Kopfhoch und nach vorne schaun!

  • Guten Morgen, liebes Forum!
    Tja, gestern abend waren wir wie schon angekündigt in ein schickes Restaurant essen. 4-Gänge-Menue mit allem schnick und schnack, mit jeder Menge "Grüsse aus der Küche", mit Top-Service (wenn man aufsteht und den Platz verlässt kommen sie angerannt und legen deine Serviette wieder fein zusammen :D ), ein rundum gelungener Abend und.....ohne einen Schluck Aperitif, Digestif, Wein, Bier, irgendwas.....und wie war's? Toll!!! Ich fühlte mich wohl, weil wir einfach zusammen waren. Anfangs war's etwas seltsam, der Ober hat mich etwas verwundert angeguckt und am Tisch war schon irgendwie ein betretenes Schweigen, das legte sich aber schnell. Später fiel es niemandem mehr auf, daß ich nur Wasser getrunken habe. Es ist zwar schade, daß ich nicht mal probieren durfte von dem teuren Wein, den meine Frau und mein Sohn bestellt haben, aber es war ok. Ich hatte irgendwie das Gefühl, dieses ganze Versteckspiel der letzten Jahre hat jetzt endlich ein Ende, jetzt weiß jeder, daß ich Alkoholiker bin, ich trinke nunmal keinen Alkohol mehr. Andere essen keinen Fisch, andere essen kein Fleisch, ich trinke keinen Alkohol, Ende! Ich hab nichts verpasst, im Gegenteil, ich habe es genossen! Weil wir zusammen waren, ich war nüchtern und mir hat nichts gefehlt! Ich hoffe, es geht weiter so......
    Gruß
    Kopfhoch

  • Hallo Kopfhoch

    du bist nun erst ein paar Tage nüchtern gehst in ein Restaurant und deine Lieben trinken neben dir Alkohol und glaubst das es dir nichts ausmacht weil du im Moment des Aufenthaltes nichts bemerkt hast. :shock: Entweder nimmst du deine Krankheit nicht ernst genug , weist noch nicht viel darüber und deswegen wissen Lieben nicht, das es gerade am Anfang, für einen Trocken werdenden, ein absolutes Tabu sein sollte daneben nichts zu trinken .

    Da frage ich mich ob da jemand im Vorbei-laufen trocken werden will. Mit Trockenarbeit hat da in meinen Augen reichlich wenig zu tun.

    Das war mal mein erster Eindruck und nun wühle ich mich mal durch deine Thread. Nur nichts trinken und nur ein Austausch reicht nicht, um trocken zu werden . Das sind unumstößliche Erfahrungen die jahrelang zusammengetragen wurden.


    Das war mal mein erster Eindruck und nun wühle ich mich mal durch deinen Thread. Du machst mich neugierig.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Hartmut!
    Ich komme nicht hier her und erkläre, daß ich alles weiß, ich komme her um zu sagen, daß ich NICHT alles weiß, daß ich Fehler gemacht habe in der Vergangenheit. Ob ich Fehler im Jetzt und Heute mache lasse ich mir gerne sagen und will daraus lernen.
    Allerdings kann mir niemand sagen oder nachfühlen, was mir guttut. Das weiß nur ich. Vielleicht bin ich ja wirklich unbelehrbar und liege in einem Jahr wieder in meiner S...e, das weiß keiner. Denn es ist meine Überzeugung, daß nur aus einem positiven Lebensgefühl etwas positives wachsen kann. Vielleicht bin ich total auf dem Holzweg, aber ich will das tun, was mich glücklich macht. Dazu gehört bei meiner Familie zu sein. Ich denke auch, daß ein Verstecken vor dem Leben da draußen auch nicht richtig sein kann und auch nicht möglich ist. Wir wissen alle, daß es eine Welt ohne Alkohol nicht gibt, also muß man es annehmen als unabänderlich. Ich werde mich nie vor dieser Droge verstecken können, sie ist überall.
    Ob mein "Schutzschild" schon dick genug ist glaub ich auch nicht, deswegen gehe ich den meisten Einladungen, auf denen wissentlich Alkohol angeboten wird, aus dem Weg oder sage sie ab. Ich kenne auch meine Risikobereiche und meide sie.
    Es wäre sicherlich viel einfacher, ein neues Leben anzufangen in Australien oder was-weiß-ich-wo, wo dich niemand kennt und keiner deine Vergangenheit kennt. Aber ich bin nunmal hier, werde hier gottseidank auch noch gebraucht und versuche ein aufrichtiger und ehrlicher Mensch zu werden. Das alles braucht Zeit, Vertrauen zurück zu gewinnen braucht Zeit, und ich hatte jetzt erst 5 Wochen davon.
    Gruß
    Kopfhoch

