Wie ich als trockener Alkoholiker mit Problemen umgehe.

  • Hallo ihr lieben.

    In einem anderen Beitrag habe ich gesehen das es besser ist sich mehr einzubringen, so können auch andere Menschen evtl. etwas von den Erfahrungen die ich mache mitnehmen oder hilfreich zur Seite stehen. Schliesslich braucht jeder Mensch andere Menschen. Oder? Kurz zu mir, Aber dann zur Sache.

    Ich habe schon vor einiger Zeit aufgehört zu trinken, hier im Forum sehr viel gelernt, dann Therapie gemacht, Ich bin also trockener Alkoholiker .

    Aber gehst mir deshalb gut? Nein, mir gehts derzeit nicht gut. Und trotzdem trinke ich nicht, denn so gehts mir besser. Denn es hat sich einiges geändert im Verhalten meinerseits nach meiner Therapie.

    Meine letzte Beziehung ging im Eimer, letzte Woche ging der Motor meines Fahrzeugs kaputt und ich hatte starken Stress auf der Arbeit. Ich habe eine mittelschwere Depression, so das mich das ganze ganz schön mitnimmt und meine Depression natürlich noch verstärkt.

    Mein bester Freund ist weggezogen, so das mir mein bisheriger Ansprechpartner fehlt. Also auch noch einsam derzeit. Das wären früher "gute Gründe" gewesen wieder anzufangen (obwohl, ich hatte früher nie aufgehört...).

    Heute und derzeit ist das für mich aber kein Grund wieder anzufangen, womit ich aufgehört habe. Es ist nichts im Haus, was ich konsumieren könnte. Aber ich hatte Verlangen, einfach mal ne Flasche Bier zutrinken, zu vergessen, zu schlafen. Die Frage ist, wie geh ich damit um.

    Ich habe angefangen mir meinen Motor vorzunehmen. Er ist kaputt, also sollte er repariert werden. Schon habe ich ein Problem weniger. Zum 2. habe ich damit keine Zeit mich hängenzulassen oder in Depression zu schwelgen, da ich beschäftigt bin und keine Zeit zum Grübeln habe.

    Als mich die Geduld beim reparieren verließ, es ist ein schwerer Motorschaden mit vollem Programm - Kurbelwelle, Zylinder, Zylinderkopf hinüber - bin ich zur Entspannung eine runde spazierengegangen. Außerdem brauchte ich noch Ersatzteile, die ich noch Online bestellt habe - ein Segen der Technik ;)

    Morgen früh werde ich weitermachen indem ich den Motor soweit zerlege, das ich die Teile die ausgetauscht werden müssen austauschen kann und wenn ich nicht mehr weiterkomme erstmal eine Runde Schwimmen gehen. Am späten Nachmittag gehe ich dann wahrscheinlich jemand mit dem Bus besuchen. Es gibt für die meisten Dinge eine Lösung - man muss sie "nur" finden. Ich geb ehrlich zu, es ist nicht einfach.

    Aber auf der anderen Seite erinner ich mich gut an die Zeiten als ich getrunken habe, zu nicht viel in der Lage, mich komplett hängenließ, viele Probleme verursachte und am nächsten Morgen nicht mehr hochkam.

    Und es ist wichtig, das ich das nicht vergesse oder verdränge, damit ich nicht wieder dahingehe. Denn dies war und ist kein guter Weg. Aber auch nach so - für mich - langer Zeit ohne Alkohol hatte ich vorhin trotzdem das Verlangen danach. Ich habe gelernt damit umzugehen, deshalb kann ich auch in schwierigen Situationen bestehen, was früher für mich nicht möglich war.

    Und - was ganz wichtig ist - der eine oder andere hats vielleicht schon gemerkt. Ab- und zu muss ich darüber reden oder schreiben was mich belastet oder ärgert. Einfach mal "auskozen". Das nimmt mir viel Druck weg.

    Liebe Grüße

    hans_k.

  • Wir haben 08:00 als ich aufstehe um meinen heutigen Tag zu beginnen, die Laune ist gut und ich freue mich darauf an den Motor zu gehen.

    Vorher wird selbstverständlich ausgiebig gefrühstückt und dann gehts ausgeruht und mit frischen Kräften ans Werk.

    Zu den Zeiten als ich getrunken habe war das ein Ding der Unmöglichkeit, da ich um die Uhrzeit eh nicht hochkam und mit ziemlicher Sicherheit mehr kaputt- als ganzgemacht hätte. Schon wieder ein Punkt der klar für meine Trockenheit spricht.

    Im großen und ganzen bin ich viel zufriedener mit meinem Leben seit ich mich dazu entschieden habe keinen Alkohol mehr zu trinken. Auch habe ich bedeutend weniger Depressionen und es ist nicht mehr alles so dramatisch.

    Im Leben kann immer mal was schiefgehen. Ich muss dann nur mit der Situation richtig umgehen. Selbst wenn dann nicht alles so klappt wie ich mir vorstelle, ist das noch lange kein Hals- und Beinbruch.

