Eigentlich müsste ich doch die Antwort kennen, oder?

  • Hallo ihr lieben!

    Ich habe mich bisher nicht getraut auch mal zu schreiben. Aber ich habe viel gelesen, und das hat mich nachdenken und stauen lassen. Bin ich so wie ich bin, weil mein Vater trinkt? Immer wieder kam mir der Gedanke, das kenn ich auch. Mein Vater trinkt, ich kann gar nicht sagen wie lange, aber sicher über 30 Jahre. Und ich habe erst jetzt den Mut gefunden mich damit auseinander zusetzen.

    Ich habe nun erkannt, dass er mich krank gemacht hat und ich mich nicht gewehrt habe. Nun stelle ich mir die Frage, wie komme ich von ihm los. Immerhin arbeite ich für ihn, sowie meine Geschwister. Nur das ich nicht nach Hause gehen kann zu meinem Partner und deshalb ständig bei meiner Mutter bin und somit eigentlich auch bei ihm. In der jetzigen Situation ist es mir nicht möglich, einfach nach Hause zu gehen, und ihn nicht mehr zu sehen – da er jederzeit ins Büro gehen kann und ich darüber wohne. Ich kann zwar die Tür abschließen, aber das hilft nicht mehr. Ich komme mir vor, als ob ich ständig vor ihm weglaufe. Er sitzt im Büro, ich bin bei meiner Mutter. Erst wenn er aus dem Büro kommt, geh ich nach Hause.

    Ich kann natürlich einfach umziehen. Aber zieh ich nur um oder kündige ich auch? Ich weiß nicht, ob ich es schaffe, ein komplett neues Leben anzufangen, es stellt alles in Frage. Er ist ja schon in Rente, eigentlich ist er nicht mehr im Betrieb. Aber dennoch ist er ständig prÄsent, er kann nicht loslassen. Wir Kinder sollten den Betrieb übernehmen. Deshalb kann ich eigentlich nicht einfach so gehen ohne Konsequenzen für meine Geschwister. Und ich liebe doch meine Arbeit. Hinzukommt, dass ich ihn fast nie auf Arbeit sehe und kaum mit ihm arbeiten muss.

    Meine Mutter kommt damit nicht klar, dass ich gehen will. Für sie stürzt ihre heile Welt ein, ich war immer die Starke. Sie ist doch nur bei ihm geblieben wegen uns Kindern, damit sie sich jederzeit schützend vor uns stellen kann. Somit hat sie in den letzten Jahren nur noch Streit mit ihm gehabt, wenn er getrunken hat. Wenn er nicht trinkt, ist er ganz lieb und hofft, das keiner was sagt. Er ist der Meinung, dass sie uns eingeredet hat, dass er Alkoholiker ist. Er sieht das nicht so, er trinkt ja nur, kann jederzeit aufhören ohne Probleme, hat den Betrieb alleine aufgebaut, den er seinen Kindern hinterlassen kann. Er ist ein Mann von Welt, Alkoholiker sind Hartz IV-Empfänger in seinen Augen. Seit kurzem behauptet er, dass unsere Mutter das zerstören will, weil sie ihn hasst. Sie will den Betrieb kaputt machen und somit unsere Lebensgrundlage. Das ist krankhaft, das wissen wir alle. Dennoch ist er der Chef! Aber ich bin die, die am meisten von ihm abhängig ist. Da ich von ihm nie so akzeptiert wurde, wie ich bin, habe ich ständig versucht, ihm zu gefallen. Habe in den letzten Jahren, mein Leben komplett nach ihm gerichtet. Meine Geschwister nehmen ihn schon lange nicht mehr so ernst wie ich. Aber vor knapp zwei Monaten hat er mir gesagt, was er von mir hält. Seit dem ist er für mich gestorben. Ich habe keine Lust mehr, mich mit ihm zu beschäftigen, ihn zu sehen.

