Hey Sandy!
Meine Mutter trinkt auch.
Zitat von sandyts
Gerade hat mich meine Mutter angerufen. An ihrer Stimme hab ich hören können, dass sie wieder betrunken war (wie jeden Abend). Sie hat wieder geweint, wegen ihrer Beziehung. Es ist da einfach dauernd ein Hin und Her. Sie sind dann wieder auseinander und am nächsten Tag wieder zusammen. Ich kenn das ganze schon. Sie hatte das auch schon mit ihrem Ex. Ich sage ihr dauernd, dass sie einen Schlussstrich ziehen soll. Ich kann genauso gut mit einer Wand reden. Warum tue ich mir das an? Warum versuche ich ihr Ratschläge zu erteilen, die sie eh nicht annimmt? Und warum rege ich mich noch darüber auf?
Deine Mutter ist sowohl für den Alkoholkonsum als auch für ihre miserablen Beziehungen selbst verantwortlich. Du erkennst schon, dass es zwecklos ist, ihr diese Ratschläge zu geben. Es geht ihr wohl nur um's Ausheulen, als um einen konstruktiven Rat zu bekommen.
Du bist die Tochter, sie die Mutter. Es klingt ein wenig so, als wären die Rollen bei euch vertauscht?
Warum du dir das antust, musst du selbst überlegen. Aber vielleicht willst du deiner Mutter helfen (das wird einem ja schon als Kleinkind eingetrichtert in solchen Familien), hast diese Beschützerrolle übernommen oder willst wiedergutmachen, dass du weggezogen bist? Und meinst, ihr dann telefonisch beiseitestehen zu müssen?
Zitat von sandyts
Mein Mann sagt ich solle ihr das sagen, dass ich da keine Lust mehr drauf habe, dass sie ständig mir die Ohren vollheult. Das klingt iwie krass. Ich solle einfach auflegen und sagen, sie solle anrufen, wenn sie nüchtern ist. Aber das kann ich nicht. Ich kann noch nicht mal einfach auflegen. Noch nicht mal gar nichts sagen kann ich.
Damit hat er wohl recht. Wenn du etwas nicht willst, musst du das kommunizieren. Ansonsten wird sie weiter so anrufen. Problem ist in der Tat, dass man in solchen Familien dazu erzogen wird, sich aufzuopfern, Mama zu helfen und bloß nicht traurig zu machen. Dabei wird vergessen, dass Mama das Kind auch nicht traurig machen darf. Kindern wird von Anfang an ein schlechtes Gewissen eingetrichtert. Warum fühlst du dich so schlecht? Die, die ein schlechtes Gewisseä haben sollte, ist deine Mutter. Das Problem ist auch, dass einem in der Familie eingetrichtert wird, diese armen kranken als Opfer zu sehen, als vom Schiksal geprägt und selbst nichts tun können. Aber man übersieht, dass sie durchaus auch Täter sind und ihre Situation und die Gutmütigkeit der anderen ausnutzen, um sich selbst nicht kümmern zu müssen.
Warum solltest du nicht sagen dürfen, wenn dir etwas nicht gut tut und für dich unerträglich ist? Normalerweise sollte deine Mutter auf deine Gesundheit bedacht sein. Vielleicht hilft es dir, das Gespräch vorm Spiegel oder mit deinem Mann zu üben? Sie ruft betrunken an und du sagst nein.
Zitat von sandyts
Meine Schwester kann das besser. Sie wohnt noch bei meiner Mutter, aber sie sagt da einfach gar nichts zu. Sie hat sich von der Kummerkastenfunktion befreit.
Sprich doch mal mit deiner Schwester dadrüber, was sie bewogen hat und wie du es schaffen könntest?
Zitat von sandyts
Meine Mutter macht das auch immer so frech. Ruft hier an und tut so als wenn sie nur so anriefe. Als wenn sie nur wissen wolle, wie es mir ginge. Dann bin ich gezwungen zu fragen, wie es ihr ginge und dann gehts los mit dem Geweine.
Deine Mutter erwartet es wohl, aber du bist nicht gezwungen, dich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Lass es doch einfach und guck, wie sie reagiert.
Zitat von sandyts
Was kann ich denn tun? Kann ich meiner Mutter denn nicht helfen, dass sie den Alkohol mal weglässt?
Nein, das kann nur deine Mutter selbst. Sie muss was ändern wollen. Bisher scheint sie sich aber so ganz wohlzufühlen. Helfen würdest du ihr eher durch Nichthilfe. Denn sie weiß bisher, dass sie nichts ändern braucht, alle Aufmerksamkeit bekommt und immer einen Ansprechpartner hat. Also gibt sie, wenn es ihr schlecht geht, die Verantwortung an dich weiter.
Zitat von sandyts
Ich habe ihr schon geraten mal zu ner Psychologin zu gehen. Die könne ihr helfen. Da könne sie einfach mal reden und alles loswerden. Da wurde sie gleich aggressiv.
Du hast Recht, ja. Aber für sie ist es bequemer, wenn sie bei der bekannten Tochter anruft, die den Mund nicht aufmacht und sie sich nicht mit der Sucht nicht auseinander setzen muss. Bei einer Therapeutin würde über die Probleme gesprochen, sie muss sich mit Dingen auseinander setzen, die sie von dir wahrscheinlich nicht hören würde. Bei dir weiß sie, wie du reagierst.. Eine Therapeutin hätte mehr Distanz- da kann sie die Spielchen nicht abziehen.
Zitat von sandyts
Ich weiß einfach nicht mehr weiter
Ja, ich weiß was du meinst. Ich hätte auch gerne mal eine Mutter, wie andere auch. Jemand, der sich wirklich für mich freut, sich für mich interessiert, der mein Leben kennt und mit dem man reden kann. Der an meinem Leben teilnimmt und nicht in seiner eigenen Welt lebt.
Aber so ist es leider nicht.
Es ist schön, dass du einen Ehemann hast, der dir zur Seite steht.
Es klingt für mich, als würdest du ziemlich in der Co-Abhängigkeit stecken? Nun.. Kommt vielleicht eine Therapie oder ein Termin bei einer Suchtberatungsstelle für dich in betracht? Ich fand es immer gut, von anderen, unabhängigen Menschen zu hören, was ich erwarten kann und was nicht, dass sie mir sagten, dass ich zu Recht sauer auf sie bin und dass meine Wahrnehmung okay ist. Denn das ist mir durch meine Mutter immer ausgeredet worden. Bei ihr war ich immer die schlechte.
Vielleicht reicht es auch erstmal, dass du nicht ans Telefon gehst, wenn du siehst, dass sie anruft?