  • Hallo Kopfhoch

    Zitat

    Allerdings kann mir niemand sagen oder nachfühlen, was mir guttut. Das weiß nur ich

    das eine ist die emotionale Gefühlsebene das andere sind die Regularien der Sucht, diese nun mal keine Nachlässigkeit zu lässt. Jahrelang dachte ich das Alkohol mir gut tut . Das wurde im Hirn eingebrannt und ja nicht weg, wenn ich nun Trocken leben will.

    Das es ein ganzheitliches Gesunden mit einbeziehen des Alltags werden soll kann ich mir auch vorstellen . Aber ohne gewisse Vorsichtsmaßnahme /Schutzmaßnahme bis eine Stabilisierung eintritt ist nun mal am Anfang sehr wichtig .

    Zitat

    Es wäre sicherlich viel einfacher, ein neues Leben anzufangen in Australien oder was-weiß-ich-wo, wo dich niemand kennt und keiner deine Vergangenheit kennt.

    Ist das so ? Ich sehe es dann eher als Käseglocke und ein weg rennen aber keine langfristige Lösung.
    Klar, das Alkohol überall ist aber was ist denn so schlimm daran, ihn erst mal zur eigener Sicherheit aus dem Weg zu gehen? Es muss keiner neben mir trinken und es hat auch keiner ein Problem gehabt, als ich es ihm sagte das es für mich gefährlich werden kann.

    Für mich war das erste Jahr meiner Trockenheit das wichtigste, Denn da konnte ich konsequent mein Leben der Sucht anpassen und nicht umgekehrt .

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

    2 Mal editiert, zuletzt von Hartmut (4. November 2012 um 12:27)

  • Hallo kopfhoch,

    hast du deiner Familie denn erklärt welch Faktoren beim trocken bleiben eine Rolle spielen ?

    Bist du mit ihnen die Grundbausteine durchgegangen ?

    Habt ihr euch darüber ausgetauscht wie wichtig es ist (einfach aus Erfahrung Langzeittrockener, auch mit vielen Rückfällen ), dass dein Umfeld so gestaltet werden kann, dass du NICHT mit Alkohol in Kontakt kommst ?

    Das ist ja der Punkt der spezielle an sie und ihre Mithilfe appelliert.

    Ich bin leider in der Situation, dass ein Großteil meiner Familie ( vor allem in der meines Mannes ) nicht auf Alkohol in meiner Anwesenheit verzichten wollen.

    Somit fallen diese Treffen für mich aus.

    Mir gibt es ein gutes Gefühl konsequent ( bis auf einen Wasenbesuch ) auf meine Grundbausteine zu bauen.

    Denn damit zeige ich mir selbst, dass ich MICH wichtig nehme.

    Liebe Grüße

    Marion

  • glück auf kopfhoch

    !

    Zitat von Kopfhoch

    Es ist zwar schade, daß ich nicht mal probieren durfte von dem teuren Wein, den meine Frau und mein Sohn bestellt haben,

    so fängt n rückfall an :shock:

    Zitat von Kopfhoch

    aber es war ok.

    hoffentlich bleit s so. gib gut auf dich acht!

    schöne zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Hallo liebes Forum!
    Ich weiß nicht wie ein Rückfall anfängt, ich hab keine Ahnung wie ich "Trockenarbeit" richtig anpacke, ich mach es momentan einfach so, wie ich es für richtig halte. Ich gehe meinen alten Gepflogenheiten aus dem Weg, halte mich an die Grundbausteine, und lebe einen Tag nach dem anderen. Was dabei rauskommt weden wir sehn.
    Ich verspüre einen gewissen Stillstand, hab den Eindruck, daß es nicht vorwärts geht, vielleicht geht es mir auch bloß zu langsam und ich erwarte einfach zu viel. Oder ich bin einfach etwas zu nervös wegen dem Termin beim Therapeuten heute mittag.
    Gruß
    Kopfhoch

