Nachbaren sprechen mich oft an....

  • Hilfe,

    Nachbarn sprechen mich an, dass mein Mann immer mit der Bierflasche herumläuft, frühmorgens schon usw... wenn ich antworte, dass sie es nicht mich sagen sollen, da ich nicht diejenige bin, die so herumläuft, scheinen sie perplex zu sein und meinen, ich will die Sucht nicht zur Kenntnis nehmen, stimmt irgendwie auch, da es nicht meine Sucht ist, aber ich weiss nie richtig, wie ich reagieren sollte, gegenüber den Nachbarn...
    Wie sollte man sich da verhalten?

  • Hallo Welia,

    herzlich willkommen hier im Forum.

    Ich habe dich im Vorstellungsbereich gelesen und auch deine andere Frage hier.

    Deine Fragen finde ich sehr schwierig zu beantworten. Ich kenne deine Situation ja nur sehr punktuell. Was mir aber auf jeden Fall aufgefallen ist, ist dass du danach fragst, wie MAN sich verhalten sollte. Ich habe in der Auseinandersetzung mit meiner Co-Abhängigkeit gelernt, dass es für mich wichtig ist, mich so zu verhalten, wie es mir gut tut. Das ist nicht immer so, wie es von meiner Umwelt gern gesehen wird.

    Die Frage, wie du dich den Nachbarn gegenüber verhalten sollst, kannst du dir meines Erachtens auch nur selbst beantworten.

    Liebe Grüße

    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Hallo Welia,

    wie man sich da verhalten soll?

    Allgemeingültige Regeln weiß ich auch nicht. Aber ich kann Dir beschreiben, was ich gemacht habe.
    In den letzten Jahren fielen mir an meiner Frau gewisse Veränderungen auf, die ich zunächst (ich bin ja naiv, ich glaube immer an das Gute im Menschen...) auf ihr Alter / Wechseljahre usw. geschoben habe.
    Zuerst war ihr Desinteresse an der Sexualität auffällig, dann die Tatsache, dass sie am Tisch nie Alkohol trank, aber immer betrunkener wurde. Irgendwann fand ich dann die leeren, halbvollen und vollen Schnapsflaschen im Keller, in der Küche, in den Kleiderschränken usw. Erst nach und nach habe ich realisiert, was da eigentlich vor sich ging. Ich habe Jahre damit vergeudet, meine Frau in Gesprächen überzeugen bzw. ihr helfen zu wollen.
    Seit Sommer 2005 war dann eigentlich unsere Ehe nicht mehr existent, wir lebten nebeneinander im gleichen Haus.

    Im November vergangenen Jahres dann teilte ich meiner (hoffentlich bald Ex-) Frau mit, dass sie mir nun sch...egal sei und ich ab sofort mein eigenes Leben führe. Und ich habe begonnen, systematisch das ganze Gebäude aus Lügen, Heimlichkeiten, Vertuschungen und Beschönigungen um uns herum einzureißen. Unser Haus habe ich öffentlich zum Verkauf ausgeschrieben (seither sind wir ortsgespräch), und jeder, der mich fragt, bekommt eine klare Antwort. Meine Frau säuft uns ins Elend, und ich habe jetzt die Notbremse gezogen. Sinngemäß so fallen meine Antworten aus.
    Effekt: Sechs Monate Partisanenkrieg (das Wort Rosenkrieg ist hier wirklich zu verharmlosend...) unterhalb jeder Gürtellinie, jedes Anstands- und Ehrgefühls, ohne jede Rücksicht auf die Folgen seitens meiner Frau mir gegenüber. Ich habe mich jedoch nicht abbringen lassen und bereite weiterhin konsequent Trennung und Scheidung vor, mit der Folge, dass sich meine Frau in ärztliche Behandlung begeben hat und seit zwei Wochen in einer psychosomatischen Fachklinik stationär behandelt wird.Ichwerde mich trotzdem trennen und die Scheidung einreichen resp. betreiben.
    Aber was ich in den letzten Wochen erfahren habe von Bekannten, Freunden, in der Nachbarschaft usw. über diverse Vorfälle im Zusammenhang mit der Sucht meiner Frau- ich hätte mir die Hälfte davon niemals träumen lassen, geschweige denn die ganze Wahrheit......

