebt.
    Ich kann die Situation mit deinem Vater sehr gut verstehen Zauberstein, trotz allem ist es schade, dass du dadurch auch deine Mutter missen musst. Traurig wirklich!
    Zu meinem Vater habe ich auch kaum Kontakt und wenn oberflächlich und kühl, fast schon fremd.
    Bei meiner Mama ist das anders, zu ihr habe ich regelmäßigen Kontakt. Leider bin ich noch nicht so weit wie du Swift, du hast die Sache mit Wut ... Vergebung sehr gut beschrieben. Bei mir ist das Problem, ich habe damit noch nicht angefangen bzw bremse mich selber immer wieder aus.
    Ich kann meine Mama oft nicht als einfachen Menschen akzeptieren, mit Fehlern und Macken, kann nicht damit umgehen das sie krank ist. Das der Alkoholismus eine Krankheit ist, der sie zu einem anderen Menschen macht. Diese ganze Situation ist für mich nach wie vor schwer und ich denke dadurch fällt mir auch das vergeben schwer.
    Aber mit diesen Zeilen komme ich meinem Ziel schon einen Schritt näher ;)
    Ich möchte diese Wut und die ganzen negativen Gefühle ziehen lassen, damit ich freier bin, für mich, für positive Gedanken und dafür mir gutes zu tun...
    Liebe Grüße TINKA

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