    Meine Geschwister meinen, wir schaffen das. Wir lassen uns von ihm das Leben nicht zerstören. Aber ich frage mich die ganze Zeit, sollte ich nicht mal auf mich hören. Aber wie hört man auf sich selbst, wenn man nicht weiß, wie es geht? Das habe ich noch nie gemacht. Ich habe immer das gemacht, was von mir erwartet wurde. Besonders mein Vater würde das nicht stören, wenn ich gehe - dann hat er endlich wieder jemand der der Böse ist. Aber meine Geschwister würden sehr hart an meinen Weggang knappern. Dabei will ich ja, dass es ihm wehtut.

    Liebe Grüße, Laura

  • hallo laura

    also erst mal, warum erzählt deine mutter sie ist wegen euch bei deinem vater geblieben? sorry aber das ist ja wohl mal ne sau dumme ausrede. ich habe damals meine 4 kindern untern arm geklemmt und adios. genau das hätte deine mutter auch tun können. aber so muß man ja nicht in spiegel schauen, schön die schuld denen in die schuhe schieben die sich nicht wehren konnten.

    du hast anscheinend ne gute ausbildung, warum bewirbst du dich nicht in anderen betrieben und kündigst wenn du was neues hast, wo ist das problem? such dir nen neuen job und ne eigene wohnung und raus da. deine mutter will nichts ändern, denn das hätte sie längst tun können, deine geschwister anscheinend auch nicht, vielleicht können sie ja tatsächlich besser damit umgehen. sie reden dir ein schlechtes gewissen ein damit sie sich nicht bewegen müssen. es ist aber dein leben, das bist du niemandem schuldig. schau das du da weg kommst damit du wieder luft kriegst.

    und laura, hass und wut ist ein schlechter ratgeber, auch wenn ich das verstehe. versuch dich davon zu befreien, denn auch diese gefühle halten dich in dem teufelskreis fest.

    doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • Hallo Doro,

    danke für deine Antwort. Es hilft, wenn mal eine außenstehende Person sowas sagt. Einerseits denk ich das ja auch, bloß weg. Anderseits ist es halt doch nicht so einfach. Wir sind eine Unternehmerfamilie, nach Außen ist alles perfekt. Wenn ich jetzt gehe, kann es sein, dass das kaputt geht – muss nicht, kann aber. Es würde nicht nur eine Familie kaputt gehen, sondern auch ein Betrieb mit Arbeitsplätzen. Ich bin Verpflichtungen eingegangen, die ich nicht von heute auf morgen kappen kann. Wenn ich das tun würde, hätte ich wirklich ein schlechtes Gewissen. Aber wenn ich alles gut vorbereite, dann hätte ich sicher kein schlechtes Gewissen. Deshalb habe ich meine Geschwister darüber informiert, dass ich diesen Gedanken habe. Aber sie zwingen mich nicht zu bleiben. Sie geben mir auch keine Schuld, sie sagen nur, dass es möglich ist, ohne unseren Vater zu leben, obwohl er da ist. Wobei sie auch gesagt haben, dass es in meiner Situation wirklich schwer ist. Meine Schwester hat vor einem Jahr eine Therapie gemacht, und da hat sie gelernt sich von unseren Eltern abzugrenzen. Ich denke mal, das wird mein nächster Schritt sein: eine Therapie um mich selbst zu finden.

    Eine gute Ausbildung habe ich nicht. Wie auch! Ich habe nicht wirklich was in meinem Leben zu Ende gebracht. Aber das könnte man ändern, wenn ich gehe, mache ich das nicht von meiner Ausbildung abhängig, ich arbeite seit Jahren, habe eine Menge Erfahrung. Nur will ich in Ruhe überlegen, was ich will.