    Lg

    hans k.

  • Hallo Hans Klein,

    ich bin Co-Alkoholikerin und hätte da mal eine Frage an einen trockenen Alkoholiker. Hast du in der Zeit des Trinkens irgendwann selbst gewusst das du es nicht mehr unter Kontrolle hast oder wann kam bei dir der Zeitpunkt? Wann merkt man das man anders trinkt als andere oder verdrängt man das als Alkoholiker?

    Mein Exfreund redet einfach nicht darüber und sagt das er kein Problem hat. Ist das Normal?

    Wieviel hast du konsumiert? Schon tagsüber oder erst abends?

    Wäre nett, wenn ich eine Antwort bekomme. Möchte Dir aber nicht zu Nahe treten.

    Liebe Grüße Honey

  • du kannst mir nicht zu nahe treten, ich gehe gerne sehr offen mit meiner Krankheit Alkoholismus um. Mein Vater war schon schwerer Alkoholiker (er ist an den Folgen erst sehr schwer erkrankt, später verstorben), so das ich weiß was Co-Alkoholiker mitmachen dürfen.

    Ich behaupte einfach, das ich gewußt habe, das ich ein Alkoholproblem habe. Ich habs aber nicht zugegeben. Auch vor mir nicht. Ich habe Zeiten gehabt, da bin ich als heimlicher Alkoholiker auf den Boden gefallen, wusste am nächsten Tag nicht was passiert ist und es war mir eigentlich auch egal. Ich bin auch schwer gestürzt wegen mangelnder Koordination und andere Dinge. Ich habe trotzdem das Problem das ich Alkoholiker bin nicht so sehen - und vor allen Dingemn nicht zugeben wollen.

    Nach "Außen" hin habe ich es auch sehr gut versteckt. Kaum einer ahnte das ich schwere Probleme habe. Selbst mein Arzt war sich nicht sicher ob ich Alkoholiker bin oder eben "nur ab und zu" mal eins zuviel trinke. Dabei wurde ich immer öfter krank, schlechte Werte, Leistungsunfähig. Ich schaffte noch nicht einmal mehr dieses Belastungsekg ohne Probleme.

    Bei mir war es "normal", das ich angeblich kein Problem hatte. Ich hatte halt nen schlechten Tag, die Behörden hatten mich geärgert, der Stress auf der Arbeit, Krach mit der Freundin usw.... Es gab genügend Ausreden, ich hatte kein Problem welche zu (er)finden um nicht zugeben zu müssenn, dass ich ein Alkoholproblem habe. Es war mir auch von der Erziehung her fast unmöglich. Schliesslich wurde bei uns zuhause schon alles vertuscht was mit dem Alkoholproblem meines Vaters zu tun hatte. Es gab (angeblich - nach außen- ) keins.

    Angefangen zu konsumieren hatte ich erst unregelmäß in der Jugend, dann waren es am Anfang regelmäßig 2 Flaschen zum "einschlafen" und damit habe ich nie aufgehört. Es gab in den Folgejahren höchstens mal 24 Stunden "Zwangspausen" wenn ich nicht auffallen durfte. Mit Enzugserscheinungen.

    Die Menge steigerte sich mit der Zeit. Zeitweilig trank ich auch Schnaps , von dem Trip konnte ich allerdings runtergehen, soviel Energie hatte ich geschafft aufzubringen.

    Da ich über Jahre Schichtarbeit machte konnte ich nur nach der Arbeit trinken. Über den ArbeitsTag wäre aufgefallen. Dadurch kam ich auch schonmal "schwer ins Schwitzen" weil dem Körper stundenweise das Suchtmittel fehlte, das holte ich nach wenn ich Schichtende hatte. Zum Beispiel wenn ich von der Nachtschicht nach Hause kam war der erste Weg der Gang zur Flasche. Bis ich wieder arbeiten musste verging ja eine ganze Zeit, da fiel nur den wenigsten nach Jahren auf, das ich ein Alkoholproblem hatte. Ich wurde auch darauf angesprochen und ich sagte "Ich habe ein Alkoholproblem", aber nicht aus Überzeugung sondern weil mir gesteckt wurde das ich sonst Krankheitsbedingt gekündigt worden wäre (Sehr viele Krankheitstage). Damit war ich aber nicht Überzeugt, das ich ein Alkoholproblem habe.

    Zugeben vor mir selber das ich ein Alkoholproblem habe tat ich erst nach vielen Jahren und mindestens 6 Fl. Bier/Tag als ich eine Reisetätigkeit mit Flugreisen anfing und selbst im Flieger im Koffer Bier heimlich mitschmuggelte, damit keiner mein Problem bemerkte. Ich versuchte mit dieser Tätigkeit das Trinken zu lassen, ich konnte es aber nicht mehr. Es war mir zwar mehr als peinlich, aber bevor ich es zugeben konnte schmuggelte ich lieber im Flieger wie ein Verbrecher und trank heimlich in den Hotels. Selbst die Plastikflaschen (wegen dem sonst aufgetretenen Geklirre) entsorgte ich heimlich.

