Meine Verhaltensmuster durch eine Kindheit mit Alkohol

  • Hallo Belleza,
    ich kenne die Problematik von mir selber auch.
    Meine letzte Beziehung hat mich so krank gemacht, dass ich fast daran zugrunde gegangen bin.
    Ich bin bald 6 Jahre getrennt und heute geht es mir gut.
    Es hat viel Zeit, vil Therapie und die Bereitschaft zum schonungslosen Hinschauen auf mich gebraucht, damit ich heute sagen kann:
    Diese Muster sind sicher noch in mir, aber heute habe ich die Möglichkeit, bewusst einen anderen Weg einzuschlagen.
    Ich lasse konsequent die Finger von solchen Menschen, nicht nur auf Beziehungsebene.
    So habe ich erfahren dürfen, wie schön zugig das Leben sein kann.
    Dafür bin ich heute noch dankbar.

    Ich empfehle dir, dich auf den weg zu machen; da du dein Problem deutlich siehst, kannst du das zu Beginn bei einem Psychologen gleich ansprechen.

    Viel Erfolg!
    Susanne

  • Hallo Belleza,

    herzlich willkommen hier.
    Ich bin auch mit einem trinkenden Vater aufgewachsen. Dies fing zwar erst an, als ich ca. 12 war, aber gerade in der Pubertät hat es mich sehr geprägt, dass da so einer war, aggressiv, bösartig, verdrömelt, lebensunwillig, der mich psychisch, verbal, fertig gemacht hat und meine Mutter hat mich nie davor geschützt.
    Ich bin dann nach dem Abi weg, regelrecht geflüchtet, weil es nicht mehr auszuhalten war. Ich war auch nicht co-abhängig, so wie du, ich wußte, dass sie Hilfe und eine Therapie brauchen, aber ich konnte sie nicht dazu zwingen.
    Ich kam mir auch so allein damit vor, konnte mir niemandem darüber reden, nach außen musste ich immer fröhlich wirken.
    All das hinterlässt spüren an der Persönlichkeit, die man erst viel später begreift.

    Ich konnte mich nicht schützen, nicht abgrenzen, keine Distanz fordern, war auch der Suche nach Liebe, Anerkennung und Harmonie, bin es auch immer noch.
    Ich bin so auch in einige "Fallen" gelaufen, wurde von älteren Männern benutzt, weil ich auf Liebe hoffte und mir alles hätte gefallen lassen.

    Zum Glück bin ich dann an meine Mann geraten, dem ich von all dem berichten konnte und mit dem ich viel aufgearbeitet habe. Wir sind seit 15 Jahren zusammen und er hat mich emotional "gerettet". Meine Eltern kommen nicht immer mit ihm klar, aber sie können gar nicht sehen, was er mir gegeben hat.
    Inzwischen kann ich mich schützen, besser nein sagen, "perfekt" sollte es am liebsten immer noch sein, sauber etc. (wie bei dir) - Überraschungsbesuche mag ich z.B. gar nicht...
    Dennoch liegt das tief in einem und ist schwer zu überwinden.
    An der Beziehung zu meinen Eltern arbeite ich im Moment. Da muss noch mehr Distanz her, vor allem in mir...

    Mir hat auch Fachliteratur geholfen: Vater, Mutter, Sucht und Ich will mein Leben zurück.

    Auf jeden Fall musst du verstehen, was mit dir passiert ist und was an deinem Verhalten nicht gesund ist und dann an dir arbeiten, damit du endlich eine gesunde Beziehung eingehen kannst!!!
    Viel Erfolg dabei!
    Dacoucou

  • Liebe Belezza,

    deine Geschichte erinnert mich stark an meine Kindheitsgeschichte.

    Zuallererst muss ich dir sagen, dass ich es toll finde, wie ehrlich du mit dem Thema umgehst und dich mit dir selbst auseinandersetzt - ich durch meinen Perfektionsdrang und durch meine Scham für meine Eltern habe selbst mir zu Beginn nicht eingestanden, dass ich eine schwierige Kindheit hatte und die Fehler nur bei mir gesucht.

    Meine Männergeschichten sehen ähnlich "konfus" aus - ich habe mich häufig zu Männern angezogen gefühlt, die einen exzessiven Lebensstil pflegten und Drogen oder Alkohol konsumiert haben - irgendwas in meinem Inneren hat mich Gott sei Dank davon abgehalten, feste Beziehungen mit Ihnen anzufangen, sodass es meist nur Affären oder Freundschaften waren, die ich dann nach einigen Jahren beendet habe, meist wenn ich kurz vor knapp gemerkt hab, dass ich belogen oder benutzt wurde. Interessant finde ich auch, dass ich auch jemanden hab wie deine Nummer 3 ;) - jemand Gutes, für den ich augenscheinlich nicht genug war. Ich glaube, so dreht man es sich nur hin, wenn man von sich aus meint, nicht gut genug zu sein für "gute Männer". Auch bei meinem heutigen Freund sage ich immer, welch ein wahnsinniges Glück und positives Schicksal es für mich war, ihn kennenzulernen, als könnte ich nicht glauben, dass ich das verdient hab.

    Woher das kommt kann ich durch inzwischen 1,5 Jahre Therapie, zu der mich mein Freund überredet hat, erst erahnen und ich merke, dass ich noch einen längeren Weg vor mir hab. Vielleicht hilft dir ein kurzer Einblick in meine Geschichte (ich bin heute 27).