  • Hallo und guten Morgen, liebes Forum!
    Vorgestern war der Termin beim Therapeuten, zusammen mit meiner Frau haben wir über 90 Minuten reden können, ohne Streß und Druck, aufs wesentliche konzentriert. Es ist doch etwas anderes, wenn ein erfahrener Mensch dabei ist, als Moderator, Kommunikator und als jemand, der die Probleme kennt, die am Anfang eines solchen Weges auftauchen. Also es war richtig gut, den nächsten Termin hab ich auch schon wieder fest, allerdings dann mal alleine. Ich hoffe, daß meine Frau sich entschliessen kann, auch mal wieder da hinzugehn.
    Das Wichtigste aber ist, wir beide haben das Gefühl, wir ziehn am gleichen Strang, wir wollen das gemeinsam schaffen, auch wenn es jetzt noch sehr schwer ist miteinander umzugehn. Es ist aber ein gutes Gefühl, wenn man merkt, es geht vorwärts, es wird besser.
    Jetzt liegen noch Einladungen zu einem 50. Geburtstag und einer Betriebsfeier hier, beide innerhalb der nächsten Wochen. Das heißt: Alkoholalarm! Ich werd mich irgendwie dazu äußern müssen, weiß aber noch nicht mal, ob ich hingehe oder nicht. Es sind beides Einladungen, die ich nur sehr schwer absagen kann.
    Gruß
    Kopfhoch

  • Guten Morgen, liebes Forum!
    Wow, seit so vielen Tagen nichts mehr geschrieben....? ist das schon die Rückkehr des Alltags oder Faulheit? Ich denke , letzteres ;)
    Jedenfalls geht es gut vorwärts, die 2. Therapiesitzung hab ich auch schon "hinter mir"und ich empfinde sie als sehr sehr hilfreich, die Gründe zu erkunden, woher diese schlechten Gefühle kommen, die ich mit dem Alkohol versuchte zu unterdrücken. Ich glaub, ich hab Glück gehabt, der Therapeut ist sehr kompetent und hilft mir wirklich. Das Verhältnis in der Familie und zu meiner Frau wird immer besser, es wird sogar wieder zusammen gelacht, die ganze Atmosphäre ist entspannter und einfach "sonniger", aber den gebührlichen Abstand halte ich immer noch, sie braucht einfach noch Zeit. Ich würde mir wünschen, sie würde auch etwas mehr an sich arbeiten, um aus dem Trott der letzten Jahre rauszukommen. Aber: eins nach dem anderen....
    Den Geburtstag hab ich abgesagt, das war ein klassisches Beispiel von unsensibler Haltung einem Alkoholiker gegenüber, okay, woher sollen die Leute auch wissen, wie man mit sowas umgeht? "Wir haben ja auch andere Sachen zum Trinken da", "So schlimm wird's doch nicht sein", " Du kannst dich doch nicht ewig verstecken! Trink doch dann einfach etwas weniger!"... Ich hab mich auch deswegen etwas geärgert, weil Druck aufgebaut wurde, ich MÜSSTE da erscheinen, aber ich werd mich sicherlich keine 6 Stunden hinstellen und zusehn, wie die Leute sich zuschütten, um dann endlich um Mitternacht dem Geburtstagskind zu gratulieren, denn es wird ja "reingefeiert". Es wäre anders wenn der Geburtstag am gleichen Tag wäre, man könnte gratulieren, 2 Stunden feiern und sich dann verabschieden.....Schwamm drüber, abgesagt, sicher ist sicher.
    Ich fühle mich sehr wohl als Abstinenzler, lerne auch die positiven Begleiterscheinungen zu erkennen, z. bsp. glotzt mich jetzt morgens kein aufgedunsenes Gesicht nehr an im Spiegel, ich bin fit und fühl mich auch so. Mittlerweile merken das auch die Menschen in meinem Umfeld. Die sonst üblichen Herbstdepressionen "atme" ich einfach weg: es ist toll, die würzige, kühle Herbstluft zu geniessen. Die Jahre vorher war das nicht möglich, zu sehr waren die Gedanken vernebelt und voller Sorge, wie's weitergehen würde. Jetzt erst kann ich anfangen zu geniessen, frei und ohne das Gefühl, ich hab etwas zu verstecken!
    In diesem Sinne, genießt die Farbenpracht draußen und macht was draus :)
    Gruß
    Kopfhoch

  • Hallo Kopfhoch,

    das hört sich gut an, was Du schreibst.
    Einer meiner Schlüssel für meine bisherige Trockenheit
    ist der regelmäßige Austausch hier im Forum.