    Was ich Dir raten kann:

    Vermeide konsequent jedes Verhaltensmuster eines Co-Abhängigen. Stelle deinen Mann bloss, wo immer er im Suff auftaucht oder etwas anstellt. Nichts verschweigen, verleugnen oder beschönigen ("ach, gestern hatte er wohl eins zuviel.."). Zwinge ihn dazu, sich seiner Sucht zu stellen.Wenn du ihm helfen willst.

    idS Daniel

    Angehöriger

  • Hm..... da mich in der jetzigen Situation noch keiner seiner Nachbarn angesprochen hat, kann ich dir auch keine Verhaltensregel sagen. Aber ich kann dir sagen, dass WENN mich jemand ansprechen würde, ich schon die Wahrheit sage. Er ist Krank! Ich muss dazu ja nicht tief ins Deteil gehen um diese Aussage zu tätigen.

    Beispiel aus meiner Kindheit ( hat mich sehr beeindruckt )

    Nachbar: Hey warte mal X! ( mein Onkel ) Was ist mit Y los? Trinkt er wieder?
    Onkel: Ja, und? Was dagegen? Er ist Krank!
    Nachbar: Naja, ist das nicht fürchterlich unangenehm? Peinlich?
    Onkel: Nein. Aber das weißt du doch selber, oder? Kümmer dich um deine Sorgen.

    Ich fand das als Kind total frech! Habe dann aber später erfahren, dass derjenige der gefragt hat, selber Alkoholiker ist und von sich selber ablenken wollte.
    Meine Erfahrung ist, dass so ziehmlich jeder min. einen Alkoholkranken in der Familie hat. Es nur nicht zugeben will und dann andere Alkoholiker gefundenes fressen sind.
    Wenn mein Ex-freund sich hilfe sucht, dann werde ich ihn vor solchen "Aasgeiern" schützen, wenn er sich nicht helfen lässt, dann nicht.
    Es gibt aber auch Menschen die bewusst fragen, weil sie, ( genau wie du hier ) hilfe brauchen. Weil sie das selbe Problem haben.

    Man muss selber rausfinden, was am Besten ist. Das wichtigste ist aber, dass man vor Freunden und Familie ehrlich ist.

    Eine schmerzliche Wahrheit ist besser als eine Lüge.

  • Hallo Welia,

    ich hab auch immer versucht die Trinkerei meines Mannes runter zu spielen oder Ausreden zu finden wenn er mal wieder betrunken war.

    Mittlerweile bin ich so weit,dass ich offen darüber reden kann.Auch wenn es unangenehm ist.Ich rede darüber mit meiner Freundin,meinem (und auch seinem) Arzt,auch mit meinen Eltern,mit seinem besten Freund und wenn mich jemand darauf anspricht,dann sage ich die Wahrheit.

    Man fühlt sich einfach irgendwie besser.Hat nicht ständig Angst,dass man sich irgendwas ausdenken muss wenns mal wieder so weit ist.Man kann sagen wie es wirklich ist.

    MfG
    candygirl

  • Danke vielmals für die offene und ehrliche Antworten, seit Jahren verschweige ich nicht mehr, dass er zuviel trinkt und das ich es bemerkt habe, weil ich mal gelesen habe von der Co-Abhängigkeit und ich weiss, bei meinem Vater, der Alkoholiker war, dass man es sowieso nichts verheimlichen kann.
    Mal habe ich es zwar in einem Brief an seinem Arzt mitgeteilt, weil er auch noch Schmerztabletten einnehmen musste... und mal habe ich es an einer Beraterin gesagt, die ihm klar machen konnte, dass ich es evt. mit einer Trennung ernst meine.. (sonst glaubt er es ja nicht).
    An der Nachbarin, die sich scheinbar mit Co-abhängigkeit nicht auskennt, habe ich geantwortet, dass ich ihm nicht mehr kontrollieren will, weil es ihm sowieso nicht helfen würde, er würde es nur besser verstecken, und weil ich mich selber schützen muss (das hat sie aber wahrscheinlich nicht verstanden).
    Ich hatte aber das Gefühl, dass sie mit ihm Mitleid hat, weil er so eine "böse Frau" hat, die nicht mal für ihm sorgt, wenn er ein Problem hat...
    Vielleicht muss ich sie bei Gelegenheit besser aufklären!