    Zugeben vor mir selber das ich Alkoholiker bin und so nicht weitermachen kann tat ich aber erst, als meine Gesundheit ganz den Bach runterging, ich soviel Druck und Stress auf der Arbeit noch dazu bekam, das ich auch psychisch fast zusammenbrach.

    Ich bekam körperliche Probleme wie Herzschmerzen, konnte mich kaum noch auf den Beinen halten, ich bekam nichts mehr geregelt (obwohl das bekam ich schon lange Zeit nicht mehr, nur nicht bewußt) und brach dann halt auch psyschich so gut wie zusammen. Ich konnte nicht mehr und mein Körper wollte nicht mehr.

    Und genau die Situation benötigte ich, um zugeben zu können, ich habe ein Alkoholproblem und nicht mehr lange zu leben wenn ich daran nichts ändern möchte. Dazu kam noch, das ich gesehen habe wie es bei meinem Vater ausging.

    Erst in dieser Situation habe ich angefangen mich kundig zu machen was ich tun kann, habe Unterstützung gesucht - auch hier im Forum das sehr wertvoll für mich ist - und habe dann erst den ersten Weg zum Arzt beschritten, wo ich mein Problem zugab und danach heulend flüchtete vor Scham usw.

    Der Arzt war aber sehr verständnisvoll, er half mir so gut wie er konnte und verantworten durfte, auch mit Krankschreiben in der Zeit.

    Danach kamen die - für mich schweren - Schritte in die Entgiftung (Schwer für mich, weil ich jetzt auch "einer davon" war..., auch etwas das ich nie zugeben wollte), der Weg in die Langzeitteraphie und der Folgetherapie in der Gruppe.

    Ich hoffe dir ist dieser Beitrag von mir jetzt nicht zu langatmig geworden. Aber vielleicht verstehst du, wie schwer es mir gefallen ist zuzugeben, das ich ein Alkoholproblem habe und das der Weg zum trockenen Alkoholiker nicht leicht für mich war. Es hat sich allerdings für mich sehr gelohnt trockener Alkoholiker zu werden, Gesundheitllich gehts mir seitdem auch blendend.

    Das ist aber nicht überall derselbe Weg. Es gibt viele die auch offen und ohne Probleme trinken und über den ganzen Tag verteilt. Ich trank nur zu Zeiten wo ich konnte und war dadurch sehr oft in Entzugssituationen.

    Liebe Grüße

    Hans_k

  • Wahnsinn! Klingt fast wie bei meinem Exfreund. Er trinkt regelmäßig Bier (mal 1-2 oder 3) am Abend. Und dann kriegt der einen Rappel, kauft sich heimlich Schnaps und läßt sich so zulaufen, das er am nächsten Tag nichts mehr weiß.(passierte allerdings (nur) ca. 4 mal im Jahr.

    Das ist sehr schlimm das mit anzugucken. Es passieren ja dann auch immer unglaubliche Dinge. Möchte jetzt keine Beispiele nennen.

    Tagsüber trinkt er nicht.

    Dein Beitrag zeigt mir aber das sich das noch lange hinziehen kann und ich glaube er wird es nie verstehen. Wirklich traurig.

    Hast du dir keine Gedanken gemacht was passiert ist, wenn du einen Filmriss hattest?

    Vielen Dank für den Beitrag!!! Es ist auch mal gut das von der anderen Seite zu erfahren!

    Schönen Abend und liebe Grüße

    Honey

  • es ist schlimm und ich weiss von anderen Personen was passiert ist wenn ich mit anderen Leuten vor x-Jahren rausging. Das waren Dinge, danach konnte ich nicht mehr "offen" trinken. Das Risiko war mir zu hoch andere Menschen zu verletzen und letztendlich "enttarnt" zu werden.

    Ich weiss das ich - ausschliesslich mit Filmriss - Menschen verletzt habe. Seelisch und 2*Schlägerei der nicht gerade besten Art von der ich weiss.

    Hinterher tat es mir mehr als leid - doch ich konnte die Dinge die ich tat nicht ungeschehen machen. Mein damaliger Cliquenkreis in dem ich kurzfristig war hat mich auch vor mir selbst geschützt. Eine Sache weiss ich bis heute nicht was passiert ist. Nur, das es sehr peinlich gewesen sein muss. Auch auf Drängen hat man mir nie gesagt, was passiert ist.

    Ich habe durch die Trinkerei auch Freunde verloren. Ich habe sie seelisch verletzt. Manche - von mir nicht bewußt - so schwer, das sie sich von mir abgewandt haben. Ich kann es verstehen.

    Bei den Freunden wo es möglich war habe ich mich als ich mit dem Trinken aufgehört habe entschuldigt.

    Ich wünsche dir auch noch einen schönen Abend.

    Liebe Grüße

    Hans_k

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