    Mein Vater war alkoholabhängig, ist als ich 14 war an den Folgen seines Trinkens gestorben - jedoch habe ich ihn bewusst nicht in Erinnerung als Trinker. Meine Mutter ist irgendwann in meiner Kindheit ebenfalls dem Alkohol verfallen, ich vermute es liegt daran, dass schon ihre Mutter Alkoholikerin war, meine Mutter demnach EKA und bei meinem Vater dann Co-Abhängig. Nach dem Tod meines Vaters und demnach in meiner Pubertät wurde es schlimmer mit ihrem Trinken, in meinen Augen war sie allerdings die Alkoholkranke.

    So, zu den Parallelen die ich in deiner Geschichte gesehen hab:
    Du schreibst zum einen, du bist nicht Co-abhängig, weil du deinem Vater keinen Alkohol gekauft hast, und so weiter, und so fort. Ich war lange Zeit der gleichen Überzeugung, da ich ja noch nicht mal bewusst wahrgenommen habe, dass mein Vater Alkoholiker war. Mein Drang jedoch, nach außen perfekt zu sein, durch Leistung von meinem chaotischen Elternhaus in dem nur gestritten wurde abzulenken, ist jedoch genau so ein Muster. Ich habe (ob unbewusst oder bewusst ist m.E. egal) versucht, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, mein Leben lang. Genauso verhält es sich mit dem Muster, dass man versucht nichts "falsch zu machen" (wie z.B. den Fernseher auszuschalten, wenn er schläft) - auch ich habe Angst etwas falsch zu machen in meinen Beziehungen und dann als Konsequenz nicht mehr geliebt zu werden.

    Meine Mutter war wie deine Mutter Co-abhängig. Sie hat mich zwar durch meine Kindheit geboxt, hat gearbeitet und irgendwie alles auf die Reihe bekommen, dennoch war sie unglaublich labil und schnell überfordert. Wie du sagtest, musstest du hier häufig die Rolle der Erwachsenen mit deinem Bruder übernehmen. Bei mir hat es dazu geführt, dass ich mich ebenfalls verantwortlich fühle für mein Umfeld, insbesondere wenn ich irgendwo eine Sucht oder suchtähnliches Verhalten vermute. Ich glaube daher, EKA sind besonders anfällig dafür einen Partner zu suchen, um so ihr Hilfsmuster ausleben zu können und daher gefährdet, "richtige Cos" zu werden.

    In der Psychologie sagt man glaube ich zudem (als Laie gesprochen), dass Frauen sich unbewusst Männer aussuchen, die ihrem Vater ähneln, da sie das bereits Bekannte als attraktiv wahrnehmen.

    Diese ganzen Erkenntnisse habe ich für mich aus der Therapie und durch eigene Recherche gewonnen, ich habe hierfür 1,5 Jahre gebraucht, ich finde, du bist mir da um einiges Voraus, weil du ehrlich zu dir selbst bist. Ich für meinen Teil merke jedoch, dass ich noch einen weiten Weg vor mir habe. Die Therapie hilft mir jedoch, mich wöchentlich ehrlich mit mir selbst auseinanderzusetzen, mein Verhalten zu hinterfragen, zu überdenken, mich in andere reinzuversetzen (eigenartigerweise haben wir EKAs glaube ich sehr gute Riecher dafür, ob was stimmt oder nicht, können uns aber in richtigen zwischenmenschlichen Beziehungen nicht gut in andere reinversetzen und emphatisch sein, vermutlich, weil wir Kommunikation und nahe Beziehungen einfach nicht kennen), andere mögliche Reaktionen und Denkmuster zu erlernen und vor allem Distanz zu meiner Mutter und meinen Eltern zu zu finden und Verantwortung für mich selbst zu lernen (für mich der schwierigste Punkt). Man musst sich bewusst werden, dass man keine Schuld für seine Kindheit und das Alkoholproblem seiner Eltern trägt, heute jedoch die Verantwortung für sein Leben in eigenen Händen liegt.

    Vielleicht ein paar ganz praktische Hinweise, die mir damals geholfen haben, mir einen Arzt bzw. Psychologen zu suchen:
    - Es gibt verschiedene Formen der Therapie, ich habe mich für eine tiefenpsychologische Gesprächstherapie entschieden. Was dich da erwartet? Eigentlich bestimmst du das - du wirst hier am meisten reden, du entscheidest worüber, welches Thema dich beschäftigt und dein Gesprächspartner wird dir zuhören und eventuell Fragen stellen. Am befreiendsten war es für mich jedoch, dass niemand meine Situation bewertet. Es gibt jedoch auch andere Therapien wie Verhaltenstherapien... jedoch sind dafür Spezialisten da, um dies zu beurteilen und vor allem du - denn du musst dich auf die Therapie einlassen, ein gutes Gefühl bei deinem Therapeuten haben um über alles sprechen zu können. Im Internet findest du sicher viel mehr weitere Informationen zu den jeweiligen Gebieten. Achte aber darauf, dass der Arzt "seriös" ist (gibt da verschiedene Kammern und Zertifizierungen, das habe ich leider alles nicht im Kopf).
    - Es gibt online ebenfalls Seiten, wo du dir Arzttermine bei einem Psychologen oder Psychiater (Psychologe der ebenfalls Arzt ist) buchen kannst. Je nachdem wo du wohnst ist es hier manchmal einfacher, einen Termin zu bekommen als gesetzlich versicherter.

    Ansonsten hoffe ich, du findest durch das Lesen von Büchern oder durch den Austausch hier in dem Forum erst einmal weitere Erkenntnisse und vor allem das Gefühl, dich endlich einmal offen mit anderen über dieses Thema austauschen zu können und Leute mit ähnlichen Erfahrungen zu finden. :)

    Alles Gute und bis bald!

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