  • Ach ja.... etwas habe ich vergessen, ich fühle mich immer ein wenig schuldig, wenn ich es offen sage, so ...als würde ich auf ihm mit dem Finger zeigen... ist mein Schuldgefühl auch ein Zeichen, dass ich immer noch Co bin? wird man denn die Co-abhängigkeit nie richtig los?

  • Hallo Welia,

    das mit dem Schuldbewusstsein kann ich gut nachempfinden. Ich glaube, dass es nur menschlich ist, nicht unbedingt Schwächen und Krankheiten anderer mit der Nachbarschaft diskutieren zu wollen.

    Und was die Co-Abhängigkeit betrifft, die ist bei mir nicht dadurch weg gegangen, dass ich mich von meinem trinkenden Partner getrennt habe. Dadurch ist ja meine Persönlichkeit nicht gereift. Da musste ich mich schon mit mir selbst und meiner eigenen „Nachholentwicklung“ auseinander setzen.

    Dass es bei dir ähnlich ist, lese ich aus deiner Frage um das Nein-sagen. In der Regel sind die Co-Strukturen schon in uns, bevor der Partner trinkt oder wenn wir gar keinen trinkenden Partner haben. Nur heißt das Ding dann halt nicht Co-Abhängigkeit sondern Helfersyndrom oder Beziehungsabhängigkeit. Aber der Name ist in dem Fall ziemlich wurscht. Es hat einfach damit zu tun, dass wir uns mit allen Mitteln Liebkind machen wollen und Angst vor Ablehnung haben, wenn wir nein sagen. Unsere eigenen Grenzen geben wir auf für die Akzeptanz, die wir uns erhoffen, wenn wir ja sagen, wo wir öfter mal nein sagen sollten. Folglich ist die Co-Abhängigkeit auch nicht weg, wenn wir uns von unserem trinkenden Partner trennen, sei es nun räumlich oder emotional.

    So habe ich es jedenfalls erfahren.

    LG
    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Hallo Ette,

    Weisst du, mein Zweifel kommt auch davon, dass mein Mann sehr beliebt ist bei den Nachbarn, er hilft gerne wo er kann und er kann „noch“ viel... ich bin dabei eher diejenige, die auf Abstand bleibt, weil ich merke, was die anderen nicht sehen wollen oder können.
    In der Nachbarschaft ist es einem scheinbar egal, wie viel er dabei säuft.... es wird ihm sogar gerne dafür ein Bierchen spendiert... leider, denke ich manchmal, sieht man es ihm nicht richtig an und das wird einfach gerne entschuldigt weil er Leistungsfähig ist.
    Dann ist es doppelt schwer für mich als Ehefrau sagen zu können.... er ist alkoholiker.... es wird sooo verharmlost und viele stellen sich ein Alkoholiker eben anders vor! auffälliger eben!

  • Hallo Welia,

    meine Frau hat sich jahrelang damit gerchtfertigt:

    "Aber ich mache meine Arbeit..". Stimmt. Sie war eine vorbildliche Hausfrau und Mutter. Eine zeimlich durstige Putze eben.

    Ich hätte aber lieber eine Partnerin gehabt.

    Was also nützt es uns, wenn der Alki ANDERSWO sehr beliebt ist?

    idS Daniel

    Angehöriger

  • Angehöriger

  • Stimmt, Daniel, es nützt uns gar nichts, im Gegenteil, es tut manchmal sogar Weh, zuzugucken, wie der Partner oder die Partnerin normal funktioniert in manchen Gebieten und in der Partnerschaft herrscht nur noch Kälte und Distanz.
    Ich musste aber lernen mich von ihm abzuwenden, ihm zu stoppen, wenn er mich kritisiert, und meine Freudeerlebnisse ausserhalb der Ehe, in der Natur und in Freundschaften, zu suchen.
    Damit er sich nicht an diese Freunden vergreift (er hat früher alle meine Freundinnen mit seine schlechte Manieren verscheucht) und mich wieder isoliert, habe ich nun viele Mailfreunden, weil er nicht am PC geht... Das ist keine Ideallösung, aber was ist denn schon ideal?
    Ich habe auf jeden Fall, das was ich brauche, ob es ihm gefällt oder nicht.
    Mal hat er gefragt, wie ich mich entscheiden würde: ER oder der PC?
    Meine Antwort war: zwing mich nicht darauf zu antworten!
    Seitdem respektiert er sogar, dass ich mich meine Zeit dafür nehme dafür und das ich Freunden habe, die er nie kennen lernen wird.

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