Ich bin co-abhängig

  • hallo liebe leute

    Ich bin co-abhängig... und das schlimmste ist, ich habe das gefühl, es viel
    zu spät zu erkennen!

    ich will bewusst leben.

    ich will mich klar meinem ICH stellen.

    Ich will meinen kindern eine gesunde atmosphäre bieten!

    ich habe, wie ein süchtiger, rückfälle an mir beobachtet.

    ich ärgere mich sehr über meinen co-abhängigen vater (meine mutter
    ist bei uns die alkoholkranke), aber ich vermute, dass dieser ärger
    spiegelt, wie unwohl ich mich in mir selbst fühle.

    ein paar fakten:

    - ich jobbe, aber verfüge nicht über genug einkommen, um die schulden
    zu tilgen, die mein (von mir getrennt lebender) ehemann verursacht
    hat, für die ich (welch edelmut) damals einen kredit nahm (natürlich, wie
    das immer ist, voll hoffnung er würde durch diesen akt des edelmuts
    endlich zur vernunft kommen, nun, kurz: dem war nicht so).

    mein vater tilgt diese schulden für mich.

    - ich habe relativ flexible arbeitszeiten und nun, ich muss es zugeben:

    ab und zu, quatsch: OFT bin ich später zur arbeit (dafür kehre ich
    natürlich später zurück) um zuhause noch zu lernen (hole das abi nach)
    oder haushalt zu erledigen. an solchen tagen holt mein vater meine
    kleine aus dem kinderladen ab, od. macht hausaufgaben mit meinem
    sohn.

    ich habe schon sehr oft verboten, dass meine mutter die kinder allein
    nimmt.

    meine mutter ist wohl quartalstrinkerin mit wochenlangen abstinenzphasen.

    mein co-abhängiges verhalten:

    in solchen phasen schleicht sich bei mir nachlässigkeit ein. ich beginne,
    ihre sucht zu verdrängen. mein vater "unterstützt" mich natürlich in
    dieser sicht "man kann ja eh nichts tun und es dauernd ansprechen
    gibt ja nur ärger; sie ist zurzeit ja sehr gut drauf".

    ich habe also meine verbote wieder gemildert, verdrängt, und nicht mehr
    gegen dieses co-abhängigen-verhalten angekämpft.

    ich fühle mich recht schuldig, einerseits terror zu machen/ zu verursachen
    (indem ich meinem vater vorträge über co-abhängigkeit halte) und
    andererseits seine hilfe bei den schulden gern in anspruch zu nehmen.

    ich bin also ein nicht erwachsener, selbständiger mensch.

    ich fühle mich so, wie sie es oft darstellt:

    ein blutsauger, der ihnen ihr geld absaugt und gleichzeitig unloyal ist.

    das ist auch total co-abhängig, entspricht aber meinem oft niedrigen
    selbstwertgefühl.

    als ich vor ca. 6 mon. nach und nach einiges an hilfe (sei es nun kinder-
    betreuung oder finanzielle) abbaute, fühlte ich mich wertvoller.

    dann ließ ich mich wieder einlullen.

    eine große angst ist auch: schaffe ich es ohne ihre hilfe mit 2 kids
    und geringem einkommen das abi nachzuholen?

    ich will es schaffen. ich fühle mich seit meinem schulversagen als
    versagerin, denn ich durfte immer alles, nur die noten sollten
    stimmen!

    un das habe ich in den müll geworfen. ich habe kinder bekommen, in
    einer ehe gelebt, die von suchtverhalten geprägt war und nichts
    geschaffen.

    für meine eltern ein horror-lebensentwurf (und andere kinder haben sie
    nicht).

    ich überlege ernsthaft, weiter von ihnen wegzuziehen.

    die schulden haben es an sich, sich zu erhöhen, wenn die zahlungen
    nicht mehr eingehen. ich will es irgendwie mit meinem gewissen
    vereinbaren, dass mein vater mir da hilft.

    aber vermutlich müsste ich dafür andere dinge ändern, um mich nicht
    als mensch zu fühlen, der nur an SICH denkt.

    außerdem leiden natürlich auch die kinder unter dem akuten geldmangel.

    ich will nicht sagen, dass ich mir das nicht eingebrockt hätte. aber die
    kinder zahlen nun mit für meine fehler.

    das einzig gute: mein sohn und ich können über das meiste offen reden
    (er wird bald 10) und ich hoffe das bleibt so.

    liebe grüße an euch alle.

    fatima

  • Hallo fatima,

    willkommen im Forum!

    Das ist ja eine Menge, was du da schreibst, was dich beschäftigt. Dein Leben gerade so ausmacht.

    Das sind Schuldgefühle, Versagensängste, Ängste finanzieller Art, all sowas. Warst du schon mal bei einer Beratungsstelle?

    Dein Vater tilgt die Schulden, dadurch machst du dich ganz schön abhängig von ihm. Klar. Und irgendwo merkst du das ja und es ist dir nicht so ganz egal. Hast du dich schon mal informiert, ob es auch andere Wege geben kann, von den Schulden weg zu kommen? Und was dir zusteht, an finanzieller Unterstützung von staatlicher Seite? Und vielleicht kannst du auch die Kinderbetreuung anders regeln. Beratungsstellen, z.B. die Caritas, kennen da sicher Wege und Möglichkleiten.