    Tja und meine Mutter hat immer gedacht, dass es besser sei, wenn Kinder Mutter und Vater haben. Sie hat viele Ehen kaputtgehen sehen und wie die Kinder darunter gelitten haben. Wobei ich sehe das wirklich anders. Sie hätte uns mal fragen sollen! Nun ist sie natürlich aus allen Wolken gefallen, als sie merkte, dass wir nicht zu gesunden Menschen geworden sind, bzw. das ich mich als krank bezeichne. Bei meinen Geschwistern hat sie das immer anders gesehen, vermutlich weil sie denkt, dass wir uns so ähnlich sind. Nun wird der Druck auch auf sie größer, sie weiß, so geht es nicht mehr. Es ist so, als hätte ihr jemand die Augen geöffnet.

    Mir geht es gerade gut, weil ich mich entschieden habe, eine Wohnung zu suchen. Weil das kann ich sofort machen, das muss nicht vorbereitet werden. Zudem konnte ich die letzten beiden Tage in meiner Wohnung sein, und es war mir egal, ob er da war, ob er getrunken hat. Ich kann meine Tür abschließen und man muss ja nicht öffnen, wenn es klingelt. Das gibt mir ein gutes Gefühl, weil ich nur an mich gedacht habe und es endlich geschafft habe, es auch wirklich durchzuziehen.
    Viele Grüße, Laura

  • Hallo, hab gerade meinen Eintrag gelesen. Ist eigentlich erst ein Monat her, aber kommt mir dennoch länger vor. Tja ich musste nicht mehr ausziehen. Mein Vater ist gegangen. Von heute auf morgen. Ich versuche es zu akzeptieren, aber dennoch bin ich wütend. Ich versuche zu akzeptieren, dass ich ihn nicht wachrütteln kann. Ich versuche es zu akzeptieren, dass er alle seine Kinder in einen Topf steckt und uns nie als die Menschen wahrnehmen wird, die wir sind. Ich versuche die Dinge zu akzeptieren, die ich nicht ändern kann. Aber was viel schwerer ist, die Kraft zu haben, die Dinge die ich ändern könnte, zu ändern. Ich weiß immer noch nicht, wer ich bin. Mir ist aber klar geworden, dass ich in ständiger Angst lebe. Wenn ich mich frage, wovor ich eigentlich Angst habe, fällt mir keine Antwort ein. Aber sie geht nicht. Also versuche ich mich nicht unter Druck zu setzen, setzte mir kleine Ziele. Leider verfalle ich immer wieder in mein altes Muster… Aber was ist schon ein Monat? :roll:

    Mein Vater hat schon eine Neue. Nun geht mir dauern die Frage durch den Kopf, was mach ich, wenn ich sie treffe? Sag ich ihr, dass er nicht wegen der Trennung trinkt, sondern dass er ein Alkoholiker ist. Aber ich sehe ihn ja nicht, wie sollte ich sie treffen? Ich habe mich entschieden, dass er nicht mehr zu meinen Leben gehört. Sicher ihm gehört noch der Betrieb, und im weitesten Sinne arbeite ich für ihn. Aber er hat sich nun endgültig zurückgezogen, er mischt sich nicht mehr ein. Daran kann man nichts mehr ändern.

    Ich habe mich freier gefühlt, keine Gedanken mehr an ihn. Ich konnte die letzten 10 Tage genießen, ich hatte ja auch Urlaub. Es ist so, als sei er nicht mehr mein Vater. Ich dachte wirklich, ich hätte keine Verbindung mehr zu ihm. Und dann erfahre ich, dass er eine neue Frau hat. Nun zieht er sie mit rein. Mach ich mir nun wieder Gedanken um ihn? Oder tut mir nur die Frau leid, dass sie in seine Falle getappt ist?

    Eins muss man ihn lassen. Er schafft es innerhalb von einem Monat ein neues Leben zuhaben. Warum fällt es mir so schwer, alles hinter mir zu lassen? Ist mir meine Familie wichtiger?

    Viele Grüße, Laura

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!