    Ab und zu lege ich auch Schreibpausen ein.
    Aber keine zu langen mehr.
    Das hat mir im Sommer 2011 nämlich überhaupt nicht gut getan.
    Ich wäre damals fast aus purer Langeweile wieder ins Nasse abgerutscht.

    Ich wünsche Dir weiterhin gute Fortschritte
    Correns

  • glück auf kopfhoch

    Zitat von Kopfhoch

    ... abgesagt, sicher ist sicher.

    und die betriebsfeier?

    Zitat von Kopfhoch

    Ich fühle mich sehr wohl als Abstinenzler, lerne auch die positiven Begleiterscheinungen zu erkennen ...

    s wird immer besser.

    schöne zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Moin Matthias!
    Um die Betriebsfeier mach ich mir weniger Sorgen: der Veranstaltungsort ist recht weit entfernt, ich hab kein Hotelzimmer gebucht und werde also abends noch abreisen. Da werde ich wohl nicht mal gefragt werden, ob ich Alkohol trinken möchte. Alles easy :)
    Weihnachten werden wir zu viert oder fünft alleine verbringen und keine weiteren Gäste einladen, der ganze Vorweihnachtsstreß ist schon genug. Zwischen den Feiertagen werden wir dann ne kleine Reise machen nach London, da freu ich mich auch schon drauf. Also da ist auch alles entspannt. Und bis dahin hab ich jeden Montag mein Meeting mit dem Therapeuten. Bis auf Widerruf....
    Gruß
    Kopfhoch

  • Hallo und guten Morgen, liebes Forum!
    Ja, ich lebe noch :) Fast 1 Monat hab ich nichts mehr geschrieben, und es wird Zeit mal ein gewisses Fazit zu ziehen. Nach wie vor trinke ich keinen Alkohol, seit dem 1.10. nicht mehr, und so dramatisch schwer fällt mir das nicht, im Gegenteil, ich vermisse es gar nicht und es geht besser als gedacht. Ich gehe wöchentlich zu meinem Therapeuten, das bringt mir sehr viel, vor allem die Vergangenheit aufzuarbeiten und die Gründe für meinen Alkoholmissbrauch zu finden
    Meine größten Probleme hab ich nunmehr mit meiner Frau, die Beziehung ist so gut wie gescheitert trotz unserer Bemühungen, etwas zu ändern. Wir finden keinen Weg zueinander, und jeder Versuch ein gemeinsames Gespräch zu finden scheitert, wir finden ja nicht mal Zeit für einander. Das Ganze macht mich so maßlos traurig, daß ich einfach nicht weiß, wie das alles weitergehen soll. Es ist einfach alles ein Desaster, persönlich, finanziell und emotional. Wir haben zwar noch einige gemeinsame Unternehmungen geplant, aber alles in mir sträubt sich dagegen. Ich hab das Gefühl, daß diese Dinge das Ende nur verschieben aber nicht aufhalten.
    Gefühlsmäßig geht 's mir heute eigentlich schlechter als noch vor ein paar Wochen, da hatte ich noch Hoffnung, die ist mittlerweile fast völlig verschwunden.
    Ich weiß, daß es kein einfaches Rezept gibt, aber vielleicht hilft es irgendwie, wenn ich es wenigstens mal schreibe. Die Situation belastet mich so sehr, daß ich fast in Depressionen abrutsche. Ich bin antriebslos und lustlos, die Arbeit fällt mir schwer und die Konzentration ist dahin.....
    Kopfhoch

  • glück auf kopfhoch

    Zitat von Kopfhoch

    ... die Beziehung ist so gut wie gescheitert trotz unserer Bemühungen, etwas zu ändern.

    habt ihr s mal mit ner "paarberatung" oder so versucht?

    schöne zeit - kraftpäckl - geduldsfadenverstärker

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Hallo, Matthias!
    Wir waren zusammen bei meinem Therapeuten, der Effekt war eher bescheiden. Die Frage ist ja letztlich, ob noch ein Wille da ist, etwas zu verbessern oder wenigstens darüber nachzudenken. Ich sehe da die Problematik. Den Zustand, den ich mir wünsche, kann ich vielleicht gar nicht mehr mit ihr zusammen erreichen......

  • Zitat von Kopfhoch

    Die Frage ist ja letztlich, ob noch ein Wille da ist, etwas zu verbessern oder wenigstens darüber nachzudenken.

    stimmt - manches lässt sich "reparieren" - manches bleibt kapput.

    glück auf

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

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