    Was mir aber in's Auge gestochen ist, beim Lesen... Du redest offen mit deinem Sohn darüber. Er ist noch nicht mal ganz 10 Jahre alt! Meinst du nicht, du überforderst ihn damit? Offenheit und Ehrlichkeit den Kindern gegenüber finde ich sehr gut und wichtig, aber du solltest ihn nicht zu einem Partner machen. Er ist ja noch ein Kind.

    Viele Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • liebe aurora

    danke für deine schnelle antwort.

    danke auch für deine tips. ich werde mal sehen, wie ich das mit den
    schulden lösen werde, und evtl. auch mit der kinderbetreuung. bei einer
    frauenberatung war ich mal, aber nur wenige male. ich kam mir vor, als
    würde jemand anders reden und meinen mund bewegen. als stellte ich
    wen dar, nur nicht mich. ich weiß nicht, ob ich nicht bereit war, oder
    was los war, ich mochte das nicht. ich kam mir vor, als würde ich
    scheinprobleme aufbauschen.

    ich will es vor allem nicht wieder schwammig werden lassen, sprich meine
    ziele aus den augen verlieren und in diese alten verhaltensmuster
    abrutschen.

    danke auch für dein nachhaken bei meinem sohn.

    ich bin ein gebranntes kind, was verdeckte realitäten angeht.

    trotzdem muss ich zugeben, dass ich mich im zuge meiner (ziemlich
    misslungenen, suchtbelasteten ehe) falsch gegenüber meinem kind
    verhalten habe.

    er musste sich leider sehr oft anhören, wie wir uns stritten. und da der
    vater sich nicht unter kontrolle hatte, kam es oft vor, dass ich mit
    meinem kind das haus für mehrere std. verließ. anfangs versuchte ich,
    die dinge verbal abzumidlern.

    es wurde aber immer schlimmer und also offensichtlicher.

    irgendwann fühlte ich mich schuldig, ihm ebenfalls die wahrheit zu
    verdrehen: so wie mein co-abhängiger vater und meine alkoholkranke
    mutter diese "wahrheit" gemeinsam gegen mich verwendeten, so
    konnte ich ihm nicht auch seine (realen) eindrücke absprechen!

    ich habe dann versucht, selbst aus meiner kindlichen rolle herauszukommen.

    da merkte ich: ihm die sache erklären ist eine sache. ihm aber dann noch
    meine situation ewig vorzujammern war falsch.

    es war alles sehr unreif.

    er hat sehr viel mehr mitbekommen und ich habe meinen mann erst sehr
    spät verlassen.

    genauso kriegte er auf einer reise mit meinen eltern schlimme szenen
    mit, bei denen meine mutter und ich uns am ende (!!) prügelten: ich
    hatte sie wegen ihrer sucht angegangen und sie wusste sich nur mehr
    mit aggression zu helfen. da ist bei mir eine ganz furchtbare (ich dachte
    längst abgelegte) wut hochgekommen und ich habe ebenso körperlich
    reagiert.

    mein sohn hat den lärm gehört und kam dazu.

    natürlich musste ich mit ihm schon sehr viele themen anschneiden-
    er musste das erlebte ja einordnen können.

    seine oma alkoholkrank. sein vater: missbrauch von alkohol und drogen.
    sein opa und ich: co-abhängig.

    und letztlich hat er leider auch dinge selbst herausgefunfen (wein gefunden,
    von seinem vater versteckt); oma im betrunkenen zustand erlebt.

    ich kann und kann nicht lügen für diese ganzen krankhaften verhaltens-
    weisen. ich habe echte probleme gehabt, im nachhinein richtig und falsch
    zu ordnen. meine eltern haben die wahrheit einfach verneint. da hatte
    ich angeblich falsche eindrücke.

    aber ich wünschte, ich wäre nicht so kindisch gewesen, in emotionsgeladenen
    situationen dinge erklären zu wollen. das war sicher falsch und hat meinen
    sohn bestimmt mehr zum partner gemacht als zum kind.

    ich habe oft vor mich hin geschimpft, als ich emotional am boden/mit
    meiner (leider selbstgewählten) situation überfordert war.

    inzwischen finde ich unseren dialog besser. er fragt, und ich antworte.
    und er weiß, dass emotionen da "fehl" am platz sind. dass oma alkohol-
    krank ist und ihr verhalten nicht so bewertet werden kann wie das
    nicht-alkoholkranker. er nimmt es hin.

    was seinen vater betrifft: seit der räumlichen trennung sind die reibereien
    fast gänzlich weggefallen. wir sehen uns einfach zu selten (mein sohn
    trifft ihn allein) und was seine exkursionen in alkohol und drogen
    betrifft scheint er sich seit über einem jahr ausgetobt zu haben (weshalb
    er meinen sohn auch allein kriegt).

    mein sohn hat viel mehr gesehen und gehört, was gut war. seit es uns
    als familie aber wieder besser geht, habe ich auch das gefühl, dass er
    kind ist und nicht kleiner erwachsener.

    ich will, dass es noch besser wird. dass ich ein halt für ihn sein kann,
    der ich vorher nicht war, da ich mich nur mit meiner recht kaputten
    ehe und meinem co-abhängigen verhalten beschäftigte (ich setzte
    das fort, was bei uns zuhause los war)...

    lg fatima

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